Archiv für Dezember, 2007

6 vor 2008

NUHR 2007 – Der Jahresrückblick
(zdf.de, Dieter Nuhr, Video, 60 Minuten)
Dieter Nuhr schaute zum Abschluss des Jahres 2007 in ironisch-witziger Art auf die Höhepunkte des Jahres und präsentierte seinen persönlichen Jahresrückblick am 27. Dezember, 23.15 Uhr im ZDF.

Richling als Köhler
(youtube.com, Video, 7:33 Minuten)
Neujahrsansprache des Bundespräsidenten aus dem Scheibenwischer Jahresrueckblick von Ende 2007.

Batz Headroom, das war das Jahr!
(nochetwassalz.de, Video, 9:15 Minuten)
Max Headroom reloaded.

Der Extra3-Jahresrückblick 2007
(youtube.com, Video, 3:24 Minuten)
“Udo, ein Onkel von Problembär Bruno, wandert illegal nach Deutschland ein und beginnt eine Affäre mit Karin Stoiber…”

Augenblicke
(focus.de)
Die Reportagebilder des Jahres.

So arg war’s nicht
(welt.de, Juli Zeh)
Das Jahr 2007. Doch es ruhe sanft. Eine Jahresendlitanei in einem Atemzug und einem Satz.


6 vor 9 2007: Die Besten pro Monat

Im Jahr 2007 lieferte medienlese.com 6 x 5 x 4 x 12, also um die 1440 Links. Davon wollen wir pro Monat die Erinnerungswürdigsten nochmals aufleben lassen.

Die Auswahl ist wie immer sowohl subjektiv, als auch willkürlich. Man kann aber dennoch festhalten, dass es je zwei Texte der Zeit, der Weltwoche und des Spiegels in die Auswahl geschafft haben. Was mein subjektives Bild einer positiven Performance dieser drei Titel bzw. ihrer Onlineausgaben im Jahr 2007 bestätigt (bzw. untermauert). Ebenfalls zu loben sind die Medienseiten der taz, der F.A.Z. und der NZZ, die oft guten Medienjournalismus betreiben. Der Tagesspiegel hatte eine gute Phase nach dem Online-Relaunch, in letzter Zeit aber waren kaum mehr auffällige Stories drin. Die Welt zeigte auch vereinzelt gute Ansätze und die Schweizer Werbewoche überraschte das eine oder andere Mal mit Journalismus. Blogs sind in der Auswahl weiterhin untervertreten, unter anderem auch, weil viele der Texte nicht über zwei Absätze hinauskommen, was kein Vorwurf sein soll. Sie passen aber doch nicht recht in die Rubrik, die längere Online-Texte verlinken will, die im besten Fall von Medien handeln.

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medienlese – der Wochenrückblick

Polyp Google, Altpapier für Tote.

Google als grausame und allesverschlingende Krake zu sehen ist offenbar ein beliebtes Bild, jedenfalls auf deutschschweizer Redaktionen. Nach Heute und der Sonntagszeitung stellte nun auch das Magazin das Unternehmen als glitschigen Polyp dar, dessen Riesenhaftigkeit und Fürchterlichkeit in der Dunkelheit der Tiefe des Datenmeeres nicht recht abzusehen ist. Dazu ists eine neue Konkurrenz, die die etablierten Verlagen um ihre traditionellen Werbeeinnahmen fürchten lässt. Aber das wird sicher nicht der Grund sein, warum die Firma so dargestellt wird.

K. Latsch vom Zürcher Presseverein konnte die Altpapierflut trotz eifrigem Bemühen nicht aufhalten. Trotz mehrfacher Abbestellung kriegt Latsch das Migros-Magazin (ehemals Brückenbauer) sowohl für sich, für seine verstorbene Mutter und für seine verstorbene Grossmutter.

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6 vor 9

Es bleibt in der Familie
(taz.de, Steffen Grimberg)
Die Medienwelt ist von fiesen Finanzinvestoren durchsetzt, bei denen das Gesetz der Börse zählt. Nur in Deutschland habens MedienfürstInnen lieber dynastisch.

