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Rügenritt in Sternchenjeans

Dürfen wir vorstellen:

„Georgie“ ist die Kinder-Rubrik der Reitsport-Zeitschrift „St. Georg“ — normalerweise nicht ganz unser Beritt, aber wenn mit einer Redaktion dermaßen die Pferde durchg… okay, zur Sache.

Doch in Wahrheit waren es nicht “Georgie” und die Redaktion von „St. Georg“, die das “herausgefunden” haben, sondern: HKM Sports Equipment.

Denn die Outfits, die Bibi und ihre Freundin Tina im Film tragen, wurden von HKM Sports Equipment gestellt und inzwischen könnt auch ihr euch in Bibi und Tina und eure Pferde in Amadeus und Sabrina verwandeln. Aber wie entsteht eigentlich so eine Kollektion? HKM Sports Equipment erklärt es euch.

Vor allem erklärt HKM Sports Equipment aber, wie umwerfend HKM Sports Equipment doch ist — vier Seiten lang:


Im Laufe des letzten Jahres konnte das HKM-Team immer wieder Einblicke in die Filmwelt erhaschen. Die Darstellerinnen von Bibi & Tina, Lina Larissa Strahl und Lisa-Marie Koroll, haben sogar mal ganz liebe Grüße direkt vom Filmset geschickt. Echt aufregend.

Au ja. Aber der Höhepunkt kommt erst noch.

Im Dezember war es dann so weit: Weltpremiere in Berlin und das Team HKM war mit zwölf Mädels live dabei. Das war mal etwas ganz Besonderes, denn bei der Premiere ebenfalls anwesend waren Schauspieler wie Heino Ferch oder Max von der Groeben. Und die HKMs mitten drin. Während des Films haben sie natürlich immer wieder geschaut, wo Produkte von ihnen verwendet wurden und klar, da waren sie schon ziemlich stolz, als sie die vielen Produkte entdeckt haben.

Auch Teil der Premiere: Die Präsentation der HKM by Bibi & Tina Reitsportkollektion. Das war natürlich ganz besonders aufregend für die HKM-Mannschaft und eigentlich beinahe der wichtigste Teil – ähnlich wie die entscheidende Germany‘s Next Topmodel-Frage, ob Heidi ein Foto für die Kandidatin hat. Hier stellte sich die Frage: Wie kommt die Kollektion bei den kleinen Reiterinnen an? Hat sich die monatelange Arbeit und das Herzblut gelohnt, das hineingesteckt wurde? Gefallen Sternchenjeans in blau und Oversizeblouson in knallrot den Bibi & Tina Fans?

Antwort: Ja, HKM, wir haben ein Foto für Dich! Da waren Freude und Erleichterung bei allen Beteiligten natürlich groß.

Und was noch toller ist: Auch in jenen Ländern, in denen Bibi & Tina gar nicht jeder kennt (stellt euch vor, das gibt‘s!), HKM aber viele Kunden hat, kommt die Kollektion toll an. Und wer freut sich nicht über zufriedene Kunden?!

Übrigens apropos Inspiration – die Begeisterung für das „voll verhexte“ Bibi & Tina Outfit hat Desginchef Stefan und sein Team zur Entwicklung von „Little Sister“ inspiriert, einer neuen Kollektion für die kleine Reiterin, die ab Herbst 2015 erhältlich sein wird.

Übrigens apropos Begeisterung. Der Deutsche Presserat zeigte sich weniger angetan von dieser Schleichwerbung und sprach eine Rüge gegen „St. Georg“ aus.

Es war bei Weitem nicht der einzige Schleichwerbetext, der vom Presserat gerügt wurde. Wir sind zwar etwas spät dran (die Sitzung fand im September statt), wollen uns die Geschichten aber trotzdem noch etwas genauer anschauen.

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Da wäre zunächst dieser Artikel, erschienen in der “Rheinischen Post”:

Eine Bank, die Kredite vergibt? Hammer!

Das Kleveblog (das uns freundlicherweise auch das Foto zur Verfügung gestellt hat) schreibt dazu:

Im Text, Bestandteil des redaktionellen Angebots und nicht als Anzeige gekennzeichnet, heißt es: „DieVolksbank Kleverland stellt ihren Kunden Kunden [sic!] für private Anschaffungen schnell und unkompliziert Darlehen zur Verfügung. Der Wunschbetrag kann dabei bis 75000 Euro betragen.“ Kundenberater Benjamin Brüschke sagt: „Wofür der Kunde den Kredit braucht, spielt dabei gar keine Rolle“. Hey, it’s so easy, nehmt die Kohle! Der junge Mann posiert auch für das Foto, vor einem üppigen Mercedes und mit einem Easy-Credit-Plakat in der Hand, das ein Pärchen zeigt, welches fröhlich verkündet: „Unser Kredit, so individuell wie wir“.

Diese „ausschließlich positive und völlig unkritische“ Berichterstattung der „Rheinischen Post“ sei „nicht von öffentlichem Interesse“ gewesen und habe „deutlich die Grenze zur Schleichwerbung“ überschritten, urteilte auch der Presserat und sprach eine Rüge aus.

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Gerügt wurden auch die „Westfälischen Nachrichten“. Die Zeitung hatte im Rahmen einer „Medienpartnerschaft“ drei redaktionelle Beiträge über Unternehmen und ihr Angebot veröffentlicht. Beigestellt waren den Artikeln Anzeigen der Unternehmen. Auch hier erkannte der Presserat Schleichwerbung.

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Die „Leipziger Volkszeitung“ wurde gerügt, weil sie auf der Titelseite auf eine werbliche Veröffentlichung im Innenteil hingewiesen hatte (es ging um Navigationsgeräte). „Ein solcher Querverweis ist mit der erforderlichen klaren Trennung von Redaktion und Werbung nicht vereinbar“, befand der Presserat.

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Ebenfalls wegen Schleichwerbung gerügt wurde „Sonntag Aktuell“. Das Blatt hatte, so der Presserat, „25 ausgewählte Urlaubshotels vorgestellt und dabei auch werbliche Formulierungen verwendet. Im Umfeld der Artikel wurden zudem zwei redaktionell gestaltete Anzeigen veröffentlicht, die mit ‘Sonderveröffentlichung’ gekennzeichnet waren. Dieser Begriff ist jedoch nicht geeignet, die Werbung für den Leser klar als solche erkennbar zu machen”.

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Eine Rüge ging auch an „L.A. Multimedia“. Die „Zeitschrift für den Einsatz von Multimedia, EDV, IT und Kommunikationstechnologien in Schulen“ (Eigenbeschreibung) hatte „unter anderem in werblicher Sprache über IT-Produkte berichtet und dabei jeweils einen bestimmten Hersteller bzw. Anbieter hervorgehoben“, wie der Presserat schreibt. „Zudem enthielten die Artikel Hinweise auf die Web-Seiten der Unternehmen. Einer der Artikel war sogar von einem leitenden Mitarbeiter eines Herstellerunternehmens verfasst worden.“ Der Presserat beurteilte auch diese Artikel als Schleichwerbung.

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Auch Bild.de bekam eine Rüge. Nicht wegen Schleichwerbung, sondern “wegen einer unangemessen sensationellen Darstellung eines grausamen Unfalls”. Der Presserat schreibt:

Die Redaktion hatte ein Video veröffentlicht, das zeigt, wie Sportler der European Games von einem Bus angefahren werden. Sie erlitten zum Teil schwere Verletzungen.

