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Die Infos liefert “Bild”, Mistgabeln müssen selbst besorgt werden

Nachdem ihr Sohn bei einem Attentat vor einigen Jahren mehrere Menschen getötet hat, änderte sich auch für die Eltern des Täters das Leben komplett: Sie bekamen Morddrohungen, mussten ihren Wohnort verlassen, wurden in ein polizeiliches Schutzprogramm aufgenommen und sollen ins Ausland gezogen sein. So steht es bei Bild.de:

Nach der Tat wurde die Familie ins Opferschutzprogramm der Polizei aufgenommen — verließ später sogar Deutschland angeblich in Richtung Österreich. Grund: Massive Drohungen.

Dieser Satz stammt aus einem Artikel, den Bild.de gestern Abend veröffentlichte und der verkündet, dass die Familie nun wieder in ihrem alten Wohnort lebt:

Screenshot Bild.de - Familie des ... zurück in ...
(Verpixelung durch uns.)

Für ein paar Klicks und das eine oder andere verkaufte Abo — es handelt sich um einen “Bild plus”-Artikel — zerren die “Bild”-Medien eine Familie in die Öffentlichkeit, die “massiven Drohungen” ausgesetzt und auf den Schutz der Polizei angewiesen war. Auf ihrer Startseite erzählte die Bild.de-Redaktion einem Millionenpublikum von dem Umzug; die in dem Ort erhältliche gedruckte “Bild”-Regionalausgabe berichtet heute ebenfalls groß darüber. Der Name der Familie wird sowohl online als auch in der Printverstion genannt. Mistgabeln und Fackeln sind hingegen nicht beigelegt und müssen vom Mob selbst besorgt werden.

Mit Dank an Christian S. für den Hinweis!

Baden gehen in griechischen Quellen

Für besondere Geschichten brauchen Redaktionen besondere Quellen. Und bei Bild.de, da haben sie diese Quellen.

Nachdem die künftige Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen ihre 27 26 Kommissarinnen und Kommissare präsentiert hatte (Bild.de: “Von der Leyen stellt ihre kuriose EU-Truppe vor”), schrieb das “Bild”-Team:

Screenshot Bild.de - Zweite Überraschung: Neben Timmermans und der dänischen Liberale Margrethe Vestager wird der griechische Christdemokrat Valdis Dombrovskis (48, Bereich Wirtschaft und Soziales) eine herausragende Rolle spielen. Bild hatte dies bereits aus griechischen Quellen erfahren und vorab berichtet.

Verständlich, dass die Autoren ihren Vorsprung noch einmal erwähnen wollen. Und es ist ja auch wirklich eine bemerkenswerte Quelle, die einem erzählt, dass der frühere Ministerpräsident Lettlands nun Grieche ist.

Inzwischen scheinen sie jedoch auch bei Bild.de nicht mehr überzeugt zu sein von Dombrovskis überraschendem Nationalitätenwechsel. Nun steht in dem Artikel:

Zweite Überraschung: Neben Timmermans und der dänischen Liberale Margrethe Vestager wird der Lette Valdis Dombrovskis (48, Bereiche Wirtschaft und Soziales) eine herausragende Rolle spielen. Als ditter (sic) geschäftsführender Vizepräsident soll der Christdemokrat künftig “die Arbeiten für die Wirtschaft im Dienste der Menschen koordinieren”.

Die weiteren fünf Vize-Präsidenten, die ressortübergreifend koordinierende Aufgaben wahrnehmen: Der Spanier Josep Borrell (Außenbeauftragter), die Tschechin Vera Jourova (Werte und Transparenz), der Slowake Maros Sefcovic (interinstitutionelle Beziehungen), die Kroatin Dubravka Suica (Demokratie und Demografie) und der Grieche Margaritis Schinas (“Schützen, was Europa ausmacht”). Über dessen Berufung hatte BILD vorab berichtet.

Einen Korrekturhinweis sucht man in dem langen Text vergeblich.

Mit Dank an Jan Niklas S. für den Hinweis!

Korrektur, 13. September: Es sind nicht 27 Kommissarinnen und Kommissare, wie wir zuerst geschrieben haben, sondern 26 Kommissarinnen und Kommissare. Mit Ursula von der Leyen als Präsidentin der Kommission sind es dann 27 Personen.

Mit Dank an @MoDeutschmann für den Hinweis!

Will eine “Grünen-Frau” Luftballons verbieten?