Weshalb wird nicht mehr über Horst Seehofer und sein Baby berichtet?
(sz-magazin.sueddeutsche.de, Eveyln Roll)
Wenn Horst Seehofer heute von einem Journalisten gefragt werden würde, wie es seinem Baby geht und der Mutter des Kindes, Anette Fröhlich, oder wie seine Frau Karin und er inzwischen mit der ganzen Sache umgehen, würde er sagen: »So, wie es sich gehört. Und lassen Sie mich damit in Ruhe. Dazu ist alles gesagt.« Aber es fragt ihn keiner.

Wie das Web 2.0 die Gesellschaft verändert
(welt.de, Daniel Mandler)
Duane Nickull ist ?Senior Technical Evangelist? beim US-Softwareriesen Adobe. Seit mehr als zehn Jahren ist er im Internet-Geschäft. In einem Gespräch mit WELT ONLINE erklärt er, wie das Web sich weiterentwickelt. Daneben kritisiert er Adobes Linux-Support – und lässt es nicht aus, über das ?nächste große Ding? zu reden.

100 Tage TruemanTV
(trueman.tv, Marcel)
?Mir fällt es eigentlich nicht schwer, die Kamera zu tragen und immer dabei zu haben. Wenn man weiß, dass es in einem Jahr zu Ende ist, fällt einem der Gedanke an die Kamera nicht schwer. Es belastet mich auch nicht, auch wenn es sicher die meisten von Euch denken.?

Erst verspottet, jetzt bewundert
(handelsblatt.de, Katja Ridderbusch)
Cynthia Good hat Erfolg mit ihrem Wirtschaftsmagazin für Frauen. Denn immer mehr Damen rücken an die Spitze von US-Unternehmen.

Einstiegsdroge Internet
(sueddeutsche.de, Annette Ramelsberger)
12.000 Menschen in Deutschland stehen im jüngsten Pädophilie-Fall unter Verdacht. Das Internet sei eine Einstiegsdroge für Pädophile, sagt der Psychiater Werner Bartens: ?Die Bilder werden immer härter?.

6 vor 9

Helden oder Verräter?
(sueddeutsche.de, Hans Leyendecker)
Krumme Touren in Unternehmen und Behörden werden meist von internen Informanten aufgedeckt. Ruhm ernten die Tippgeber hierzulande allerdings selten.

Die Bedeutung von Weblogs für Politikjournalisten (+)
(thewavingcat.com, Peter Bihr, pdf, 1118 kb)
“Weblogs haben für die Arbeit von Politikjournalisten in Deutschland derzeit eine geringe Bedeutung.”

Die Arroganz der Papierverfechter
(taz.de, Stefan Niggemeier)
Mühelos kann heute jeder seine Meinung ins Netz posaunen. Davon fühlt sich mancher Profi auf den Schlips getreten – doch das spricht für einen merkwürdigen Minderwertigkeitskomplex.

Die beispiellose Misserfolgsgeschichte von “Bild”
(bildblog.de, Max Goldt)
“An ‘Bild’ käme niemand vorbei, wird gesagt. Ja, warum denn nicht? Vielleicht sollte man erst einmal versuchen, an ihr vorbeizukommen! Meiner Erfahrung nach ist das gar nicht schwer.”

Ich blogge, also bin ich
(zeit.de, Thomas Groß)
Immer mehr Menschen produzieren sich im Internet. Wir treten ein in die Epoche des »digitalen Nihilismus«. Ein Gespräch mit dem Medienwissenschaftler Geert Lovink.

Das Evangelium nach Google
(dasmagazin.ch, Rico Czerwinski)
Die Suchmaschine Google hat auf jede Frage eine Antwort. Eher: Tausende von Antworten. Gilt das auch für Vinton G. Cerf, den Vordenker des unheimlich mächtigen Unternehmens?

