1. Wie gefährlich ist Bild? (journalist.de, Michael Kraske)
Ist “Bild” toxisch? Michael Kraske beschäftigt sich in einer ausführlichen Analyse mit der Entwicklung der “Bild”-Medien in den vergangenen Jahren. Er hat dazu bei Medienwissenschaftler Volker Lilienthal und dem aktuellen “Bild”-Chef Johannes Boie nachgefragt. Der ebenfalls um eine Stellungnahme gebetene Springer-Chef Mathias Döpfner wollte nicht antworten, was Kraske wie folgt kommentiert: “Döpfners Wort hat Gewicht. Er hat eine doppelte Vorbildfunktion, weil er eben nicht nur der Kopf des Springer-Verlags, sondern auch der journalistischen Medienhäuser im Land ist. Döpfner lässt über einen Sprecher mitteilen, dass er es vorzieht, die journalist-Anfrage nicht zu beantworten. Das sagt dann auch einiges.”
2. Erst Dummheit, dann Mutwillen (taz.de, Silke Burmester)
Das Verlagshaus Gruner + Jahr geht in den Medienkonzern RTL auf. Für Silke Burmester Anlass für eine ganz persönliche Schlussbetrachtung: “Ich habe mich über die Jahre an Gruner + Jahr abgearbeitet. In meiner taz-Kolumne ‘Die Kriegsreporterin’ verging kaum eine Woche, in der ich nicht etwas aufgespießt habe, das für die leise Verabschiedung vom hehren Journalismus stand. Es sind nicht einmal die Hitler-Tagebücher, die ich dem Verlag ankreide. Das hätte wohl jedem der Häuser passieren können. Nein, was ich dem Verlag bzw. seinen Verantwortlichen übel nehme, ist der Verrat am Journalismus, den das Haus begangen hat. Zunächst durch Dummheit, dann durch Mutwillen.”
3. Stellengesuche ungeimpfter Pflegekräfte führen ins Leere (rbb24.de, Andreas Rausch)
“Ich dachte, das ist ja krass …” Als Andreas Rausch ein Bautzener Anzeigenblatt in die Hände nahm, entdeckte er darin mehr als einhundert angebliche Stellengesuche von impfunwilligen Angehörigen der Gesundheitsberufe. Er beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen, und versucht in mehreren Fällen, die Männer und Frauen, die die Inserate geschaltet haben sollen, anzurufen. Doch die angegebenen Nummern sind entweder nicht vergeben oder es ist dauerbesetzt oder es folgen anonyme Mailbox-Ansagen.
Weiterer Lesetipp: Laut Lars Wienand tritt dieses Phänomen auch in anderen Städten auf: Ungeimpfte: Der große Schwindel mit Stellengesuchen (t-online.de).
4. Wenn Internetwerbung Demokratie gefährdet (verdi.de, Bärbel Röben)
Der Werbeexperte Thomas Koch ist auf der digitalen “Konferenz zur Medienzukunft” mit der Werbebranche ins Gericht gegangen. Fünf Prozent aller Werbegelder deutscher Unternehmen würden auf Websites wie dem rechtsextremistischen “Breitbart”-Portal landen. Damit würden die Firmen sowohl den guten Ruf der Marke als auch die Demokratie gefährden. Bärbel Röben fasst die Erkenntnisse und Schlussfolgerungen Kochs zusammen, der Mitgründer der Kampagne “StopFundingHateNow” ist.
5. Sie sind so frei (sueddeutsche.de, Jürgen Schmieder)
Jürgen Schmieder berichtet über die Übernahme der “Chicago Sun-Times” durch die Non-Profit-Organisation Chicago Public Media. Der Vorgang zeige, dass US-amerikanischen Medien eine Chance haben können, ohne Milliardär-Mäzen oder Hedgefonds zu überleben: “Der Deal, dessen Einzelheiten wie zum Beispiel Kaufpreis noch nicht bekannt sind, dürfte nicht nur die Medienlandschaft in Chicago verändern, sondern auch höchste Aufmerksamkeitswellen durch die komplette Branche senden.”
6. US-Behörden ermitteln nach Flugzeugabsturz von YouTuber (spiegel.de, Jörg Breithut)
Es deutet vieles darauf hin, dass ein US-amerikanischer Youtuber Ende November absichtlich einen Flugzeugabsturz herbeigeführt hat, den er wie einen Unfall aussehen lassen wollte. Experten im Netz haben dafür jedenfalls einige Hinweise gefunden. “Spiegel”-Autor Jörg Breithut hat sowohl das Absturzvideo als auch ein skeptisches Reaktionsvideo in seinen Artikel eingebettet.
Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!
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1. “Corona-Demos” in der Region: Berichten, wo jeder jeden kennt (ndr.de, Amelia Wischnewski & Aaron Moser, Video: 7:08 Minuten)
Immer öfter finden die Proteste gegen Corona-Maßnahmen auch in kleinen Orten statt, wo sich Medienschaffende und Protestierende womöglich kennen. Das wirft vielerlei Probleme auf und kann für die Journalistinnen und Journalisten sogar riskant sein. “Zapp” ist dem Thema nachgegangen und hat unter anderem mit Chelsy Haß von der “Nordwest-Zeitung”, Jann-Luca Künßberg vom “Harz Kurier” und Ole Kracht vom “Katapult”-Magazin gesprochen.
2. #18 Was hast du studiert? Nichts! (hinterdenzeilen.de, Niklas Münch & Tobias Hausdorf, Audio: 46:17 Minuten)
Die Macher des Podcasts “Hinter den Zeilen” beschreiben sich selbst als Nachwuchsjournalisten und Arbeiterkinder, die einen kritischen Blick auf den Journalismus und die Branche aus Nachwuchssicht werfen. In der aktuellen Folge sind zwei Personen zu Besuch, die es auch ohne Studienabschluss geschafft haben, in der Medienbranche Karriere zu machen: Mareice Kaiser, Chefredakteurin des feministischen Onlinemagazins “Edition F”, und Investigativjournalist, “Panorama”-Mitarbeiter und Autor Oliver Schröm.
