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Nocebo-Effekt, Norderney, Spiegel Online

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Geheime Pressekonferenz im ‘Dortmunder Kreis'”
(blog.telefacts.tv, Thomas Schweres)
Die Einladung zu einer Pressekonferenz der Polizei Dortmund geht exklusiv an einen “Dortmunder Kreis”. Der Leiter der Pressestelle, Wolfgang Wieland, sagt Thomas Schweres warum: “Wenn ich die Sache per Pressemitteilung rausgegeben hätte, müsste ich gleich eine Schul-Aula mieten und die Straße für Übertragungswagen sperren lassen.”

2. “Medienpolitik während der WM”
(taz.de, J. Kopp & M. Völker)
Interviews mit Spielerinnen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft werden “nach Steinzeitmethoden” autorisiert. “Das gesprochene Wort wird hier nicht nur nicht respektiert, sondern verfälscht.” (…) “Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und etliche Manager von Spielerinnen waren der Meinung, man könne der Öffentlichkeit ein bestimmtes Bild oktroyieren, die Presse führen und bevormunden.”

3. “FCB-Fans griffen in Bern Journalisten an”
(20min.ch, Lukas Mäder)
In Bern werden Journalisten und Fotografen von Fußball-Hooligans angegriffen.

4. “Vorgestellt: Top-Themen 2011”
(derblindefleck.de)
Die Initiative Nachrichtenaufklärung gibt “die Rangliste der wichtigsten von den Medien vernachlässigten Themen und Nachrichten im Jahr 2011” bekannt. Mit dabei ist die “Bankenrettung ohne wirksame parlamentarische Kontrolle”, der “Doping im Fußball” oder der “Nocebo-Effekt”: “Schon das Wissen über Nebenwirkungen von Medikamenten und über Krankheitsverläufe kann Symptome auslösen.”

5. “Wulff mimt Urlaubsidylle für ZDF-Sommerinterview”
(welt.de)
Bundespräsident Christian Wulff fliegt für ein “Sommerinterview” mit dem ZDF kurzfrisitig nach Norderney. Noch ist er aber gar nicht im Urlaub: “Tatsächlich verbringt der Bundespräsident mit seiner Frau Bettina und den Kindern den Sommer auf der Ostfriesischen Insel – allerdings erst in ein paar Wochen.”

6. “SpOn-Politiker-Fotos”
(fuckyeahsponpolitikerfotos.tumblr.com)
Fotos von Politikern auf “Spiegel Online”.

Spiegel Online, Springer-Boys, Oliver Kalkofe

6 vor 9

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1. “Über das Spektakuläre an ‘Spiegel online'”
(titanic-magazin.de, Stefan Gärtner)
Stefan Gärtner denkt über “Spiegel Online” und seine Auswirkungen nach: “Anders als Springers Kettenhund nicht im Schmuddeleck angepflockt, hat ‘Spon’ mit demselben Crossover aus Sex, Crime und Politik (‘Türkischer Wahlkampf: Sexvideos und Größenwahn’) paradigmatisch werden können: Nichts hat der allgemeinen Sensationitis und Boulevardisierung im Preßbereich so den Boden bereitet wie die Kopplung des Nimbus vom ewigen Nachrichtenmagazin ans sexy Atemlose des Netzmediums.”

2. “Die fabelhaften Springer-Boys”
(wolfgangmichal.de)
Wolfgang Michal schreibt über Mitarbeiter des Axel-Springer-Verlags: Mathias Döpfner, Kai Diekmann, Christoph Keese, Thomas Schmid und Manfred Hart.

3. “Der neue Medienjournalismus”
(funkkorrespondenz.kim-info.de)
Die Funkkorrespondenz wundert sich über die ausserordentliche Produktivität von Alexander Krei auf dwdl.de und erkennt in ihm “einen Medienjournalisten neuen Typs”. Der Besprochene antwortet: “All das ist schnell (und, soweit ich das beurteilen kann, auch sauber) vermeldet. Den sich daraus möglicherweise ergebenden (versteckten) Vorwurf, die Qualität bleibe dabei möglicherweise auf der Strecke, müssen natürlich andere beurteilen.”

