Archiv für Juli 19th, 2006

In eigener Sache: Wie “Bild” den Presserat sieht

“Jeder ist berechtigt, sich beim Deutschen Presserat allgemein über Veröffentlichungen oder Vorgänge in der deutschen Presse zu beschweren.” (Deutscher Presserat: Beschwerdeordnung, §1.)

Die “Bild”-Zeitung ist der Ansicht, BILDblog hätte kein Recht, vom Presserat überprüfen zu lassen, ob ihre Berichterstattung ethisch vertretbar ist. Das geht aus den Stellungnahmen der “Bild”-Chefredaktion hervor, die sie gegenüber dem Presserat zu zwei Beschwerden abgegeben hat. Er fasst die Position der “Bild”-Chefredaktion in seiner Entscheidung so zusammen:

B-Blog GbR [also BILDblog] sei ein auf BILD spezialisierter Internet-Anbieter, dessen Aktivitäten inzwischen beachtliche Ausmaße annähmen. Der Deutsche Presserat entwickle sich “auf diese Weise zum Kontent-Lieferanten für das Internet-Angebot Bildblog.de.” [BILD] regt eine grundsätzliche Überlegung des Presserats an, “ob er sich auf Dauer als Dienstleister für die — inzwischen kommerziellen — Aktivitäten dieses Beschwerdeführers benutzen lassen wolle”.

Noch deutlicher wird die “Bild”-Chefredaktion in ihrer Stellungnahme zum Fall Kekilli (wir sind der Meinung, dass die Zeitung ihrer Pflicht zum Abdruck öffentlicher Rügen nicht nachgekommen ist). Die “Bild”-Chefredaktion hält unsere Beschwerde laut Presserat nicht nur für unbegründet, sondern sogar für “unzulässig”:

Der Verlag [die Axel-Springer-AG] habe sich ausschließlich dem Presserat gegenüber zum Rügenabdruck verpflichtet, nicht sonstigen “Bürgern, die sich nachträglich als Trittbrettfahrer an ein bereits erledigtes Verfahren anhängen möchten”. […] Die vorliegende Beschwerde diene dem einzigen Zweck, Stoff zu liefern, mit dem das inzwischen kommerzielle Internetangebot der Beschwerdeführer inhaltlich gefüllt und attraktiv gemacht werden soll. Die BILD-Blogger inszenierten mit dieser Beschwerde ihren künftigen Webinhalt. Dies sei ein Verhalten, welches nicht mit dem Pressekodex übereinstimme.

Dieser Auffassung der “Bild”-Chefredaktion wollte sich der Presserat nicht anschließen.

Und wir fragen uns:

  • Glaubt die “Bild”-Zeitung, dass die kontinuierliche Überprüfung ihrer Arbeit durch den Presserat und die Berichterstattung darüber einem Missbrauch des Presserates gleichkommt und gegen den Pressekodex verstößt?
  • Glaubt die “Bild”-Zeitung, dass sie “ausschließlich” dem Presserat Rechenschaft schuldig ist, ob ihre Berichterstattung ethischen Ansprüchen genügt, und nicht auch ihren Lesern und vor allem ihren Opfern?
  • Glaubt die “Bild”-Zeitung, dass es legitim ist, von der Verletzung von Persönlichkeitsrechten wirtschaftlich zu profitieren, nicht aber von der Aufklärung über diese Persönlichkeitsrechtsverletzungen?

Die Entscheidungen des Presserates im Original: BK1-76/06, BK1-71/06.

“Bild”-Warnsystem noch nicht in Betrieb

“Bild” hat heute mal wieder eine Frage:

Warum versagte das neue Tsunami-Warnsystem?

Gegenfrage: Welches “neue Tsunami-Warnsystem” meint “Bild” eigentlich? Etwa jenes, von dem im Text die Rede ist, und über das “Bild” schreibt:

Obwohl das Pazifik-Warnzentrum auf Hawaii rechtzeitig Tsunami-Alarm geschlagen hatte, kamen die Warnungen nicht an den Stränden von Java an. Grund: Indonesien fehlt es an Geld, um die Strände mit Sirenen auszustatten.

Das kann “Bild” aber nicht gemeint haben. Das Pacific Tsunami Warning Center (PTWC) ist nämlich gar nicht neu, sondern wurde bereits 1949 in Betrieb genommen. Und versagt hat es, wie man dem “Bild”-Text entnehmen kann, auch nicht, sondern eher die indonesischen Behörden.

Vielleicht also doch eher das Warnsystem vom Potsdamer Geoforschungszentrum (GFZ)? Davon ist ja gerade viel die Rede, allerdings nicht in “Bild”. Und im Interview mit der “Berliner Zeitung” sagt Jörn Lauterjung vom GFZ auf die Frage “Hat Ihr System versagt?”:

“Es hat nicht versagt, denn es ist noch gar nicht in Betrieb. Wir bauen es ja erst auf, und das dauert nach unserer Planung bis Ende des Jahres 2008.”

So gesehen ziehen wir unsere Gegenfrage besser zurück. Offenbar weiß “Bild” selbst am allerwenigsten, welches “neue Tsunami-Warnsystem” sie meint.

Mit Dank an Tobias J. für den sachdienlichen Hinweis.

Mein Gott, diese Hitze

“Puh, war das gestern wieder heiß.” – “Ja, ey. Und heute soll’s ja noch heißer werden.” – “Voll der Rekordsommer.” – “Echt mal. In Augsburg soll’s heute ja heißer werden als in Adelaide.” – “Stimmt. Und in Regensburg heißer als in Rio. Magdeburg wird sogar heißer als Mombasa.” – “Echt?” – “Ja, Mann. Wir sind voll der Hitze-Weltmeister.”

Und man mag das ja für eine ganz nette Idee von “Bild” halten, so eine Deutschlandkarte abzubilden, auf der die Temperaturen in deutschen Städten mit denen in anderen Orten auf der Welt verglichen werden. So kann sich der “Bild”-Leser immerhin einen Satz länger über das Wetter unterhalten – oder sogar zwei, wenn einer noch weiß, dass der Vergleich in sieben von 25 Fällen (online in acht von 26) mächtig hinkt, weil “Bild” Orte herangezogen hat, die auf der Südhalbkugel liegen. Und da ist ja bekanntlich gerade Winter.

Mit Dank an Uwe R., Patrick S. und Thomas D. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag , 13.21 Uhr: Okay, Bali liegt zwar auf der Südhalbkugel, allerdings ist es dort das ganze Jahr über ungefähr gleich heiß.

Mit Dank an Mario R. für den Hinweis.