«Medienpopulismus schadet der Aufklärung» (nzz.ch, ras.)
Kurt Imhof, Zürcher Professor für Soziologie und Kommunikationswissenschaft, kritisiert die Medien scharf. Auch mit Blick auf die Berichterstattung im Fall Seebach spricht er von einer Systemkrise.
Pornofirma fordert Suchverbot (taz.de, Ben Schwan)
Bizarrer Jugenschutz-Streit im Internet: Ein deutscher Pornoanbieter verlangt von einem Provider, für dessen Kunden Google zu sperren. Der Grund: Darüber lasse sich verbotener Sex finden.
Die digitale Kluft (jetzt.sueddeutsche.de, Dirk von Gehlen und Peter Wagner) Die Jungen verlagern ihr Leben ins Web, Eltern und Lehrer verlieren an Einfluss: Wie das Internet die Gesellschaft spaltet.
SMS aus dem Mittelalter (+) (nzz.ch, Geneviève Lüscher)
Im mittelalterlichen Nowgorod schrieb man sich Mitteilungen auf Birkenrinde. Sie bilden heute eine einzigartige Quelle zum Alltag und Geschäftsleben jener Zeit.
Auf der Suche nach den ältesten Blogs Deutschlands (blog.metaroll.de, Benedikt Köhler) “Interessant ist aber, das bis auf ein Blog alle schon länger als zwei Jahre dabei sind. Außerdem (damit renne ich hier sowieso offene Türen ein, aber trotzdem) ist damit der Spruch von der Kurzlebigkeit des Internet zumindest für die Blogs klar widerlegt. Viele der erwähnten ersten Beiträge sind nach wie vor im Archiv des Blogs auffindbar.”
Videoblogger und Spiegel-Kulturchef Matthias Matussek wurde gemäss Tagesspiegel “strafversetzt“. Ein ZDF-Fernsehmoderator (Claus Kleber) soll sich überraschend nächstens im Chefredaktionssessel des Spiegels wieder finden – sein Arbeitgeber kämpft derweil noch um ihn. Die Clap-Redaktion legte Zeitschriften auf die Küchenwaage. Eine eigene Facebook-Gruppe für Schweizer Blogs wurde gegründet. Binningen musste für eine Nacht ohne TV und Internet auskommen. Ein Schweizer Politiker schrieb Leserbriefe mit Inhalten aus der Weltwoche. Die Schweizer Gratiszeitung News erschien erstmals und .ch-Verleger Sacha Wigdorovits wurde von der Sonntagszeitung gesehen, wie er eigenhändig sein Produkt auf die Ständer hievte (weil es nicht korrekt platziert war).
In München steht ein Hofbräuhaus und in Travemünde ein Hotel. Das ist nicht zu übersehen. Doch “Bild” meldete am vergangenen Freitag über das “inoffizielle Wahrzeichen Travemündes”:
Erstaunlicherweise standen unter dieser ziemlich sensationellen Überschrift jedoch nur ziemlich mickrige 21 Zeilen, die “Bild” zudem wortwörtlich aus einem Online-Bericht der “Lübecker Nachrichten” abgeschrieben hatte. Und dass darin nirgends von einem Hotel-Abriss die Rede ist (sondern nur von einer möglichen Umwandlung der Hotelzimmer in Eigentumswohnungen) hat einen guten Grund. Zusammenfassend lautet der ungefähr so:
*) Die “größte Umweltaktion des Jahres” steht heute auf der “Bild”-Titelseite.
Hoi Polloi(von griech. οἱ πολλοί: abfällig für “die Leute, das Plebeszit”), lebt in Hamburg und veröffentlicht in seinem Blog “Ahoi Polloi” fast jeden Tag eine Zeichnung aus seinem Moleskine zumaktuellenZeitgeschehen und dem LebenimAllgemeinen. Nach eigenen Angaben ist er “bald bei 500 Bildern und macht sonst schon auch noch was anderes”.
Wenn es also stimmt, dass (wie die “Bild”-Zeitung heute in ihrer Korrekturspalte eingesteht) Maischberger sich “gegenüber BILD nicht geäußert” hat*, wie konnte es dann passieren, dass die “Bild”-Autoren Sven Kuschel und Bettina Lüke gestern in “Bild” Folgendes schrieben?
*) Bild.de hat Maischbergers “zu BILD”-Zitat inzwischen ersatzlos gestrichen — anders als z.B. Netzeitung.de, de.msn.com und heute-online.ch, die Maischbergers exklusiven vermeintlichen “Bild”-O-Ton nach wie vor weiterverbreiten. Gesagt hat Maischberger in der Sendung übrigens zu Lady Bitch Ray: “Wenn Sie jetzt sagen: ‘Ich bin ne geile Schlampe und, äh, fick mich…’ — sieht man den Unterschied, ob das jetzt Sie sagen oder [der Berliner Rapper] Frauenarzt?”