4. “Ein neuer Typus von Web-Journalisten”
(2axbecker.blogspot.com, Alexander Becker)
Alexander Becker nimmt die Diskussion auf: “Das fast schon selbstverständliche Aggregieren der Leistungen anderer Medien in Form von eigenen Meldungen, wie es Redaktion wie DWDL, genauso wie MEEDIA.de und viele andere Web-Portale betreiben, ist eine Reaktion auf die noch recht junge Blogger-Kultur. Denn der ihr innewohnenden Anspruch alle Nachrichten möglichst schnell und direkt bloggen zu wollen, haben sich vor allem kleine Fach-Redaktionen – wie selbstverständlich – zu eigenen gemacht.”

5. “Oliver Kalkofe: Kein Mitleid für 9live”
(rockbär.de, Sebastian Pertsch)
Oliver Kalkofe im ausführlichen Interview. Zur Einstellung des TV-Senders 9Live sagt er: “Das war ein Auswuchs des modernen Fernsehens, was ganz deutlich gezeigt hat, wie in Deutschland momentan gedacht wird: Du machst etwas, das billig ist und was Kohle bringt. Das ist Betrug – wir können es nicht schön reden.”

6. “FOCUS killt Künast-Interview”
(gruene-bundestag.de, Michael Schroeren)
Die Grünen ärgern sich über den “Focus”: “Ein abgestimmtes Interview, das ohne nachvollziehbare Begründung aus dem Heft geworfen wird: Das ist mehr als ein starkes Stück, das ist ein beispielloser Affront.”

Spiegel Online, Blödmaschinen, Griechen

6 vor 9

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1. “Spiel, Spaß, Spannung, ‘Spiegel Online'”
(stefan-niggemeier.de)
“Spiegel Online” wünscht sich von den Ereignissen, dass sie spannend sind. “Vielleicht hätten sie beim ZDF, sobald sie ahnten, dass die Intendanten-Wahl so glatt über die Bühne gehen würde, wenigstens das Fernsehballett einladen können oder gefährliche Tiere oder Lady Gaga, und zwar am besten ohne Anlass, damit ‘Spiegel Online’ aufgeregt ‘Überraschung bei der Intendantenwahl’ titeln könnte.”

2. “Ihr könnt nach Hause fahr’n”
(11freunde.de, Dominik Drutschmann)
Auf Antrag werden die anwesenden Journalisten von der Jahreshauptversammlung des Fußballvereins Schalke 04 ausgeschlossen. Bleiben darf nur, wer Mitglied des Vereins ist.

3. “Print Bam Bino für die Kunden von morgen”
(welt.de, Marc Reichwein)
Mit Titeln wie “Dein Spiegel”, “Geolino” oder “mare Ahoi” betreiben Printverlage eine Aktivinvestition in die Lese-Sozialisiation von Kindern. “Wer eine ganze Kindheit & Jugend weitgehend printmedienabstinent war, wird sich den regelmäßigen Konsum von Zeitungen und Zeitschriften wohl auch als Erwachsener kaum noch angewöhnen.”

4. “Der letzte Dreck”
(dradio.de, Ariadne von Schirach)
Ariadne von Schirach entdeckt in den 780 Seiten von “Blödmaschinen. Die Fabrikation der Stupidität” von Markus Metz und Georg Seeßlen “brillante Analyse, polemische Anklage und undifferenziertes Geraune”. “Die obszöne Totalität einer blödmaschinenenvermittelten Wirklichkeit führt bei Metz und Seeßlen zu einem ebenfalls obszönen Exzess an Kritik.”

5. “Jon Stewart Eviscerates Fox News On Fox News”
(gothamist.com, Video, 24:11 Minuten, englisch)
Jon Stewart zu Besuch bei Chris Wallace von “Fox News Sunday”. Sie sprechen über das Fox-News-Motto “Fair & Balanced”, über die Agenda von Medien, über die Aufmerksamkeit im Fall Anthony Weiner.