BILDblog hält Winterschlaf (2)

Mit Dank für die sachdienlichen Hinweise des Jahres 2007 an A.J., A.K., Adrian C., Adrian J., Albert G., Alex, Alex C., Alex E., Alex G., Alex H., Alex Z., Alexa F., Alexander, Alexander B., Alexander H., Alexander J., Alexander K., Alexander N., Alexander R., Alexander S., Alexander W., Alice B., Allan D., Amin N., Andrea B., Andrea E., Andrea R., Andreas, Andreas B., Andreas F., Andreas G., Andreas H., Andreas K., Andreas R., Andreas S., Andreas U., Andreas W., Andy, Andy S., Anika H., Anna, Anna F., Anna K., Annabell, Anne-Kirstin K., Ansgar, Antonio, Astrid G., Astrid K., Axel B., Axel L., Axel M., Axel S., Axel W., B., Basti, Bastian B., Bastian D., Bastian V., Batihu, Ben G., Benedikt H., Benjamin, Benjamin G., Benjamin H., Benjamin K., Benjamin S., Benjamin T., Benny J., Bense, Bense F., Bernard G., Bernd H., Bernd O., Bernd R., Bidisch, Björn B., Björn K., Bloggwurst.de, Boris H., Boris M., c_d_k, Carsten, Carsten E., Carsten K., Carsten M., Carsten S., Carsten Z., Cay D., Chakamoto.de, Chris, Chris H., Chris K., Chris K., Christian, Christian A., Christian B., Christian H., Christian K., Christian M., Christian N., Christian R., Christian S., Christian V., Christian Z., Christiane H., Christoph E., Christoph F., Christoph H., Christoph K., Christoph S., Christoph W., Christopher, Claudia K., Claudia P., Constantin M., D.L., Daniel , Daniel B., Daniel E., Daniel F., Daniel G., Daniel Große, Daniel L., Daniel N., Daniel O., Daniel P., Daniel S., Daniel T., Daniel von B., Daniel W., Daniele, das Wortschnittchen, DauerKind, David N., Demian K., den, Denis R., Dennis K., Dennis S. , Denny A., Derek F., Dhidalgo, Dieter B., Dietmar P., Dietmar S., Dietrich K., Dirk, Dirk G., Dirk S., Dirk U., Dirk W., Dirty Harry, Dominik B., Dominik R., Donas, Eric A., Eric H., Eric S., Erik F., Erik K., Fabian K., Falk B., farry2003, Ferranno, Flo E., Florian, Florian F., Florian G., Florian K., Florian L., Florian S., Frank, Frank A., Frank Abel, Frank B., Frank H., Frank J., Frank T., Fred J., Frederik Alexander T., Friedrich, fritzali, fufofa, G.M.B., Gecko, Georg H., Gerald H., Gerd K., Gerhard T., Gerrit H., Gert M., Gordon, Gregor D., Gregor G., Guido F., Guido S., Gunnar W., Günter S., Günter V., H., Hanno E., Hanns K., Harald G., Harald W., Hariolf B., Haro V., Harry S., Hauke R., Heiko S., Heiner H., Heinz M., Heinz-Günter K., Hendrik G., Hendrik L., Henning B., Hermann B., Holger, Holger A., Holger E., Holger R., Holger S., ihlkawimsns, Ilona R., Ingo F., Ingo K., J.v.Z., J.W., Jack, Jakob S., Jan, Jan A., Jan K., Jan W., Jana H., Jan-Christoph K., Jason M., Jenny D., Jenny R., Jens F., Jens L., Jens S., Jesko S., Jessica, Joachim, Joachim K., Joachim L., Joanna M., Johannes, Johannes B., Johannes D., Johannes K., Johannes S., Johannes W., John S., Jojo, Jonas P., Jörg F., Jörg H., Jörg W., Jos G., José R., Josh M., Julia W., Julian, Julian B., Julian R., Juliana J., Jürgen D., Jürgen K., Jürn D., Kai B., Kai K., Kai L., Kai-Oliver K., Kalman G., Karsten S., Kate B., Katharina L., Katharina M., Kathrin, Katja D., Katja M., Katy H., Kauli, Kessi, Klaus, Klaus