Archiv für Juni, 2011

Bild  etc.

Aber der Hund ist verrückt, ja?

In ihrer gestrigen Münchner Regionalausgabe konnte “Bild” mit einer kleinen Sensationsmeldung aufwarten:

Neu entdeckt! Ein Lied von Mosi

So soll unser Mosi für immer unvergesslich bleiben: ​Im Internet ist jetzt drei Minuten lang die Original-Stimme des ermordeten Modezaren Rudolph Moshammer (†64) zu hören!

Wie “Bild” berichtet, habe der Münchner Musikproduzent und Komponist Gottfried Seidl-Carusa einen Schlager veröffentlicht, “der Jahre lang bei ihm in der Schublade schlummerte”.

Seidl-Carusa: “Wir haben den Dixie-Song zusammen vor elf Jahren in einem Tonstudio von Ambros Seelos aufgenommen. Ich habe gesungen, er seinen Text dazu gesprochen. ​Mosi war begeistert. ​Aber dann kam 2001 sein Grand Prix-Auftritt dazwischen und unser Liebeslied geriet leider völlig in Vergessenheit.”

Als BILD jetzt über das nachlassende Interesse der Münchner an ihrem einstigen Liebling berichtete, erinnerte sich sein Freund wieder an das unveröffentlichte Mosi-Lied und verewigte es auf seiner Homepage (www.​carusa-music.​de/​projekte).

Es spricht wenig dafür, dass sich Seidl-Carusa tatsächlich erst jetzt, nach einem “Bild”-Bericht an seinen Song mit der wiederkehrenden Zeile “Mein Hund Daisy ist so crazy” erinnert hat. Und wenn, dann muss er ihn zwischendurch mehrfach erfolgreich verdrängt haben:

Der Text, den er online gestellt hat, datiert vom Mai 2005. Im Internet (also auf Carusas Website), wo der Song laut “Bild” “jetzt” zu hören ist, steht er auch schon länger, im Google-Cache vom 3. April 2011 ist er jedenfalls schon vorhanden.

Außerdem hatte sich der Produzent und Komponist schon im Februar 2005, dreieinhalb Wochen nach Ermordung des Modeschöpfers, schon einmal an das Werk “erinnert”: Das bayerische Regionalprogramm von Sat.1 hatte damals über die wieder entdeckte Hunde-Hymne berichtet. Seidl-​​Carusa posierte damals im Tonstudio und kündigte an, das Lied zugunsten von Moshammers Verein “Licht für Obdachlose” veröffentlichen zu wollen. Anschließend erklärte die Sat.1-Moderatorin, der Song sei auch auf einer neuen DVD zum Andenken an Moshammer enthalten.

Sat.1 Bayern hat seinen Beitrag vom 7. Februar 2005 heute noch einmal online gestellt — um damit auf die aktuelle Berichterstattung zu reagieren, die längst weite Teile der deutschen Medienwelt erfasst hat.

Die folgende Auflistung ist sicher unvollständig:

dpa:

Moshammers Liebeslied an Hund “Daisy” aufgetaucht

dapd:

Moshammers Hymne auf Daisy – Bislang unbekanntes Lied vom verstorbenen Modezar Moshammer soll für Stimmung auf dem Oktoberfest sorgen

“Spiegel Online”:

Sechs Jahre nach dem Tod von “Modezar” Rudolph Moshammer schenkt der Münchner Musikproduzent und Komponist Gottfried Seidl-Carusa der Welt ein Lied. Nicht irgendein Lied. Es ist eine – bisher garantiert unveröffentlichte – musikalische Liebeserklärung Moshammers an seine Yorkshire-Hündin Daisy.

stern.de:

Mosi-Song aus Schublade gezaubert: Liebeslied an Hundedame Daisy. Vor sechs Jahren wurde der Münchner Modezar Rudolph Moshammer in seinem Haus ermordet. Jetzt ist ein bislang unbekanntes Lied von ihm aufgetaucht: eine Liebeserklärung an seinen Hund Daisy.

“Die Welt”:

Mehr als sechs Jahre nach seinem Tod ist ein Lied des exzentrischen Modeschöpfers Rudolph Moshammer aufgetaucht. Der Titel: “Mein Hund Daisy ist so crazy”. Der Münchner Musikproduzent Gottfried Seidl-Carusa hat den Song nach eigenen Angaben jahrelang in seiner Schublade gehabt. Nun hat er ihn auf seine Internetseite gestellt.