6. “Das griechische Volk ist unschuldig”
(zeit.de, Zacharias Zacharakis)
Griechenland: Zacharias Zacharakis stellt fest, dass nicht die einfachen Leute, sondern die Elite für die Schuldenkrise verantwortlich ist. “Die Griechen fühlen sich betrogen von den Eliten des Landes, die am stärksten von dem weitverbreiteten System der Korruption profitiert haben. Ganz am Ende dieser Nahrungskette standen immer die einfachen Leute, die für Arztbesuche, für Behördengänge, dafür, dass ihre Angelegenheiten überhaupt erledigt wurden, in das korrupte System einzahlen mussten, auch wenn es sich oft um geringe Beträge handelte. Profitiert haben davon Beamte, Ärzte, Notare, Anwälte, die dieses Geld nahmen und davon Ferienhäuser und Autos kauften.”

Spiegel Online, Henri-Nannen-Preis, ESC

6 vor 9

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1. “Die nützliche Falschmeldung vom Euro-Austritt”
(zeit.de, Yanis Varoufakis)
Yanis Varoufakis schreibt in seinem Blog mehrere Texte zum “Spiegel”-Artikel “Griechenland erwägt Austritt aus der Euro-Zone”. Marcus Gatzke übersetzt den neusten: “Der in der deutschen Politik bestens vernetzte Spiegel wollte zusammen mit bestimmten Kreisen in der deutschen Regierung – vor allem des Bundesfinanzministeriums – ein Signal an das Kanzleramt und den griechischen Ministerpräsidenten senden.”

2. “Das Vorabendgrauen zum Eurovision Song Contest”
(faz-community.faz.net/blogs/fernsehblog, Stefan Niggemeier)
Stefan Niggemeier schaut “ein Programm voller Verzweiflung und zum Verzweifeln”, nämlich die “Show für Deutschland” auf ARD, in der Frank Elstner die deutsche Kandidatin für den ESC 2011, Lena Meyer-Landrut, befragt. Ausschnitte daraus auf YouTube (Video, 2:31 Minuten).

3. “Abschreibejournalismus kommt in Mode”
(theeuropean.de, Martin Eiermann)
Martin Eiermann fragt, wie viel “New York Times” in “Spiegel Online” steckt: “Der Bericht, dass 600 Hunde in Afghanistan und dem Irak im Einsatz sind? Die Neuanschaffung von vier Kampfwesten für die Vierbeiner? Die interne Einschätzung des Militärs, welche Hunderassen besonders geeignet für den Kampf gegen Mann und Maus seien? Alles in der New York Times nachzulesen und akkurat im SPIEGEL zitiert. Google Translate hätte es besser nicht machen können.”

4. “Die Geschichte vom traurigen Dinosaurier”
(journalist.de, Steffen Grimberg)
Steffen Grimberg präsentiert die Patientenakte der “Frankfurter Rundschau”: “Die Zahl der Abonnements ist in nur fünf Jahren um fast ein Drittel eingebrochen, auch der Einzelverkauf bröckelt. Im Zehnjahresvergleich sehen diese Werte noch dramatischer aus: Mehr als 40 Prozent beträgt der Verlust beim Abo, der Einzelverkauf hat sich mehr als halbiert.”

5. “Interview mit Oliver Gehrs zum Eklat beim Henri-Nannen-Preis”
(meedia.de, Stefan Winterbauer)
Nach der Erklärung der Jury des Henri-Nannen-Preises zur Aberkennung eines gerade verliehenen Preises wird in deutschen Medien ausführlich diskutiert, siehe dazu Texte von “Spiegel Online”, Stefan Winterbauer, Wolfgang Michal, Hans Leyendecker, Harald Martenstein, Matthias Dell und anderen. Oliver Gehrs meint: “Die Maßstäbe, die da nun plötzlich angelegt werden, sind ja eher zufällig und der ganze Eklat kam nur zustande, weil René Pfister auf der Bühne die Wahrheit ausgesprochen hat. Wenn man die ganzen preisgekrönten Reportagen der vergangenen Jahre anschaut, wird man womöglich viele Passagen finden, die ähnlich zustande gekommen sind.”