3. Rheingehört! #89 – Wege in den Journalismus Teil 2 (wiesbadener-kurier.de, Laura Harff, Audio: 34:54 Minuten)
Nach der ersten Folge des Podcasts “Wege in den Journalismus” geht es im zweiten Teil um das Volontariat bei der VRM, einem regionalen Medienunternehmen mit Sitz in Mainz. Laura Harff unterhält sich mit Stefan Schröder, Chefredakteur des “Wiesbadener Kuriers”, über den praktischen Teil der Ausbildung “ohne Schonfrist”.
4. Themen u.a. Medienfeindlichkeit der Impfgegner und Luca-App (wdr.de, Anja Backhaus, Audio: 45:04 Minuten)
Im WDR5-Medienmagazin geht es dieses Mal um Tipps für Polizei und Presse bei Demos, den Umgang mit der Medienskepsis der Impfgegner, die Luca-App und ihr eventuelles Aus, das gute Geschäft mit Apotheken-Blättern und die Frage, wie Instagram Essstörungen befeuert.
5. Welche Innovation erwarten wir 2022, Alexandra Borchardt? (wasmitmedien.de, Daniel Fiene & Sebastian Pähler, Audio: 1:43:58 Stunden)
Nach dem Jahresrückblick 2021 und der Social-Media-Vorschau auf 2022 geht es bei “Was mit Medien” um den Innovationsausblick für das laufende Jahr. Zu Gast ist Alexandra Borchardt. Sie leitet das Journalism Innovators Program an der Hamburg Media School, berät und betreut Redaktionen als Coach und ist mit dem Reuters Institute for the Study of Journalism an der Universität Oxford verbunden.
6. Viraler Humor – Was Corona-Witze über uns erzählen (zdf.de, Rudolph Herzog, Video: 51:57 Minuten)
“Im März 2020 traf eine Welle des Corona-Virus mit voller Wucht auf die westliche Welt. Doch inmitten der sich rasch verschärfenden Lage blühte auf einmal der Humor. Die Dokumentation zeigt mit viralen Clips und mit der Einschätzung von Comedians und Fachleuten, wie Humor in der Krise zur Bewältigungsstrategie werden kann.”
1. Streit um Auslandsberichterstattung in Deutschland und Russland (deutschlandfunk.de, Antje Allroggen, Audio: 7:18 Minuten)
Bei der gemeinsamen Pressekonferenz von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und dem russischen Außenminister Sergej Lawrow beklagte sich eine Reporterin von RT DE (ehemals Russia Today Deutschland): Nirgendwo auf der Welt habe es ihr Sender angeblich so schwer wie in Deutschland. Dem widersprach Baerbock. RT habe für die journalistische Tätigkeit jederzeit ungehinderten Zugang, beispielsweise zu den Bundespressekonferenzen: “Dass es staatliche Einmischung gibt, ist nicht der Fall”.
2. Pressefreiheit achten (djv.de, Paul Eschenhagen)
Der Deutsche Journalisten-Verband und die Europäische Journalisten-Föderation begrüßen den heute im Europaparlament zur Abstimmung stehenden Änderungsantrag zum Digital Services Act. Dieser sehe vor, dass die Geschäftsbedingungen der Internetplattformen wie beispielsweise Facebook, Twitter oder Youtube an die Grundrechte und die Presse- und Meinungsfreiheit gebunden werden müssen.
3. Erweiterung der Farbskala der Corona-Karte der tagesschau (blog.tagesschau.de)
Die Redaktion der “Tagesschau” sieht sich gezwungen, die Farbskala ihrer Corona-Karte anzupassen. Die Ausbreitung der Omikron-Variante erreiche hinsichtlich der bundesweiten Sieben-Tage-Inzidenz neue Höchstwerte, die vor einem Jahr noch undenkbar waren: “Wir brauchen für die Darstellung höherer Inzidenzwerte eine höhergehende Skala und eine in Teilen geänderte Farbgebung.”
4. Computerspiel-Fachpresse – vom Testmagazin zur kulturkritischen Publikation? (fachjournalist.de, Rudolf Thomas Inderst)
In seinem Beitrag im “Fachjournalist” skizziert Rudolf Thomas Inderst, Professor für Game Design, die Entwicklung der Computerspiel-Berichterstattung – von den ersten Anfängen über die Hochphase bis zum jetzigen Stand. Zum Schluss hat er noch einen Tipp für den Nachwuchs parat: “Statt auf die Festanstellung als Spielejournalist:in zu spekulieren, scheint es ratsam, einen der benannten thematischen Anknüpfungspunkte der Spielekultur zu nutzen, um sich ein Portfolio aufzubauen bzw. dieses anzubieten.”
5. Massiver Stellenabbau in Stuttgart geplant (spiegel.de)
“Stuttgarter Nachrichten” und “Stuttgarter Zeitung” wollen bis zum Jahresende etwa 20 Prozent der gesamten Redaktion abbauen. Das betreffe rund 50 redaktionelle Stellen. Bei einer Betriebsversammlung am gestrigen Mittwoch sei die Redaktion über die Pläne informiert worden.
6. Sensationsjubel sorgt für Jubelsensation bei Markus Söder (uebermedien.de, Mats Schönauer)
Mats Schönauer ist der offizielle Regenbogenpressebeauftragte des medienkritischen Portals “Übermedien”. Dort ruft er regelmäßig zum “Schlagzeilenbasteln” auf: “Wir geben Ihnen eine Nachricht, und Sie versuchen zu erraten, welche irre Schlagzeile die Profis daraus gemacht haben. Auf die Plätze – los!”