Im Video wird mehrfach der Moment des Aufpralls gezeigt. Diese Wiederholung des Unfallmoments geht über ein öffentliches Interesse hinaus, die Grenze zur Sensationsberichterstattung nach Ziffer 11 des Pressekodex wird überschritten, bewertete der Presserat.

Inzwischen hat Bild.de das Video geändert; jetzt ist der Aufprall nur noch einmal zu sehen. Natürlich mit vorgeschalteter Werbung.

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Negativer Spitzenreiter war diesmal allerdings „Focus Online“, das gleich drei Rügen kassierte. Einen für diesen Artikel:

„Man fühlt sich nicht wie beim Einkaufen, sondern wie bei Freunden.“ So oder so ähnlich beschreiben viele Frauen die angenehme Einkaufsatmosphäre, für die schon einmal extra Meilen zurückgelegt werden. Statt vollgestopften Regalschluchten in irrgartenartigen Minifilialen sind alle dm-Läden stets aufgeräumt sowie hell und freundlich gestaltet.

In den breiten Gängen kann man mühelos mit dem Einkaufs- oder Kinderwagen manövrieren. Gerade junge Mütter wissen diese Breite des Raumes zu schätzen, auch weil der Nachwuchs mit seinem eigenen Kindereinkaufswagen nicht alle drei Sekunden irgendwo anstößt.

Ein weiterer Pluspunkt: die schräg stehenden, niedrigen Regale ermöglichen selbst kleinen Frauen einen guten (Über-) Blick auf die Produkte.

Toll. Und das war erst Punkt 1 („Die Atmosphäre“). Es folgen acht weitere Lobeshymnen — „Das Lebensgefühl“, „Das Personal“, „Die Beratung“, „Das Angebot“, „Die Eigenmarken“, „Die Transparenz“, „Die Nachhaltigkeit“, „Die Ideologie“ — und nicht ein einziges kritisches Tönchen.

„Focus Online“ argumentierte zwar, „es handle sich zwar um einem wohlwollenden, aber keinen werblichen Beitrag, da keinerlei Vergünstigung für die Redaktion daraus entstand“, dem folgte der Presserat allerdings nicht.

Die zweite Rüge bekam „Focus Online“ für einen Artikel mit der Überschrift:

Dahinter verbarg sich dieses Video (BILDblog berichtete):

„Focus Online“ schrieb:

Eine ganz normale Straßensperre in Russland: Ein Auto wird aufgehalten, weil es nur einen funktionierenden Scheinwerfer hat. Während der Polizist noch mit dem Fahrer redet, taucht plötzlich ein Rudel Wölfe aus dem nichts auf. Gerade noch kann sich der Polizist retten.

Die “Maßnahmen” des Presserates:

Hat eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein dazugehöriger Internetauftritt gegen den Pressekodex verstoßen, kann der Presserat aussprechen:

  • einen Hinweis
  • eine Missbilligung
  • eine Rüge.

Eine “Missbilligung” ist schlimmer als ein “Hinweis”, aber genauso folgenlos. Die schärfste Sanktion ist die “Rüge”. Gerügte Presseorgane werden in der Regel vom Presserat öffentlich gemacht. Rügen müssen in der Regel von den jeweiligen Medien veröffentlicht werden. Tun sie es nicht, dann tun sie es nicht.

Was die Redaktion nicht erwähnte: Das Video ist ein vier Jahre alter Fake und wurde als Teil einer Wodka-Werbekampagne verbreitet.

Darin sah der Presserat „einen schwerwiegenden Verstoß gegen das in Ziffer 1 des Pressekodex festgeschriebene Gebot zur wahrhaftigen Unterrichtung der Öffentlichkeit.“

Eine dritte Rüge bekam „Focus Online“, weil das Portal über den Suizid eines Mädchens berichtet und dabei den vollen Namen genannt und ein Foto des Mädchens gezeigt hatte. Die Rüge bezieht sich dabei explizit nur auf den Facebook-Auftritt von „Focus Online“ (vermutlich, weil nur dazu – und nicht zum Artikel selbst – eine Beschwerde eingegangen war). Der Presserat schreibt: „Die in Richtlinie 8.7 geforderte Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Selbsttötung wurde hier grob missachtet.“

***

Neben den zehn Rügen sprach der Presserat auch 19 Missbilligungen aus. Sechs davon gingen an Bild.de.

In diesem Fall hatte “Bild”, wie so häufig, wenn es von grausamen Unfällen keine grausamen Fotos gibt, eine grausame Zeichnung anfertigen lassen — und verstieß damit gegen Ziffer 11 des Pressekodex (“Die Presse verzichtet auf eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt, Brutalität und Leid”).

So auch in diesem Fall:


Für beide Zeichnungen erhielt Bild.de Missbilligungen; die mit der Straßenbahn wurde inzwischen gelöscht, die mit der Statue ist weiterhin online.

Eine weitere Missbilligung gab es für diesen Artikel:

(Unkenntlichmachung der Frau von uns.)

Bild.de hatte das Gesicht der Frau nicht verpixelt — ein Verstoß gegen Ziffer 8 (Schutz der Persönlichkeit). Das Foto ist übrigens immer noch unverändert online.

Ebenfalls missbilligt wurde dieser Artikel:

Darin zeigt Bild.de mehrere (Agentur-)Fotos der Opfer ohne jede Unkenntlichmachung. Auch hier erkannte der Presserat einen Verstoß gegen Ziffer 8. Und auch diese Fotos sind immer noch online.

Auch dafür gab es eine Missbilligung. Das Foto verstoße gegen die Ziffern 1 (Achtung der Menschenwürde) und 11 (Sensationsberichterstattung).

Missbilligt wurde schließlich auch dieser Artikel:

Darin zeigt Bild.de ein Video (auch das ist nach wie vor online), auf dem ein hilfloser Mann immer wieder getreten und geschlagen wird. Damit verstößt das Portal nach Auffassung des Presserats gegen Ziffer 11, weil der Leser die Möglichkeit habe, unmittelbar bei der Gewalttat dabei zu sein. Außerdem erhöhe dies das Risiko von Nachahmungen.

Darüber hinaus sprach der Presserat auch zwei “Hinweise” gegen “Bild” bzw. Bild.de aus. Einen wegen des (inzwischen entfernten) Emotions-Tools, mit dem die Online-Leser auch bei den unpassendsten Gelegenheiten “Lachen” konnten:

Der Presserat erklärte, es schade dem Ansehen der Presse, “wenn ein Medium bei einem Beitrag, der sich mit einer Gewalttat gegen einen Menschen beschäftigt, den Usern die Möglichkeit eröffnet, den Artikel mit einer Emotion wie ‘Lachen’ zu bewerten” (siehe dazu auch hier und hier).

Der zweite Hinweis ging an die gedruckte “Bild”-Zeitung, weil sie ein Mädchen, das zunächst vermisst worden aber dann wieder aufgetaucht war, auch nach dem Auftauchen unverpixelt gezeigt hatte:

Eine Rüge, sechs Missbilligungen, zwei Hinweise — da können die Leute von “Bild” ja wieder richtig stolz auf sich sein.

Gegen Recht und Ordner

In Deggendorf steht seit heute eine 47-jährige Frau vor Gericht, weil sie ihren Mann wenige Monate nach der Hochzeit erstochen haben soll. Viele Medien berichten über den Prozess. Bebildert sind die Artikel in den meisten Fällen so:


(br.de)


(welt.de)


(pnp.de)

Voll gemein mit diesem Aktenordner. Da hat man ja kaum eine Chance, die Persönlichkeitsrechte der Frau zu verletzen!

Doch zum Glück war “Bild”-Reporter Jörg Völkerling zur richtigen Zeit in der richtigen Position:

(Unkenntlichmachung von uns.)