H., klein-K, Klemens, Knut, Konni, Kuzy, Kyno, Lambert, Lars, Lars W., Leif U., Leni, Lennart O., Linda E., Lisa, Lisa H., Lothar B., Lothar S., Lothar Z., Lutz R., M., M.P., Maja I., majestic, Malte, Malte L., Mandy, Manfred H., Manfred P., Manuel B., Manuel D., Manuel N., Manuel S., Marc L., Marc W., Marcel, Marcel G., Marco G., Marco M., Marco R., Marcus S., Marcus W., Mareike, Marek F., Marek M., Mariche, Mariella A., Mario G., Mario Z., Marius M., Mark F., Mark P., Mark U., Marko B., Marko H., Markus, Markus F., Markus G., Markus K., Markus M., Markus O., Markus S., Martin, Martin A., Martin G., Martin H., Martin K., Martin M., Martin N., Martin R., Martin S., Marvin S., Mathias K., Mathias L., Matthias B., Matthias L., Matthias M., Matthias P., Matthias R., Matthias S., Matthias W., Matthoa D., Max M., Max V., Merlin S., Micha, Michael, Michael B., Michael D., Michael F., Michael H., Michael K., Michael L., Michael M., Michael N., Michael O., Michael P., Michael Q., Michael R., Michael S., Michael T., Michael W., Michaela B., Mike D., Mike S., Miriam S., Mirko M., Misch K., Monika G., Moritz A., Moritz D., Moritz E., Mumu M., N8crawler, Nadja G., Nahne J., Natascha S., Neil G., Nico M., Nico W., Nicole, Nils K., Norman S., O., Oenna, Offizieranwärter, Olaf B., Olav J., Olav L., Ole J., Oliver P., Oliver S., Oliver W., Ollewa B., Patrick, Patrick K., Patrik G., Patrizio V., Paul R., Peer S., Peter K., Peter N., Peter R., Peter T., Philip W., Philipp H., Philipp S., Philipp W., Phillipp S., Pierre, Pierre B., Piet W., Raimo W., Rainer F., Rainer H., Rainer Z., Ralf S., Ralph, Ralph K., redblog, Reichelt, Reinhard B., Rene G., René S., René T., Rob V., Robert T., Robin A., Rocco S., Rouven S., S.F., Sabine W., Sag Ich, Said V., Salman, Sandra, sarin, Sascha G., Sascha H., Sascha S’ Vater, Sascha S., Sascha W., Sebastian, Sebastian C., Sebastian D., Sebastian J., Sebastian K., Sebastian L., Sebastian P., Sebastian S., Sebastian T., Sebastian U., Sebastian V., Sebastian W., Sigrid N., Silke, Simon, Simon H., Simon K., skov, Spießer Alfons, Stefan, Stefan A., Stefan B., Stefan K., Stefan M., Stefan N., Stefan R., Stefan S., Stefanie H., Steffen, Steffen B., Steffen P., Stephan, Stephan B., Stephan F., Stephan N., Stephan S., Stephan T., Steven K., Susann, Sven H., Sven K., Sven P., Sven S., Sven W., Sybill B., Sylvio, Takuro K., Tal, Tanja, Tesy, Thekla, Thomas, Thomas C., Thomas D., Thomas K., Thomas L., Thomas M., Thomas N., Thomas R., Thomas S., Thomas W., Thorsten A., Thorsten K., Thorsten M., Till V., Tilman H., Tim, Tim B., Tim E., Tim W., Timm H., Timo R., Tina M., Tobben H., Tobi, Tobias G., Tobias L., Tobias R., Tobias W., Tobias Z., Tomchen, Tomekk, Toni L., Torben F., Torben W., Torsten D., Torsten R., Torsten W., Turrican, U. P., Udo G., Uli K., Uli W., Uli Z., Ulrich B., Urs von W., usdgzer, Verena, Verena D., Volker, Volker K., Volker M., Volker W., Volkmar D., Vroni L., Vuffi R., wayne, Werner H., Werner V., Wojtek B., Wolfgang, Wolfgang K., Wolfgang L., Wolfgang S., Wolfgang W., Yasemin Y. — und alle anderen, auch die vielen, deren sachdienliche Hinweise wir nicht berücksichtigen konnten!

