Archiv für August 27th, 2007

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“Bild” am Tatort, Staatsanwalt ermittelt

Mittwochvormittag. In Worms wird ein Mann in seiner Wohnung erschossen, offenbar von einem Polizisten.

Mittwochabend. Das Siegel an der Wohnungstür, mit dem die Polizei den Tatort gesichert hat, wird von Unbekannten gebrochen.

Donnerstag. In der “Bild”-Zeitung erscheint ein großes Foto aus dem Inneren der Wohnung, das den blutverschmierten Tatort zeigt (siehe Ausriss).

Soweit die Chronologie.

Die “Wormser Zeitung” und andere Medien berichten, dass die zuständige Staatsanwaltschaft in Mainz ein Ermittlungsverfahren wegen Siegelbruch eingeleitet habe.

Auf Nachfrage erklärt uns der Leitende Oberstaatsanwalt Klaus Puderbach heute, dass er natürlich nicht sagen könne, ob die “Bild”-Zeitung etwas mit dem unbefugten Eindringen in die Wohnung zu tun habe. Es sei aber “bemerkenswert”, dass sich die Zeitung ein Foto vom Tatort verschafft habe. “Es hätte eigentlich keine legale Möglichkeit gegeben, ein solches Foto aufzunehmen”, sagte Puderbach. Juristische Grenzen interessierten die “Bild”-Zeitung seiner Einschätzung nach bei ihrer Arbeit aber auch nicht:

“Für sie ist das, was sie machen will, Recht und Gesetz.”

Auf Anfragen bei der “Bild”-Pressestelle sowie dem “Bild”-Fotografen Gerd Nahke, wie die Zeitung in den Besitz eines Foto vom Tatort kam, das nach Ansicht der Ermittlungsbehörden praktisch nur unter illegalen Umständen entstanden sein kann, haben wir bislang keine Antworten bekommen.

Vielen Dank an Christian B.!

Nachtrag, 31. August. Nach vier Tagen und drei Anfragen haben wir eine Antwort von “Bild”-Sprecher Tobias Fröhlich erhalten. Er sagt, der Verdacht, “Bild” habe sich illegal Zutritt verschafft oder ein unter illegalen Umständen enstandenes Foto veröffentlicht, sei falsch und fügt hinzu: “Bitte haben Sie Verständnis, dass wir unsere Foto- und sonstigen Informationsquellen nicht offen legen.”

Verstrahlt

Am Samstag war die Meldung noch vergleichsweise klein (siehe Ausriss): Im anstehenden “Tatort”, so “Bild”, gehe es unter anderem um ein Mädchen, für dessen Leukämie-Tod “die Strahlen der Sendemasten einer Mobilfunk-Firma (…) verantwortlich sein” sollten. Die “Bild”-Zeitung berichtete deshalb von einem “Wirbel um den ersten ‘Tatort’ nach der Sommerpause” — zitierte dann aber eigentlich doch nur den Mobilfunk-Lobbyisten Uwe Kullnick mit den Worten:

“Die Mobilfunk-Branche erleidet einen erheblichen Image-Schaden. Es ist unnötig, eine diffuse Angst vor Strahlen zu schüren. Keine Studie belegt, dass die Funk-Einheiten Leukämie oder andere tödliche Krankheiten verursachen!”

Was das Schüren der diffusen Angst vor Strahlen anbelangt, dürfte Kullnick auch mit der heutigen “Bild”-Schlagzeile (siehe Ausriss) nicht glücklich sein. Zu Wort kommt der Lobbyist heute gar nicht mehr, dafür aber Jiri Silny. Zur einer “Bild”-Frage nach der Schädlichkeit von Sendemasten heißt es nämlich:

Sie strahlen deutlich weniger als Handys. “Die meisten Menschen wissen nicht, dass die abgestrahlten Energien von Mobiltelefonen im Vergleich zu Sendemasten um den Faktor 1000 bis 10000 höher liegen”, sagt Professor Dr. Jiri Silny vom Universitätsklinikum der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. “Das Telefonieren mit dem Handy birgt somit ein größeres potenzielles Gesundheitsrisiko als ein Sendemast in der Nachbarschaft.” (…)

Roman Wienert, ein Kollege Silnys am Aachener Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit, hält das Zitat im “Bild”-Kontext für irreführend: “Gemeint ist die Strahlung, die beim Nutzer ankommt.” Die Sendeleistung einer Basisstation betrage maximal 20 Watt. “Dass die Sendeleistung eines Handys höher ist,” so Wienert auf Nachfrage von uns, “stimmt natürlich nicht.”

Wienert hält es zudem für unwahrscheinlich, dass “Bild” mit seinem Kollegen gesprochen hat. Schließlich sei Silny gerade im Urlaub. Und überraschenderweise finden sich die Silny-Zitate aus der heutigen “Bild” nahezu wortgleich (und genau so irreführend) in einem Artikel der “Berliner Zeitung” vom 14. Mai 2003. Genauer gesagt, hieß es da vor vier Jahren:

“Viele Menschen wissen nicht, dass die abgestrahlten Energien von Mobiltelefonen im Vergleich zu den Sendemasten um den Faktor 1 000 bis 10 000 höher liegen”, sagte Jiri Silny vom Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit des Universitätsklinikums der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen am Montag auf dem Deutschen Ärztekongress in Berlin. “Das Telefonieren mit dem Handy birgt somit ein größeres potenzielles Gesundheitsrisiko als ein Sendemast in der Nachbarschaft.” (…)

“Bild” schreibt heute:

“Millionen fragen sich jetzt: Wie gefährlich sind Handys und Sendemasten wirklich? BILD beantwortet die wichtigsten Fragen.”

Da wäre es natürlich schön gewesen, wenn “Bild” zur Beantwortung tatsächlich recherchiert und nicht einfach irgendwo irgendwas ungeprüft abgeschrieben hätte.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber für die Anregung.

6 vor 9

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Lustig ist das Zigeunerleben: Berlins digitale Bohème feiert sich auf dem Festival “9to5. Wir nennen es Arbeit” und hält die Selbstvermarktungs-Riesenmaschine in Schwung. Die Größen von Blogistan geben sich ein Stelldichein, eigentlich aber bewegt sich gar nichts.

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“In zehn Jahren ist Google tot”
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Ein Kölner Verlagshaus expandiert: Im Interview spricht Verleger Christian DuMont Schütte über das kurze Leben von Internetfirmen, junge Zeitungsverweigerer und sein Interesse an der ?Süddeutschen Zeitung?.

Vorsicht, Paparazzi!
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Mit den Foto-Handys kamen die Leserreporter. Bilanz einer umstrittenen Medienpraxis.

?Ich sehe mich auf der Seite der Schwächeren?
(fuldaerzeitung.de, Klaus H. Orth)
Der Autor Günter Wallraff über Heinrich Böll, Rollen, Recherche und den Kampf gegen Ungerechtigkeit.

Germans in Springfield
(youtube.com, Video, 2:18 Minuten)
Added: July 21, 2006