Mit Dank an Boris R.

Nachtrag, 1. Dezember: In der Print-Ausgabe hat “Bild” der Frau einen schwarzen Augenbalken spendiert.

Nachtrag, 4. Dezember: … und online ist sie nun doch verpixelt.

Wer Hass sät

“Bild” hat also beschlossen, noch ein wenig im Mittelalter zu verweilen.

So viel offener Hass war noch nie in unserem Land! Und wer Hass sät, wird Gewalt ernten. (…) BILD reicht es jetzt: Wir stellen die Hetzer an den Pranger!


(Alle Unkenntlichmachungen von uns.)

So präsentiert “Bild” heute knapp 40 Kommentare von Facebook (ganz prangermäßig natürlich samt Fotos und Namen der Verfasser). Zum Beispiel von Marco W.:

Verpisst euch aus Deutschland

Oder von Waldemar B.:

An die Wand,mit dem Dreckspack.

Oder von von Silvio B.:

Sind wir nicht alle ein bisschen Nazi

Dazu erklärte “Bild”-Chef Kai Diekmann heute:

Man kriegt Angst, wenn man sich dieser Tage die Nachrichten anschaut. Eine Politikerin, die sich für Flüchtlinge einsetzt in Köln, wird einfach abgestochen, niedergestochen. Da gibt es Demonstrationen, da laufen Leute rum mit selbstgebastelten Galgen, an denen Politiker hängen. Und das alles hat angefangen mit diesen Hass-Posts, mit diesen Hass-Tweets in den sozialen Medien. Und da gilt einfach, wir sehen es jetzt: Wer Hass sät, der wird Gewalt ernten. Das können wir nicht zulassen, da müssen wir „Halt, Stopp!“ rufen. Da wird ein Klima erzeugt, was wir nicht wollen. Und deshalb ist es richtig, diese Leute, die glauben, hier mit ihrem Gesicht diesen Hass, diesen Rassismus verbreiten zu müssen – die müssen wir an den Pranger stellen.

Die eigentliche Frage lässt er allerdings unbeantwortet: Warum „Bild“ die Hetzer an den Pranger stellt. Was soll das bewirken? Dass die 40 Abgebildeten jetzt stellvertretend für all die Dumpfnasen sozial geächtet, von ihrer Familie verstoßen und von ihrem Boss gefeuert werden? Oder dass sich die rechtschaffenden Leser dazu aufgefordert fühlen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen?

Der Medienanwalt Christian Solmecke hat die Aktion heute stark kritisiert. In einer Pressemitteilung schreibt er, „Bild“ hätte die Fotos und Nachnamen verpixeln müssen:

Unabhängig davon welche Straftat möglicherweise durch ein Bürger begangen wurde, gilt immer noch die Unschuldsvermutung. Dieses Prinzip gehört zu den fundamentalen Grundlagen unseres Rechtsstaates und wird durch einen solchen undifferenzierten Internetpranger mit Füßen getreten. Hinzukommt, dass die Verfolgung von Straftaten ausschließlich den zuständigen Behörden zukommt. Wer die Namen potentieller Straftäter veröffentlicht, verurteilt diese, bevor die Strafverfolgungsbehörden überhaupt Ermittlungen aufgenommen haben. Dies widerspricht unserem Rechtssystem und greift tief in die Grundrechte der einzeln aufgeführten Personen ein.

Gerade diejenigen, „die zwar moralisch verwerfliche Kommentare von sich geben, jedoch die Grenze der Strafbarkeit noch nicht erreichen“, würden „besonders stark in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt“, schreibt Solmecke. Das Gleiche gelte für jene, die einen ähnlichen Namen tragen „und durch die Berichterstattung nun mit rechtswidrigen Äußerungen in Verbindung gebracht werden“.

Beim Presserat sind schon die ersten Beschwerden eingegangen, was in den Springer-Chefetagen freilich nur für eines sorgte:

Aber zurück zu den Hetzern, also denen bei Facebook.

Angefangen habe alles „mit diesen Hass-Posts, mit diesen Hass-Tweets in den sozialen Medien“, sagt Kai Diekmann. Aber das ist nicht ganz richtig.

Ab ins Arbeitslager, und die Alte gleich mit !!!

Garnicht erst reinlassen diesen Abshaum
raus aus der EU und die Grenzen wieder dicht !!!

Die Familie sofort abschieben, meine Steuern sind mir zu Schade für solche Menschen, der wird sonst sein Leben lang auf Kosten der anderen leben. Kein Wunder, wenn die Deutschen immer mehr nach rechts rucken, so kann es nicht weitergehn!!!

Diese Hass-Botschaften sind nicht bei Facebook oder Twitter veröffentlicht worden, sondern in der Kommentarspalte von Bild.de. Und sie waren auch nicht der Anfang, sondern eine Reaktion – auf diesen Artikel:

Dass die beiden in Wirklichkeit Deutsche sind, haben die „Bild“-Medien damals natürlich verschwiegen. Dort war nur von „Roma“ die Rede.

Und dieses Pack füttert der Steuerzahler durch, sofort dort hin wo sie hin gehören.
Sehe es auch so, dass später nur krumme Dinger gedreht werden. Haben doch genug von den Romas in Deutschland Der größte Teil ist wie die oben genannte Sippe. Ein Kind nach dem anderen kriegen. Geld kassieren und nicht arbeiten.

Viele solcher Hass-Posts kamen nicht aus dem Nichts. Sie kamen, weil „Bild“ sie provoziert hat.

Das ist unser D E U T S C H L A N D!!!
Wir, das Volk sollte mitbestimmen dürfen, wen wir hier reinlassen oder nicht!
Ich möchte nicht, mit einer S&W Cal .357 schlafen, bzw. jeden Tag draussen rum laufen müssen,
aus Angst wegen ein paar Cent ausgeraubt zu werden!
Aber, ich denke, das ist so gewollt mit der Unterwanderung anderer Völker in Deutschland.
Siehe I. und II.WK!

Ich bin nur noch traurig. Haben diese Richter keine Verantwortung oder Gespür für das deutsche Volk.
Wer hier schreib es gibt keine Menschen erster od. zweiter Klasse gibt, hat eigentlich recht. Mitlerweile komme ich mir, als hier geborener,also echter Inländer, schon vor wie in der dritten Klasse.

[…] jetzt müssen wir noch Rumänen und Bulgaren, die arbeitsscheu sind unterstützen. Für einen Normalverdiener mit Kindern ist es doch jetzt schonj uninteressant in die Arbeit zu gehen. […] Aber für Asylanten und sonstige haben wir scheinbar genug Geld. Armes Deutschland.

Diese Kommentare sind erschienen, weil „Bild“ geschrieben hatte:


Dabei war das nur ein winziger Teil der Wahrheit. Das Urteil bezog sich nämlich nicht nur auf Rumänen und Bulgaren, sondern auf alle EU-Bürger, die in Deutschland leben und keinen Job finden, völlig unabhängig davon, aus welchem EU-Land sie kommen.

Nächstes Beispiel.

Solche Dreckspatzen sollte man verrecken lassen!!!!!!!

Großes Schiff. Care-Paket für die Reise, Bundeswehr“reisebegleiter“ mit genügend Waffen im Anschlag und gute Heimreise. Ganz einfach.
Wer tatsächlich vor Krieg und Tot fliehen MÜSSTE, benimmt sich nicht so , sondern würde vor Dankbarkeit den ganzen Tag arbeiten und fleißig deutsch lernen, um sich möglichst schnell in die Kultur und Gesellschaft einzubringen und anzupassen…!