Sink an einem anderen Tag

Es ist Weihnachten, da muss man auch mal ein Auge zudrücken.

Hätte damit aber immer noch eins mehr offen, als die Menschen, die bei Bild.de die Weihnachtsfernsehtipps verfassen. Vergangenen Freitag bestand rund die Hälfte der Highlights, die sie empfahlen, aus dem Weihnachtsprogramm 2006. Der Artikel ist dann unauffällig entsorgt worden, stattdessen machte sich nun eine andere Kollegin noch einmal an das Thema und schrieb:

Bei so viel Angebot fällt die Auswahl schwer.

Wir helfen Ihnen und zeigen hier die TV-Highlights für die Feiertage.

Tolle Hilfe. Schwer fällt zum Beispiel die Entscheidung zwischen den beiden Spielfilmen, die laut Bild.de beide gleichzeitig am 25. Dezember um 20.15 Uhr auf ProSieben laufen sollen: “Titanic” und “Pearl Harbor”…


…insbesondere, wenn sich dann herausstellt, dass keiner der beiden am 25. Dezember um 20.15 Uhr auf ProSieben läuft. “Pearl Harbor” kommt auf RTL, “Titanic” erst am 2. Weihnachtstag. Stattdessen zeigt ProSieben am 1. Weihnachtstag “Armageddon”, einen Film, den Bild.de als Highlight des 2. Weihnachtstages ankündigt.

Und Alexander von Schönburg, von “Bild” ganz unbeirrt als “Adels-Experte” bezeichnet, versucht zwar mit vermeintlichem Insiderwissen zu imponieren, wenn er in der “Bild” den Ablauf des Heiligabends bei den Windsors beschreibt:

Die englischen Royals haben sich in Schloss Sandringham versammelt. Ihr heutiger Tag: Morgens spazieren gehen oder Ausritt. Um 15 Uhr sitzen alle vor dem Fernseher, hören die Weihnachtsansprache der Queen. Danach trifft man sich im holzgetäfelten Rauchsalon zum Tee. Um 18 Uhr Bescherung im Weißen Salon… [etc. pp.]

Aber die Details (“Lammbraten, danach Pina-Colada-Mousse”) wären noch beeindruckender, wenn von Schönburg wenigstens wüsste, dass die Weihnachtsansprache der Queen erst am folgenden Tag, dem 25. Dezember, ausgestrahlt wird.

Mit Dank an Axel L.!

Nachtrag, 10.00 Uhr: Nun haben “Armageddon” und “Titanic” ihre richtigen Sendeplätze gefunden. “Pearl Harbor” empfiehlt Bild.de sicherheitshalber gar nicht mehr.

Die beispiellose Misserfolgsgeschichte von “Bild”


Max Goldt, 49, ist Schriftsteller und Musiker. Bekannt wurde er in den achtziger Jahren als Sänger und Texter des Duos “Foyer des Arts” (“Wissenswertes über Erlangen”) — das Munzinger-Personenarchiv spricht vom Beginn seiner “Karriere als humoristischer Szeneheld”, was man fast als Beleidigung verstehen kann. Er schrieb Texte für “Titanic”, veranstaltete Lesungen und Musikvorträge und veröffentlichte seine wunderbaren, meist kurzen Beobachtungen in Büchern wie “Schließ die Augen und stell dir vor, ich wär Heinz Kluncker”, “Quitten für die Menschen zwischen Emden und Zittau”, “Ä” und zuletzt “QQ”. Als “Katz & Goldt” veröffentlichen der Zeichner Stephan Katz und er seit vielen Jahren Comics, u.a. in “Titanic”. Das achte Buch der beiden ist im Frühjahr erschienen und heißt “Der Globus ist unser Pony, der Kosmos unser richtiges Pferd”. Über “Bild” schrieb Max Goldt 2001: “Diese Zeitung ist ein Organ der Niedertracht. Es ist falsch, sie zu lesen. Jemand, der zu dieser Zeitung beiträgt, ist gesellschaftlich absolut inakzeptabel. Es wäre verfehlt, zu einem ihrer Redakteure freundlich oder auch nur höflich zu sein. Man muss so unfreundlich zu ihnen sein, wie es das Gesetz gerade noch zuläßt. Es sind schlechte Menschen, die Falsches tun.”

Von Max Goldt

Mein Verleger versucht hin und wieder, mir einzureden, ich sei konservativ. Er tut das gern mit dem Unterton “Willkommen im Club!”. Ich erwidere dann stets, es gebe mehrere Gründe, aus denen ich nicht konservativ sein könne, ein gewichtiger sei mein Mangel an Patriotismus. Im Prinzip hätte ich gar nichts gegen Vaterlandsliebe, sofern sie nicht allzu unterwürfig ausfiele, aber bezüglich eines Staates, dessen höchste Repräsentanten der “Bild”-Zeitung ständig Interviews geben, ihr zu Jubiläen gratulierten und mit Vertretern des Springer-Verlages auf Empfängen herumklüngelten, könne ich partout gar keinen Patriotismus empfinden.

