Archiv für September 22nd, 2005

Gericht zwingt “Bild”, die Wahrheit zu schreiben

Die Europäische Kommission hat recht. Die Redaktion

schreibt “Bild” heute unter eine Gegendarstellung, in der die EU-Kommission dementiert, dass sie die Übersetzung von Dokumenten ins Deutsche gestoppt habe. Das ist bemerkenswert. Nicht nur, weil die “Bild”-Zeitung vor einem Monat noch das Gegenteil behaupt hatte. Sondern vor allem, weil die “Bild”-Zeitung erheblichen Aufwand betrieben hat, um zu verhindern, dass sie diese Gegendarstellung veröffentlichen muss.

Gegendarstellung

Kurz korrigiert (16)

“Bild”-Kommentator Hans-Olaf Henkel meint, dass es jetzt ganz schlimm bergab geht mit unserem Land.

Leider hat er das aber nicht hingeschrieben, sondern stattdessen dies:

Im Geleitzug der Industrienationen sitzen wir nicht mehr wie früher in der Lokomotive, sondern endgültig im Bremserhäuschen.

Nein, Herr Henkel, ganz sicher sitzen wir nicht im Bremserhäuschen des Geleitzuges. Und eine Lokomotive gibt es nicht einmal. Ein Geleitzug hat nämlich mit einer Eisenbahn nichts zu tun. Es handelt sich um einen Konvoi von Schiffen.

Kurz korrigiert (15)

Wenn das, was Bild.de über “die größte Prostata der Welt” schreibt, stimmen würde, wäre eine “Original”-Prostata ungefähr so groß wie ein Football. Ist sie aber nicht.

Mit Dank an Eric U. für den Hinweis.

Nachtrag, 14:45:
Auf der Website des Prostatamodells heißt es: “Der Maßstab beträgt etwa 20:1”. Stimmen kann allerdings auch das nicht.

Nachtrag, 21:10:
Der Mann mit dem Maßstab hat nochmal nachgemessen und bei Bild.de aus der 20-fachen Vergrößerung eine 200-fache gemacht.

Nachtrag, 28.9.2005:
Die Website des Prostata-Modells hat die falsche Maßstabsangabe inzwischen ersatzlos entfernt.

Von Katzen und erfinderischen Menschen

Jetzt müssen wir doch tatsächlich abermals auf diese “Bild”-Geschichte zurückkommen, wonach ein Erfinder angeblich “aus Katzen Benzin” machen könne, obwohl seine Erfindung doch eigentlich aus Müll Diesel macht. Denn wie das NDR-Medienmagazin “Zapp” gestern berichtete, hatte “Bild” sich die Grusel-Story nicht etwa erst am 13. und 14. September für ihre Bundesausgabe ausgedacht, sondern bereits fünf Tage früher für die Leipziger Regionalausgabe. Und nicht nur das.

Der Artikel in “Bild”-Leipzig widerlegt nämlich die Behauptung eines “Bild”-Sprechers, die Berichterstattung habe doch nur zeigen sollen, dass Katzen-Kadaver “theoretisch” zur Treibstoffgewinnung benutzt werden könnten. Denn unter der Überschrift “Aus toten Katzen mache ich Benzin” (siehe Screenshot) hieß es dort ausdrücklich:

“Tüftler-Sachse kocht Kadaver aus, um dann mit dem Gebräu zu fahren.”

Und weiter im Text:

“In einem Kuhstall in Kleinhartmannsdorf kocht er tote Katzen aus.”

Wie “Bild” auf solche Behauptungen kommt, ist unklar. “Zapp” wurde offenbar jedes Interview verweigert, doch der Erfinder sagte dem Magazin:

“Der Redakteur war nie auf unserem Hof. Ich weiß nur von einem ganz kurzen Telefongespräch.”

Wirklich verwunderlich aber wird die ganze Angelegenheit dadurch, dass es “Bild” selbst bewiesenermaßen besser weiß. Schließlich hatte einer der beiden “Bild”-Autoren, die sich die Sache mit der “Katzen-Kraft” zusammenfantasierten, in der Chemnitz-Ausgabe schon früher einmal über den Erfinder berichtet — und zwar so:

Eine Wiederholung von “Zapp” läuft am 23.9. um 15 Uhr auf 3sat.

Nachtrag, 28.9.2005:
Dem “Bild”-Ableger “Auto-Bild” gelingt es in seiner aktuellen Ausgabe übrigens, die Diesel-aus-Müll-Erfindung auf einer Doppelseite und auf dem Cover korrekt (und ganz ohne Katzen) wiederzugeben.

Kurz korrigiert (14)

Die “Süddeutsche Zeitung” berichtet heute von einem angeblichen Plan der SPD, die Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU im Bundestag zu untersagen. Dann würde die SPD die größte Fraktion stellen. Und könnte daraus, unter anderem, das Recht ableiten, den nächsten Bundestagspräsidenten zu bestimmen…

…keineswegs aber den Bundespräsidenten, wie “Bild” heute unter Bezug auf die “Süddeutsche” schreibt.

Danke an Stephan L., Tommy S. und Jan I. für die Hinweise!

Nachtrag, 21 Uhr: Irgendwann im Laufe des Nachmittags hat der Demokratie-Beauftragte von Bild.de seinen Dienst angetreten und die Meldung korrigiert.