Gleich eine Injektion aufziehen mit Fentanyl und Dormicum dazu noch ein bißchen Lidocain und fertig..

All das sind Reaktionen auf den „Bild“-Artikel, in dem behauptet wird, Rettungssanitäter in Bautzen müssten jetzt Schutzwesten tragen – „aus Angst vor Attacken im Asyl-Hotel“. Was überhaupt nicht stimmt.

Nächstes Beispiel.

Der deutsche Steuerzahler blecht dafür, dass brutale Ausländer in Deutschland sicher leben können, muss aber damit rechnen, von ihnen verprügelt zu werden!

Ah, nee. Das stammt von „Bild“ selbst.

Diese hier aber …

bekomme ein immer größeren Hass auf den rückständigen sch**** Islam, und das ist auch gut so. Lange lebe PEGIDA. Und Gauck, du Urmel aus dem Eis, gehe dahin wo die Baumwollpflücker leben….over and out.

WIE BESCHEUERT UND VERRÄTERISCH GEBEN SICH DIESE ISLAM-ARSCHKRIECHER NOCH BEI DER ABSCHAFFUNG UNSERER KULTUR UND UNSERER WERTE?!

Und genau darum bin ich dabei, genau darum werde ich im Neuen Jahr weiter argumentieren, mich streiten, mit linkem PACK anlegen, demonstrieren, zum N.A.S.I gemacht, und ich werde es aushalten, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Und der Gemeinde noch ein schönes Weihnachtsfest !

… sind ebenfalls Reaktionen auf einen zurechtgebogenen „Bild“-Artikel, in dem das Blatt behauptete, Politiker würden „fordern“, dass im christlichen Weihnachtsgottesdienst muslimische Lieder gesungen werden.

Eine Idee, die in Wahrheit von „Bild“ kam, nicht von den Politikern.

Es gibt unzählige solcher Beispiele: Islam-Rabatt, Weihnachtsmarktverbot, Sonne-Mond-und-Sterne-Fest, Schnitzelkrieg, Moslem-Feiertag, Sarrazin, Ehrenmorde, Roma, Griechen, kriminelle Ausländer und so weiter und so weiter. Seit Jahren verschweigen die „Bild“-Medien bei diesen Themen entscheidende Tatsachen, sie verdrehen die Fakten zu knalligen Schlagzeilen, sie tricksen und lügen, sie heizen die Stimmung an, sie säen den Hass, über den sie sich heute empören.

Oder anders:

Mit Dank auch an Saskia K., Geesje R., Thomas R., Christian B. und bluspot.

Siehe auch:

Wie „Bild“ Ausländerfeindlichkeit fördert
Wie „Bild“ den Hass gegen Flüchtlinge schürt
„BILD lässt Vorurteile wachsen“

Galgen und Pranger

Dieses Foto hat vergangene Woche viel Empörung ausgelöst.

“Bild” schickte gleich jemanden auf die Jagd nach dem “Galgen-Mann”, und siehe da:

Ein heruntergekommenes Mehrfamilienhaus. Die Wohnung liegt im Erdgeschoss. Alles wirkt trist. Der BILD-Reporter klingelt – nach wenigen Sekunden öffnet Bernd A. in Jogginghose und T-Shirt.

Und genau so — in Jogginghose und T-Shirt an seiner Wohnungstür — präsentierte “Bild” den Mann am Samstag groß und unverpixelt in der Bundesausgabe (und online gegen Bezahlung).

(Unkenntlichmachung von uns.)

Die Fotos wurden der Perspektive nach aus Hüfthöhe aufgenommen. Den Namen des Fotografen geben “Bild” und Bild.de nicht an.

In einem Interview mit dem rechtspopulistischen Magazin “Compact” (ab Minute 6:00) sagt der Mann, die Fotos seien “still und heimlich” gemacht worden und obwohl es “eindeutig untersagt war, dass da Fotos gemacht werden”.

Bevor hier Missverständnisse aufkommen (Herr Reichelt, gut aufpassen): Es geht nicht um den Galgen, der war schäbig und hatte mit “Satire”, wie es der Mann nennt, nichts zu tun. Es geht darum, dass auch besorgte Flachzangen Grundrechte haben.

Die ungenehmigte Veröffentlichung von Fotos, die den Abgebildeten in seinem Privatbereich zeigen, verletzt grundsätzlich dessen Persönlichkeitsrecht. Das gilt auch für Personen, die aufgrund ihres Ranges oder Ansehens, ihres Amtes oder Einflusses, ihrer Fähigkeiten oder Taten besondere öffentliche Beachtung finden. (Udo Branahl: Medienrecht, 2009, siehe auch: § 201a StGB)

Ein öffentliches Informationsinteresse an seinem Aussehen besteht ohnehin nicht, zumal “Bild” und Bild.de schon am Mittwoch Fotos von der Demo veröffentlicht hatten, auf denen sein Gesicht zu sehen war.

Die “Bild”-Medien zeigen aber nicht nur Fotos, sie schreiben auch, wo der Mann wohnt, welchen Beruf er ausübt, welche Seiten er bei Facebook “mit ‘Gefällt mir’ angeklickt” hat, welche Musik er mag, welche Kommentare er geschrieben und welche Fotos er gepostet hat. Sie stellen ihn bloß, in Jogginghose und T-Shirt, als wäre ein medialer Pranger zielführender als ein symbolischer Galgen.

Nachtrag, 12. April 2016: Der Presserat hat die Veröffentlichung der Fotos für unzulässig erklärt.

Alkohol im Dienst


Danke an Jürgen N.

***


Danke an Martina S.

***


Danke an Johannes P.

***

Was man in Kirchen nicht alles findet …

Danke an Juri B.

***


(Unkenntlichmachung durch uns.)

B.Z.  

Das sind KEINE schlechten Journalisten!

Da hatte die “B.Z.” für ihre Titelseite am Mittwoch aber eine freche Idee:


(Unkenntlichmachung des Gesichts im Original, zusätzliche Unkenntlichmachung von uns.)

Die angekündigte Gegendarstellung gab es dann auf Seite 6:

Gegendarstellung

In der B.Z. vom 22.05.2015 verbreiten Sie auf S. 6 unter der Überschrift “Berlins Unterwelt trauert um ihre Paten” unter Bezugnahme auf einen Polizeibeamten: “… Mohammed A. sei ein bekannter Zuhälter von der Kurfürstenstraße.“

Hierzu stelle ich fest: Ich bin kein Zuhälter und war es auch noch nie.

Berlin, den 30.05.2015 – Mohamad Aref

Der “B.Z.”-Clou mit der Titelseite: Die Rechtsanwältin und ihren Mandanten ärgern, gleichzeitig aber der Verpflichtung zum Abdruck der Gegendarstellung nachkommen. Oder wie Chefredakteur Peter Huth in der heutigen Ausgabe schreibt:

Die ungewöhnliche Titelseite vom 16. September sollte einerseits den rechtlichen Anspruch von Aref erfüllen, ihn aber auch in Relation zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft bringen. Wenn wir das nicht getan hätten, wären wir schlechte Journalisten.

Und das sind sie bei der “B.Z.” ja nicht. Aber: Huth schreibt zu der Titelseitenaktion auch:

Das gab (erwartungsgemäß) Ärger — daher musste die Gegendarstellung in der gestrigen Ausgabe noch einmal gedruckt werden.

