Archiv für Juli 27th, 2007

Im Solidarpakt mit dem Steuerzahlerbund

Der Bund der Steuerzahler hat da mal was ausgerechnet. Und zwar folgendes:

"Die Soli-Sauerei! Wir zahlen 32 Milliarden mehr, als der Osten braucht"

Na ja, so sieht jedenfalls die Übersetzung dessen, was der Bund der Steuerzahler (BdSt) sich zusammenreimt, in der heutigen “Bild”-Titelschlagzeile aus. Konkret zitiert “Bild” den BdSt-Präsidenten Karl-Heinz Däke mit den Worten:

“Wenn man unterstellt, dass die Einnahmen aus dem Soli auf jährlich 13 Milliarden Euro steigen, dann kommen wir auf Gesamteinnahmen von 189,1 Milliarden zwischen 2005 und 2019. Dagegen beläuft sich der Solidarpakt II, das ist die Summe, die gebraucht wird, nur auf 156,5 Milliarden Euro.”

Logisch, könnte man meinen. Wenn “der Osten” laut Solidarpakt II 156,5 Milliarden braucht, “wir” aber 189,1 Milliarden an Solidaritätszuschlag zahlen, dann zahlen “wir” über 32 Milliarden mehr, als “der Osten” braucht. Oder auch, “32 Milliarden Euro zu viel”, wie “Bild” auf Seite 2 schreibt.

Zuschlag vs. Pakt

Der Solidaritätszuschlag wurde eingeführt, um zu helfen, die Kosten der Wiedervereinigung zu decken. Allerdings ist er eine Steuer (die übrigens sowohl in West- als auch in Ostdeutschland erhoben wird), die allein dem Bund zusteht und nicht zweckgebunden eingesetzt werden muss. Der Solidarpakt II hingegen ist eine Vereinbarung, nach der der Bund sich schlicht verpflichtet, den neuen Bundesländern von 2005 bis 2019 insgesamt 156,5 Milliarden Euro zukommen zu lassen.

Eine lehrreiche Darstellung dazu findet sich im Magazin “brand eins” (09/04, pdf).

Nur haben, anders als “Bild” und der BdSt-Präsident den Eindruck erwecken wollen, Solidaritätszuschlag und Solidarpakt II nichts miteinander zu tun (siehe Kasten).

Entsprechend lehnte der Petitionsausschuss des Bundestags im Februar eine Petition auf Abschaffung des Solidaritätszuschlags mit fast entwaffnender Deutlichkeit ab (pdf):

Der Solidaritätszuschlag wird zusammen mit der Einkommensteuer erhoben und dient allgemein der Verbesserung der Steuereinnahmen des Bundes. (…) Es besteht somit weder eine explizite Zweckbindung, noch sind alle Mittel aus dem Solidaritätszuschlag zwingend für Aufgaben in den neuen Bundesländern bestimmt. (…) Insofern ist auch eine (…) Gegenüberstellung von Solidaritätszuschlag und Verwendung der Mittel aus dem Solidarpakt II nicht möglich.

Das muss einem nicht gefallen. Und man kann an Solidaritätszuschlag und Solidarpakt sicher berechtigte Kritik üben. Man kann die Abschaffung des Solis fordern, oder dessen Reduzierung, wie der heutige “Bild”-Kommentar — allerdings nicht mit irreführenden Rechenbeispielen. Insofern scheint es nicht ganz abwegig, wenn ein Sprecher des Finanzministeriums die heutige “Bild”-Rechnung des BdSt-Präsidenten als “populistisch” und an der Grenze zur “Volksverdummung” kritisiert.

Mit Dank an Holger R. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 29. Juli: Die “Bild”-Zeitung bleibt bei ihrer unsinnigen Rechnung. In ihrer Samstags-Ausgabe wiederholte sie:

Bis 2019 zahlen wir alle nach Berechnungen des Steuerzahler-Bundes voraussichtlich über 32 Milliarden Euro mehr an Soli, als wir für den Aufbau Ost wirklich brauchen.

6 vor 9

Verwirrung zur vollen Stunde
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Gestern Mittwoch habe ich meinen Dienst um 8 Uhr angetreten. Bis 16 Uhr war ich für die halbstündlichen Nachrichten bei Radio 24 verantwortlich. Eine News hat mich von Anfang bis Ende meines Dienstes verfolgt – und der Inhalt änderte sich manchmal im Halbstundentakt drastisch.

Nachdenken über Hafechäs
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Zwei Jahre lang schrieb ein IT-Spezialist in einem Blog darüber, wie er als Deutscher die Schweiz erlebt. Nun hört er auf. Zum Abschied lud er seine Leser zu sich nach Hause ein. Ein Dutzend kamen.

Exzesse der Selbstausbeutung
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Alternativ, urban, unabhängig. Die Berliner Stadtzeitung “Scheinschlag” war ein publizistisches Experiment.

In Hollywoods Kloschüssel
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Spears, Lohan, Hilton, Richie. Im Jahr 2007 darf die Öffentlichkeit zusammen mit ihren Stars in die Kloschüssel gucken. Aber wollen wir das eigentlich, fragt Sophie Albers.

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“Wir glauben unwidersprochen an den Fortschritt”
(jetzt.sueddeutsche.de, Lars Weisbrod)
Die Riesenmaschine, enthusiastischer Beobachter aller technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen und schönstes deutsches Weblog, gibt es seit heute auch in Buchform, mit ausgewählten Beiträgen aus Rubriken wie ?Supertiere?, ?Nachtleuchtendes? und ?Alles wird besser?. jetzt.de hat mit den Redakteuren Holm Friebe und Michael Braake im hektisch-betriebsamen Riesenmaschine-Büro gesprochen.