Archiv für September 18th, 2015

B.Z.  

Das sind KEINE schlechten Journalisten!

Da hatte die “B.Z.” für ihre Titelseite am Mittwoch aber eine freche Idee:


(Unkenntlichmachung des Gesichts im Original, zusätzliche Unkenntlichmachung von uns.)

Die angekündigte Gegendarstellung gab es dann auf Seite 6:

Gegendarstellung

In der B.Z. vom 22.05.2015 verbreiten Sie auf S. 6 unter der Überschrift “Berlins Unterwelt trauert um ihre Paten” unter Bezugnahme auf einen Polizeibeamten: “… Mohammed A. sei ein bekannter Zuhälter von der Kurfürstenstraße.“

Hierzu stelle ich fest: Ich bin kein Zuhälter und war es auch noch nie.

Berlin, den 30.05.2015 – Mohamad Aref

Der “B.Z.”-Clou mit der Titelseite: Die Rechtsanwältin und ihren Mandanten ärgern, gleichzeitig aber der Verpflichtung zum Abdruck der Gegendarstellung nachkommen. Oder wie Chefredakteur Peter Huth in der heutigen Ausgabe schreibt:

Die ungewöhnliche Titelseite vom 16. September sollte einerseits den rechtlichen Anspruch von Aref erfüllen, ihn aber auch in Relation zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft bringen. Wenn wir das nicht getan hätten, wären wir schlechte Journalisten.

Und das sind sie bei der “B.Z.” ja nicht. Aber: Huth schreibt zu der Titelseitenaktion auch:

Das gab (erwartungsgemäß) Ärger — daher musste die Gegendarstellung in der gestrigen Ausgabe noch einmal gedruckt werden.

Also, gestern in der “B.Z.” — dieses Mal mit der “Anmerkung der Redaktion”, dass Aref recht habe:

Gegendarstellung

In der B.Z. vom 22.05.2015 verbreiten Sie auf S. 6 unter der Überschrift “Berlins Unterwelt trauert um ihre Paten” unter Bezugnahme auf einen Polizeibeamten: “… Mohammed A. sei ein bekannter Zuhälter von der Kurfürstenstraße.“

Hierzu stelle ich fest: Ich bin kein Zuhälter und war es auch noch nie.

Berlin, den 30.05.2015 – Mohamad Aref – Anmerkung der Redaktion: Mohamad Aref hat recht.

Damit war die Gegendarstellung abgehakt — die Geschichte aber noch nicht zu Ende. Denn auf der Titelseite am Mittwoch war der Abgebildete nicht nur “KEIN Zuhälter”, sondern auch nicht Mohamad Aref.

Daher sieht die heutige “B.Z.”-Ausgabe so aus:

Und Chefredakteur Peter Huth muss erklären:

WIR HABEN EINEN FEHLER GEMACHT.

Ein Leser und dann auch Frau Bezzenberger wiesen uns darauf hin, dass die Person, die wir gezeigt haben, nicht Aref ist.

Wie konnte das passieren?

Die BZ erreichen täglich Hunderte Fotos von Fotografen. Diese zu archivieren, erfordert eine hohes Maß an Konzentration und Arbeit. Dabei kam es zu einer Verwechslung, für die wir uns bei der gezeigten Person ausdrücklich entschuldigen wollen. Der auf der Titelseite gezeigte Mann hat nichts mit der aktuellen Anklage gegen Mohamad Aref und den Vorwürfen zu tun.

Gestern forderte uns Rechtsanwältin Bezzenberger im Namen ihres Mandanten auf, den Sachverhalt mit der Fotoverwechslung richtigzustellen. Dieser Bitte kommen wir natürlich nach.

Mit Dank an Joshi!