Wenn die Bild.de-Redaktion auf ihrer Startseite sowas hier schreibt …

Screenshot Bild.de - Landeschefin in Niedersachsen - Grünen-Frau will Luftballons verbieten

… dann könnte man ja fast glauben, dass eine “Grünen-Frau” (gemeint ist offenbar eine Politikerin der Grünen) Luftballons verbieten will. So viel schon mal jetzt: Das ist eine kräftig verzerrte Darstellung.

In der “Neuen Osnabrücker Zeitung” wird die Landesvorsitzende der Grünen in Niedersachsen Anne Kura (das ist bei Bild.de die “Grünen-Frau”) heute so zitiert:

Soll das Steigenlassen von Luftballons verboten werden? Die Grünen in Niedersachsen halten einen entsprechenden Beschluss der nordrhein-westfälischen Stadt Gütersloh für nachahmenswert. “Steigen gelassene Luftballons landen in den allermeisten Fällen in der Natur. Vögel und andere Tiere fressen die weichen Ballonreste und verhungern dann mit vollem Magen. Auch Ballons aus Naturlatex sind deswegen keine wirkliche Alternative”, sagte Grünen-Landeschefin Anne Kura unserer Redaktion. Es sei deshalb “begrüßenswert, dass die Stadt Gütersloh mit gutem Beispiel vorangeht und auf das Steigenlassen von Luftballons verzichtet”, ergänzte sie.

Im Artikeleinstieg bei Bild.de klingt das alles dann schon etwas anders:

Luftballons zur Hochzeit steigen lassen, Deko für Kindergeburtstage oder lustige Tierfiguren — das alles könnte schon bald Geschichte sein.

Zumindest wenn es nach den Willen der Grünen aus Niedersachsen geht. Sie sprechen sich für ein Luftballonverbot aus.

Die Bild.de-Redaktion schafft es, drei Beispiele zu nennen — und mit allen drei danebenzuliegen: Die Grünen aus Niedersachsen fordern kein Verbot für “Luftballons zur Hochzeit”, sie fordern kein Verbot für “Deko bei Kindergeburtstagen” und sie fordern auch kein Verbot von “lustigen Tierfiguren”.

Auf Nachfrage sagt uns ein Sprecher der Partei, dass es Anne Kura ausschließlich um gasgefüllte Luftballons geht, die man in die Natur steigen lässt. In Fußgängerzonen könnten gern weiterhin Dackel oder Affen oder andere Tiere aus Luftballons geknotet werden, ganze Hallen sollen weiter mit Luftballons ausgeschmückt werden — alles kein Problem für die Grünen. Und es gibt noch eine Einschränkung zum vermeintlichen allgemeinen Luftballonverbot: Kura bezieht sich auf eine Entscheidung aus Gütersloh. Diese betraf allerdings nicht private Feste wie Hochzeitsfeiern oder Kindergeburtstage, sondern nur städtische Veranstaltungen (was dann natürlich auch für städtische Kindergärten und Schulen gelten würde). Bei privaten Feiern könnte man weiterhin Luftballons aufhängen, sie zum Platzen bringen oder auch gasgefüllte Ballons steigen lassen.

Statt eines generellen Luftballonverbots fordern die Grünen aus Niedersachsen also ein Verbot* fürs Steigenlassen von gasgefüllten Luftballons bei städtischen Veranstaltungen. Für so viel Differenzierung war nicht nur bei Bild.de kein Platz — in den Überschriften vieler anderer Medien klingt es ganz ähnlich verzerrt.

Nachtrag, 14:17 Uhr: Bei der Entscheidung in Gütersloh geht es neben städtischen Veranstaltungen auch um private Feiern auf städtischem Gelände.

Mit Dank an @LeKWiNK für den Hinweis!

Nachtrag, 14:25 Uhr: Bei Bild.de ist inzwischen ein Artikel mit dieser Überschrift erschienen:

Screenshot Bild.de - Luftballon-Debatte - Grüne fordern kein generelles Verbot

Mit Dank an @cbstralsund für den Hinweis!

*Nachtrag, 13. September: Genau genommen fordern die Grünen aus Niedersachsen gar kein Verbot. Die Landesvorsitzende Anne Kura hat gegenüber der “Neuen Osnabrücker Zeitung” lediglich gesagt, dass das (von allen Parteien beschlossene) Verbot im nordrhein-westfälischen Gütersloh begrüßenswert sei. Eine konkrete Forderung nach einem Verbot in Niedersachsen stellte sie hingegen nicht auf.

Mit Dank an Frank O. für den Hinweis!