“Rheinische Post”:

Moshammer-Lied für “Daisy” aufgetaucht

“Focus Online”:

Modezar: Moshammer-Song "Mein Hund Daisy" aufgetaucht

abendblatt.de:

Musikalischer Nachlass: Neues Lied vom toten Modezar Moshammer im Internet zu hören. Ein Musikproduzent hat das Lied "Mein Hund Daisy ist so crazy", das er 2000 mit dem Modezar Rudolph Moshammer aufnahm nun veröffentlicht.

“Augsburger Allgemeine”:

Der "Verrückte-Daisy-Song". Komponist will mit Lied des verstorbenen Rudolph Moshammer einen Wiesnhit landen

n-tv.de:

"Mein Hund Daisy ist so crazy": Mosi-Liebeslied aufgetaucht

“Berliner Kurier”:

Gut sechs Jahre nach seinem Tod sorgt der exzentrische Modeschöpfer Rudolph Moshammer wieder für Furore: Mit dem Songtitel “Mein Hund Daisy ist so crazy” – einem Liebeslied an seinen Vierbeiner. Beim Münchner Musikproduzenten Gottfried Seidl-Carusa lag der Dixie-Song in der Schublade, nun hat er ihn auf seiner Internetseite veröffentlicht.

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Korb für Wagner

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist heute zum Staatsbankett im Weißen Haus geladen und bringt neben etlichen Ministern auch Menschen wie Thomas Gottschalk und Jürgen Klinsmann mit. Doch einer fehlt: Franz Josef Wagner Dirk Nowitzki.

Dem deutschen Basketballspieler in Diensten der Dallas Mavericks wurde dafür eine andere Ehre zuteil: Franz Josef Wagner schreibt ihm heute einen Brief. Wagner ist zwar offensichtlich verzückt von Nowitzki (“Sie werfen Bälle, wie sie nur ein Zauberer werfen kann.”), hat aber andererseits eher wenig Ahnung von dem Sport, den dieser so betreibt.

So schreibt Wagner:

Amerika sieht, wie Sie hochsteigen, unglaublich hochsteigen, fast 4 Meter hoch und den Ball versenken.

Warum Nowitzki, der (wie Wagner richtig schreibt) 2,13 Meter groß ist, “fast 4 Meter” hochsteigen soll, um den Ball in 3,05 Metern Höhe im Korb zu versenken, weiß nur Wagner.

Dirk, 32, Deutscher, der höher springt als alle anderen, der aus 30 Metern Bälle wirft – ohne Nerven, ohne zittern.

Womöglich kann Nowitzki auch aus 30 Metern Bälle werfen, allerdings ist ein Basketballfeld in der amerikanischen Profiliga NBA eh nur 94 Fuß (28,65 Meter) lang.

In Teilen der heutigen Auflage ist Nowitzkis Alter darüber hinaus mit “33” angegeben. So alt wird er aber erst in 12 Tagen.

Mit Dank an O. St., Jens W. und Bene.

Panik, Kritikkritik, Kika

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. Franz Josef und das Panikorchester
(blog-cj.de, Christian Jakubetz)
Christian Jakubetz analysiert noch einmal die bisherige Medienhysterie um EHEC: “Natürlich hat die “Bild” mal wieder besonders übertrieben, aber es wäre zu einfach, wenn jetzt alle wieder mit den Finger nur auf sie zeigen würden. Tatsächlich gab es in den Redaktionen in den letzten Wochen kaum jemanden, der einfach mal zur Besonnenheit riet.”

2. Zu wenig Geld für eine Nachricht
(journalist.de)
“10 Euro für eine Meldung sind genug. Das findet zumindest der Chefredakteur von pcwelt.de, wenn es um die Bezahlung seiner freien Autoren geht.”

3. Konzertkritiker
(nullsummenspiel.tumblr.com)
Auch Konzertkritiker müssen sich hin und wieder Kritik gefallen lassen, Konzertkritikerkritik quasi: “Blöd nur, wenn man als Kritiker zu einem Konzert gerufen wird, von dem weiß, dass es irgendwie wichtig ist, man vom eigentlichen Gegenstand der Berichterstattung – der Musik – nicht so ganz in Kenntnis gesetzt ist.”

4. Wenn Zeitungen dumm machen
(print-wuergt.de, Michalis Pantelouris)
Michalis Pantelouris zeigt auf, dass die hysterische Berichterstattung vieler deutscher Medien über die Griechenlandkrise einen direkten Einfluss auf die Lage Griechenlands und Europas hat.