1. ARD abschalten? Warum die CDU-Forderung aus Sachsen-Anhalt reiner Populismus ist (rnd.de, Imre Grimm)
Die CDU in Sachsen-Anhalt hat für ihre Forderung, das ARD-Hauptprogramm “Das Erste” abzuschaffen, viel Aufmerksamkeit bekommen. Natürlich stehe es jedem frei, über eine Reform der Öffentlich-Rechtlichen zu debattieren, so Imre Grimm, die sachsen-anhaltinische CDU agiere jedoch populistisch und spiele mit den Grundfesten der Meinungsfreiheit: “Gewiss ist nicht jeder radikale Kritiker von ARD und ZDF ein rechtstendenziöser Populist. Dass sich aber auch die CDU klar AfD-Positionen zu eigen macht und dabei auch noch Einfluss auf die Inhalte der Sender nehmen möchte, ist ein Tabubruch, den der designierte CDU-Chef Friedrich Merz schnellstens einhegen muss.”
2. Was tun gegen die App der Corona-Leugner:Innen (belltower.news, Simone Rafael)
Die Diskussion über Telegram ist in vollem Gange. Der Dienst ist nicht nur Messenger, sondern durch seine Gruppenfunktion eine Art Soziales Netzwerk, in dem Hass und Hetze gedeihen. Was tun? Die App verbieten oder sie mit Anfragen bombardieren, wie das Bundeskriminalamt es vorschlägt? Simone Rafael, Leiterin des Digitalteams der Amadeu Antonio Stiftung, antwortet auf diese und die damit im Zusammenhang stehenden Fragen.
3. Wer berichtet noch aus dem Landtag? (flurfunk-dresden.de, Christine Keilholz)
“Die Landespolitik hat als journalistischer Centercourt abgedankt. Das hat auch zu tun mit einem Wandel in der Presselandschaft.” Christine Keilholz beschreibt am Beispiel Sachsens, wie schwer es regionaler Parlamentsjournalismus und landespolitische Berichterstattung heutzutage haben.
4. Aufmärsche sind keine Spaziergänge! (migazin.de, Clara Herdeanu)
“Haben Sie in den letzten Tagen eine Einladung zu einem Spaziergang ausgesprochen – und dann schnell erschrocken eine Erklärung hinterhergeschickt, dass Sie kein Querdenker seien und nicht der Meinung seien, wir lebten in einer Diktatur. Willkommen im aktuellen Corona-Diskurs!” Die Linguistin Clara Herdeanu erklärt aus sprachwissenschaftlicher Sicht, warum bestimmte Wörter ihre Unschuld verloren haben und andere banalisiert werden.
5. Auf wen kommt es noch an? (faz.net)
Vor etwa zwei Jahren hat die “FAZ” 30 seinerzeit vielversprechende Youtuberinnen und Youtuber vorgestellt. Nun verrät die Redaktion, wie es bei den jeweiligen Personen weitergegangen ist: “Wenn wir uns diese individuellen Biografien anschauen, erzählen diese nicht nur etwas über einzelne Personen, sondern zeigen uns auch die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahre.”
6. Analyse-Hammer: Häufigste “Bild”-Phrase aufgedeckt (dwdl.de, Uwe Mantel)
Hammer, was Uwe Mantel da gelungen ist: In seinem Analyse-Hammer deckt er die meistbenutzte Hammer-Phrase der “Bild”-Redaktion auf. Es ist im wahrsten Sinne ein Hammer-Beitrag.
Nordkorea, einst von vielen gefürchtet, taucht in der Berichterstattung heutzutage vor allem in einer Rolle auf: als Lachnummer.
Womit wir auch gleich beim “Stern” wären.
Der macht nicht nur eine ähnliche Entwicklung durch, sondern trägt auch immer wieder dazu bei, dass das niederträchtige Regime Nordkoreas eben nicht gefürchtet oder verachtet wird, sondern belächelt. Mit Geschichten wie dieser:
So steht es seit gut einer Woche bei Stern.de*. Im Artikel feixt die Autorin:
Neues aus Pjöngjang: Nach sagenumwobenen Einhörnern, die man in einer Höhle gefunden haben will, der Erzählung, dass Kim Jong-il niemals auf Toilette musste und ein perfekter Golfspieler gewesen sein soll (gleich bei seinem ersten Versuch sollen ihm elf “Hole in One” gelungen sein), hat die Propagandamaschine nun eine neue Geschichte in Petto. Der Vater von Nordkoreas Oberstem Führer Kim Jong-un soll eine Leckerei erfunden haben, deren Ursprung eigentlich in der mexikanischen Küche liegt und liebend gerne von den feindlichen US-Amerikanern verspeist wird – den Burrito.
Denn die nordkoreanische Propagandazeitung “Rodong Sinmun” habe laut Stern.de behauptet, der Burrito sei ursprünglich im Jahr 2011 von Nordkoreas Machthaber Kim Jong-il erfunden worden. Auch dessen Sohn, der amtierende Diktator Kim Jong-un, habe ein ausgeprägtes Interesse an der Spezialität.
Als Quellen für die Story gibt Stern.de die Boulevardblätter “New York Post” und “The Sun” an.
Tatsächlich wareneszunächstenglischsprachigeMedien, die behaupteten, nordkoreanische Medien hätten behauptet, der Burrito sei eine Erfindung ihres geliebten Führers:
Sie alle berufen sich auf das Propagandablatt “Rodong Sinmun”:
The Rodong Sinmun newspaper, seen as a government mouthpiece, reported that the burrito was thought up in 2011 by Kim Jong-il – the father of current supreme leader Kim Jong-un.