Also, gestern in der “B.Z.” — dieses Mal mit der “Anmerkung der Redaktion”, dass Aref recht habe:

Gegendarstellung

In der B.Z. vom 22.05.2015 verbreiten Sie auf S. 6 unter der Überschrift “Berlins Unterwelt trauert um ihre Paten” unter Bezugnahme auf einen Polizeibeamten: “… Mohammed A. sei ein bekannter Zuhälter von der Kurfürstenstraße.“

Hierzu stelle ich fest: Ich bin kein Zuhälter und war es auch noch nie.

Berlin, den 30.05.2015 – Mohamad Aref – Anmerkung der Redaktion: Mohamad Aref hat recht.

Damit war die Gegendarstellung abgehakt — die Geschichte aber noch nicht zu Ende. Denn auf der Titelseite am Mittwoch war der Abgebildete nicht nur “KEIN Zuhälter”, sondern auch nicht Mohamad Aref.

Daher sieht die heutige “B.Z.”-Ausgabe so aus:

Und Chefredakteur Peter Huth muss erklären:

WIR HABEN EINEN FEHLER GEMACHT.

Ein Leser und dann auch Frau Bezzenberger wiesen uns darauf hin, dass die Person, die wir gezeigt haben, nicht Aref ist.

Wie konnte das passieren?

Die BZ erreichen täglich Hunderte Fotos von Fotografen. Diese zu archivieren, erfordert eine hohes Maß an Konzentration und Arbeit. Dabei kam es zu einer Verwechslung, für die wir uns bei der gezeigten Person ausdrücklich entschuldigen wollen. Der auf der Titelseite gezeigte Mann hat nichts mit der aktuellen Anklage gegen Mohamad Aref und den Vorwürfen zu tun.

Gestern forderte uns Rechtsanwältin Bezzenberger im Namen ihres Mandanten auf, den Sachverhalt mit der Fotoverwechslung richtigzustellen. Dieser Bitte kommen wir natürlich nach.

Mit Dank an Joshi!

Das wird man ja wohl noch zeigen dürfen!

Die “Bild”-Medien trommeln heute mal wieder kräftig in eigener Sache.

“Das bringt nur BILD”, so lautet der Slogan der großen PR-Kampagne, deren ganzer Wahnsinn sich schon an diesem Video erahnen lässt:

Die Kampagne findet, wie der Axel-Springer-Verlag verkündet:

auf allen analogen und digitalen Kanälen statt. Sie beinhaltet Print- und Online-Motive, Out-of-Home-Plakate und -Kurzvideos, einen Kino- und TV-Spot sowie verschiedene Funk-Spots.

Und auf redaktioneller Ebene das hier:

Eine (nicht ganz neue) Aktion, mit der das Blatt heute viel Aufmerksamkeit erregt hat. „Bild“ schreibt:

Wir wollen damit zeigen, wie wichtig Fotos im Journalismus sind. Und dass es sich lohnt, jeden Tag um das beste Foto zu kämpfen!

Denn Fotos können beweisen, was Mächtige verstecken wollen. Sie wecken Emotionen in uns. Sie zeigen schöne Momente, aber auch grausame. Sie lassen uns mit anderen Menschen mitfühlen. (…)

Darum steht BILD immer wieder für die Veröffentlichung umstrittener Fotos ein – oft gegen harte Widerstände. Die Welt muss die Wahrheit sehen, um sich zu verändern.

So etwas sagen die Menschen von „Bild“ gern, wenn es um die „Veröffentlichung umstrittener Fotos“ geht. Man müsse die Wahrheit „ungeschönt“ zeigen, man müsse die Geschichten und Gesichter der Opfer (und Täter) abbilden, um „die Tragik“ eines Ereignisses „fassbar“ zu machen.

In den meisten Fällen geht es dann aber nicht um solche Fotos, die „Bild“ in dem Artikel als Beispiele anführt — das des Mädchens, das im Vietnamkrieg vor einer Napalm-Wolke flieht und das des ertrunkenen Flüchtlingsjungen am Strand von Bodrum, bei denen es tatsächlich nachvollziehbare Gründe für eine Veröffentlichung gibt –, sondern um Fotos, die nicht als Symbolbilder um die Welt gegangen sind. Fotos, auf denen Menschen hilflos sind oder trauern oder sterben, Fotos von Menschen, die Schlimmes getan haben oder die nur zufällig Teil eines tragischen Geschehens wurden, über das die „Bild“-Zeitung unbedingt unverpixelt berichten muss.

Solche Fotos:

Oder solche:

Oder solche:

So sieht der Umgang mit „umstrittenen Fotos“ bei der „Bild“-Zeitung tagtäglich aus: „Mutig“ und „ungeschönt“, trotz all der „harten Widerstände“ durch den politisch korrekten Verpixelungswahn dieser Gutjournalisten. Alles im Sinne der „Wahrheit“. Und letztlich im Sinne der „Schwachen“, wie „Bild“-Online-Chef Julian Reichelt erklärt:

Diese BILD-Ausgabe ohne Fotos ist eine Verneigung vor der Kraft der Fotos. Ohne Fotos wäre die Welt noch ignoranter, wären die Schwachen verloren, unsichtbar. Ohne Fotos blieben viele Verbrechen nicht nur ungesühnt – sie würden nicht einmal erinnert. Fotos sind der Aufschrei der Welt.

Und wer meint, die „Bild“-Zeitung mache die Opfer eines Unglücks oder Verbrechens zum zweiten Mal zu Opfern, wenn sie irgendwo private Fotos von ihnen auftreibt oder Fotos, auf denen sie blutüberströmt auf der Straße liegen, und diese dann groß und unverpixelt und ohne Erlaubnis abdruckt, der irrt natürlich gewaltig:

Immer wieder – auch jetzt – hören wir die Forderung, Fotos gar nicht oder nur verpixelt zu zeigen, weil sie menschliches Leid zu drastisch dokumentieren, weil sie Menschen „ihre Würde nehmen“ würden.

Dieses Argument übersieht immer wieder den wichtigsten Punkt: Nicht das Foto stellt die würdelose Situation her, sondern der Krieg oder die Ignoranz der Politik oder unsere Feigheit davor einzuschreiten. Das Foto dokumentiert bloß die Welt. Die Welt ist nicht verpixelt. Wir haben kein Recht darauf, es uns leicht zu machen, wenn Unrecht geschieht. Wir müssen uns zwingen hinzusehen. Der Schmerz, den wir beim Anblick von Leid empfinden, hat nicht das leiseste Recht, sich gleichzumachen oder auch nur zu vergleichen mit dem Schmerz der Abgebildeten.

Der Gedanke, dass auch die Abgebildeten Rechte haben, das Recht am eigenen Bild zum Beispiel, und dass eine Verletzung dieser Rechte ebenfalls Schmerz auslösen kann, ist Julian Reichelt bei seiner Argumentation wohl nicht gekommen, aber er hat ja auch schon genug damit zu tun, sich ständig um die Angehörigen der Abgebildeten zu sorgen:

Das twitterte der Bild.de-Chef vor ein paar Wochen, kurz nachdem die Leiche eines entführten und ermordeten Mädchens entdeckt worden war.

Und weil Reichelt und sein Team den Angehörigen mit einer möglichst unverpixelten Berichterstattung ja im Grunde nur helfen, dokumentieren sie seither akribisch die grausamen Details des Verbrechens, zeigen die Fotos, auf denen das Mädchen in einem Leichensack weggetragen wird, veröffentlichten ihre Todesanzeige und mehrere Fotos von ihrer Beerdigung, fotografierten ihr Grab aus verschiedenen Perspektiven und präsentieren konsequent in jedem Artikel mindestens ein Bild von ihr ohne jede Unkenntlichmachung, „mutig“ und „ungeschönt“ eben, denn es geht ja um die Wahrheit und darum, das Leid „fassbar“ zu machen.