5. Von Selbstbeweihräucherung und Nestbeschmutzung
(blog.tagesschau.de, Kai Gniffke)
“Tagesschau”-Chefredakteur Kai Gniffke sinniert angesichts des KiKa-Skandals darüber, wie es ist und wie es seiner Meinung nach sein sollte, wenn man über Fehler im eigenen Haus berichtet.

6. Konstantin verrät erste Details zu KNDM.de
(meedia.de, Alexander Becker)
“kritisch – nachhaltig – direkt – meinungsbildend”

Für eine Handvoll Milchmädchen

Ein Gutes hat ja die “Bild”-Hetze gegen Griechenland: Es bleibt kaum noch Zeit, um Geringverdiener gegen Hartz-IV-Empfänger aufzuwiegeln.

Am Samstag hatte Bild.de dann doch endlich wieder freie Kapazitäten für den zeitlosen Westerwelle-Klassiker “Leistung muss sich wieder lohnen!”:

Stundenlohn 1,88 Euro: Ich arbeite - kriege aber kaum mehr als Hartz IV

Hartz IV gleich soziale Hängematte? Viele arbeiten, obwohl es sich fast gar nicht lohnt. Sie sind Aufstocker.

Kurios ist dabei der Rechentrick, mit dessen Hilfe Bild.de “Stundenlöhne” von 1,88 Euro oder im folgenden Fall 2,50 Euro überhaupt möglich macht:

Wie die Kölnerin Simone L. (39), die 30 Stunden in der Woche in einem Verwaltungsjob arbeitet. (…) Sie lebt von 1050 Euro Nettogehalt, 184 Euro Kindergeld und 409 Euro staatlichem Mietzuschuss. Macht 1643 Euro.

Wenn sie gar nicht arbeiten würde, hätte sie nur 270 Euro weniger. Sie verdient also nur 2,25 Euro pro Stunde.

Haben Sie’s gemerkt? Während ein Stundenlohn normalerweise angibt, was ein Angestellter pro Arbeitsstunde brutto verdient, nimmt Bild.de den Nettolohn plus Kindergeld und Mietzuschuss, zieht davon einen möglichen Anspruch auf Hartz IV ab und teilt das dann durch die Arbeitsstunden — hier: (1643€ – 1373€)/120h. Berechnet man den Stundenlohn von Simone L. auf herkömmliche Weise, dann liegt er bei ca. 12 Euro.

Wie bescheuert dieser Rechenweg ist, zeigt sich, wenn man damit den Stundenlohn eines alleinerziehenden Bild.de-Redakteurs im fünften Berufsjahr laut Tarifvertrag (immerhin 3467 Euro brutto) berechnet. Denn auch er käme lediglich auf einen Dumping-Stundenlohn von etwa 5,50 Euro statt eines wirklichen Stundenlohns von 21,67 Euro (bei 40 Arbeitsstunden).

Aber ganz unabhängig vom Gehalt: Lohnt es sich überhaupt, für Bild.de zu arbeiten?

Mit Dank an Per K.

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Das Kreuz mit der Griechen-Hetze

Am vergangenen Freitag erfand die “Bild”-Zeitung einen “Wirbel” um den deutschen Botschafter in Athen. Der habe “die Berichterstattung deutscher Medien in der Griechenland-Krise” kritisiert, stellte “Bild” fest, fragte treuherzig: “Wen hat Wegener damit gemeint?”, bekam aber keine Antwort.

Und damit zu einem ganz anderen Thema:

Griechen verhöhnen Europa ... und kriegen trotzdem neue Milliarden

Die “Bild”-Autoren Ralf Schuler und Paul Ronzheimer, der in diesem Jahr den Herbert-Quandt-Medien-Preis für herausragenden Wirtschaftsjournalismus erhält, lassen in ihrem Bericht offen, ob zukünftige Hilfspakete für Griechenland von einem Demonstrationsverbot abhängig gemacht werden sollten oder das griechische Volk vielleicht kollektiv verpflichtet werden könnte, seine Dankbarkeit für drastische Sparmaßnahmen angemessen auszudrücken.

Unerwähnt lassen sie auch, dass es nicht einmal einen unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Foto und den jüngsten Beschlüssen der EU gibt, Griechenland weiter zu unterstützen: Das Bild entstand bereits vor einer Woche, am 30. Mai.