Es gibt offenbar bestimmte Regeln im Pressekodex, die “Bild” kategorisch ablehnt. Zwar bekennt sich Axel Springer — wo “Bild” bekanntlich erscheint — zur Einhaltung der Standards des Pressekodex (und hat im Jahr 2003 sogar Leitlinien verabschiedet, die “das Verständnis der publizistischen Grundsätze des Pressekodex” in bestimmten Bereichen “konkretisieren und erweitern”). Doch für “Bild” scheint das nicht zu gelten.
Anders ist kaum zu erklären, mit welcher Regelmäßigkeit “Bild” sich beispielsweise über Ziffer 8 des Pressekodex hinwegsetzt, wo es einleitend schlicht heißt:
Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen.
Ganz besonders große Ignoranz zeigt “Bild” in der Berichterstattung über psychisch Kranke, von deren erhöhter Schutzbedürftigkeit die Richtlinien 8.1 (4) und 8.4 des Pressekodex handeln.
Drei Beispiele aus jüngster Zeit:
Im September wurde “Bild” vom Presserat gerügt, weil sie den offenbar psychisch kranken Khaled al-Masri abwertend und damit ehrverletzend als “irre” und “durchgeknallt” bezeichnet hatte. Für diese Rüge hatte man bei “Bild” überhaupt kein Verständnis und berichtete vor einigen Tagen entsprechend darüber. Dabei setzte sie al-Masri en passant quasi gleich mit “Hasspredigern, Nazis oder sonstigem durchgeknallten Gesindel” (wir berichteten).
Ende November hatte “Bild” über eine Geiselnahme im Berliner Hauptbahnhof berichtet und dabei den Täter völlig unverpixelt und klar identifizierbar auf großen Fotos gezeigt. Obwohl es von Anfang an Hinweise gab, dass er schuldunfähig sein könnte. “Bild” schrieb am ersten Tag ihrer Berichterstattung, er habe “offenbar Kokain geschnupft” und sei “in eine Psychoklinik eingewiesen” worden. Am zweiten Tag der “Bild”-Berichterstattung wusste man über den Täter, dass er möglicherweise wegen Wahnvorstellungen schuldunfähig gewesen sei. Dennoch zeigte “Bild” ihn erneut ohne jede Unkenntlichmachung (wir berichteten).
Und heute berichtet “Bild”, wie viele Zeitung, über “die unfassbare Tragödie, die ganz Deutschland entsetzt”. Eine Mutter aus einem kleinen Ort in Schleswig-Holstein hat offenbar ihre fünf Söhne getötet. WievieleZeitungen zitiert auch “Bild” den Oberstaatsanwalt:
“Wir beschuldigen die Mutter des fünffachen Mordes, allerdings im Zustand der absoluten Schuldunfähigkeit”
Deutlicher geht es kaum. Und dennoch: “Bild” illustriert den Artikel mit einem großen Foto, das nicht nur die fünf Söhne, sondern auch die Mutter ohne jegliche Verfremdung zeigt*:
Hier also noch einmal im Wortlaut die entscheidende Passage aus Richtlinie 8.1 (4) des Pressekodex — auch wenn sie für “Bild” offenbar keinerlei Bedeutung hat:
Liegen Anhaltspunkte für eine mögliche Schuldunfähigkeit eines Täters oder Tatverdächtigen vor, sollen Namensnennung und Abbildung unterbleiben.
Mit Dank an Matthias S., Sebastian U., Maja I., Volker K., Torsten R. und Oliver P. für den sachdienlichen Hinweis.
*) In Teilen der “Bild”-Auflage ist die Frau offenbar auch auf der Titelseite abgebildet und nicht unkenntlich gemacht.
Sascha Lobo, 32, ist Autor, Kommunikationsstratege, Werber, Blogger, Berufs- und Freizeitprovokateur und gilt als Erfinder des kommentierbaren Kommentarlogs (Klog) sowie des Frisuren-Buchmarketings. Er ist Inoffizieller Mitarbeiter der “Zentralen Intelligenz Agentur” (ZIA) und Autor des Weblogs “Riesenmaschine”, das 2006 mit dem Grimme-Online-Award ausgezeichnet wurde. Gemeinsam mit Holm Friebe schrieb er das Buch “Wir nennen es Arbeit”; zusammen mit Katrin Passig schiebt er gerade ein Buch über die Kunst der Prokrastination auf, das 2008 bei Rowohlt erscheinen soll. In diesem Jahr gründete er mit Tanja Kreitschmann, Max Winde und Johnny Haeusler das Blog-Netzwerk “adical”, das auch BILDblog.de vermarktet.