Die Geschichte zog sofort große Kreise und landete schnell auch in deutschen Medien, etwa bei Stern.de oder News.de. Die “Südwest Presse” und ihre regionalen Ableger widmeten ihr sogar einen Platz auf der Titelseite:
Aber was ist dran an der Sache? Nun, auf der Internetseite von “Rodong Sinmun” findet man schnell den Originalartikel, auf den sich alle beziehen. Dort abgebildet: Ein nordkoreanischer Burrito-Stand im Winter, vor dem mehrere Menschen stehen (alle tragen eine Maske und scheinen darunter zu lächeln). Dazu heißt es:
An einem Stand kann man Menschen sehen, die mit Fleisch gefüllte Weizenkuchen essen, und Verkäuferinnen, die die Kunden freundlich über den Nährwert aufklären.
Diese harmonische Szene fügt ihrer Popularität Glanz hinzu.
Wann immer wir Zeuge solcher Szenen werden, erinnern wir uns mit tiefer Ergriffenheit an das Bild des Vorsitzenden Kim Jong Il, der sich bei seiner Führung durch die neu errichtete Werkstatt der Kumsong-Lebensmittelfabrik freute.
Als der Vorsitzende an einem mobilen Servicestand vorbeikam, wies er an, dass die Leute die gefüllten Weizenkuchen aufgewärmt servieren sollten.
Wir erinnern uns noch gut an seine Worte, dass es für unser Volk angenehmer wäre, im Sommer Mineralwasser und im Winter heißen Tee mit Weizenkuchen an den Ständen zu bekommen.
Der verehrte Generalsekretär Kim Jong Un, der die Geschichte der edlen Liebe des Vorsitzenden zum Volk weiterführt, hat ein ausgeprägtes Interesse für die Weizenkuchen, von der Herstellung bis zum Service, und ergriff entsprechende Maßnahmen.
In der Tat: Ein kleiner Stand für gefüllte Weizenkuchen ist mit der mütterlichen Liebe unserer Partei verbunden.
Allem Geschwurbel zum Trotz: Das Blatt behauptet nicht, dass Kim Jong-il 2011 den Burrito erfunden hat. Sondern dass er beim Besuch einer Lebensmittelfabrik (der 2011 stattfand) anwies, den Weizenkuchen lieber aufgewärmt zu servieren, vor allem im Winter.
Dass die amerikanischen und englischen Journalisten daraus etwas völlig anderes machen, und dass deutsche Journalisten den Quatsch einfach abschreiben und sogar auf die Titelseite packen, statt zwei Minuten zu recherchieren, ist aber keine Ausnahme, sondern eine liebgewonnene Tradition. Schauen wir nochmal in den einleitenden Absatz bei Stern.de:
Neues aus Pjöngjang: Nach sagenumwobenen Einhörnern, die man in einer Höhle gefunden haben will, der Erzählung, dass Kim Jong-il niemals auf Toilette musste und ein perfekter Golfspieler gewesen sein soll (gleich bei seinem ersten Versuch sollen ihm elf “Hole in One” gelungen sein), hat die Propagandamaschine nun eine neue Geschichte in Petto. (…)
Nehmen wir die Einhörner, die das Regime laut Stern.de gefunden haben wolle. Eine Geschichte, die seit zehn Jahren immer wieder höhnisch erzählt wird. Dabei steckt dahinter, wie das Wissenschaftsblog “io9” bereits vor zehn Jahren berichtete, wohl schlicht ein Übersetzungsfehler:
Nein, die nordkoreanische Regierung hat nicht behauptet, Beweise für das Einhorn gefunden zu haben. (…) Die Behauptung bezieht sich stattdessen auf einen Ort namens Kiringul [der in Nordkoreas Mythologie eine bedeutende Rolle spielt]. Nordkorea hatte die Entdeckung bereits 2011 verkündet, aber erst vor Kurzem eine Meldung auf Englisch veröffentlicht. In dieser englischen Version wurde der Name des historischen Ortes, Kiringul, irrtümlich als “Einhorn-Höhle” übersetzt – ein sehr anregender Name für Leute aus dem Westen.
Ebenso anregend wie die “Erzählung, dass Kim Jong-il niemals auf Toilette musste”, die es bei News.de aktuell auch wieder in die Überschrift geschafft hat:
Im Artikel heißt es:
Bei seiner ersten Golfrunde soll Kim Jong-il, der verstorbene Vater des amtierenden Herrschers, gleich elf Hole-in-ones geschlagen haben. Eine wirklich besch***ene Idee war es wohl, zu behaupten, die Führer des Landes hätten keinen Stuhlgang. Dagegen ist die angebliche Entdeckung von Einhörnern doch direkt süß.
Ok. Also.
Zunächst der (Nicht-)Stuhlgang. Auch diese Behauptung hält sich seit vielen Jahren (nicht erst seit dem Film “The Interview”) hartnäckig in den Medien. Der älteste Artikel, den wir dazu finden konnten, erschien 2008 auf einer amerikanischen Listicle-Website, die sich auf Kim Jong-ils Wikipedia-Artikel berief. Dort fand sich tatsächlich mal eine (mittlerweile gelöschte) Passage, die lautete:
Überläufer werden mit der Aussage zitiert, dass nordkoreanische Schulen sowohl Vater als auch Sohn vergöttern, und lehren, dass sie nicht wie sterbliche Menschen urinieren oder defäkieren.