Besonders verblüffend ist aber diese Stelle im “Bild”-Text:

Unter einem Hakenkreuz-Plakat stand: “Die EU ist die Krönung aus UdSSR-Zentralismus und Glühbirnen-Faschismus”.

Nein. Das steht nicht unter dem Hakenkreuz-Plakat. Das steht unter einem Foto von dem Hakenkreuz-Plakat — in einem Hass- und Hetzblog namens “Politically Incorrect”, das sich vor allem dem Kampf gegen Moslems und alles vermeintlich Linke verschrieben hat.

Und nun kann man darüber streiten, was schlimmer ist: Dass “Bild”-Redakteure ihre Informationen über die Welt von einer solchen Seite beziehen. Oder dass sie zu blöd sind, sie wenigstens richtig abzuschreiben.

Mit Dank an Jens Sch., Christian, Webreporter, Dr. Nötigenfalls, Icke und Josef N.

Nachtrag, 7. Juni 2011. “Bild” hat den Online-Artikel korrigiert und bringt auch in der gedruckten Ausgabe “Berichtigung”, schafft es aber nicht, die traurige Wahrheit zuzugeben:

Berichtigung

BILD berichtete gestern, unter einem Demonstrations-Plakat in Athen habe der Satz gestanden: “Die EU ist die Krönung aus UdSSR-Zentralismus und Glühbirnen-Faschismus”. Nach neuen Erkenntnissen hat dies nicht auf dem Plakat gestanden.

Sprachnörgler, Strippenzieher, Spring Break

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. Die unverbesserliche Seichtigkeit der Sprachnörgler
(wissenslogs.de/sprachlog, Anatol Stefanowitsch)
Im dritten Teil seiner Serie (Teil 1, Teil 2) beschäftigt sich Anatol Stefanowitsch weiter mit den laut Bild.de “10 am häufigsten falsch verwendeten Wörtern”, die er sich für seinen Gastbeitrag bei uns angesehen hatte.

2. Maxim – YouTubes Wurmfortsatz
(kioskforscher.posterous.com, Markus Böhm)
Markus Böhm hat sich durch die komplette März/April-Ausgabe des Herrenmagazins “Maxim” gequält. Sein Fazit: “Das Intelligenteste an diesem Magazin ist Daniela Katzenberger.”

3. Unter kakanischen Strippenziehern
(faz.net, Michael Hanfeld)
RTL-Vorstandschef Gerhard Zeiler hat seine Bewerbung als Direktor beim Österreichischen Rundfunk (ORF) abgesagt. “Gegen die staatliche Einflussnahme auf den öffentlich-rechtlichen Sender ORF erscheinen sogar die hiesigen Verhältnisse als harmlos (was sie nicht sind).”

4. (Nicht) ganz ohne Nebenwirkungen: Zwei BILD-Reporter im Sonderzug Richtung Koma
(mediensalat.info, Ralf Marder)
Während “Bild” gerne vor “Komasaufen” bei Jugendlichen warnt, berichten ein “Bild”-Reporter und eine “Bams”-Reporterin auffallend unkritisch von “18- bis 30-Jährigen”, die “vier Tage Suff, Sex und Sonne an der Küste Istriens” suchen — beim “Spring Break Europe” in Kroatien.

5. Five Lessons In Breaking News Reporting Learned From The Joplin Tornadoes
(mediabistro.com/10000words, Lauren Rabaino, Englisch)
Brian Stelter, sonst Medienjournalist bei der “New York Times”, fand sich unvermittelt in Joplin, Missouri, wieder, wo ein Tornado weite Teile der Stadt zerstört hatte. Er erklärt, welche fünf Lektionen er dort für seine Arbeit gelernt hat, und warum Papier und Stift immer noch das verlässlichste Werkzeug für Reporter sind.

6. Pluralis Journalistis
(wirres.net, Felix Schwenzel)
Felix Schwenzel über Journalisten, die sich scheuen, “ich” zu schreiben, und ein Extrembeispiel im Berliner “Tagesspiegel”. Wir wünschen uns, dass der Satz “Wir haben es mit unserer Partnerin ausprobiert” zum geflügelten Wort wird.

Voll daneben getroffen

Was für eine schöne Geschichte: Mario Gomez, Stürmer der deutschen Fußballnationalmannschaft, hat beim gestrigen EM-Qualifikationsspiel gegen Österreich in Wien genau auf das Tor getroffen, vor dem er bei der EM 2008 eine Großchance vergeben hatte, die ihn danach jahrelang verfolgte.

