Archiv für Oktober 8th, 2004

We are the Champions X, Teil 2

“Bild” Frankfurt setzt da noch einen drauf, druckt das Bild von Seite 1 auf Seite 9 noch mal in groß, titelt: “BILD macht’s möglich: Donnerstag ist Bestsellertag”, schreibt drunter noch mal ausführlich auf, was “der berühmte Literaturkritiker Hellmuth Karasek” bei der “Bestseller”-Präsentation am gestrigen Morgen so alles erzählen durfte, und lässt “Prominente schwärmen: ‘Die BILD-Bibliothek ist Volksbildung’.” Über alldem steht: “Die Buchmesse in BILD Frankfurt”, obwohl “BILD in BILD Frankfurt” eigentlich ja besser gepasst hätte.

“Veröffentlichungen [müssen] so gestaltet sein, dass die Werbung für den Leser als Werbung erkennbar ist” bzw. “Die Glaubwürdigkeit der Presse als Informationsquelle gebietet besondere Sorgfalt beim Umgang mit PR-Material sowie bei der Abfassung eigener redaktioneller Hinweise durch die Redaktionen”,

steht im Pressekodex.

Ach ja, übrigens: Auch die “Süddeutsche” wirbt heute für ihre “SZ-Bibliothek” – mit einer separaten Anzeige und dem netten Claim:

We are the Champions X

So ist das also:

Es ist d a s Thema der Frankfurter Buchmesse: Die “Bild”-Bestseller-Bibliothek von “Bild” und Weltbild! 25 Top-Bestseller zum Sensationspreis von 4,99 Euro!

Mag ja sein, und wer sich sehr anstrengt, der wird sicher auch auf der offiziellen Internetseite der Frankfurter Buchmesse irgendwo irgendwas dazu finden. Leichter sind Informationen darüber aber in “Bild” selbst aufzutreiben. Heute mal wieder auf der letzten Seite in der “In & Out”-Liste oder eben auf Seite 1 unter dieser Überschrift:

Literatur-Papst Karasek präsentiert die “Bild”-Bestseller-Bibliothek

So eine Empfehlung durch einen “Literatur-Papst” könnte man ja durchaus auch als eine Art von Qualitätssiegel begreifen. Ob zu Recht oder zu Unrecht soll hier gar nicht diskutiert werden, lediglich eine kleine Zusatzinformation, die in “Bild” leider fehlt, wollen wir noch gerne ergänzen:

Dr. Hellmuth Karasek, 70, wird (…) ab 1. Oktober 2004 exklusiv Autor der bei Axel Springer erscheinenden Zeitungen “Die Welt”, “Berliner Morgenpost” und “Welt am Sonntag”.

Allgemein  

Nicht berichtenswert

Am 13. August 2004 verlieh “Bild” seinen “begehrten” “Orden” “Retter der deutschen Sprache” unter anderem an Hans Werner Kilz, den Chefredakteur der “Süddeutschen Zeitung”. Der Grund ist einem Bericht einige Tage zuvor zu entnehmen. Am 7. August, als “Bild” bekannt gab, zur alten Rechtschreibung zurückzukehren, schrieb das Blatt:

Auch die “Süddeutsche Zeitung” will zur alten Rechtschreibung zurückkehren.

Das war falsch, aber diesen Fehler machten auch viele andere Medien damals. Tatsächlich hatte Kilz sich etwa in einem Interview mit der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” deutlich differenzierter geäußert:

Ab wann soll die “SZ” wieder in der altbewährten Rechtschreibung erscheinen?
Ich glaube nicht, daß wir jetzt ein Datum nennen sollten oder irgendwelche Details einer zukünftigen Rechtschreibung. Wichtig ist jetzt das Signal zur Abkehr von der neuen Rechtschreibung. …

Wie wird die “SZ” zukünftig zum “sz” stehen? Gibt es Neuerungen, die Sie beibehalten wollen?
Ob wir “dass” künftig wieder “daß” schreiben, kann ich nicht sagen.

Diese Differenzierung wurde, wie gesagt, nicht nur von “Bild”, sondern von vielen Medien ignoriert. Die berichten nun allerdings (z.B. hier, hier, hier und hier) nach einer Vorabmeldung des “Stern” am Mittwoch, dass die “SZ”-Redaktion inzwischen ausdrücklich beschlossen hat, nicht zur alten Rechtschreibung zurückzukehren, sondern einen Kompromiss zu suchen.

Und die “Bild”-Zeitung? Berichtet nicht. Obwohl diese Nachricht ihren bisherigen Behauptungen widerspricht.

Oder sollte man sagen: Weil?

We are the champions IX

Die Musikzeitschrift “Rolling Stone” wird zehn. Und deshalb “Gewinner des Tages” in “Bild”. Wundert Sie das? Nur wenn Sie nicht wissen, dass der “Rolling Stone” seit zwei Jahren im Axel Springer Verlag erscheint. Ob sich die “Bild”-Leute manchmal selbst beim Lesen ihres Blattes langweilen?

Als Service für sie und Sie hier noch einmal alle einschlägigen “Gewinner des Tages” der vergangenen Wochen (und dabei ist Kohl nicht einmal mitgerechnet):

06.09.: Christian Kracht, “Der Freund” (Axel Springer)
10.09.: “Welt kompakt” (Axel Springer)
15.09.: “Auto Bild.de Automarkt” (Axel Springer)
17.09.: “Welt” (Axel Springer)
18.09.: Dieter Stolte (Axel Springer)
21.09.: Claus Strunz (Axel Springer)
28.09.: Hans-Olaf Henkel (Axel-Springer-Autor)
30.09.: Volker Koop (Axel Springer)
05.10.: Georg Kofler (Axel-Springer-Geschäftspartner)
08.10.: Rolling Stone (Axel Springer)

“Bild” ohne Bild

Das “Manager-Magazin” hat mal wieder eine Liste der “reichsten Deutschen” veröffentlicht. Und das ist eine gute Gelegenheit (angeregt vom Weblog automat) eine Kleinigkeit nachzutragen. Denn am Dienstag druckte “Bild” wie viele andere auch die “Manager-Magazin”-Liste nach und hatte tags drauf zudem eine Art Porträt der “reichsten Frau Deutschlands” im Blatt, das wiederum Bild.de zum Anlass nahm, eine Bilderschau der “Zehn reichsten Deutschen” aus dem Archiv zu kramen, die offenbar irgendwann mal anlässlich eines ähnlichen Rankings angefertigt worden war (und bei der gerade mal die Plätze 1 bis 3 identisch mit der aktuellen “Manager-Magazin”-Liste sind, aber egal). Beim reichsten Deutschen jedenfalls, dem ALDI-Süd-Chef Karl Albrecht, hat Bild.de statt eines Fotos nur ein ALDI-Logo abgebildet und wie eine Entschuldigung hinzugefügt:

“Es existieren keine Fotos.”

Was, nun ja, schlicht gelogen ist, wie man beispielsweise schon ein Jahr vorher auf dem Cover der “Wirtschaftswoche” oder bei Forbes.com sehen konnte.

Mit Dank an Wilhelm R. für den sachdienlichen Hinweis.