Als Quelle dafür wurde wiederum ein Buch angegeben, “The Aquariums of Pyongyang: Ten Years in the North Korean Gulag”, in dem ein nordkoreanischer Journalist sein Leben in einem Internierungslager beschreibt. Wirft man einen Blick in das Buch, stellt sich die Sache aber schnell ganz anders dar. Denn der Autor schreibt:
In meinen kindlichen Augen und denen aller meiner Freunde waren Kim Il-sung und Kim Jong-il perfekte Wesen, unbefleckt von jeder niederen menschlichen Funktion. Ich war wie wir alle davon überzeugt, dass keiner von ihnen urinierte oder defäkierte. Wer könnte sich so etwas bei Göttern vorstellen?
Das mit dem Stuhlgang ist also nicht wörtlich zu verstehen, sondern als Umschreibung dafür, wie der Autor die scheinbare Göttlichkeit der Machthaber als Kind empfunden hat.
Dann die Geschichte mit dem perfekten Golfspiel, die Journalisten seit nunmehr fast 30 Jahren supergern erzählen, aber superungern überprüfen. Zurückzuführen ist sie auf einen 1994 im “International Herald Tribune” veröffentlichten Artikel. Dort schrieb der australische Reporter Eric Ellis über seine Reise nach Nordkorea und berichtete unter anderem von seiner (eigentlich eher nebensächlichen) Begegnung mit einem nordkoreanischen Golfer:
Mr. Park, der zugab, noch nie etwas von Arnold Palmer gehört zu haben, erklärte, dass der “Geliebte Führer” über 18 Löcher eine 34 spielte, darunter fünf Hole-in-Ones. “Er ist ein hervorragender Golfer”, sagte Mr. Park.
Im Laufe der Jahre wurde dieser Nebensatz von Journalisten immer weiter aufgeblasen – aus den fünf Hole-in-Ones wurden elf, irgendwann kamen noch 17 Bodyguards dazu, die dabeigewesen seien und alles bezeugen könnten, und vor allem wurden diese Aussagen nicht mehr irgendeinem Golfer zugeschrieben, sondern zu einer offiziellen Verlautbarung der nordkoreanischen Regierung erklärt.
“Ich bin verwirrt darüber, wie sich diese Geschichte verselbstständigt hat”, sagte Eric Ellis, der australische Reporter, im vergangenen Jahr in einem Interview. Eigentlich sei es ein “völlig unschuldiger, entwaffnender Moment” gewesen: Der nordkoreanische Golfer habe einfach Angst gehabt, etwas Falsches zu sagen, darum habe er sich die absurde Geschichte mit den Hole-in-Ones ausgedacht.
Und knapp drei Jahrzehnte später wird sie immer noch erzählt – von kichernden Journalisten, die glauben, sie würden damit die Lachhaftigkeit der Nordkoreaner belegen, ohne zu merken, wen sie damit eigentlich entlarven.
Insbesondere bei Stern.de erscheinen immer wieder solche Geschichten. So behauptete das Portal 2014 zum Beispiel (neben vielen anderen Medien), dass männliche Studenten in Nordkorea laut staatlicher Verordnung nur noch eine einzige Frisur tragen dürften: die von Kim Jong-un (BILDblog berichtete). 2017 reisten zwei australische Studenten nach Nordkorea, um die Geschichte zu überprüfen. Sie kamen zum gleichen Ergebnis wie wir: völliger Quatsch. Doch bei Stern.de steht die Behauptung bis heute unverändert online.
Im Jahr darauf behauptete Stern.de, Nordkorea wolle den USA den Krieg erklären, sobald Windows 10 auf den Markt komme. Als wir die Redaktion fragten, ob es dafür irgendwelche Belege gebe, antwortete sie nicht. Aus gutem Grund: es gab keine. Denn auch diese Geschichte war völliger Quatsch.
Bei einer Sache hat der “Stern” aber Recht: Tatsächlich wird die Propagandamaschine weiterhin fleißig von Medien betrieben. Allerdings nicht nur von nordkoreanischen.
*Nachtrag, 20. Januar: Stern.de hat auf unsere Kritik reagiert und den Burrito-Artikel gestern offline genommen. Außerdem schrieb uns jemand aus der Redaktion, dass man “auch die älteren verlinkten Artikel noch einmal ansehen und in den nächsten Tagen offline nehmen” werde.
1. Offener Brief an die CEO von YouTube von Faktenprüfern aus der ganzen Welt (correctiv.org)
Mehr als 80 professionelle Faktencheck-Organisationen aus über 40 Ländern wenden sich in einem offenen Brief an Youtube: “Als internationales Netzwerk von Faktencheck-Organisationen beobachten wir, wie sich Lügen im Internet verbreiten – und wir sehen jeden Tag, dass YouTube einer der wichtigsten Kanäle für Online-Desinformation und Fehlinformationen weltweit ist.” Sie belassen es jedoch nicht bei ihren Vorwürfen, sondern machen konkrete Vorschläge zur Beseitigung des Missstands und bieten Youtube ihre Mitarbeit an.
2. “Pushback” ist Unwort des Jahres 2021 (tagesschau.de)
Die Jury der “Sprachkritischen Aktion” kürt jedes Jahr das “Unwort des Jahres”. Dieses Jahr hat sie sich für den Ausdruck “Pushback” entschieden. Der Begriff beschönige einen Prozess der Abschiebung, der Menschen die Möglichkeit verwehre, das Grundrecht auf Asyl wahrzunehmen: “Den Flüchtenden wird somit ein faires Asylverfahren vorenthalten. Der Einsatz des Fremdwortes trägt zur Verschleierung des Verstoßes gegen die Menschenrechte und das Grundrecht auf Asyl bei. Mit dem Gebrauch des Ausdrucks werden zudem die Gewalt und Folgen wie Tod, die mit dem Akt des Zurückdrängens von Migrant:innen verbunden sein können, verschwiegen.”
