Archiv für Juni 30th, 2011

Sexy Urlaubsfotos von Teenager-Mädchen

Menschen, die sexuelles Interesse an Minderjährigen zeigen, bezeichnet “Bild” als “Sex-Täter”. Männer, die sich tatsächlich an Minderjährigen vergriffen haben, nennt die Zeitung “Schwein”, “Dreckschwein” oder “Sex-Monster”.

Anders verhält es sich bei Menschen, die so etwas über Minderjährige schreiben:

Am Strand macht Aurora auch mindestens so eine gute Figur wie ihre Model-Mama. Das findet Michelle Hunziker wohl auch und lässt ihre Tochter für sexy (private) Urlaubsfotos posieren.

Die nennt Bild.de “Mitarbeiter”.

Aurora, die 14-jährige Tochter von TV-Moderatorin Michelle Hunziker, macht derzeit offenbar Strandurlaub mit ihrer Mutter. Und Bild.de schreibt:

Andere Teenies finden die Outfits ihrer Mütter oft nur peinlich! Michelle und Aurora wurden sogar im Partnerlook gesichtet: In knappen pinken Bikinis.

Und weil sich die Wenigsten vorstellen können, wie das so aussieht, wenn eine Frau und ein Mädchen knappe pinke Bikinis tragen, hat Bild.de eine kleine Bildergalerie zusammengestellt.

Im sexy Partnerlook: Michelle Hunziker und ihre Tochter Aurora haben Spaß am Strand von Formentera

Ganz schön heiß! Mama Michelle lässt Töchterchen Aurora für die Urlaubsfotos posieren

Wo ist eigentlich Stephanie zu Guttenberg, wenn man sie braucht?

Mit Dank an Timo W., Jan S. und Jan.

dapd  etc.

Hilfe!

Gestern Mittag vermeldete die Nachrichtenagentur dapd aufgeregt das “Aus für Notrufsäulen an deutschen Straßen bis Jahresende”. Wer bei dieser Überschrift angenommen hatte, die orangefarbenen Notrufsäulen entlang der Autobahnen (die ja durchaus als “deutsche Straßen” durchgehen dürften) würden – etwa bis Jahresende – verschwinden, wurde schon im ersten Satz eines besseren belehrt:

Alle Notrufsäulen an den deutschen Bundes-, Landes- und Kreisstraßen werden bis zum Jahresende abgebaut. Dies teilte die Björn-Steiger-Stiftung in Stuttgart auf Anfrage der Nachrichtenagentur dapd mit. (…)

Nicht betroffen vom beschlossenen Abbau sind die derzeit rund 16.000 Notrufsäulen an den deutschen Autobahnen, für die der Gesamtverband der Deutschen Versicherer (GDV) zuständig ist.

Aber auch das war offensichtlich nicht ganz richtig, denn dapd verschickte rund vier Stunden später eine “Berichtigung”. Dort hieß es nun:

Nur Baden-Württemberg behält Notrufsäulen

Was genau es bedeutet, wenn “nur Baden-Württemberg” die Notrufsäulen behält, erklärte dapd natürlich auch gerne:

Nur Baden-Württemberg behält Notrufsäulen an den Bundes-, Landes- und Kreisstraßen, in den anderen Bundesländern werden sie abgebaut. Das teilte die Björn-Steiger-Stiftung in Stuttgart auf Anfrage der Nachrichtenagentur dapd mit. Bundesweit gibt es den Angaben zufolge derzeit knapp 2.100 Säulen, davon allein rund 1.800 in Baden-Württemberg.

dapd hatte also herausgefunden, dass immerhin 14% der noch bestehenden Notrufsäulen an deutschen Bundes-, Landes- und Kreisstraßen abmontiert werden sollen — nämlich die außerhalb Baden-Württembergs. Die restlichen der ehemals rund 7.000 Notruftelefone sind nämlich seit der Einführung eines Handyortungssystem für die Leitstellen im Jahr 2006 sukzessive abgebaut worden, wie uns die Björn-Steiger-Stiftung auf Anfrage erklärte.

Nun würde man als Laie sagen: “Hmmmmm, das ist dann wohl eher keine Meldung! dapd war sich nur zu fein, den ursprünglichen Schwachsinn komplett zurückzuziehen.” Doch Profis denken da anders.

“Bild” bringt heute auf der Titelseite folgende Kurzmeldung, die sich offensichtlich auf eine der ersten dapd-Varianten beruft:

Notrufsäulen an Bundesstraßen werden abgeschafft

Stuttgart – Alle Notrufsäulen an den deutschen Bundes-, Landes- und Kreisstraßen werden bis zum Jahresende abgebaut. Das teilte die Björn-Steiger-Stiftung in Stuttgart mit. Die Notrufsäulen seien nicht mehr finanzierbar. Außerdem habe die heute selbstverständliche Handynutzung sowie die nun mögliche Ortung von Mobiltelefonen die Säulen zuletzt zunehmend überflüssig gemacht. Bundesweit gibt es noch rund 2000 Säulen. Nicht betroffen sind die rund 16000 Notrufsäulen an den Autobahnen.