Auch sueddeutsche.de räumt dieser Geschichte viel Raum ein und erinnert noch mal an jenen verhängnisvollen 16. Juni 2008:

Deutschland musste gegen Österreich das blamable Vorrundenaus bei der Europameisterschaft abwenden. Ein Spiel um die Ehre des Landes. Und da erlaubte sich Gomez, drei Meter vor dem leeren Tor, sich eine lächerliche Bogenlampe. Er schrumpfte in einem Augenblick vom neuen Bomber der Nation, vom 35-Millionen-Rekordtransfer des FC Bayern, zum Chinakracher, zum teuersten Tollpatsch des Landes. Im weißen Adler-Trikot des DFB konnte sich der Schwabe lange nicht davon befreien. Und nun solch eine Rückkehr an den Ort der Schande.

Gomez wechselte allerdings erst ein Jahr später, zur Saison 2009/10 für die unglaublichen 35 Millionen vom VfB Stuttgart zu Bayern München. Was beim “teuersten Tollpatsch des Landes” natürlich so ein bisschen die Luft raus lässt.

Mit Dank an Franky H.

Diamanten, Desinformationen, Homöopathie

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Diamonds are Gala’s best friends”
(klatschkritik.blog.de, Antje Tiefenthal)
Die Zeitschrift “Gala” setzt ihren Werbekunden und Veranstaltungspartner Tiffany & Co. auch im redaktionellen Teil groß in Szene: “Auf der sieben Seiten langen Strecke trägt das Model neben Kleidung von verschiedenen Herstellern auch Schmuck — und der stammt ausschließlich von Tiffany & Co. Die gezeigten Klunker haben insgesamt einen Wert von über einer Million Euro.”

2. “Kachelmann und die Desinformations-Industrie”
(nzz.de, Rainer Stadler)
“Was bleibt nach dem Gerichtsfall um Jörg Kachelmann? Nichts.”

3. “Stuss und Fehlurteil”
(berlinonline.de, Ulrike Simon)
Kachelmann-Anwalt Johann Schwenn behauptet im ZDF über den Burda-Verlag: “Der Verlagsvorstand Philipp Welte hat jeden deutschen Chefredakteur von Bedeutung angerufen und versucht, ihn für eine negative Berichterstattung gegen Kachelmann zu gewinnen.”

4. “‘Nie wieder Malaria’ – Tagesschau.de über Homöopathen in Afrika”
(beim-wort-genommen.de, Jonas Schaible)
Jonas Schaible vermisst in einem Artikel über “Homöopathen ohne Grenzen” jede kritische Einordnung und findet stattdessen PR-Formulierungen und eine Verklärung der “Wunderheilerinnen”.

5. “Quo vadis, Gurke?”
(juliane-wiedemeier.de, Juliane Wiedemeier)
Der Fluch der täglichen Katastrophenbebilderung: Wie die Hintergrundgrafikengestalter der “Tagesthemen” die Suche nach dem Ehec-Erreger in Szene setzen.

6. “Ich kann mir die nicht alle vorstellen, es sind einfach zu viele”
(zeit.de, Harald Martenstein)
Harald Martenstein schafft es nicht mehr, sich all die als glückliche Menschen vorzustellen, von denen die Medien ihm sagen, er müsse sie sich als glückliche Menschen vorstellen.

Verlierer unter sich

Kachelmann: Freispruch, aber ...Der sogenannte Kachelmann-Prozess ist vorbei und eigentlich gibt es nur Verlierer: Jörg Kachelmann (so die Prozessbeobachterin Alice Schwarzer), weil er auf den Freispruch im Zweifel für den Angeklagten “nicht stolz sein” könne (mehr zum Rechtsgrundsatz “in dubio pro reo” in diesem lesenswerten “FAZ”-Artikel), das mutmaßliche Opfer, dessen Leben nun “in Scherben” liege (erneut Alice Schwarzer), das Gericht, weil es die Medien so seltsam unbefriedigt zurückließ, und – vor allem – die Medien selbst, die sich während des ganzen Prozesses nun wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert hatten und dafür vom Vorsitzenden Richter auch noch mal die Leviten gelesen bekamen (BILDblog berichtete).