Fotos von Verbrechensopfern, von Leichen, von Menschen, die ums Überleben kämpfen, die von Geiselnehmern oder Vergewaltigern erniedrigt werden, all das zeigt die Zeitung, aber schließlich ist sie ja auch der Chor des Lebens!

So wie es in der griechischen Tragödie des Chors bedarf, der das, was der Zuschauer sieht, beweint, braucht das Leben, braucht das Land jemanden, der es beklagt und besingt.

BILD ist dieser Chor.

… trällert Alexander von Schönburg heute in seinem Beitrag zur „Bild“-Eigen-PR-Kampagne, in dem er vor allem den „einzigartigen Erfolg“ von “Bild” besingt.

BILD zielt nicht nur auf den Verstand, sondern tiefer. Aufs Herz.

Insofern hat BILD die Kernidee seines Gründers doch bewahrt. Er schuf eine Zeitung, die unmittelbarer mit dem Leser kommuniziert.

Ein Beispiel:

Jede Zeitung der Welt druckte das Foto von Willy Brandts historischem Kniefall 1970 in Warschau. Aber nur in BILD wurde beschrieben, wie ihm Tränen in die Augen schossen.

Gut, und in der “Süddeutschen Zeitung”.

Ein Alleinstellungsmerkmal gab’s damals aber dennoch: Nur der damalige Chefredakteur von „Bild“ polterte kurz nach dem Kniefall:


Aber das erwähnt Alexander von Schönburg in seiner „Bild“-Hymne natürlich genauso wenig wie die spätere Verwendung des Kniefall-Fotos durch “Bild” – und hebt stattdessen zum großen, schleimigen Finale an:

Durch ihre Zeilen gibt BILD den Fotos emotionale Kraft. Aber ohne diese Fotos ist BILD nicht mehr BILD.

BILD ist täglich erlebte Geschichte. Weil sie Geschichte fühlbar macht.

Und weil Mitfühlen so ziemlich das Menschlichste ist, dessen wir fähig sind, ist BILD eben in allererster Linie vor allem das – menschlich.

Aus der Veröffentlichung von Leichenfotos einen Beleg für die eigene “Menschlichkeit” zu basteln — stimmt: Das bringt tatsächlich nicht jeder.

Mit Dank an alle Hinweisgeber!

Siehe auch: Die Bild zeigt keine Fotos — wie schön! (Jonas Jansen auf medium.com)

Ist es in Ordnung, das tote Flüchtlingskind zu zeigen?

Wenn Sie in den letzten Stunden im Internet unterwegs waren, haben Sie dieses Foto wahrscheinlich gesehen: Ein dreijähriger Junge liegt leblos am Strand, das Gesicht halb im Wasser. Er ist ertrunken, als seine Familie mit ihm nach Europa flüchten wollte.

Viele Medien zeigen das Foto seit gestern Abend, vor allem in Großbritannien und Griechenland, aber auch hierzulande, wo es etwa auf FAZ.net und Handelsblatt.com zu sehen ist.

Und natürlich in “Bild”. Es erschien heute auf der letzten Seite der „Bild“-Zeitung …

… auf der Startseite von Bild.de …

… und auf so ziemlich allen anderen Kanälen:






Wir bekommen seit gestern viele Mails dazu, viele Leser sind “zutiefst schockiert” darüber, dass “Bild” und andere Medien das Foto zeigen.

Doch ähnlich wie bei dem vor Kurzem veröffentlichten Foto der Flüchtlinge, die in einem Lkw in Österreich erstickt sind, sind wir uns nicht sicher, was wir davon halten sollen. Ist es in Ordnung, das Foto zu veröffentlichen? Oder sollte man es lieber verpixeln? Oder ganz darauf verzichten? Wir wissen es nicht. Fühlen uns aber deutlich wohler dabei, wenn wir es hier bei uns unkenntlich machen.

Auch der Deutsche Presserat konnte uns heute noch keine abschließende Einschätzung zu dem Fall geben. Er verweist auf die Ziffern 1 (Achtung der Menschenwürde) und 11 (Sensationsberichterstattung) des Pressekodex und erklärt, man müsse immer abwägen zwischen dem öffentlichen Informationsinteresse auf der einen und dem Schutz der Menschenwürde und der Persönlichkeit auf der anderen Seite. Zum Foto des toten Jungen seien bislang zwölf Beschwerden eingegangen, zehn davon gegen “Bild”.

Damit Sie sich selbst ein Bild machen können, haben wir einige Debatten-Beiträge gesammelt. Wir werden die Liste im Laufe des Tages ggf. erweitern. Sachdienliche Hinweise wie immer gerne an [email protected].

***

Achtung: In einigen der Artikel sind die Fotos unverpixelt zu sehen. Diese Artikel haben wir mit einem * gekennzeichnet.

Presseschauen zum Thema finden Sie unter anderem auf neues-deutschland.de* und bei der „New York Times“*.

Was uns der tote Junge von Bodrum lehrt
(sueddeutsche.de, Stefan Plöchinger)
Stefan Plöchinger, Chefredakteur von sueddeutsche.de, entschied sich mit seinem Team gegen die Veröffentlichung des Fotos: “Zeigen oder nicht? Ist es tatsächlich so, dass Menschen dem Tod erst ins Auge sehen müssen, um das tödliche Potenzial politischer Entscheidungen zu verstehen? Reichen nicht Worte wie zu Beginn dieses Artikels, um begreifbar zu machen, was vor jenem Strand passiert ist, was an vielen Orten gerade vielen Menschen passiert?”

*Hinsehen!
(handelsblatt.com, Rüdiger Scheidges)
Der Internetauftritt des “Handelsblatts” zeigt gleich mehrere Fotos, Autor Rüdiger Scheidges fordert seine Leser auf hinzusehen: “Doch was Berichte und Erzählungen wohl nie schaffen, das bewirkt ein solches Bild, das uns jetzt so sehr schockt. Das Dokument der uns umgebenden Wirklichkeit zeigt uns nämlich aufs drastischste, dass dieser kleine Mensch in seinem hochgerutschten roten T-Shirt, seiner Jeanshose, den kleinen Turnschuhen und seinem zusammengepressten kleinen Händchen einer von uns ist. ”

Endet die professionelle Distanz an einer Wasserleiche
(udostiehl.wordpress.com, Udo Stiehl)
Der Journalist Udo Stiehl fragt mit Blick auf den Pressekodex: “Rechtfertigt es die besondere Nähe und Emotionalität zum Thema, dass plötzlich Bilder einer Kinderleiche die journalistischen Grundsätze und die professionelle Distanz verpuffen lassen? Gilt Ziffer 9 nicht mehr? […] Haben tote Flüchtlingskinder, die am Strand angespült werden, jetzt etwa keine Ehre und Würde mehr? Es steckt sicher eine gute Absicht dahinter, in Verbindung mit dem Foto an die Politik zu appellieren, sichere Zufluchtswege zu schaffen. Aber dazu sollte keine Kinderleiche instrumentalisiert werden.”

Ein Foto, das die Welt erschüttert
(ksta.de)
Der “Kölner Stadtanzeiger” hat eine kurze Presseschau zum Abdruck des Fotos veröffentlicht und diesen Hinweis angehängt: “Unsere Redaktion hat sich in diesem Fall dazu entschlossen, das Foto nur im Anschnitt zu zeigen, damit Sie als Leser selbst entscheiden können, ob Sie sich die Aufnahme ansehen wollen.”

