Archiv für August 30th, 2007

“Bild” erwischt Xavier Naidoo beim Speed-Dating

Angefangen hat die “Bunte”. Sie berichtet in ihrer aktuellen Ausgabe, Xavier Naidoo habe sich “heimlich” von seiner Lebensgefährtin getrennt.

Warum diese Information für einen ganzseitigen Artikel taugt, wird nicht ganz klar, denn die “Bunte” selbst bemerkt, dass der Sänger von seiner Partnerin “bereits seit Längerem getrennt” sei. Das Magazin müsste sogar grob wissen, was “seit Längerem” bedeutet, denn es zitiert aus einem Interview, in dem sich Naidoo über die Trennung äußert. Es ist (was die “Bunte” verschweigt) vom November 2005. Der ORF gab damals die Meldung heraus: “Xavier Naidoo trennt sich von Freundin / ‘Ja, ich habe mich nach 11 Jahren von meiner Freundin Steffi getrennt'” — soviel zum Thema “heimlich”.

Eine irreführende, alte, groß aufgeblasene Meldung über das Privatleben eines Prominenten, der eigentlich nicht über sein Privatleben reden will? Das ist doch unser Spezialgebiet, mag man sich bei der “Bild”-Zeitung gedacht haben, legt heute nach und lenkt von der dicken Schicht Staub auf der Nachricht durch die hübsche Formulierung ab:

Jetzt wurde bekannt: …

“Bild” verkürzt (aus unbekannten Gründen) die frühere Beziehung von mindestens elf auf fünf Jahre und suggeriert (aus naheliegenden Gründen), dass die Trennung nicht lange her sein kann, denn:

Lange allein war Xavier Naidoo nicht — er hat schon eine neue Freundin!

“Schon” hier also im Sinne von “nach nicht einmal zwei Jahren”. (Die “Bunte” hatte “längst” geschrieben.)

Danke an Annabell, Nicole, Ollewa B., Adrian J., Sascha G. und Michaela B. für die sachdienlichen Hinweise!

No Logo

Man kennt das. Kommt nach Hause, guckt sich die gemachten Fotos an und merkt, dass gerade die schönsten Aufnahmen nicht zu gebrauchen sind. Auf dem einzigen scharfen Portrait von Monika war vor ihrem Gesicht ein Insekt, das nun wie ein Pickel aussieht. Ins Gruppenfoto mit Brautpaar hat sich rechts die blöde Tante Ulla gequetscht. Und beim Fotografieren des herrlichen Bergpanoramas hatte man die fiese Werbetafel übersehen. Aber zum Glück lässt sich so etwas heutzutage ja leicht retuschieren.

Solche Pannen passieren nicht nur uns, sondern auch den Profis von der “Bild”-Zeitung. Die hatte für ihren heutigen Bericht über Senioren, die im Internet einkaufen, unter anderem einen ehemaligen Werkzeugmacher aus Leipzig fotografiert. Der Mann schwärmt davon, wie gut man im Internet Preise vergleichen kann:

Aber was ist das für eine Seite, mit er so gerne Preise vergleicht? Offenbar eine, die eigentlich so aussieht:

Jede Wette, dass jemand in der “Bild”-Redaktion einen “Oh Gott, da ist ja Tante Ulla im Bild”-Moment hatte, als er das ursprüngliche Foto von dem Internet-Senioren vor seiner mutmaßlichen Lieblingspreisvergleichsseite sah. Denn seit gut einem Jahr besitzt der Verlag Axel Springer die Mehrheit am Preisvergleich Idealo, und das ist ein direkter Konkurrent von guenstiger.de, dessen Schriftzug groß auf dem Bildschirm des Internet-Senioren geprangt haben muss.

Aber zum Glück lässt sich so etwas heutzutage ja leicht retuschieren.

Vielen Dank an Marius M. und D.L.!

6 vor 9

Der Tod der Heuschrecke
(taz.de, Steffen Grimberg)
“Zeitungssammler Montgomery, verschrien als böser Investor, präsentiert sich auf der Berliner Medienwoche als Verleger neuen Typs. Er glaube ‘an die Zukunft der Zeitung’.”

Das Internet und die öffentlich-rechtlichen Sender
(Digitaler Film, Bertram Gugel)
“Es ist schlicht die (falsche) Annahme, das Internet sei nur ein weiterer Abspielkanal und es bedürfe keiner Anpassung der Inhalte außer einer Formatwandlung und – wenn es hoch kommt – das Anbieten eines Podcast-Feeds.”

Der Schawinksi-Hype
(JakBlog, Christian Jakubetz)
“Der Herr Schawinski ist ein richtig begnadeter Selbstdarsteller. Und kluges Marketing macht er zudem.”

9Live wird 6
(Turbozapper.de, Martin Hillmann)
“Turbozapper blickt zurück auf 6 Jahre mehr oder weniger erfolgreiche Geschichte”.

Jugendmagazin “Spiesser” will Westen erobern
(horizont.net)
“Nach der Ausweitung seines Vertriebs auf die westdeutschen Bundesländer denkt das Dresdner Gratis-Jugendmagazin “Spiesser” über weitere Wachstumsoptionen nach.”

Holtzbrinck verabschiedet sich vom (Online-)Journalismus
(sixtus.net, Mario Sixtus)
“‘Losgelöst vom Stammgeschäft’ kann eigenlich nur heißen: Mit Journalismus haben wir im Netz nichts am Hut.”