Jetzt ist der Prozess vorbei, aber ein paar Verlierer gilt es noch nachzutragen:

Bild.de musste gestern eine Gegendarstellung Kachelmanns zu einem Artikel von Anfang Mai veröffentlichen:

Gegendarstellung. In dem Internetportal www.bild.de wurde am 05.05.2011 ein Artikel mit der Überschrift „Das Kachelmann-Gutachten – Sein Sexleben war variantenreich“ veröffentlicht, der unrichtige Behauptungen enthält: a. Unwahr ist, dass ich grinste. b. Ferner ist unwahr, dass ich währenddessen meine Hände knetete. Wahr ist vielmehr, dass ich weder grinste, noch meine Hände knetete, während der Facharzt für Neurologie Hartmut Pleines am 05.05.2011 sein Gutachten vor dem Landgericht Mannheim erstattete. Köln, den 09.05.2011. Jörg Kachelmann

Ebenfalls gestern berichtete Kachelmanns Medienanwalt Ralf Höcker per Pressemitteilung von einem Vergleich zwischen der “Bild”-Gerichtskolumnistin Alice Schwarzer und Kachelmanns früherem Strafverteidiger Reinhard Birkenstock: Schwarzer hatte wiederholt fälschlicherweise behauptet, Birkenstock habe das mutmaßliche Opfer als Stalkerin bezeichnet und erklärt, Kachelmann kenne die Frau gar nicht (BILDblog berichtete). Frau Schwarzer muss dafür jetzt 14.000 Euro zahlen.

Kachelmann, Objektivität, Prinz Philip

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Bild gewinnt. Gegen den Journalismus”
(print-wuergt.de, Michalis Pantelouris)
Michalis Pantelouris kommentiert die Verleihung eines mit 10.000 Euro dotierten Medienpreises an die “Bild”-Mitarbeiter Nikolaus Blome und Paul Ronzheimer: “Für mich bedeutet die Auszeichnung der Werke dieser beiden auch eine weitere und vielleicht entscheidende Niederlage des Journalismus, wie ich ihn verstehe.” Siehe dazu auch unseren Artikel “Pleite-Journalisten”.

2. “Vorgerichterstattung und Nachverurteilung: Das Kachelmann-Urteil im Fernsehen”
(faz-community.faz.net, Stefan Niggemeier)
Kachelmann I: Stefan Niggemeier schaut sich die TV-Berichterstattung rund um die Urteilsverkündung an. Mit dabei: n-tv, N24, RTL, Jo Groebel.

3. “Im Zweifel für den Angeklagten: Freispruch nach einer spektakulären Medienschlacht”
(swr.de, Audio, 15:11 Minuten)
Kachelmann II: Die Lager der Medien hätten sich geteilt in Burda und “Bild” auf der einen, “Zeit” und “Spiegel” auf der anderen Seite. Hans Mathias Kepplinger: “Die Staatsanwaltschaft, nicht nur in diesem Fall, spielt zunehmend eine aktive Rolle, wenn es um die Kontakte zu den Medien geht. Im Grunde greifen die Staatsanwälte zunehmend Verfahren der Verteidigung auf. Die Verteidiger gehen schon seit seit langem aktiv an die Medien, um das Meinungsklima im Interesse ihres Mandanten zu beeinflussen. Und die Staatsanwälte verfahren auch so. Das ist beides eine problematische Entwicklung.”

4. “Und das wollen Journalisten sein?”
(faz.net, Michael Hanfeld)
Kachelmann III: Michael Hanfeld kritisiert eine einseitige und parteiische Berichterstattung der Konkurrenz. “Wer sich in den vergangenen Monaten über diesen Prozess allein aus ‘Spiegel’, ‘Zeit’, ‘Bild’ oder ‘Bunte’ informierte, war ziemlich schief gewickelt. Keine Rede mehr von der gebotenen journalistischen Distanz.”

5. “Die Mär vom unvoreingenommenen Journalismus”
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Und auch Thomas Knüwer widmet sich dem Thema Objektivität: “Journalisten balancierten schon immer auf diesem Drahtseil. Einerseits sollten sie unvoreingenommen sein, andererseits Menschen mitnehmen, ja, mitreißen – und die Klientel eines Mediums bedienen. Der Sturm des Medienwandel pustet sie nun gleich reihenweise vom Seil.”

6. “Ninety gaffes in ninety years”
(independent.co.uk, Hannah Ewan, englisch)
Der Ehemann der britischen Königin, Prinz Philip, wird 90. Der “Independent” zitiert dazu 90 Sätze aus seinem langen Leben.

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