*Das traurigste Foto der Welt: #Kiyiya wird zum Symbolbild der Flüchtlingskrise
(meedia.de, Alexander Becker)
“Meedia” findet, das Foto könne “tatsächlich etwas bewegen. Es erinnert in seiner brutal emotionalen Symbol-Kraft an das berühmte Foto des jungen Mädchens, dass während des Vietnamkrieges vor einer Napalm-Wolke floh. Die Kraft eines solchen ikonischen Bildes kann man nicht hoch genug einschätzen.”

Am Strand
(friedemannkarig.de, Friedemann Karig)
Der Journalist Friedemann Karig wägt ab zwischen “Pictorial Turn” und “verwerflichem Ausschlachten der letzten Würde”. Letztlich sei er unentschlossen: “Wenn wir das Bild eines ertrunkenen Kindes brauchen, um Menschen nicht ertrinken zu lassen, dann kommt jede Ethik zu spät. Wenn die selbsterfüllende Prophezeiung vieler Medien eintrifft, dass dieses eine Bild ein Umdenken auslöst, dann hat sich die Medienethik selbst abgeschafft. Wenn es wirklich Leben rettet, dann bitte, druckt es, teilt es, plakatiert es, schickt es ins Weltall. Aber dann haben wir wohl ein ganz anderes Problem als dieses Bild.”

Bilder des Grauens
(djv.de, Hendrik Zörner)
Für Hendrik Zörner vom Deutschen Journalisten-Verband steht das Foto in der Reihe jener Bilder, “die ein Ereignis von historischer Tragweite zeigen, die es emotional begreiflich machen, die mehr als tausend Worte sagen. Das waren die Leichenberge in den befreiten Konzentrationslagern 1945, die nackten, weinenden Kinder mit herunter hängenden Hautfetzen nach einem Napalm-Angriff in Vietnam, das brennende World Trade-Center am 11. September 2001 in New York. Und das ist seit gestern der ertrunkene dreijährige Junge, angespült an einen türkischen Strand, der zum Symbol für die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer geworden ist.”

Totes Kind am Strand: Warum wir das Foto nicht zeigen
(merkur.de)
Die Onlineredaktion des “Merkur” zeigt das Foto nicht und schreibt: “Wir sagen nicht, dass es falsch ist, dass andere Medien das Foto zeigen. Aber wir haben uns nach kontroversen Diskussionen in unserer Redaktion dagegen entschieden. Der Hauptgrund ist, dass wir uns nicht wohl dabei fühlen, ein totes Kind in aller Deutlichkeit zu zeigen. Zudem sollte jeder selbst entscheiden, ob er dieses traurige Bild sehen möchte oder nicht. Wie schlimm das Flüchtlingsdrama ist, weiß jeder aus den vielen, vielen Berichten auch auf unserem Portal. Und wir werden weiterhin ungeschönt darüber berichten. Aber ohne einen toten Buben zu zeigen.”

Das Bild des toten Ailan – ein medienethischer Kommentar
(netzwerk-medienethik.de, Alexander Filipovic)
Alexander Filipovic erkennt vier Werte bzw. Argumente, die (zum Teil) in Konkurrenz miteinander stehen: Die “Würde des Jungen”, der “Schutz der LeserInnen”, die “journalistische Pflicht zur Berichterstattung” und “Menschen aufrütteln wollen”. Seine Abwägung: “Ich würde das Foto nicht bringen und halte das Vorgehen von, zum Beispiel, Kölner Stadtanzeiger und sueddeutsche.de für beispielhaft. Hier wird deutlich, dass reflektiert und abgewogen wurde und diese Überlegungen wurden publiziert. Und es werden Möglichkeiten angedeutet oder gezeigt, wie das Foto angeschaut werden kann, so dass jeder in Kenntnis von dem, was abgebildet wird, selber entscheiden kann, ob er oder sie es sich anschaut.”

*Zweifelhafter Betroffenheitskult
(nzz.ch, Rainer Stadler)
Bei Rainer Stadler hinterlässt der massenweise Abdruck des Fotos einen “bitteren Geschmack”: “Die Massenmedien kaschieren ihren Voyeurismus mit einem Betroffenheitskult, dessen Legitimation sie neuerdings daraus ableiten, dass die ohnehin an chronischer Hysterie leidenden sozialen Netzwerke wieder einmal in besonders starke Erregung geraten sind. Man reagiert auf ein angebliches Marktbedürfnis. Doch die Mediengesellschaft schaut nur in den Spiegel und sieht sich selber. Die kurzlebigen Bekundungen von Betroffenheit sind letztlich ebenso sehr ein soziales Zeichen für Abgestumpftheit und ein allgemeines Desinteresse am Geschehen auf diesem Globus. Das moralische Bewusstsein scheint erst jetzt zu erwachen, da das Flüchtlings- und Migrationsdrama näher rückt und bereits in unseren Hinterhöfen und Strassen sichtbar wird.”

*Diskussion um Foto eines toten syrischen Jungen in der “Bild”
(tagesspiegel.de, Markus Ehrenberg)
Der “Tagesspiegel” (der ein Foto zeigt, auf dem das tote Kind weggetragen wird) hat die Nachrichtenagentur dpa zum Thema befragt: “dpa gab das Foto verpixelt heraus. ‘Zuerst einmal: Dieses Foto hat uns in der dpa-Redaktion auch schockiert. Gerade auch Tote haben aber eine Würde’, sagt dpa-Chefredakteur Sven Gösmann. ‘Daher haben wir uns dafür entschieden, es vorerst nur gepixelt aufzulegen. Unsere Kunden können es aber auch unverpixelt bestellen beziehungsweise eine Perspektive, in der das Kind nicht so im Zentrum des Bildes steht.’ Bisher habe es jedoch keine Anfragen in dieser Richtung gegeben. ‘Wir sind der Überzeugung, dass auch die Visualisierung menschlichen Leids zur journalistischen Grundversorgung durch die dpa gehört’, so Gösmann weiter. ‘Wir bemühen uns aber in steter Einzelfallabwägung darum, dabei die Würde von Opfern und auch die Gefühle von Nutzern unserer Produkte zu berücksichtigen.'”

Foto mit Kinderleiche zeigen? “Abwägung von Menschenwürde”
(derstandard.at, Oliver Mark)
Politikwissenschaftlerin Petra Berhardt sagte dem “Standard” (der das Foto nicht zeigt), die Abwägung sei auch eine Frage der “ethischen Selbstpositionierung”. Es mache einen Unterschied, “ob ein Bild aufs Cover kommt und somit kein Wegsehen möglich macht oder ob es zum Beispiel online hinter einer ‘graphic content warning’-Schranke abrufbar ist, wo das Publikum selbst entscheiden kann, ob es das Bild sehen will oder nicht.”

Wegsehen wäre die schlimmste Entwürdigung
(kress.de, Heike Rost)
Die Journalistin Heike Rost hat sich gestern dezidiert dafür ausgesprochen, das Foto zu zeigen. Es gehöre “zur Aufgabe von Journalismus, die Seelenruhe von Lesern zu stören”, auch wenn es “unbequem” und “schwer erträglich” sei. “Die Geschichte des Journalismus belegt immer wieder, vom Vietnam-Krieg über 9/11 und den Boston-Marathon bis zu den Erdbeben von Haiti und Japan: Es waren Bilder, die Menschen zutiefst berührten. Und zu Veränderung und Handeln bewogen. (…) Wegsehen bewegt nichts. Und für die Opfer dieser Kriege und Katastrophen wäre genau das die wohl schlimmste Entwürdigung.”