Was Julian Reichelt so alles für möglich hält

Zur Berichterstattung der “Bild”-Medien über einen ehemaligen Fußballprofi, der per WhatsApp Fotos verschickt haben soll, die den Missbrauch von Kindern zeigen, gab es nicht nur von uns Kritik. Nun hat sich “Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt zu dieser Kritik im Deutschlandfunk geäußert. Und er kann — Überraschung! — keinerlei Fehlerverhalten seiner Redaktion erkennen.

An einer Stelle des Interviews fragt Moderatorin Brigitte Baetz den “Bild”-Chef:

Der “Bildblog” schreibt aber quasi, dass Sie die eigene Berichterstattung erst initiiert haben, indem Sie sich an die Hamburger Polizei gewandt haben. Was würden Sie dazu sagen?

Reichelt antwortet:

Dazu müssen Sie den “Bildblog” fragen, wie sie auf diese Interpretation kommen und wie, das würde mich dann interessieren, “Bildblog” verfahren würde, wenn sie, wie gesagt, in einem grundsätzlich gelagerten Fall Kenntnis von möglichen schwersten Straftaten erlangen, ob sie das dann für sich behalten, was ich bei “Bildblog” durchaus für möglich halte, oder ob sie das der Polizei mitteilen würden.

Wir haben nicht die leiseste Ahnung, wie Julian Reichelt darauf kommt, dass wir es für uns behalten würden, wenn wir “Kenntnis von möglichen schwersten Straftaten erlangen” würden. Aber weil es ihn so “interessiert”: Natürlich würden wir das der Polizei melden.

Was wir hingegen nicht machen würden: dem Verdächtigen mit einer Armada aus Reportern, Fotografen und Kameramännern auflauern; den Fall bis ins Letzte ausschlachten; Sätze schreiben wie “Warum sind die Ermittler so sicher, dass [M.] über kinderpornografische Fotos verfügt?”, wenn überhaupt noch nichts sicher zu sein scheint; mehrere Fotos abdrucken, die den Verdächtigen mit Gruppen von Kindern und Jugendlichen zeigen, obwohl diese Aufnahmen nichts mit dem Fall zu tun haben; riesengroß und in einer Art und Weise berichten, dass der Verdächtige — wenn sich später seine Unschuld herausstellen sollte — künftig keine Chance mehr auf ein normales Leben haben dürfte; oder den Anfangsverdacht und die Ermittlungen, zu denen die Staatsanwaltschaft verpflichtet ist, so in Szene setzen, dass bei der Leserschaft letztlich kein anderer Gedanken entstehen kann als: “Der hat doch Dreck am Stecken”. Denn auch der Bundesgerichtshof warnt:

Dabei ist im Hinblick auf die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende (…) Unschuldsvermutung die Gefahr in den Blick zu nehmen, dass die Öffentlichkeit die bloße Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit dem Nachweis der Schuld gleichsetzt und deshalb im Fall einer späteren Einstellung des Ermittlungsverfahrens oder eines Freispruchs vom Schuldvorwurf “etwas hängenbleibt”

Mit Dank an Marc und @ThougthsAsmbly für die Hinweise!

Der Tag, an dem Angela Merkel die Grenzen gar nicht öffnen musste

Am 4. September 2015 öffnete Bundeskanzlerin Angela Merkel keine Grenzen und sie ließ sie auch nicht öffnen, denn sie waren ja schon längst offen, seit Jahrzehnten. Und das ist jetzt auch wahrlich nichts Neues, was wir hier schreiben, im Gegenteil, das haben andere schon vor längerer Zeit ausführlich erörtert.

Und dennoch gibt es bei “Bild” und Bild.de noch immer Leute, die die falsche Erzählung der grenzenöffnenden Kanzlerin, die gern von ganz rechtsaußen verbreitet wird, im Blatt und auf der Startseite unters Volk bringen:

Ausriss Bild-Zeitung - Heute im ZDF: Doku-Drama über den 4. September 2015, als Angela Merkel die Grenzen öffnete - Der Tag, der Deutschland veränderte
Screenshot Bild.de - ZDF-Doku-Drama über den 4. September 2015 - Der Tag, an dem Angela Merkel die Grenzen öffnete

Im Artikel der “Bild”-Medien liest sich das dann auch direkt etwas anders:

Das ZDF-Doku-Drama “Stunden der Entscheidung” (Mittwoch, 20.15 Uhr) handelt von den 25 Stunden, die Deutschland verändern sollten. Vor genau vier Jahren entschied Bundeskanzlerin Angela Merkel (heute 65), die Grenzen nicht dicht zu machen für Tausende Flüchtlinge, die sich zu Fuß auf den Weg vom Budapester Hauptbahnhof nach Deutschland gemacht hatten.

