Archiv für Oktober 21st, 2011

Bild, Bild.de  etc.

Wo die wilden Kerle wohnen

Neben Euro-Rettung, Randalen in Griechenland, der Tochter von Nicolas Sarkozy und Carla Bruni und dem Tod von Muammar al-Gaddafi trieb “Bild” und Bild.de diese Woche vor allem eine Frage um:

Kannibalen-Insel: Fraß dieser Jäger den deutschen Urlauber?

Der Fall des deutschen Abenteurers Stefan R., der in Französisch-Polynesien verschwunden war, inspirierte die Reporter dazu, jahrhundertealte Horrorgeschichten zu entstauben und neu aufzukochen.

Sebastian Brauns, freier Journalist aus Konstanz, hat sich die Geschichte und ihre Hintergründe für uns angesehen und einen Gastbeitrag verfasst:

Wir danken auch den vielen Lesern, die uns über die letzten Tage mit sachdienlichen Hinweisen zu dem Fall versorgt haben!

Nichts für schwache Nerven

Es ist “Hamburgs brutalste Ausstellung”, so die “Hamburger Morgenpost”. “Vom Tatort ins Labor – Rechtsmediziner decken auf” heißt sie und im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf erwartet die Besucher etwa Folgendes:

Mit Drähten umwickelte Handgelenke, eine strangulierte Person auf dem Dachboden, oder blasse, aufgeschwemmte Körper von Wasserleiche: Vieles, was Rechtsmediziner am Tatort zu sehen bekommen, ist nichts für schwache Nerven.

Die Redakteure von mopo.de halten die Bilder für so hart, dass sie die Klickstrecke extra mit einem Warnhinweis versehen haben:

Achtung: Die folgenden Fotos sind nur für Benutzer ab 16 Jahren geeignet

Das ist womöglich gut gemeint, bringt aber im Zweifelsfall wenig, wenn die Startseite von mopo.de so aussieht:

Aus diesem Rohr zogen sie Gaddafi: Die letzten Stunden des Diktators

Mit Dank an Torben K.

Bild  

It really does not work

Dass die “Gewinner/Verlierer”-Rubrik in “Bild” nicht sehr faktenorientiert ist, hat sich mittlerweile herumgesprochen.

Das ist heute nicht anders:

Fiese Attacke auf CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl (67): Internet-Hacker knackten gestern die Homepage des Politikers, legten die Adresse "uhl-csu.​de" für Stunden lahm, löschten alle Daten und verhöhnten ihn noch. Denn wenn man die kaputte Seite anklickte, erschien der böse Spruch "it works" – es funktioniert.  BILD meint: Pechvogel!

Dass “it works” – zu deutsch: “es funktioniert” – ein “böser Spruch” sein soll, hätte die Redakteure eigentlich misstrauisch machen müssen. Hätten sie dann noch auf Bild.de nachrecherchiert – ein Vorgehen, von dem wir sonst ausdrücklich abraten – hätten sie neben einem Screenshot der gehackten Homepage Uhls auch die Erklärung für die merkwürdige Kurzbotschaft gefunden:

Trotzdem ist auf der Webseite momentan nicht mehr zu sehen als der Satz "It Works" (engl. für "Es läuft").  Diesen Satz gibt ein Webserver nach der Neuinstallation aus, wenn alles funktioniert.

Mit Dank an Hanno B. und C.

Außenreporter, NGOs, Freudenschüsse

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Wenn es kracht”
(journalist.de, Olaf Wittrock)
Journalisten und die Krise: “In der neuesten Finanz- und Staatsschuldenkrise, die sich in den vergangenen Wochen tatsächlich dramatisch zugespitzt hat, erleben Betrachter, wie der Wirtschaftsjournalismus des Jahres 2011 im Ausnahmezustand funktioniert: mit Warnung, Mahnung, Angst, mit Instrumenten aus dem Baukasten des Kampagnenjournalismus.” Siehe dazu auch den Text “Jeden Tag ein Untergang” (cicero.de, Petra Sorge): “Als hätten die Journalisten aus der Geschichte nichts gelernt, folgen sie heute einem neuen Mainstream: den Untergang herbeizuschreiben, ja, zum Zwecke der Auflagen- und Quotensteigerung beinahe herbeizusehnen.”

2. “Pseudo-live an der Börse”
(funkkorrespondenz.kim-info.de, Dietrich Leder)
Wie “live” die Schaltungen des “Heute-Journals” in die Frankfurter Börse sind.

3. “Gaddafis Todesbilder”
(heise.de/tp, Florian Rötzer)
Der Umgang mit den letzten Bildern von gestürzten Diktatoren.

4. “Kernkraft, Klimawandel, Kinderschnitte”
(medienwoche.ch, Torsten Haeffner)
Botschaften von Nichtregierungsorganisationen finden oft leicht ihren Weg in den redaktionellen Teil: “Wenn NGOs anprangern und verkünden, – Kernkraft, Klimawandel, Kinderschnitte – zeigt ein Grossteil der Medien nachhaltige Beisshemmung. Dies ist ebenso alltäglich wie in Anbetracht des Informationsauftrags der Medien stossend und störend.”

5. “Ein Schuss in die Luft”
(daserste.de/wwiewissen, Daniel Haase, 2007)
Derzeit täglich in den Nachrichten: Menschen, die Freudenschüsse in die Luft abgeben. “Ob zu Festlichkeiten oder Silvester, Trauer oder Wutkundgebungen – der Schuss in die Luft ist ein denkbar ungeeigneter Ausdruck von Freude oder Empörung. Er ist einfach unberechenbar und extrem gefährlich.”

6. “Berufstipp Außenreporter”
(sat1.de, Video, 2:31 Minuten)
Die Harald-Schmidt-Show sucht mit Jan Böhmermann: Witzige Außenreporter (m/w).