Diese Quelle muss auch der “Tagesspiegel” benutzt haben:

Notrufsäulen an deutschen Straßen verschwinden bis Jahresende

Stuttgart – Für die Notrufsäulen an Bundes-, Landes- und Kreisstraßen kommt das Aus. Sie würden bis zum Jahresende abgebaut, teilte die Björn-Steiger-Stiftung mit. Die Säulen seien nicht mehr finanzierbar. Zudem seien sie durch die Handynutzung zunehmend überflüssig. Nicht betroffen sind die 16 000 Notrufsäulen an den Autobahnen. dapd

Die “Süddeutsche Zeitung” brachte einen längeren Artikel, der auf der ersten dapd-Meldung basierte und auch die Online-Medien haben die NichtGeschichte natürlich dankbar aufgenommen — wobei abendblatt.de eine wahre Meisterleistung geglückt ist: In dem Artikel, der mit den Worten “nur Baden-Württemberg behält Notrufsäulen” beginnt, zeigt sich ein ADAC-Experte vom “kompletten Aus für die Notrufsäulen an Bundes-, Landes- und Kreisstraßen” überrascht. Der dapd hatte das ADAC-Zitat aus seiner berichtigten Fassung herausgenommen, weil sich das “komplette Aus” als wenig haltbar erwiesen hatte.

Auch die dpa erweckt seit gestern den Eindruck, der seit fünf Jahren voranschreitende Abbau der Notrufsäulen sei eine Neuigkeit:

Aus für Notrufsäulen – Steiger Stiftung baut ab

Stuttgart (dpa) – Die Björn Steiger Stiftung baut ihre Notrufsäulen bundesweit nach und nach ab. Von den ursprünglich 7000 Säulen stehen noch 2095, davon gut 1800 in Baden-Württemberg, sagte eine Sprecherin der Stiftung am Mittwoch in Stuttgart. Die hohen Kosten für das Notrufsystem über die Säulen an Bundes-, Landes- und Kreisstraßen seien in Zeiten von Handys nicht mehr zu rechtfertigen, begründete sie die Entscheidung. Nicht betroffen sind die Säulen an Autobahnen. Sie werden vom Gesamtverband der Deutschen Versicherer (GDV) betrieben.

Mit großem Dank an Tobias.

Hinweis, 19.10 Uhr: In der ursprünglichen Fassung dieses Eintrags hatten wir geschrieben, die dpa-Meldung sei “immer noch völlig unkorrigiert”. Die dpa erklärte uns dazu, dass es an der Meldung “nichts zu korrigieren” gebe, da alle Fakten korrekt wiedergegeben würden.

DDR-Journalisten, Frauenfußball, WWF

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Das Panik-Orchester”
(freitag.de, Jakob Augstein)
Jakob Augstein beurteilt den rechtlichen Kampf der Printverlage gegen öffentlich-rechtliche Anstalten und Internetpublizisten. “Die Verlage können es sich leisten, gegen die Öffentlich-Rechtlichen zu Felde zu ziehen und beim Leistungsschutz widersprüchliche Forderungen zu stellen, weil sie die Meinungs- und Veröffentlichungsherrschaft innehaben. Es ist für die Politik kein Spaß, sich mit dem Kartell der großen Häuser anzulegen. Wer will Springer, Burda, Süddeutsche, FAZ, DuMont und die WAZ-Gruppe gegen sich haben?”

2. “Die Katastrophen-Profiteure”
(sueddeutsche.de, Katharina Riehl)
Live berichtende Onlinemedien und Nachrichtensender profitierten überdurchschnittlich von der Katastrophe in Japan. Nachrichtenmagazine dagegen nicht.

3. “Niemand beim WWF will ein Feigenblatt sein”
(nzz.ch, Marco Metzler)
Marco Metzler befragt Hans-Peter Fricker, CEO des WWF Schweiz, zum ARD-Dokumentarfilm “Der Pakt mit dem Panda”: “Die Dame, die im Film zu Wort kam, arbeitete erst seit wenigen Wochen in einer unteren Charge beim WWF und ist schon deshalb keine repräsentative Sprecherin. Leider hat der Filmemacher das Angebot des WWF Deutschland abgelehnt, mit der wirklich zuständigen Fachperson ein Interview zu führen.”

4. “DDR-Journalisten im Visier”
(neues-deutschland.de, Wilfried Neiße)
Das ehemalige Zentralorgan der SED, “Neues Deutschland”, nennt das Gutachten von Ariane Mohl, das sich mit “personellen und institutionellen Übergängen im Bereich der brandenburgischen Medienlandschaft” befasst (Auszüge hier), “bizarr”. “Man erfährt wenig über die wirklichen Umbruchverhältnisse nach 1990, aber alles über einen von Rachsucht und Mitleidlosigkeit geplagten Menschen.”

5. “Die DFL und ihre Macht über die Medien”
(ndr.de, Video, 7 Minuten)
Wie Grit Fischer und Stephanie Zietz aufzeigen, unterliegt die Berichterstattung über Fußball vielfältigen Restriktionen des Deutschen Fußballverbands DFL.

6. “Mein Problem mit Frauenfußball”
(novo-argumente.com, Matthias Heitmann)
Durch gezielte Regelveränderungen in den letzten Jahren sei der Fußball familienfreundlicher, friedlicher und weniger draufgängerisch gemacht worden, glaubt Matthias Heitmann. “Von der traditionellen Gewissheit, dass das Fußballstadion der einzige Ort sei, an dem Erwachsene nicht nur hemmungslos weinen, sondern auch das Wort ‘Wichser’ schreien können, so oft und so laut sie wollen, ohne die geringste Aufmerksamkeit zu erregen, wie es Nick Hornby in seinem Roman ‘Ballfieber’ liebevoll schildert, entfernen wir uns immer mehr.”