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber!

An jedem verdammten Wochenende

Bei Bild.de haben sie die Meldungen vom vergangenen Wochenende über tödliche Unfälle in ganz Deutschland zusammengetragen und festgelegt: Das war ein “TODESWOCHENENDE”.

Screenshot Bild.de - Mindestens 16 Menschen verunglückt - Todeswochenende auf Deutschlands Straßen

So tragisch die 16 Todesfälle sind — die bittere Realität ist leider, dass 16 tödlich verunglückte Menschen an zwei Tagen “AUF DEUTSCHLANDS STRASSEN” kein außergewöhnliches “TODESWOCHENENDE” sind, sondern in etwa trauriger Durchschnitt: 2018 starben 3275 Personen im Straßenverkehr. Im Jahr davor waren es 3180, 2016 kamen 3206 Menschen ums Leben und 2015 sogar 3459. Im Schnitt gab es in den vergangen Jahren also jeden Tag zwischen 8,71 und 9,48 Todesopfer im Straßenverkehr.

Mit Dank an Lars R. für den Hinweis!

“Bild” weiß sogar noch weniger und schreit: Alarm in “unserem Freibad”

Vor knapp zwei Monaten, am 2. Juli, schrieb die “Bild”-Zeitung auf ihrer Titelseite vom Untergang des Badelandes:

Ausriss Bild-Titelseite - Deutschlands Chef-Bademeister klagt an - Das ist nicht mehr unser Freibad!

Neben dem alarmistischen Ton fiel vor allem auf, dass die Redaktion kaum Fakten präsentierte, mit der sie die These von zunehmenden “+++ Schlägereien +++ Pöbeleien +++ Messern” in Deutschlands Freibädern stützten konnte. Auf der kompletten Seite, die “Bild” zu dem Thema veröffentlichte …

Ausriss Bild-Zeitung - Früher war baden gehen irgendwie anders - Freibad-Report Sommer 2019

… gab es vor allem viel Gefühl und vage Angaben (“Doch in diesem Jahr scheint die Stimmung in vielen Freibädern Deutschlands auffällig aggressiv zu sein.” – “‘Gefühlt gibt es immer mehr Polizeieinsätze in den Bädern.'” – “Zahlreiche Badegäste berichten von unangenehmen Erlebnissen”). Das reichte “Bild” bereits, um “Das ist nicht mehr unser Freibad!” von Seite 1 zu schreien. Aber Fakten, die den “gefühlten” Schein belegen?

Wir mussten schon eine Weile suchen, bis wir die einzige Stelle fanden, die etwas darüber hätte sagen können, ob’s denn nun wirklich schlimmer geworden ist in deutschen Freibädern — oder zumindest in einem deutschen Freibad: Sie versteckte sich im Report “Bäuche, Burkinis und nackte Brüste” aus dem “berüchtigten Prinzenbad” in Berlin-Kreuzberg. “Bild”-Reporter Til Biermann hatte das Bad für einen Tag besucht und die Vorkommnisse protokolliert. Und die waren spektakulär unspektakulär (BILDblog berichtete): Der dramatische Höhepunkt im Prinzenbad-Report war das Festhalten eines Mannes, der sich vermutlich ins Bad geschlichen hatte, ohne zu bezahlen.

Aber, immerhin, Biermann nannte eben auch eine Zahl:

Das Prinzenbad in Berlin-Kreuzberg ist wohl das berühmteste Freibad Deutschlands. Auf jeden Fall ist es das berüchtigtste. Immer wieder wird es Schauplatz von Krawallen.

Allein im vergangenen Jahr wurden 122 Straftaten registriert — mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr.

