Archiv für April 27th, 2006

“Bild” verzählt sich bei Rechtsextremen (2)

Diese Tabelle zeigt, wie dramatisch Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund in Deutschland im vergangenen Jahr zugenommen haben. Die Zahl der Körperverletzungen zum Beispiel ist um 27,5 Prozent auf 816 gestiegen. Die Zahl der Sachbeschädigungen hat sogar um über 80 Prozent zugenommen.

Quelle für die Angaben ist das Bundeskriminalamt. Die Statistik stammt aus dem Verfassungsschutzbericht des Landes Niedersachsen, der gestern veröffentlicht wurde. Die Nachrichtenagentur AP berichtete darüber (ähnlich wie andere, siehe Ausriss) gestern nachmittag unter dem Titel: “Polizei registriert drastischen Anstieg rechtsextremer Gewalttaten”.

Damit ist offiziell, was sich bereits am Wochenende abzeichnete: Die Zahlen, die die “Bild”-Zeitung am Samstag veröffentlichte und die von mehreren Agenturen verbreitet wurden (siehe Ausriss), sind falsch. “Bild” hatte behauptet, dass “die Zahl der Gewalttaten mit einem rechtsextremen bzw. fremdenfeindlichen Hintergrund 2005 offenbar zurückgegangen ist”. Die tatsächliche Zahl der Gewaltverbrechen liegt um 63 Prozent über der von “Bild” genannten, die der Straftaten insgesamt um 50 Prozent darüber.

Man könnte sagen: Das Gegenteil dessen, was “Bild” berichtet hat, ist wahr.

Und nun kann man vielleicht noch verstehen, dass die “Bild”-Zeitung in ihrem Eifer, Exklusivmeldungen zu produzieren, sich manchmal verrechnet — auch wenn das im konkreten Fall niemand geringerem als Einar Koch passierte, der im Impressum “Chefkorrespondent” genannt wird. Aber würde eine seriöse Zeitung diesen Fehler in einem so gravierenden Fall und bei einem so heiklen Thema nicht im Nachhinein korrigieren? Entweder aus Verantwortung der Wahrheit oder ihren Lesern gegenüber? Oder wenigstens, weil es der Pressekodex in Ziffer 3 fordert:

Veröffentlichte Nachrichten oder Behauptungen (…), die sich nachträglich als falsch erweisen, hat das Publikationsorgan, das sie gebracht hat, unverzüglich von sich aus in angemessener Weise richtigzustellen.

In der “Bild”-Zeitung haben wir bis heute keine Korrektur der Falschmeldung oder wenigstens unauffällige Vermeldung der richtigen Zahlen gefunden. Der Artikel mit den falschen Angaben ist bei Bild.de weiter online.

Nachtrag, 23. Mai. Heute endlich hat “Bild” die richtigen Zahlen gemeldet.

Kurz korrigiert (97)

Die Brennstoffzelle macht das U-Boot flüsterleise und für ein Sonar fast unhörbar.

Anlässlich der Rekordtauchfahrt des deutschen U-Boots “U 32” steht dieser Satz heute bei Bild.de. Er stimmt nicht. Das “Flüster-U-Boot” (Bild.de) fährt nämlich unter Wasser wie alle U-Boote der Bundesmarine* mit (leisem, für Sonare schwer zu ortendem) Elektroantrieb. Und leiser als die Batterien, mit denen die Motoren der alten 206A-Boote betrieben werden, ist natürlich auch die geräuschlose Brennstoffzelle von U 32 nicht.

“Flüsterleise” macht das Boot vielmehr seine Schiffsschraube. Die nämlich wurde, wie uns ein Sprecher des Flottenkommandos der Marine in Glücksburg erklärt, “optimiert, so dass sie nicht mehr kavitiert“.

Dank an Jonas D. für die Anregung.

Nachtrag, 28.4.2006: Auch Unsinn ist übrigens dieser Bild.de-Satz:

Das Geheimnis des Boots ist ein Hybrid-Motor, der sowohl mit Diesel-Treibstoff als auch mit Strom betrieben werden kann.

Die Boote haben einen Elektromotor, der die Schraube antreibt. Dieser bekommt seinen Strom entweder von den Brennstoffzellen oder von einem Dieselgenerator oder nur aus den Batterien.

*) Die Marine heißt nicht mehr “Bundesmarine”, wie wir schrieben, sondern “Deutsche Marine”.

Dank an Mawa und Peter S. für die Hinweise.