Fanproteste gegen die “Bild”, Türkei, Vorratsdaten

1. “Es wirkt befremdlich”
(11freunde.de, Andreas Bock)
Nach dem FC St. Pauli haben gestern dreieinhalb weitere Fußballklubs der “Bild”-Aktion “Wir helfen” abgesagt. Die Fan-Organisation “Unsere Kurve” fordert in einem offenen Brief alle Teams der 1. und 2. Bundesliga auf, am Wochenende nicht an der “Bild”-Kampagne teilzunehmen. Im Interview mit 11freunde.de erklärt ihr Sprecher, warum die “Interessenvertretung der Fans aller Vereine” gegen die “Wir helfen”-Aufnäher ist. Das Verhalten von “Bild”-Chef Kai Diekmann, der nur Vollgas kenne, “auch wenn die Karre längst feststeckt”, kommentiert Jürn Kruse in der “taz”. Die Website “Faszination Fankurve” und der Journalist Sören Kohlhuber versuchen, einen Überblick zu behalten, welcher Verein bei “Wir helfen” mitmacht, welcher nicht, und welche Fangruppen ihre Klubs auffordern, sich der Aktion zu verweigern. Dass es der “Bild” bei ihrer Kampagne vor allem um die “Bild” geht, hatte Stefan Niggemeier bereits am Wochenende im Gespräch mit “DRadio Kultur” gesagt; im “Neo Magazin Royale” versucht Jan Böhmermann, das auch “dem kleinen Mann” zu erklären. “Eine Zeitung” beruhigt indes die verwirrten “Bild”-Leser mit der Ankündigung, das Blatt werde im Oktober “die erfolgreiche Kampagne ‘Wir hetzen'” wieder aufnehmen.

2. FanRun mit Fragezeichen
(miasanrot.de, Jan)
Eine undurchsichtige Organisationsstruktur, kein Anschluss unter einer angegebenen Telefonnummer, Intransparenz bei der Verwendung der Spenden — es gibt ein paar Merkwürdigkeiten rund um den Charity-“FanRun”, den der FC Bayern München zusammen mit der “Bild” veranstaltet. Das Bayern-Blog “Miasanrot” versucht herauszufinden, wer und was dahintersteckt. Frank Helmschrott hat zum Artikel ein Recherche-Storify gebastelt.

3. Kritische Medien unerwünscht
(taz.de, Jürgen Gottschlich)
In sechs Wochen wird in der Türkei neu gewählt, und dementsprechend erhöht Präsident Erdogan den Druck auf die letzten kritischen Medien des Landes. Jürgen Gottschlich befürchtet, dass die Einschüchterungspolitik die Stimme der “Hürriyet” zum Verstummen bringen könnte — und Kritik an der AKP folglich nur noch in kleinen Zeitungen und Sozialen Medien geäußert würde. Eine gute Zusammenfassung von Erdogans Offensive gegen die Pressefreiheit gibt Thomas Seibert im “Tagesspiegel”.

4. What happened after 7 news sites got rid of reader comments
(niemanlab.org, Justin Ellis, englisch)
“Recode”, Reuters, “Popular Science”, “The Week”, “Mic”, “The Verge” und “FTW” von “USA Today” — diese Medien haben im Laufe des letzten Jahres ihre Kommentarfunktion abgeschaltet. Justin Ellis hat bei den Verantwortlichen nachgefragt: Warum? Auf welche Kanäle hat sich das Nutzer-Feedback verlagert? Und wie fällt die vorläufige Bilanz aus?

5. Alles durchleuchtet
(sueddeutsche.de, Karoline Meta Beisel)
Was würde die Vorratsdatenspeicherung für den Informantenschutz bedeuten? Der Journalist Daniel Moßbrucker hat sich mehr als 40 Tage lang selbst überwacht — mit genau den Mitteln, die auch Strafermittlern zur Verfügung stünden. Sein Fazit: “Das Netz der Daten ist viel enger, als ich erwartet hatte. […] Darum reicht es für Informantenschutz nicht mehr, sich auf Paragrafen in der Strafprozessordnung zu verlassen. Man muss sich bewusst machen, dass man theoretisch die ganze Zeit durchleuchtbar ist.”

6. Facebook führt automatisch wechselndes Aktions-Profilbild ein
(der-postillon.com)