Und diese einzige Zahl, die “Bild” auf einer ganzen Seite liefert und mit der man etwas anfangen könnte, diese Zahl — nun ja:

Ausriss Bild-Zeitung - Gegendarstellung zu Bäuche, Burkinis und nackte Brüste in der Bildzeitung vom 2. Juli 2019 - Sie schreiben über das Prinzenbad in Kreuzberg: Immer wieder wird es Schauplatz von Krawallen. Allein im vergangenen Jahr wurden 122 Straftaten registriert. Dazu stellen wir fest: Die 122 Straftaten wurden unter der Anschrift des Sommerbads Kreuzberg auch in den sieben Monaten erfasst, in denen das Bad nicht geöffnet ist. In der Statistik enthalten sind nicht nur Taten im Bad, sondern auch solche im Nahbereich. Es gab keinen einzigen Krawall. Berlin, den 12. Juli 2019 - Rechtsanwalt Eisenberg für Annette Siering, Vorständin, und Dr. Matthas Oloew, Unternehmenssprecher Berliner Bäder Betriebe, Anstalt des öffentlichen Rechts - Die Berliner Bäder Betriebe haben recht. Die Redaktion

Diese Gegendarstellung musste “Bild” gestern unten auf Seite 3 veröffentlichen. Autor Til Biermann hatte nicht nur über irgendwelche nicht existenten “Krawalle” geschrieben, sondern bei seiner Recherche offenbar auch etwas missverstanden: Wenn bei einer Straftat als Ort das Prinzenbad vermerkt ist, hat die Tat nicht automatisch im Prinzenbad stattgefunden. Wird beispielsweise jemandem auf dem Gehweg vor dem Prinzenbad das Handy geklaut, kann dieser Diebstahl mit “Prinzenbad” verschlagwortet werden, auch wenn es November ist, und im Prinzenbad die Becken leer sind.

Dazu auch:

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber!

Bild  

Rechte Straftaten? Nicht in “Bild”

In den ersten drei Monaten dieses Jahres gab es in Hessen 115 Fälle von Straf- und Gewalttaten im sogenannten Phänomenbereich der politisch motivierten Gewalt – rechts; im Phänomenbereich der politisch motivierten Gewalt – links waren es von Januar bis März 52 Fälle. Das geht aus zwei Antworten des hessischen Innenministeriums (PDF und PDF) auf Kleine Anfragen der SPD-Fraktion hervor.

Vergleicht man die Zahlen zu linken und rechten Straftaten, gab es also mehr als doppelt so viele “Straf- und Gewalttaten mit rassistischem, antisemitischem, rechtsextremistischem und/oder ausländerfeindlichen Hintergrund”. Und was landet in der Frankfurter “Bild”-Ausgabe in der Überschrift?

Ausriss Bild-Zeitung - 52 linke Straftaten bis April in Hessen

Die rechten Straftaten erwähnt die Redaktion nicht mit einem Wort. Die komplette Meldung im Blatt lautet:

2018 gab’s in Hessen 227 Fälle linker Kriminalität, darunter 20 Gewaltdelikte. 2017 waren es noch 183 Fälle (20 Gewalttaten). In den ersten drei Monaten zählt das Innenministerium bereits 52 Fälle, darunter fünf Gewaltdelikte.

In 34 Fällen war Frankfurt der Tatort. Dahinter: Fulda (7) Wiesbaden (2).

30 Tatverdächtige wurden ermittelt, davon waren zehn weiblich. Bei den Gewalttaten handelt es sich überwiegend um Angriffe auf Polizeibeamte bei Demonstrationen.

Der Vollständigkeit halber: 2018 gab’s in Hessen 603 Fälle rechter Kriminalität, darunter 27 Gewaltdelikte. 2017 waren es 602 Fälle (18 Gewalttaten).

Mit Dank an @jnfrhlch für den Hinweis!

Nachtrag, 27. August: Vor rund zwei Wochen hatte die Frankfurter “Bild”-Redaktion doch auch über die rechten Straftaten berichtet — ohne dabei die linken Straftaten zu erwähnen. Das haben wir bei unserer Recherche übersehen, wofür wir um Entschuldigung bitten möchten.

Auch bei Bild.de sind diese Zahlen erschienen. Über dem Artikel steht:

115 POLITISCH MOTIVIERTE TATEN IN DREI MONATEN — Die Liste der Schande

… was nicht so wirklich stimmt, schließlich waren es in den drei Monaten Januar, Februar und März 115 rechte und 52 linke, insgesamt also 167 politisch motivierte Straftaten in Hessen.

Falscher als die Polizei erlaubt

Am morgigen Samstag findet in Dresden die “Unteilbar”-Demo für eine offene und freie Gesellschaft statt. Laut Bild.de könnte es dort nicht nur die Demonstration und ein Konzert geben — die Polizei, so behauptet es die Redaktion, fürchte “Autonomen-Krawalle”:

Screenshot Bild.de - Nach Toleranz-Konzert - Polizei fürchten Autonomen-Krawalle in Dresden

Diese Überschrift ist nicht nur grammatikalisch bemerkenswert. Die Polizei sagt uns auf Nachfrage, sie sei auch inhaltlich falsch.