Von Sascha Lobo
Ich lese BILDblog nicht. Ich kann und will BILDblog nicht lesen. Das hat ganz praktische Gründe, ich bin nämlich mit den Machern befreundet und möchte es auch bleiben. Und die Art, wie BILDblog an die Fehler und die ideologische Verbrämung von Tatsachen durch die “Bild”-Zeitung herangeht, ertrage ich nicht. Sicher ist es dringend notwendig, dass jemand penibel aufschreibt, was dort für mediale Vergewaltigungen der Realität begangen werden und dabei um Gottes Willen nicht emotional wird. Ich kann das nicht, mir kommt es so vor, als stehe jemand direkt neben einem Gewaltverbrechen und schreibt präzise den Tathergang mit.
So geschehen bei der “Bild”-Kampagne gegen den Mindestlohn: Die angebliche “Stimme des Volkes” (Eigenwerbung) feuert seit vielenWochen aus allen Abflussrohren dagegen. Das Mutterhaus, die Axel Springer AG, ist ja mit über 70 Prozent Anteilseigner an der PIN-AG, dem grössten privaten Postdienstleister, der sein Geschäftsmodell auf Niedrigstlöhnen aufgebaut hat. Aus dieser Konstellation ergibt sich eine Reihe von Punkten, die bei aufgeklärten Menschen etwa die Übelkeit auslösen sollten, die einen beim Hyperventilieren neben einer Jauchegrube überfällt.
Zum Beispiel wurde erwartungsgemäß in der “Bild”-Berichterstattung die Interessenverquickung des Verlages lange lautestmöglich verschwiegen. Interessanter aber die Kehrtwendung, die “Bild” in diesem Punkt vollzogen hat: Irgendwann im Jahr 2007 dürfte eine SMS geschickt worden sein mit dem Inhalt “Lieber Kai, ab jetzt seid ihr gegen Mindestlohn. Deine Friede.” “Bild” hat sich nämlich noch vor einem Jahr exakt gegenteilig echauffiert — mit dem Artikel “Die Tabelle der Schande — Von diesen Hungerlöhnen soll man leben” aus dem Dezember 2006:
Dort aufgeführt sind in der Tat lachhafte Stundenlöhne von 3,05 Euro bis 5,73 Euro. Die Springer’sche PIN-AG zahlt laut “Report aus Mainz” Stundenlöhne unterhalb von 4,50 Euro — vor einem Jahr hätte “Bild” also den eigenen Konzern mitten auf die Liste der Schande setzen müssen, irgendwo zwischen sächsische Gebäudereiniger und thüringer Floristen.
Das Bild von jemandem, der Wein trinkt und Wasser predigt, reicht nicht aus, um zu beschreiben, was Kai Diekmann — Gehalt über eine Million Euro im Jahr — tut, wenn er seine Redaktion in den letzten Wochen mit mehr als zwanzig Artikeln von “Bild” selbst so genannte Löhne der Schande angreifen lässt. Dagegen, liebe BILDblogger für alle Tage, könnte ich nicht sachliche Aufklärung und entlarvende Dokumentation setzen, sondern Wut und Zorn, zwei wichtige emotionale Instrumente, die leider von Nazis und Islamisten missbraucht werden. Ich würde mit Beschimpfungen und Herabwürdigungen bis an die Grenze der Legalität gehen wollen und eine ordentliche, schleimgrüne Aule auf die andere Seite spucken. Und ich würde mich gleichzeitig freuen und übergeben, wenn endlich einer der vielen Kämpfer gegen den Mindestlohn seine echte, ungefilterte Meinung über dieses Thema sagt: “Ich bin gegen den Mindestlohn, weil ich den ungebildeten Pöbel verachte und weil mir die Rendite wichtiger ist als das Leid derjenigen, die für eine knappe 60-Stunden-Woche 800 Euro brutto verdienen. Früher wäre ich bestimmt adelig gewesen.” Und wer in Bigotterie, Tatsachenverdrehung und künstlichen Realitäten derart geübt ist wie “Bild”, wird sicher auch das mit der Position als “Stimme des Volkes” in Einklang bringen können.
SCOOP! And the winner is? (axel-springer-akademie.de/blog)
? Dennis Buchmann und sein Magazin ?Humanglobaler Zufall?!