Weiterer Lesehinweis: Bei Twitter erklärt Europaparlamentarier Erik Marquardt, warum er die Wahl “sehr gut” finde, die Begründung der Jury aus seiner Sicht jedoch den Kern des Problems verfehle.
3. Warum Gegenrede nicht immer funktioniert (netzpolitik.org, Olaf Pallaske)
Ein Forscherteam einer Schweizer Hochschule habe nachgewiesen, dass Hassrede durch Gegenrede reduziert werden kann. Dies gelte jedoch nicht uneingeschränkt und es bleibe offen, ob Gegenrede auch zu einer tatsächlichen Meinungsänderung führen kann. Zudem drohe der sogenannte Backfire-Effekt, eine emotionale Abwehrreaktion, die selbst dann auftrete, wenn die Informationen auf anerkannten Fakten basieren.
4. Zusammenführung: RTL und Gruner + Jahr starten gemeinsam mit 7500 Mitarbeitenden (rnd.de)
Nachdem im Sommer 2021 bekannt wurde, dass RTL weite Teile des Medienkonzerns Gruner + Jahr erworben hatte, ist nun die Zusammenführung der zwei Unternehmen erfolgt. Bei dem erweiterten Unternehmen RTL Deutschland würden nun in Köln, Hamburg, Berlin und an 14 weiteren deutschen Standorten 7.500 Personen arbeiten.
Weiterer Lesehinweis: Bei “DWDL” analysiert Chefredakteur Thomas Lückerath den Zusammenschluss: Gewinner und Verliererinnen der großen RTL-Rochade.
5. Voraussetzung für Rundfunk-Demokratie (tagesspiegel.de, Joachim Huber)
“Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird 2022 ein wegweisendes Jahr. Erst soll die Senderverfassung, sprich Auftrag und Struktur, überarbeitet werden, im zweiten Schritt steht die Reform der Finanzierung von ARD, ZDF und Deutschlandradio an.” Joachim Huber erklärt, was da im Einzelnen auf die Verantwortlichen zukommt.
6. Alle Kosten selbst tragen (taz.de, David Muschenich)
Als Teil eines Filmteams wollte die Journalistin Lea Remmert 2020 die Demonstrationen zum 1. Mai begleiten, als sie von einem Polizeitrupp überrannt und verletzt wurde. Das Resultat: zwei ausgeschlagene Zähne und eine hohe Zahnarztrechnung. Verantwortung dafür wolle jedoch niemand übernehmen, auf den Kosten werde sie wohl sitzen bleiben.
1. So isser nich’, der Ossi (spiegel.de, Sascha Aurich)
Sascha Aurich ist stellvertretender Chefredakteur der “Freien Presse” aus Chemnitz und hat vielleicht deshalb ein besonders feines Gespür für die klischeehafte Berichterstattung vieler westdeutscher Medien über den Osten. In seinem Essay appelliert er: “Den Osten ernst nehmen, nur so kann es gehen. Und zwar nicht die Schreihälse. Sondern die Menschen in der dritten oder vierten Reihe, die nur hinterhertrotten. Und dann vor allem jene, die sich ein anderes, besseres Ostdeutschland wünschen, sich aber nicht mehr aus der Deckung trauen. Sie müssen Gehör finden, ihr Leben muss stattfinden, wenn es um den Osten geht. Der Anspruch auch des SPIEGEL sollte sein: Raus aus den Mustern der Berichterstattung, weg von den üblichen Verdächtigen. Echtes Interesse für den Alltag im Osten. Die Zeit der Zuspitzung ist vorbei, die Wirklichkeit ist krass genug.”
2. Warum kostet eine sexistische Beleidigung 10.000 Euro? (uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 21:03 Minuten)
Das Landgericht Berlin hat entschieden: Roland Tichy muss für eine sexistische Beleidigung in der von ihm verantworteten Zeitschrift “Tichys Einblick” 10.000 Euro Schmerzensgeld an die SPD-Politikerin Sawsan Chebli zahlen. Ist das gerecht? Wie kommt eine solche Summe zustande? Wo sind die Grenzen der Meinungsfreiheit, und darf Satire nicht auch sexistisch sein? Was kostet es, gegen Beleidigungen vorzugehen? Und hilft das Urteil Opfern von Hate Speech? Darüber hat Holger Klein mit der Medienrechtsanwältin Tanja Irion gesprochen.
3. Historikerverband kritisiert “Verfälschung historischer Fakten” (sueddeutsche.de, Jörg Häntzschel)
Beim von ARD und ZDF betriebenen Jugendkanal “Funk” erschien ein Video, das falsche Fakten über Adolf Hitler enthielt. Der Macher des Videos habe seinen Irrtum bereits vor längerer Zeit eingeräumt, doch der Beitrag selbst sei über Wochen unverändert geblieben. Mittlerweile ist das Video gelöscht, vielleicht auch weil sich prominenter Protest seitens des deutschen Historikerverbands regte.
4. Donald Trumps Internetplattform soll im Februar starten (zeit.de)
Nachdem Donald Trump von den großen Social-Media-Plattformen ausgeschlossen wurde, hatte er die Gründung eines eigenen Netzwerks angekündigt. Der Start dieses Projekts mit dem Namen “Truth Social” steht anscheinend in nächster Zeit bevor: Laut Apple sei die dazugehörige App voraussichtlich ab dem 21. Februar verfügbar.
5. Vernachlässigen Medien nicht-akademische Berufe? (deutschlandfunk.de, Brigitte Baetz, Audio: 34:02 Minuten)
Akademikerinnen und Akademiker seien in der medialen Berichterstattung weit stärker vertreten als Nichtstudierte, ganz gleich ob in Talkshowrunden, Krimis, Serien oder Zeitungstipps für Beruf und Karriere. Wie kann ein ausgewogeneres und realistischeres Bild der Arbeitswelt entstehen? Darüber diskutiert ein Deutschlandfunk-Hörer mit dem Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten Armin Himmelrath und Brigitte Baetz aus der “mediasres”-Redaktion.