Im Artikel schreibt Bild.de:

Doch wie BILD aus Sicherheitskreisen erfuhr, rechnet man bei der Polizei neben tausenden friedlichen Demonstranten auch mit rund 500 gewaltbereiten Autonomen aus Hamburg und Berlin, die bereits mobilisieren. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Nacht zum Sonntag.

Und:

Das Bündnis selbst hat 25 000 Teilnehmer angemeldet, will eine Woche vor der Wahl für mehr Toleranz, gegen Rechtspopulismus aber auch gegen das neue Polizeigesetz mobil machen.

Doch reisen alle Teilnehmer nach dem Konzert gegen 22 Uhr auch wieder ab? Es gibt Befürchtungen, es könnte Angriffe u.a. auf die Einsatzkräfte geben.

Die Redaktion zitiert sogar “Polizeisprecher Marko Lasko”, der allerdings gar nicht “Marko Lasko” heißt, sondern Marko Laske:

“Wir schauen uns die Mobilisierung genau an und sind entsprechend vorbereitet.”

Fragt man bei Marko Laske von der Polizeidirektion Dresden nach, sagt einem dieser, dass er zwar mit der “Bild”-Redaktion gesprochen habe, die Darstellung bei Bild.de aber nicht stimme. Er könne sich auch nicht erklären, warum Bild.de so etwas schreibt.

Uns sagt Laske, dass die Dresdener Polizei, die den Einsatz morgen auch führen werde, von einem “friedlichen Versammlungsgeschehen ausgeht”. Es gebe “keine Hinweise auf Störungsaktionen”. Das habe er “Bild” auch so gesagt. Natürlich seien er und seine Kolleginnen und Kollegen auf den Einsatz vorbereitet. Er meint damit aber vor allem die Absicherung der Versammlung.

Bereits gestern behauptete die AfD Sachsen, dass die Polizei “intern bereits vor Ausschreitungen, die aus dem Umfeld dieser Demonstration erwartet werden”, warne. Dem widersprach die Polizei Sachsen. Heute wiederholt dann also Bild.de die AfD-Behauptung. Und wieder widerspricht die Polizei Sachsen:

Screenshot eines Tweets der Polizei Sachsen - Auf Anfrage der Zeitung konnte die Polizeidirektion klar widersprechen, warum diese nun trotzdem so titelt, wissen wir nciht, zumal die Aussage schlicht falsch ist.

Mit Dank an @matschuessler und @MoniqueFreude für die Hinweise!

Der ganz besondere “Bild”-Service für gewaltbereite Noch-Ehemänner

Die “Bild”-Redaktion will und muss ihren “Bild plus”-Abonnenten natürlich etwas bieten. Und man findet ihn bei Bild.de ja tatsächlich, den ganz besonderen Service für zahlende Kunden. Wenn man beispielsweise ein gewaltbereiter Noch-Ehemann ist, der plant, seine Noch-Ehefrau umzubringen, sie dafür aber noch aufspüren muss, dann hat Bild.de derzeit was für einen:

Screenshot Bild.de - Bestialische Bluttat am Bahnhof von Iserlohn - So fand der Täter heraus, wo sich seine Ex-Frau versteckte
(Unkenntlichmachung durch uns.)

Und wer jetzt denkt: Ja, gut, dieses “So” ist doch bestimmt so zu sehen, wie ein “So” bei klickgetriebenen Portalen meistens zu sehen ist — als Versprechen, das nach dem Klick nicht eingelöst wird —, dem sei gesagt: Nein, die Bild.de-Redaktion erklärt im Artikel tatsächlich recht detailliert, wie der Mann herausfinden konnte, wo sich seine Frau vor ihm versteckte. Im Teaser, der hinter die Bezahlschranke locken soll, schreibt sie:

Nach einem Fall von häuslicher Gewalt hatte sich die junge Mutter († 32), die mit einem neuen Partner ein Baby (zwei Monate) hatte, vor ihrem Ehemann im Frauenhaus Iserlohn versteckt. Einige Monate lebte sie dort in Frieden, doch dann fand der Kosovo-Albaner seine Ex-Frau, erstach sie und den neuen Lebenspartner bestialisch. Wie der Täter herausfand, wo die Frau untergetaucht war und wo er sie tödlich attackierte, lesen Sie mit BILDplus.

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