An sich könnte man die “Bild” in ihrer kleinbürgerlichen Häßlichkeit einfach ignorieren, ebenso wie man in der Lage ist, Weihnachtsmärkte, Abba-Musicals und die frühabendlichen Klatschmagazine des Fernsehens zu ignorieren. Schließlich ist sie nüchtern betrachtet keineswegs übermäßig erfolgreich. Ein Blatt, das dermaßen vulgär daherkommt und sich seit Ewigkeiten mit Kleineleuteversteherei drastischster Art anbiedert, müßte angesichts des völligen Fehlens einer Konkurrenz eigentlich mehr als gerade mal 3,5 Millionen Exemplare absetzen. Die Zielgruppe ist doch viel größer. Man könnte von einer beispiellosen Mißerfolgsgeschichte reden. Um so idiotischer ist es, daß überall so getan wird, “Bild” sei ein unverzichtbares Steinchen im großen deutschen Mosaik. An “Bild” käme niemand vorbei, wird gesagt. Ja, warum denn nicht? Vielleicht sollte man erst einmal versuchen, an ihr vorbeizukommen! Meiner Erfahrung nach ist das gar nicht schwer.

Nur in der Bahn ist es zur Zeit schwierig. Im Rahmen einer “Erste-Klasse-Offensive”, mit der die DB AG seit Anfang Dezember das Reisen in der ersten Klasse populärer machen möchte, stehen auf den Kofferablagen Pappkartons mit Gratis-Tageszeitungen, u.a. mit “Bild”. Warum aber reisen Menschen in der ersten Klasse? Um etwas mehr Ruhe zu haben, sollte man meinen. Zur Ruhe gehört jedoch unbedingt auch die Abwesenheit optischen Gedröhnes auf den Nachbarsitzen. Neulich sah ich in einem Bahnhof ein hübsches Graffito: “Politik und Bahn schämt euch!” Ja, Bahn schäm dich! Raus also mit der “Bild”-Zeitung aus der ersten Klasse! Sonst fahr ich wieder zweiter Klasse, und die Offensive ist nach hinten losgegangen.

Als mein Freund Gerhard Henschel im letzten Jahr sein “Bild”-kritisches Buch “Gossenreport” herausbrachte, habe ich ihn dazu sehr beglückwünscht. Allerdings sei es schade, fügte ich hinzu, daß das Buch in einem linken Kleinverlag erschienen sei. Nicht, daß ich irgendetwas gegen linke Kleinverlage einzuwenden hätte. Gott schütze sie allesamt!

Nur: Eine “Bild”-Kritik von links wirkt nicht sonderlich überraschend. Man denkt: “Ach, das wird so ein wehmütiger Nachhall von Leuten wie Wallraff und Staeck sein. Warum sollte ich das hier und heute lesen?” Publizistisch effektiver wäre “Bild”-Kritik, die aus einem nicht dezidiert linken, sondern womöglich traditionell christlich fundierten Verlag kommt. Menschen, deren Konservativismus mehr umfaßt als eine affig-modische Anti-68-Haltung, hätten durchaus nicht weniger Anlaß als Linke, die “Bild”-Zeitung, ihre jahrzehntelange Tradition im Versimpeln, Verbiegen und Verleumden, den Sexualklatsch und die pornografisch gestalteten Zuhälteranzeigen abzulehnen. Solange deutsche Konservative es versäumen, ihre Distanz zu diesem unseligen Milieu öffentlich schärfstens deutlich machen, können sie mir mal im Mondschein begegnen.
 
Damit endet die unsere große Adventsaktion. Wir danken allen BILDbloggern für einen Tag ganz herzlich für Ihre Unterstützung!