6. Glaskugelige Kaffeesatzlesereien 2022: Die Trends für das neue Jahr (indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Thomas Knüwer hat turnusgemäß die Glaskugel aus dem Schrank geholt und einen Blick auf mögliche Medienentwicklungen des bevorstehenden Jahres geworfen. Wie immer geht er dabei auch selbstkritisch seine Prognosen des Vorjahres durch.
1. Was tun mit Querdenkern am Weihnachtstisch? (deutschlandfunkkultur.de, Frank Meyer, Audio: 6:16 Minuten)
Was tun, wenn man “Querdenker”, Coronaleugnerinnen oder andere Verschwörungsgläubige in der Bekanntschaft oder Verwandtschaft hat und mit ihnen womöglich das Weihnachtsfest verbringt? Die Autorin Ingrid Brodnig ist Expertin für Verschwörungsmythen und zeigt Strategien auf, wie man mit der Situation am besten umgeht. Weiterer Hinweis: Bei Twitter hat Brodnig ihre fünf wichtigsten Tipps zusammengefasst, in Grafiken umgesetzt von Deutschlandfunk Kultur.
2. Nur nicht hetzen (sueddeutsche.de, Georg Mascolo & Ronen Steinke)
Vom 1. Februar 2022 an gelten für Soziale Netzwerke neue Spielregeln: Dann müssen sie ihnen bekannte Morddrohungen und andere Delikte nicht nur löschen, sondern sie auch dem Bundeskriminalamt anzeigen. Ob es dazu kommt, sei jedoch unklar: Facebook und Google haben Anträge auf einstweilige Anordnung gegen die ihnen auferlegten Pflichten eingereicht. Währenddessen sollen etwa 200 Beamtinnen und Beamte der neu gegründeten Zentralen Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet darauf warten, dass sie mit der Arbeit beginnen können.
3. Wie sagt der Staat Stopp? (zeit.de, Ann-Kathrin Nezik & Götz Hamann)
Telegram ist eigentlich ein Messengerdienst. Die Software besitzt jedoch Eigenschaften, die sie von Konkurrenten wie WhatsApp absetzt: So können dort Chatgruppen eingerichtet werden, die teilweise eine sechsstellige Anzahl von Personen erreichen. Auf diese Weise hat sich bei Telegram eine digitale Parallelwelt für Corona-Leugnerinnen, radikale Impfgegner und Extremisten gebildet. Der Staat schaut dem Treiben bislang relativ ohnmächtig zu, doch das soll sich ändern, unter anderem durch die Installation eines “digitalen Ermittlers”.
4. Eutelsat stellt Verbreitung von RT DE via Satellit ein (meedia.de)
Der Zwist um die Ausstrahlung des russischen Staatssenders RT beziehungsweise dessen deutschsprachigen Programms geht in eine weitere Runde. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg habe mitgeteilt, dass der Satellitenbetreiber Eutelsat das Satellitensignal von RT DE nicht verbreite, da keine gültige Sendelizenz vorliege. Der Sender ist damit, wie zu erwarten, nicht einverstanden: “Wir vertreten den Standpunkt, dass diese Vorgehensweise eine rechtswidrige Druckausübung darstellt, und sind zuversichtlich, dass zuständige Gerichte gegen diese Aktion vorgehen werden.”
5. Die Schwierigkeit, über Unwahrheiten zu berichten, wenn auch die Wahrheit niemanden etwas angeht (uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Die Boulevardjournalistin Tanja May hat viele Jahre für die “Bunte” im Privatleben von Promis und unbeteiligten Dritten herumgestochert und tut dies nun seit einigen Wochen für “Bild”. Boris Rosenkranz kommentiert: “Bei ‘Bild’ läuft es jetzt wie bei ‘Bunte’, wo May zuvor 20 Jahre lang schmutzige Wäsche in die Auslagen räumte: Erst mal wird veröffentlicht, und wenn sich dann jemand beschwert, tja, wird halt gelöscht oder geschwärzt. Klicks und Auflage hat es bis dahin in der Regel schon gebracht.”
6. Exklusiv: Die total reale Wahrheit über Walulis (youtube.com, Walulis Story SWR, Video: 15:51 Minuten)
Die “Walulis”-Redaktion gewährt einen (satirischen) Blick hinter die Kulissen: “Zum Weihnachtsfest gibt es in dieser Folge exklusive Interviews, nie veröffentlichtes Footage und Promi-Gastauftritte. Alles echt, 100% authentisch und mit viel Gefühl – ein Spaß für die ganze Familie!”
2. Boris Reitschuster sieht sich als Opfer (sueddeutsche.de, Anna Ernst)
Boris Reitschuster ist empört darüber, dass die Bundespressekonferenz (BPK), ein Zusammenschluss von Parlamentskorrespondenten, ihn ausgeschlossen hat, und unterstellt allerlei finstere Motive. Was er dabei nicht verrät, ist der Grund für seinen Ausschluss: Reitschuster hat seinen offiziellen Sitz nach Montenegro verlagert, damit sind die Mitgliedschaftsvoraussetzungen der BPK schlicht nicht erfüllt. Noch habe er jedoch 30 Tage Zeit, Einspruch zu erheben.
