Eine Doppelseite ihrer “Stil”-Rubrik hat die “Welt am Sonntag” an Ostern Joachim Löw eingeräumt, dem Trainer der deutschen Fußballnationalmannschaft und offensichtlich ein toller Typ:
Montagmittag, Kaiserwetter. Mit dem Kirchturmschlag (Punkt zwölf) steht er in der Tür des Hotels “Colombi”: Jeans, hellblaues Hemd. Fester Händedruck, man will gar nicht mehr loslassen. Sein Blick ist offen, sein Lachen ansteckend. Ein Naturbursche mit Stil. Kein Wunder, dass ihn Nivea als Markenbotschafter verpflichtet hat: Ab Mai wird er zum dritten Mal in einer Kampagne für die Kosmetik-Männerlinie zu sehen sein.
Autorin Dagmar von Taube gelingt die Meisterleistung, sich gleichzeitig unterwürfigst vor Löw zu werfen und das Gespräch immer wieder auf Nivea zu lenken. Ihre Einstiegsfrage macht die Marschrichtung klar:
Welt am Sonntag: Herr Löw, Deutschland liebte Sie auf Anhieb. Das hat nicht nur mit Ihrem Erfolg zu tun, man mag Ihre Person, Ihre Erscheinung. Sie gelten als modisch, aufgeschlossen, erfrischend unkonventionell. Die Werbeangebote müssten sich stapeln auf Ihrem Schreibtisch. Warum jetzt Hautcreme?
So wie Löw antwortet, muss sich die Beiersdorf AG keine Sorgen machen, den falschen Werbeträger verpflichtet zu haben:
Jogi Löw: Es gibt immer wieder Anfragen, das meiste kommt für mich nicht infrage. Aber Nivea, damit kann ich mich identifizieren, das kenne ich von klein auf. Wir Kinder, meine drei Brüder und ich, sind praktisch mit der blauen Dose aufgewachsen – die Handcreme, die man für alles benutzt hat, die Sonnencreme im Freibad. Wir waren ja viel draußen, wir Jungs.
Und so geht das, von gelegentlichen thematischen Schlenkern abgesehen, weiter: Löw erzählt, wie lange er morgens im Bad braucht (nicht länger als eine halbe Stunde), er berichtet, wie das damals war in einem Haushalt mit fünf Männern (“Eine Vielfalt an Produkten wie heute gab’s damals für uns ja noch gar nicht. Wasser und Seife, das war’s praktisch.”) und wie es war, als er mit 17 das Elternhaus verließ (“Meine Mutter war schon besorgt damals. Sie hat übrigens auch immer Nivea benutzt.”).
Bevor das Gespräch allzu sehr vor sich hin plätschert, fragt Taube investigativ nach (“Stellen Sie im Bad Ihre Nivea-Kosmetika auf wie Ihre Spieler auf dem Grün?”) und schafft noch die abwegigsten Überleitungen (“Nivea duftet nach Maiglöckchen, Jasmin. Wie schmeckt die Luft bei Löws – nach Leder?”).
Es wäre eine weitere gelungene Werbekampagne zum hundertsten Geburtstag der Marke Nivea, doch das Interview firmiert auch bei der “Welt am Sonntag” als redaktioneller Inhalt.
Mit Dank an stickytape und Jonathan O.