Allgemein  

“BamS”-Leser wissen es jetzt auch

Es folgt… ein längeres Zitat aus der heutigen “Bild am Sonntag” zur Schleichwerbungsaffäre von Andrea Kiewel:

(…) Nach Informationen von BILD am SONNTAG gab es jahrelang Vereinbarungen zwischen Kiewel und Weight Watchers, ein solches 6-Seiten-Werk aus dem Jahr 2001 liegt BamS vor. In § 5 verpflichtet sie sich, bei einem Verstoß gegen die Geheimhaltung, eine Vertragsstrafe von 30 000 Mark zu zahlen. Auch damals stand unter § 1.9 der unerlaubte Passus zur Schleichwerbung, der sie jetzt die Karriere kostete: “Frau Kiewel verpflichtet sich, ihre Kontakte (…) insbesondere im Rahmen von Talkshows (…) zugunsten von Weight Watchers einzusetzen und damit die Darstellung von Weight Watchers in den Medien im Sinne dieser Vereinbarung zu unterstützen. Soweit es zu einer Weight Watchers Promotion in der ZDF-Sendung ‘Fernsehgarten’ kommen sollte, werden die Parteien dies gesondert verhandeln.”

Auch in dem Papier enthalten: Das Honorar für das Jahr 2001: stolze 180.000 Mark.

Also, was diese “BamS”-Rechercheure so alles rausfinden, nicht wahr? Wie machen die das bloß?!

“(…) Bereits im Februar 2001 schlossen sie nach Informationen des SPIEGEL eine Vereinbarung. Für ein Jahr gab es 180.000 DM (…). Im §1 heißt es unter 9.: ‘Frau Kiewel verpflichtet sich, ihre Kontakte, insbesondere zur Medienbranche und damit insbesondere im Rahmen von Talkshows und Interviews, zugunsten von WEIGHT WATCHERS einzusetzen und damit die Darstellung von WEIGHT WATCHERS in den Medien im Sinne dieser Vereinbarung zu unterstützen. Soweit es zu einer WEIGHT WATCHERS Promotion in der ZDF-Sendung ‘Fernsehgarten’ kommen sollte, werden die Parteien dies gesondert verhandeln.’ (…) Kiewel wurde zu strengstem Stillschweigen verpflichtet, andernfalls sollte eine Vertragsstrafe von 30.000 DM fällig werden. (…)”
(Spiegel Online vom 21.12.2007)

Antwort: Sie haben womöglich Spiegel Online gelesen (siehe Kasten)*

Dort steht nämlich all das, was die “Bild am Sonntag” heute unter Berufung auf sich selbst (“nach Informationen von BILD am SONNTAG”, “liegt BamS vor”) ihren Lesern zu berichten weiß, schon seit vergangenem Freitag.

Nur, damit es nicht nächste Woche wieder heißt:

"BILD-am SONNTAG-Leser wussten es zuerst!"

*) Falls den “BamS”-Rechercheuren die Enthüllungen auf “Spiegel Online” peinlicherweise entgangen sein sollten, hätten sie sie natürlich auch schon beispielsweise bei “Welt Online” oder in einer entsprechenden Meldung der Nachrichtenagentur dpa (veröffentlicht am Freitagnachmittag gegen 15.40 Uhr) oder in der Samstagsausgabe der “Süddeutschen Zeitung” nachlesen können — übrigens überall brav mit Quellenangabe (“Spiegel”/”Spiegel Online”).

“Bild” ist und bleibt kein Lifestyleaccessoire!


Judith Holofernes, 31, ist Leadsängerin der Band Wir sind Helden. Mit 14 machte sie Straßenmusik in Freiburg, 1999 erschien in einer kleinen Auflage ihr Soloalbum “Kamikazefliege”, 2002 veröffentlichte sie mit ihrer Band die EP “Guten Tag”, 2003 dann das Erfolgsalbum “Die Reklamation”. Die aktuelle CD “Soundso” erschien im Mai 2007. Ihr Künstlername ist eine Anspielung auf die alttestamentarische Geschichte von Judith und Holofernes.

Von Judith Holofernes

Lieber ironischer “Bild”-Leser,
liebe ironische “Bild”-Leserin,

pöbeln soll ich hier! Geil. Und: Dich soll, dich darf es treffen. Welch eine Freude. Die “Bild”-Zeitung an sich ist hinlänglich bepöbelt worden, aber du, du kommst immer irgendwie ungeschoren davon. Dabei bist du, viel mehr noch als Fudschi-Ede vom Eckkiosk, mir in deiner knuffigen Postmodernität ein massiver Schmerz in der Hüfte.