Der Rollercoaster (bilanz.ch, Stefan Barmettler)
Roger Schawinski hat sich mit manchen verkracht – und wieder versöhnt. Rechtzeitig zum Start seiner neuen Radioprojekte ist er sogar mit dem Medienminister wieder in Minne.
Generationenkonflikt oder Ehegeplänkel? (nzz.ch, Hanspeter Kellermüller)
Die Verleger von Pressetiteln streiten mit Google. Stein des Anstosses ist Google News, wo die Inhalte diverser Online-Nachrichtendienste verlinkt werden. Die Verleger befürchten, dass Websites wie Google News die Verfügungsgewalt über ihre Inhalte bedrohen.
“Selten sinnlose Profilierungsmeetings mit Excel Dateien an der Wand” (don.antville.org, Don Dahlmann) Wenn man auf Partys erwähnt, dass man Freiberufler ist, dann wird man entweder mit dem Satz “Könnt ich, hätt ich keine Disziplin für” beworfen, oder jemand sagt “Toll, da kann man ja machen was man will.” Sicher – Freiberufler zu sein hat sehr viele Vorteile. Aber ganz so gülden glänzt hier auch nicht alles.
Journalisten am Scheideweg zwischen Stumm- und Tonfilm (watchberlin.de, Video, Harald Martenstein, 7:33 Minuten)
“(…) Die Ware, mit der der Journalist sich jetzt auf den Marktplatz begeben muss, ist seine Subjektivität. Er verkauft nicht mehr etwas anderes, er verkauft sich selber. Das ist nicht unbedingt ein Kulturverfallsprodukt, das ist eben einfach ein weiterer Schritt auf diesem 1789 begonnen Weg der Emanzipation des Individuums (…)”
Knut, 1, ist Eisbär im Berliner Zoo. “Bild” berichtete über ihn erstmals mit sechs Wochen Verspätung am 22. Januar (“Eisbären-Baby im Zoo geboren!”), musste sich damals aber noch mit einem “Symbolfoto” zufriedengeben. Tags drauf (“Das Berliner Bären-Wunder”) gab es aber bereits “DAS ERSTE FOTO VON KNUT”. Seitdem berichtete “Bild” weit über 100-mal.
Gestatten Knut, Eisbär Knut, seit gestern ein Jahr alt: Eine 115 kg schwere Attraktion des Berliner Zoos mit einer Besonderheit: Ich schreibe Tagebuch, und zwar online.
Warum ich hier schreibe? Was ich mit “Bild” zu tun habe?
Nun denn, mein Leben ist mit dem Boulevard verknüpft, seit ich denken kann. Gerade mal drei Monate alt — ich kann zwar laufen, aber noch nicht einmal schwimmen — tritt “Bild” den ganz großen Hype los. Mit Bezug auf einen Tierrechtler fragt die Zeitung:
“FAZ” und BILDblog recherchieren gegen und stellen richtig [auch wenn’s “Bild” wohl bis heute nicht begriffen hat, d. Red.]. Danke dafür!
Aber trotzdem oder gerade deshalb… Von da an geht’s bergauf. Ich bin ein Star, ob ich will oder nicht. Und “Bild” und die anderen Boulevardblätter bestimmen mein Schicksal: Ich bin zu dick, ich schnappe nach meinen Doc und werde gefährlich für Papi, wird kolportiert. Erst vorgestern noch deckte “Bild” mit einer ganzen Seite 3 einen ungeheueren “TV-Schwindel” auf:
Der Kern der Geschichte: Fernsehfilme werden vorproduziert und die Torte, die mir im rbb-Geburtstagsfilm überreicht wird, ist nicht die echte. Nun, geschmeckt hat sie trotzdem!
Wirklich beunruhigt hat mich dabei aber etwas anderes. “Knut”, habe ich mir gesagt, “Knut, die interessieren sich gar nicht wirklich für dich. Die wollen nur ‘ne tolle Geschichte”. Diese Einsicht stürzte mich in eine Depression! Und das am Vorabend meines 1. Geburtstags. Warum? Na, das ist doch klar. Seit einem dreiviertel Jahr bin ich der Star: im Zoo, in Berlin, weltweit. Und was ist, wenn nun demnächst meine Mama Tosca und die beiden anderen Eisbärenfrauen im Berliner Zoo einen großen Wurf landen? Dann stürzt sich “Bild” auf die süßen, kleinen, putzigen Bärenbabys.
Und ich? Hat darüber mal jemand nachgedacht!!!???
Die Lösung durchzuckte meinen Hirnstamm gestern Nacht im Traum:
… schwierig war es, Kai Diekmann überhaupt zu erreichen. Aber dann beim frühmorgendlichen Plausch am Gehegezaun kapiert er meine Idee sofort und stolpert vor Begeisterung fast ins Eisbärenbecken.
