Archiv für Oktober 11th, 2004

Happy Birthday!

Wir wissen auch nicht, warum der Downloadanbieter “Musicload” von T-Online es heute trotz seines ersten Geburtstages nicht (wie sonst in solchen Fällen üblich) in die “Gewinner”-Rubrik von “Bild” geschafft hat, obwohl “Musicload” über das gemeinsame Angebot bild.t-online quasi mit “Bild” verschwägert ist. Wir wissen aber, dass solche Werbung für befreundete oder verwandte Unternehmen unabhängige Berichterstattung in “Bild” ja nicht auf die Rubrik “Gewinner/Verlierer des Tages” beschränkt ist.

Und so schaffte es die Meldung, dass “Musicload” als PR-Geburtstags-Aktion über tausend Titel für je einen Cent anbot, auf die Seite 1 der “Bild”-Zeitung — eine freundliche Geste, die sicherlich mit dazu beitrug, dass der Server unter dem Ansturm der Nutzer prompt zusammenbrach.

Außer auf der ersten Seite fand “Bild” auch noch auf der letzten Seite Platz für einen Hinweis auf “Musicload”, in der Kolumne “Ich weiß es!” von Christiane Hoffmann:

Die coolste Party gab’s in Berlin — zum 1. Geburtstag des Internetportals “Musicload” von T-Online im “China Club”. Nur 50 Very-Wichtige, z. B. Nena, Heiner Lauterbach. Lässig!

Weitere dieser “Very-Wichtigen” nennt die “Welt”:

Dagmar Siegel (ebenfalls Geburtstagskind) mit Partner Karlheinz Kögel (media control, L’Tur), Burda-People-Group-Geschäftsführer Philipp Welte mit Gattin, die Schauspielerin Judy Weiss, BILD-Chef Kai Diekmann mit Ehefrau Katja Keßler

In der “Welt” steht übrigens noch diese nette kleine Geschichte:

Bei Ankunft einer ungefähr zwei Quadratmeter großen Torte sang [Nena] “Happy Birthday”. “Alle Gäste stimmen mit ein” war auf dem Programmablauf des Abends zu lesen, woran sich aber nicht “alle” hielten.

Na, immerhin: “Bild” hat sich dran gehalten.

Nachtrag, 17.00 Uhr: Ganz übersehen — auch in “Bild” sind der “Bild”-Chefredakteur und seine Gattin beim “Musicload”-Party-Besuch abgebildet.

Allgemein  

Anonymität à la “Bild”

Es gibt Dinge, die beherrschen sie bei der “Bild”-Zeitung. Das Anonymisieren von Personen gehört nicht dazu (vgl. etwa hier, hier, hier und hier). Da ist diese 16-jährige Vanessa aus Bayern, die im Gefängnis in Ankara sitzt, weil in dem Wagen, in dem sie und ihr Freund unterwegs waren, elf Kilo Heroin gefunden wurden. Den Versuch der “Bild”-Zeitung, das Gesicht der “süßen Schülerin” unkenntlich zu machen, muss man wohl halbherzig nennen: Sie hat nicht einmal den üblichen schwarzen Balken über den Augen bekommen. Stattdessen wurde dieser Bereich ein wenig gepixelt, was der Erkennbarkeit wirklich keinen Abbruch tut.

Die Online-Redaktion wollte die Minderjährige (und ihre Angehörigen) offenbar ein bisschen besser schützen und hat dasselbe Bild anders retuchiert: nämlich mit dem klassischen schwarzen Balken. Richtig gelungen ist das mit der Anonymität allerdings nicht. Denn in die Zusatzinformation, die erscheint, wenn man im Internet Explorer mit dem Mauszeiger über das Bild fährt, hat irgendein Scherzkeks oder Dilettant den kompletten Namen der Verdächtigen geschrieben (siehe Abbildung rechts — der rote Balken über dem Nachnamen ist von uns).

Danke für den Hinweis an Gerhard M., der sagt, dass sowas bei bild.de häufiger vorkommt. In Browsern wie Firefox, Mozilla etc. wird die Namensangabe, die im “ALT”-Tag steckt, übrigens nur sichtbar, wenn man die Anzeige von Bildern abschaltet. Dann zeigt der Browser statt der Grafik den Ersatztext – in diesem Fall die Namensangabe.

Nachtrag 12.10., 9.00 Uhr: Anscheinend ist die halbversteckte Namensnennung bei bild.de tatsächlich gängige Praxis. Wer den vollen Namen eines “Heroin-Mädchens” wissen will, die als 18-jährige in der Türkei verhaftet wurde, muss ebenfalls nur mit der Maus über ihr Foto fahren. (Der rote Balken ist wieder von uns.)

Nachtrag 12.10., 17.00 Uhr: Auch bei “Bild” wird BILDblog gelesen. Seit heute Mittag ist der Nachname von Vanessa verschwunden. Dass das ganze Prinzip der Schein-Anonymisierung durch winzige schwarze Balken eine Farce ist, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

Nachtrag 12.10., 18.00 Uhr: Zugegeben: Das zweite Beispiel mit dem Heroin-Mädchen ist schief. Dessen Name ist längst bekannt aus Auftritten in Funk und Fernsehen.