Archiv für September 20th, 2007

Ein bisschen TEXT muss sein

Stellen Sie sich vor, Sie sind Fotobetexter bei Bild.de!

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen vor Ihrem Bildschirm und haben da diese fünf Fotos, auf denen der bekannte “Schmuse-Bade” [sic] Roberto Blanco gemeinsam mit ein paar leicht bekleideten Frauen zu sehen ist. Sie wissen wie immer NICHTS über die Umstände. Kein leichter Job. Und nachdem Sie sich an vier Fotos bereits vollkommen verausgabt haben (“SIE schwingt die Peitsche, ER grinst und stützt sich vorsichtshalber ganz fest aufs Geländer”), ist da noch dies:

Und jetzt?

“Roberto lacht: ‘Das Muttermal da sieht ja aus wie ich — ganz schwarz!'”

Nee, nee.

“Der Rückenkrauler von Mexiko…”

Auch nicht, nein!

Der Fotobetexter von Bild.de jedenfalls hat sich überraschenderweise für folgende, schönheitschirurgisch schwer nachvollziehbare Variante entschieden:

"Da lacht er! Am Ende hat sich

Ach, hätte er doch bloß bei den Kollegen der “Bild”-Zeitung nachgefragt! Denn entweder die haben im Bildtexte-Ausdenken mehr Erfahrung, oder sie waren tatsächlich vor Ort. Zumindest steht heute in der München-Ausgabe (Überschrift “Ein bisschen NACKT muss sein”) neben demselben Foto schlicht:

Für das Dessous-Model gab’s von dem Schlagerstar ein Autogramm auf den Rücken

Mit Dank an Marko H. für Hinweis & Handyfoto.

Nachtrag, 21.9.2007: Bild.de hat nachgebessert und…
… das Wörtchen “Schmuse-Bade” korrigiert.

Abgestaubt und aufgewirbelt

Schon blöd, aber irgendwie scheint Bild.de den “Riesen-Wirbel” um die US-Reality-Show “Kid Nation” ein bisschen verpasst zu haben. Denn heute, einen Tag nach der Ausstrahlung der ersten Folge, berichtet Bild.de so über die Sendung:

"Riesen-Wirbel um US-Reality-Show

Nun, den Riesen-Wirbel gab es tatsächlich. So schreibt Bild.de zutreffend:

Seit die Pläne des Senders, der eigentlich als eher konservativ gilt, bekannt wurden, schlagen die Wellen in den USA entsprechend hoch: “Kinderarbeit” und “Ausbeutung” — wettern viele Eltern. Andere sehen gar einen gigantischen Menschenversuch mit 40 jungen Menschen, die sich in dieser Einöde durchbeißen müssen.

Nur war das, bevor irgendjemand die Show überhaupt gesehen hatte. Heute, einen Tag später, sind sich viele amerikanische Medien ziemlich einig, dass die Aufregung wohl etwas übertrieben war. Die Nachrichtenagentur dpa schreibt:

Die umstrittene neue US-Reality-Serie “Kid Nation” (…) ist überwiegend kritisch aufgenommen worden. “Die Show zu sehen, hat so viel Spaß gemacht wie übermüdete Kinder zu sitten, die zu viele Süßigkeiten gegessen haben”, befand die Zeitung “The Boston Globe” nach dem Start der Serie am Mittwochabend. “The Toronto Star” nannte die Sendung “manipulativ und langweilig”. Und mehrere Kritiker bemängelten die wie auswendig gelernt klingenden Statements der Kinder. (…) Die Show wirke wie eine von unsichtbaren Erwachsenen überwachte reale Welt, urteilte die “New York Times”. “Das wirkliche Rätsel ist, ob die sorgfältig ausgesuchten, aufgeweckten kleinen Gesichter wirklich als Kinder angesehen werden können — tatsächlich sind es Kinder-Schauspieler bei ihrem ersten Dreh.”