Lautlos und unbemerkt gründen er und Thilo Bode drei Tage später die “Free Knut GreenBILD-Foundation”. Jetzt überschlagen sich die Ereignisse: Eine Woche Titelseiten-Kampagne und 2,4 Millionen Unterschriften später knicken auf Druck meines Patenonkels Sigmar Gabriel endlich der Zoo Berlin und das Alfred Wegener Institut ein.
Noch drei Tage und die Polarstern steht bereit. Wir stechen in See. Mit an Bord: Zoodirektor Blaszkiewitz, Papi Thomas Dörflein, mein Leibarzt Doc Schüle, etliche Tonnen TV-Übertragungstechnik und natürlich ich (leider im Käfig). Die Tage vergehen im Sturm. Endlich: Die Schelfeiskante vor Spitzbergen! Viel Zeit für den Abschied bleibt nicht: Der Himmel ist wolkenfrei, der Satelliten-Uplink steht, 20.15 Uhr, beste Sendezeit.
Ich sitze bibbernd mit kaltem Hintern auf der geschlossenen Eisdecke des Nordpolarmeeres, Free Willys bislang unbekannter Bruder schlägt mit der Schwanzflosse zum Gruß und der rbb überträgt live und weltweit!
Ganz langsam schiebt sich die Polarstern rückwärts zwischen knarrende Eisschollen in die Polarnacht. Thomas steht an der Reling und unterdrückt eine Träne, ich hebe traurig die Tatze zum Abschied… Da schießt mir ein Gedanke in den Eisbärenschädel: “CROISSANTS!” Wer zur Hölle bringt mir morgen meine Croissants????…
Plopp!
Mit schweißverklebtem Fell wache ich auf. In meiner Schlafhöhle: Zoo Berlin, Hardenbergplatz 8, 10787 Berlin. Brrrrr, nach diesem Alptraum ist mir einiges klar.
Liebe Freunde vom BILDblog, bitte seid mir nicht böse, aber ich glaube, ich muss mich in mein Schicksal fügen. Ich bin ein Zoobär mit Symbolwert. Und den Boulevard hab’ ich zum Fressen gern. Sie werden mich im Blick behalten, Ihr werdet es hoffentlich richtig stellen.
Und sonst… ja, sonst werde ich den Verantwortlichen weiter einheizen und sehen, dass ich etwas dafür tun kann, dass meinen Brüdern und Schwestern und Onkeln und Tanten in freier Wildbahn, nicht die Eisscholle unterm Hintern wegschmilzt… und natürlich dafür, dass die Berliner rbb-Abendschau am Freitag etwas zu berichten hat…
Bereits am Montag meinte “Bild” es ganz genau zu wissen: Der Dortmunder Fußballer Nelson Valdez habe das 1:0 beim Spiel gegen den VfB Stuttgart “nicht selbst geschossen”:
Fernseh-Bilder bewiesen: Der Stürmer stümperte den Ball erst hinter der Linie ins Netz. Das 0:1 war eigentlich ein Eigentor von Stuttgarts Abwehrspieler Delpierre — unter gütiger Mithilfe von Torhüter Schäfer. Die DFL führt trotzdem Valdez als Torschützen.
Und am Dienstag verkündete “Bild”:
Die DFL bestätigte BILD gestern offiziell: Das Tor wird dem kleinen Stürmer aus Paraguay aberkannt und statt dessen als Eigentor des Stuttgarters Delpierre geführt.
Kurioserweise hatte die DFL jedoch “nach dem Studium der TV-Bilder” und am selben Tag, als diese “Bild”-Meldung erschien, entschieden, das Tor doch zugunsten vonValdez zu werten — was “Bild” immerhin einen Tag darauf richtig stellte (“Chaos um Valdez-Tor”).
Darüber, ob die DFL “Bild” am Montag wirklich das Gegenteil “offiziell” bestätigt hatte, wollte man uns bei der DFL keine Auskunft geben.
Falsch ist die “Tor-weg”-Meldung vom Dienstag jedenfalls. Bei Bild.de jedoch findet sie sich auch zwei Tage nach der nun wirklich offiziellen Entscheidung noch immer auf der Startseite der “Borussia Dortmund Klub-News”, und die Korrektur sucht man vergebens*:
Mit Dank an Sebastian L. und Frank für den sachdienlichen Hinweis.
*) Die Korrektur der “Tor-weg”-Meldung wurde zwischenzeitlich über das Sport-Telegramm bei Bild.de verbreitet, wo sie aber nicht mehr zugänglich ist.