3. Steffen Klusmann über Reichelt, Relotius und Diversität beim “Spiegel”. (turi2.de, Markus Trantow & Pauline Stahl, Video: 19:28 Minuten)
“turi2”-Chefredakteur Markus Trantow hat sich mit “Spiegel”-Chefredakteur Steffen Klusmann getroffen. Wie hat sich der drei Jahre zurückliegende Fall Relotius auf die Arbeit des “Spiegel” ausgewirkt? Wie ist es um die Diversität des Hauses bestellt? Und wie sieht es bei dem Hamburger Nachrichtenmagazin wirtschaftlich aus?
5. “ak”? ok! (taz.de, André Zuschlag)
Die Hamburger Monatszeitung “analyse & kritik” (“ak”) feiert ihren fünfzigsten Geburtstag. Ein guter Anlass, sich einmal anzuschauen, was sich in dem vergangenen halben Jahrhundert bei der Zeitung alles getan hat.
6. Opfer oder Täter: Versagt die Justiz im Fall Drachenlord? (faz.net, Corinna Budras & Pia Lorenz, Audio: 1:24:09 Stunden)
In der aktuellen Folge des “FAZ”-“Einspruch”-Podcasts sprechen Corinna Budras und Pia Lorenz mit der Gerichtsreporterin Ulrike Löw sowie dem Pressesprecher des Oberlandesgerichts Nürnberg, Friedrich Weitner, über die juristische Aufarbeitung des Falls des Youtubers Rainer W. (“Drachenlord”). Dieser wird seit Jahren von Hatern verfolgt und wurde im Oktober wegen gefährlicher Körperverletzung und anderer Straftaten zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. “Ein empörendes Urteil, das von Unwissen, Unwillen und Unverständnis des Amtsgerichts und der Staatsanwältin zeugt”, wie es Sacha Lobo vor etwa zwei Monaten in seiner “Spiegel”-Kolumne bezeichnete.
Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!
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1. Christian Wulff – der Fall des Bundespräsidenten (ardaudiothek.de, Christopher Jähnert & Kilian Pfeffer, Podcast-Reihe mit sieben Folgen zwischen 17 und 31 Minuten)
Der Fall des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff gleicht einem Politkrimi: Anfangs von vielen Medien hochgejubelt, folgte der Sturz ins Bodenlose. Christopher Jähnert und Kilian Pfeffer haben die Geschichte in einem hörenswerten siebenteiligen Podcast aufgearbeitet, in dem sie sich auch kritisch mit Medien, insbesondere der “Bild”-Zeitung, befassen. Auch der ehemalige “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann und Christian Wulff selbst äußern sich zu den Vorgängen.
2. Wie recherchiert man als Journalist in pädokriminellen Foren? (uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 42:09 Minuten)
Holger Klein hat mit Daniel Moßbrucker darüber gesprochen, wie man als Journalist in pädokriminellen Foren recherchiert. Aus gutem Grund ist dem Gespräch eine Warnung vorangestellt: “In diesem Gespräch zwischen Holger Klein und Daniel Moßbrucker wird sexuelle Gewalt gegen Kinder thematisiert. Einzelne Passagen können verstörend wirken. Weil Moßbrucker über Recherchen zu Foren mit pädosexuellen und pädokriminellen Inhalten spricht, ist dies unausweichlich.”
3. Viel reden, wenig sagen – Sind politische Interviews verzichtbar? (ardaudiothek.de, Christoph Sterz, Audio: 40:54 Minuten)
Es werden viele politische Interviews geführt und veröffentlicht, doch der Erkenntnisgewinn hält sich oft in Grenzen. Welche Rollen Journalistinnen und Journalisten einerseits und Politikerinnen und Politiker andererseits in diesen Gesprächen einnehmen, diskutieren Deutschlandfunk-Redakteur Thielko Grieß, die Medientrainerin Sabine Appelhagen, Christoph Sterz aus der Medienredaktion des Deutschlandfunks (Dlf) und Dlf-Hörer Christoph Diekmann, der sich nicht nur bessere und kritischere Fragen wünscht, sondern vor allem insgesamt weniger Interviews.
4. Olaf Scholz und die Medien: Viele Worte, wenig Inhalt (ndr.de, Daniel Bouhs, Video: 12:45 Minuten)
Olaf Scholz ist bekannt für seinen besonderen Umgang mit Medien und seine ausweichenden Antworten auf konkrete Fragen. Seit seiner Kanzlerschaft zeigt sich Scholz nahbarer, war bei Joko und Klaas zu Gast, hatte Auftritte bei “Bild TV” und im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Daniel Bouhs fragt sich: “Hat Olaf Scholz etwa seine Medienstrategie geändert? Und was bedeutet das für uns Wählerinnen und Wähler?”
5. Kollegiales Streitgespräch über ein AfD-Interview (deutschlandfunk.de, Sören Brinkmann, Audio: 28:12 Minuten)
Nach einem Deutschlandfunk-Interview mit der AfD-Politikerin Beatrix von Storch gab es Kritik von Hörerinnen und Hörern. In einem “kollegialen Streitgespräch” geht die Debatte weiter. Der wegen des Interviews kritisierte Tobias Armbrüster spricht mit Sina Fröhndrich aus der Dlf-Redaktion Meinung & Diskurs sowie mit Stephan Beuting und Sören Brinkmann aus der Medienredaktion über Interviewstrategien und gute Interviewführung.
6. Exposed: Wie Influencer sich an SHEIN verkaufen (youtube.com, Simplicissimus, Audio: 12:05 Minuten)
“Shein ist derzeit der vielleicht schlimmste Modekonzern der Welt. Wie ist er so groß geworden und welche Rolle spielen Influencer dabei?” Das Team von “Simplicissimus” hat einen passenden Vergleich parat: “Shein ist das Polyester-Benzin für TikTok-Modecontent.” Ein interessanter Bericht über eine verstörende Parallelwelt voller Wegwerfklamotten.