Warum? Weil du, werter IBL, mir in meinem sorgsam “Bild”-frei gestalteten Leben die “Bild”-Zeitung hinterher trägst. Mir, die ich vor jedem Kiosk meinen Blick senke, um dem Papst/Henry Maske/Serienkiller im Glaskasten den Augenkontakt zu verwehren. Und dann kommst du, und schleppst sie mir schwanzwedelnd hinterher — in Backstageräume, Tonstudios, auf Festivalgelände, in Hotelzimmer, in den Tourbus und bis auf die Tourbustoilette. Auf der man übrigens aus Hygienegründen nicht mal lange genug sitzen darf, um einen Glückskeks zu lesen, aber trotzdem: die “Bild”-Zeitung muss da liegen und liegen bleiben.

Wie im Übrigen auch in jeder linken Studenten-WG. Der ironische “Bild”-Zeitungsleser, auf Tour wie daheim, plaziert sein liebstes Lifestyleaccessoire mit Umsicht: zum Beispiel nachlässig — dekorativ halb neben, halb unter dem Cordsofa, einen Kaffeefleck genau über Brust und Gesicht der Seite-Eins-Schnallse.

Die Gewieftesten runden den Gesamteindruck ab mit einer humorvoll-relativierenden “taz” direkt daneben. Vielleicht fließt sogar der Kaffeefleck vom Seite-Eins-Schnallsengesicht der “Bild” über in das Seite-Eins-Schnallsengesicht der “taz”, also der Angela ihrs, zum Beispiel. Und verbindet Medien wie Schnallsen so in einer heiter-apokalyptischen Umarmung.

Und wem diese elaborierte Dekorationsvariante verwehrt ist, weil er keine Cordcouch hat, der pinnt die ihm zugelaufene “Bild” mit einem postmodernen Dartpfeil an die Küchenwand, oder verteilt sie, in Ausschnitte besonderer Perfidität zerschnitten, direkt neben Regal Ivar und der witzigen Postkarte aus dem Irland-Urlaub. Und wenn man keine Küche oder keinen Ivar und keine Postkarte hat, dann bleibt eben noch das WG- oder Tourbusklo, wo dann der “Bild”-“taz”-verbindende Kaffeefleck gegen einen ebenso sorgsam gesetzten Pissfleck ausgetauscht wird.

Und der Papst/Henry Maske/Serienkiller daneben sagt augenzwinkernd: Natürlich liest das hier keiner. Weiß auch nicht, wie ich hierher gekommen bin. Bestimmt hat mich einer (vom Bodenreinigungspersonal oder von der GEZ oder den Zeugen Jehovas) hier vergessen, aber guck mal, wie witzig, hier steht was über mich, also den Papst/Henry Maske/den Serienkiller, das glaubste so nicht. Kiek do’ ma rin!

Aber, lieber ironischer “Bild”-Leser, “Bild”-Zerschneider, “Bild”-Bewerfer, “Bild”-Bepinkler: Bevor du die Dartpfeile, den Kaffee oder deinen Piller zu Einsatz bringen konntest, hast du sie gekauft, die “Bild”. Und, ich weiß, ich soll mich nicht so haben, aber damit hast du dem Feind dein Geld gegeben und mit fuffzig Cent die Writer der Apokalypse finanziert. Denn die “Bild” ist und bleibt kein Lifestyleaccessoire, sondern, für alle Zeiten, das perfideste Werkzeug des Blöden. Blöd wie in: dumm, und “dumm” wie in “Doom”, also Verderben.

Ach so, und du bist übrigens auch beinahe alleine daran Schuld, dass gestandene Feministinnen, nur so als Beispiel, denken, sie können Werbung für die Bild machen und damit davonkommen.

Und, ich behaupte: Wenn nur die ironischen “Bild”-Leser keine “Bild” mehr kaufen würden, würde sowohl dem Papst als auch Henry Maske als auch dem Serienkiller als auch der Seite-Eins-Schnallse (“Bild” und “taz”) der Arsch auf Grundeis gehen.

Tschüss, liebe Grüße,

Judith Holofernes
 
Unsere Reihe BILDblogger für einen Tag beschließt am Montag Max Goldt.

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