Journalismus und die Schock-Bilder
(presseverein.ch, Janosch Tröhler)
Janosch Tröhler vom Zürcher Presseverein weist auf die “Click-To-View”-Möglichkeit hin: “Die Diskussion ‘Zeigen vs. nicht zeigen’ beschränkt sich tatsächlich auf den Printjournalismus. Doch die digitalen Kanäle bieten die Möglichkeit, die Entscheidung, ob man das Foto sehen möchte oder nicht, den Lesern zu überlassen. Das ist auch die technische Lösung, verantwortungsvollen Journalismus zu machen, der nichts auslässt, aber auch auf billigen Voyeurismus und beim sensiblen Rezipienten keinen Schock auslöst.”

“Die fortgespülte Menschlichkeit”
(detektor.fm, Audio)
detektor.fm hat sich mit dem Fotografen Martin Gommel unterhalten, der selbst schon aus Krisengebieten berichtet hat. Der meint, ethisch bedenklich sei nicht das Zeigen des Fotos, „sondern ethisch bedenklich ist, dass Kinder auf dem Mittelmeer sterben“. Gommel hält es für wichtig, ein solches Bild zu zeigen, weil es uns vor Augen führe, „dass das ganze Thema eine sehr, sehr konkrete Seite hat, die eben Menschenleben kostet“.

***

Zur Geschichte der Familie:
*Family of children found on Turkish beach were trying to come to Canada
(ottawacitizen.com, Terry Glavin)
Die Familie des ertrunkenen Jungen hatte offenbar seit längerer Zeit versucht, nach Kanada zu kommen. Terry Glavin hat all ihre Anstrengungen nachrecherchiert: “Teema, a Vancouver hairdresser who emigrated to Canada more than 20 years ago, said Abdullah and Rehan Kurdi and their two boys were the subject of a ‘G5’ privately sponsored refugee application that was rejected by Citizenship and Immigration in June, owing to the complexities involved in refugee applications from Turkey. The family had two strikes against them — like thousands of other Syrian Kurdish refugees in Turkey, the UN would not register them as refugees, and the Turkish government would not grant them exit visas.”

Ein Hinweis für Twitter:
„Sensible Medien“ bei Twitter
(sebastian-pertsch.de, Sebastian Pertsch)
Sebastian Pertsch hat einen guten Hinweis für Twitter-Nutzer: Wenn man Fotos als “sensibel” markiert, werden sie in der Timeline nicht sofort angezeigt, sondern erst nach einem Klick auf “Foto anzeigen”. Das sei “einfach und schnell erledigt” — und gestatte es “jedem Twitter-Nutzer selber zu entscheiden, die Bilder oder Fotos zu sehen”.

Mordvideo als Clickbait

Da dachten wir, wir hätten in Sachen Clickbaiting schon alles gesehen, und dann kommt Youtube-News-Kanzler LeFloid


… und benutzt als Köder Screenshots aus einem Video, in dem ein Mann filmt, wie er zwei Menschen erschießt. (Unkenntlichmachung oben von uns.)

In LeFloids Video selbst sind die Szenen nicht zu sehen.

Nachtrag, 13:10 Uhr: Die Screenshots hatte LeFloid zunächst auch bei Youtube als Thumbnail benutzt, das hat er aber gestern Abend geändert und dazu geschrieben:

Stimmen wurden laut, dass sich viele am Thumbnail gestört haben – weil es ihnen zu drastisch ist. (Obwohl es aus einer ganz normalen Quelle für Pressebilder ist..) JUT!! Community sagt! Floid überlegt. Floid sieht ein. Floid ändert. EASY! ;)
Das neue passt genau so zum Thema, ist aber weniger heftig. Läuft doch bei uns Froooinde! :) Cheerio! Jut’s Nächtle! Aight! ;)

Und so sieht das neue aus:

Mit Dank an C aus K.

Nachtrag, 2. September: Inzwischen hat LeFloid den Facebook-Eintrag und den Tweet gelöscht.

Bild  

Wenn “Bild” Unschuldige zu Mördern macht

Die „Bild“-Zeitung will um jeden Preis Gesichter zeigen. Sie will, dass ihre Leser den Tätern und Opfern in die unverpixelten Augen sehen können, warum auch immer. Da können die Polizei, die Justiz oder die Angehörigen noch so oft darum bitten, es nicht zu tun.

In den meisten Fällen beschafft sich die Redaktion die Fotos kurzerhand im Internet und schert sich dabei weder um die Persönlichkeitsrechte der Abgebildeten noch um die Rechte der Urheber, und um den Pressekodex erst recht nicht.

Auch gestern zeigte „Bild“ wieder das Foto eines Mannes, der wegen Mordes angeklagt ist (natürlich ohne jede Unkenntlichmachung):

Nun stellt sich heraus: Der Abgebildete ist gar nicht der Angeklagte. Er hat mit der Sache überhaupt nichts zu tun.


(Online hat “Bild” das Foto inzwischen gelöscht, im ePaper die ganze Seite.)

Es war nicht der erste Fehler dieser Art. Bei weitem nicht.

Im August vergangenen Jahres erklärte die „Bild am Sonntag“ einen jungen Mann zum „Killer“, obwohl er nichts mit der Tat zu tun hatte. Die Fotobeschaffer hatten sich im falschen Facebookprofil bedient.

Ähnlich wie 2012, als Bild.de und die Berliner „Bild“-Ausgabe das Foto einer Frau zeigten, die angeblich von ihrem Mitbewohner getötet worden war. In Wirklichkeit lebte die Abgebildete aber noch und hatte nichts mit der Sache zu tun.

Anfang 2014 druckte die Kölner „Bild“-Ausgabe das Foto eines Mannes und behauptete, er habe seine Oma erschlagen. Später stellte er sich als unschuldig heraus.

Einige Monate später zeigte “Bild” einen Mann, der, so die Bildunterschrift, bei einem Unfall ums Leben gekommen war. Tatsächlich lebte der Abgebildete noch, “Bild” hatte ihn verwechselt.

2004 bebilderte die Berliner Ausgabe einen Artikel über einen Autounfall mit dem Foto eines Mädchens und schrieb, es sei bei dem Unfall gestorben. In Wahrheit lebte das gezeigte Kind aber noch und hatte nicht mal in dem Auto gesessen.

2012 druckte „Bild“ das Foto eines Schülers und nannte ihn „KILLER“ und „miesen Kindermörder“; auch er stellte sich später als unschuldig heraus (nachdem ein Lynchmob versucht hatte, das Polizeikommissariat zu stürmen, wo der vermeintliche „KILLER“ festgehalten wurde).

2009 veröffentlichte „Bild“ ein riesiges Foto, das den Amokläufer Tim K. zeigen sollte. Tatsächlich war darauf ein ganz anderer – unschuldiger – Junge zu sehen.

Wenige Wochen später präsentierte die „Bild am Sonntag“ auf einem Foto den Tatverdächtigen eines Vierfach-Mordes. Auch in diesem Fall hatte der Abgebildete überhaupt nichts mit der Sache zu tun.

Die Richtigstellung zur aktuellsten Verwechslung hat „Bild“ heute übrigens auf Seite 6 abgedruckt. Direkt unter einem unverpixelten Porträtfoto, auf dem ein „Killer“ zu sehen ist. Behauptet zumindest „Bild“.

Nachtrag, 19. Februar 2016: Vor drei Tagen druckte “Bild” ein Foto, das das Opfer eines Säureangriffs zeigen sollte. Einen Tag später folgte die (winzige) Korrektur: Die Fotobeschaffer hatten sich wieder geirrt; die abgebildete Frau hatte nichts damit zu tun.

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