Und “Spiegel Online” weiß sogar unter der Überschrift “Getürkte Klassenfahrt ins Einsiedlerleben” über die vermeintliche Geisterstadt, in der gedreht wurde, folgendes zu berichten:

Bonanza City “am Ende der Welt” (CBS) ist in Wahrheit die Bonanza Creek Ranch, eine Miet-Filmkulisse in der Nähe des Flughafens von Santa Fé, nur wenige hundert Meter vom Freeway I-25 entfernt.
(Links von uns.)

Bei Bild.de heißt es indessen:

Der Zustand der Geisterstadt: schockierend — verfallene Hütten, Staub, Schmutz, Hitze.

Mit Dank an Patrick K. und Micha für den sachdienlichen Hinweis.

“Bild” nicht “in den Knast gewandert”

Am Dienstag besuchte der Manager des 1. FC Köln, Michael Meier, die Justizvollzugsanstalt Attendorn. Mit dabei: FC-Fanchef Rainer Mendel, Diakon Werner Schrage sowie die Lokalpresse natürlich. Und anschließend zitierte die “Westfalenpost” Organisator Schrage mit den Worten:

“Es war eine gelungene Veranstaltung.”

Aber auch die “Bild”-Zeitung berichtet in ihrer Köln-Ausgabe (vergleichsweise groß) über den Lokaltermin:

Nach unseren Informationen war “Bild” zwar nicht vor Ort, erweckt mit ihrer Berichterstattung aber auch nicht wirklich den Eindruck, vor Ort gewesen zu sein.

Im Gegenteil: Hätte “Bild” sich selbst auf den Weg gemacht, anstatt anschließend bloß von Meier, Mendel und Schrage erzählen zu lassen, wie’s war, wäre dem Reporter vielleicht auch aufgefallen, dass es sich bei der abgebildeten “JVA Attendorn” nicht um die JVA Attendorn handelt, sondern um das knapp 50 Kilometer entfernte Untere Schloss in Siegen.*

*) Zwar gibt es auf dem Gelände des Siegener Schlosses eine Nebenstelle der Attendorner JVA, stattgefunden hat die Veranstaltung dort jedoch nicht.

Mit Dank an Olav L. für Hinweis & Scan.

6 vor 9

Mainstream? Nein danke!
(weltwoche.ch, Urs Paul Engeler)
Die Schweizer Medienszene ist eine Einöde. Statt Meinungsvielfalt herrscht -einfalt. Die Weltwoche setzt auf die Kraft des Kontrapunkts. Eine Rede.

Der p&k-Webseitentest 2007
(politik-kommunikation.de, die ganze Ausgabe als PDF-File, 3,35 MB)
politik&kommunikation hat die 2.456 Abgeordneten aus Bund und Ländern auf ihre Internettauglichkeit überprüft. Die Gewinner aus Bund und Ländern, der beste Länderfürst und Unterschiede zwischen Ländern und Parteien jetzt in der aktuellen politik&kommunikation – und natürlich hier im Internet.

?punkt.ch?: erfinderin des gedruckten call-in quiz
(benkoe.ch)
während die erstausgabe von ?punkt.ch? relativ klassisch daherkommt, zeigt man sich auf der rätsel-seite umso innovativer.

Berlin-Mitte, 12:00 Uhr
(fontblog.de)
“12:06 Uhr, Steve betritt die Bühne. Das iPhone kommt am 9. November in Deutschland auf den Markt, für 399,– Euro. Alle anderen Fakten sind weitgehend bekannt.”

Zwiebel-Routen
(jungle-world.com, Burkhard Schröder)
Wer will, kann völlig anonym im Internet surfen, keine verwertbaren Spuren hinterlassen und anonym oder unknackbar verschlüsselte E-Mails schreiben. Warum das kaum jemand macht? Das Problem dabei ist die Faulheit der User.

Trends in der Wörtermode
(zeit.de, Harald Martenstein)
“I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I.”