Archiv für Oktober 27th, 2011

B.Z.  

Klammeraffen

Klammern zählen zu den wichtigsten Zeichen auf den Redaktionstastaturen. In ihnen kann man auf engstem Raum wichtige Zusatzinformationen unterbringen, etwa das Alter einer Person, ihren Wohnort oder den Titel des Films, für den ein Schauspieler berühmt ist.

Oder auch ganze Kurzcharakterisierungen:

Der von Mutter Jana (29, Hartz IV) alarmierte Notarzt reanimierte ihren Sohn Gabriel (9). Das Kind schwebt noch in Lebensgefahr. […] Im Fokus der Ermittler steht jedoch Stiefvater Kevin S. (Mitte 40, Hartz IV).

Obskurer Zahlen-Glaube

Bild.de berichtet seit gestern über das Haus des indischen Milliardärs Mukesh Ambani in Mumbai (das Bild.de konsequent “Bombay” nennt), in das Ambani nicht einziehen wolle — “wegen eines obskuren Feng-Shui-Glaubens”:

Eine Milliarde Dollar kostete der Wohnturm namens “Antilia” in der indischen Mega-Metropole Bombay (Mumbai).

heute.at erklärt seit heute Vormittag:

Bereits vor einem Jahr erbaute der indische Milliardär Mukesh Ambani in Mumbai das teuerste Haus der Welt. Über eine Milliarde Euro hat das 27-stöckige Gebäude gekostet – inklusive drei Hubschrauberlandeplätzen, sechs Parkdecks und schwimmenden Gärten. Doch seitdem weigert sich der Besitzer beharrlich, dort einzuziehen.

BILDblog berichtete schon vor elf Monaten, warum die Zahl von einer Milliarde als völlig übertrieben angesehen werden darf.

Wie ernst die Bezeichnung “das teuerste Haus der Welt” zu nehmen ist, zeigt Bild.de übrigens gleich selbst:

Bombay: Das teuerste Haus der Welt bleibt leer. Silicon Valley: DAS ist das teuerste Haus der Welt.

Mit Dank an Daniel G., Christoph, Dominik H. und Hannes.

Brüssel, Ironie, Onlinebeleidigung

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Abgeschirmte Infos: Journalisten in Brüssel”
(ndr.de, Video, 6:33 Minuten)
Brauchbare Informationen erhalten Journalisten in Brüssel nur auf inoffiziellen Wegen. Die EU-Kommission übt sich in Nicht-Information, zitiert werden will niemand. “Es wird zur Pressekonferenz geladen. Die Presse ist da. Was hier fehlt, sind nützliche Informationen.”

2. “Diese dummen Journalisten! Kleiner Rant”
(opalkatze.wordpress.com)
Hinweise von Lesern, Journalisten sollen bei Politikern härter nachfragen, sind zwar verständlich, stossen aber auf eine eingespielte Realität, in der Politiker und Berichterstatter aufeinander angewiesen sind. “Zielführendes Nachhaken funktioniert bei den rhetorisch geschulten Amtsträgern kaum noch. Scharfe Fragen werden ebenso akzeptiert wie die dritte ausweichende Antwort, weil jeder vom anderen weiß, dass der auch nur seinen Job macht.”

3. “Der Feind meines Feindes”
(fxneumann.de)
Felix Neumann macht sich Gedanken darüber, wie der “Welt”-Artikel “Katholische Kirche macht mit Pornos ein Vermögen” geschrieben ist.

4. “Auf der Straße zur Ironie-Hölle”
(coffeeandtv.de, Lukas Heinser)
Lukas Heinser greift den “Zeit”-Artikel “Wenn Ironie zum Zwang wird” auf und fragt sich, ob es moralisch eigentlich verantwortbar ist, Sendungen wie “Bauer sucht Frau” oder “Schwiegertochter gesucht” zu schauen.

5. “Die Mechanismen der Onlinebeleidigung”
(netzfeuilleton.de, Jannis Kucharz)
Eine inhaltliche Analyse von 10.000 Nutzerkommentaren, die zwei Wochen nach dem Unfall von Fukushima auf “Spiegel Online” zu Artikeln dieses Themas abgegeben wurden. Die Arbeit “Fakten & Schmähkritik – Die Mechanismen der Beleidigung in Onlinediskussionen” ist als PDF-Datei verfügbar.

6. “Die Schöne und der Arme”
(mediensalat.info, Ralf Marder)
“Was der neue Leserbeirat der BILD bislang (nicht) bewirkt hat.”