6. “Balken-Sonnenbrille bietet Sonnen- und Persönlichkeitsschutz”
(neuerdings.com, Frank Müller)
Die Sonnenbrille “Paparazzi Shades” kostet 12 US-Dollar.

Spiegel Online, Christoph Lütgert, Auswanderer

6 vor 9

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1. “Doch keine ‘Matrix’-Fortsetzung”
(spiegel.de, twi)
“Spiegel Online” gibt zu, ein Gerücht der Website “Ain’t it cool News”, die “Matrix”-Filmreihe würde in zwei Teilen fortgesetzt, weiterverbreitet zu haben: “Die Meldung ging um den Globus – auch SPIEGEL ONLINE berichtete. Bloß: Sie ist eine Ente.”

2. “Alle besoffen bei der Bundeswehr!”
(rockbär.de, Sebastian Pertsch)
Sebastian Pertsch fragt sich, warum “Spiegel Online” einen Artikel über Mutproben in der Bundeswehr zur Topmeldung macht: “Die zahl­rei­chen ‘Mut­pro­ben’, die der Spie­gel in seinem Ar­ti­kel auf­führt, sind al­le­samt keine Neu­ig­kei­ten, auch wenn dies der Ar­tikel auf der me­dia­len Nr. 1 sug­ge­rierte. Es sind schlimme Ein­zel­fälle, die re­gel­mä­ßig in den Wehr­be­richten auf­tau­chen.”

3. “Pietät ist, wenn….”
(lastknightnik.wordpress.com, Nik)
Nik kommentiert die Meldung von sueddeutsche.de, Carolin Wosnitza sei “während ihrer Brust-OP an Hirnlähmung” gestorben.

4. Interview mit Christoph Lütgert
(meedia.de, Christine Lübbers)
Christoph Lütgert hält die rechtlichen Aktivitäten von Carsten Maschmeyer für Einschüchterungsversuche und findet, dass er sich “nicht unbotmäßig verhalten habe”. “Maschmeyer ist eine Person der Zeitgeschichte. Da geht es nicht an, dass man das nicht darstellen kann, nur weil er sagt, dass er uns nicht antwortet. Ich finde, er ist der Öffentlichkeit Rechenschaft schuldig.”

5. “Die Lust am Lager”
(katrinschuster.de)
“Die zweifellos erfolgreichste räumliche Ordnung des aktuellen Fernsehens” sei das Lager, schreibt Katrin Schuster, ganz gleich, ob man den jeweiligen Raum nun als “Bandhouse”, “Dschungelcamp” oder “Model-WG” tituliere. Dieses “‘Ist schon okay, wenn ihr das guckt, das tue ich doch auch’ der Journalisten, das sich mittlerweile als Umgang mit solchen Sendungen durchgesetzt” habe, kann sie nicht mehr hören. “Denn gerade Zynismus scheint mir in diesen Fällen keine angemessene Haltung, und ein Journalist, der solche Äußerungen ernst meint, hat imho seinen Beruf komplett verfehlt.”

6. “Schade, Deutschland, ich bin weg”
(taz.de, Cigdem Akyol)
“Deutschland ist längst kein Einwanderungsland mehr, sondern Auswanderungsland. Vor allem die Qualifizierten gehen – Deutsche wie andernorts Geborene -, die weniger Qualifizierten bleiben.”

Spiegel Online, Rudelbildung, Trolle

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1. “Spiegel Online, abgesoffen”
(freischreiber.de)
Die Freischreiber fragen sich, warum neben einer offensichtlich redaktionell erarbeiteten Meldung im Wirtschaftsressort von Spiegel.de, in der es um eine Unterwasserleitung von ABB geht, der Button “powered by ABB” steht.

2. “Fall Polanski: Warten, frieren und sich im Rampenlicht aufwärmen für den grossen Tag”
(binz-krisenblog.blogspot.com, Roland Binz)
Falls Sie sich fragen, was Journalisten gerade tun – sie sitzen in Gstaad und warten in der Kälte auf einen vielleicht bald mal erscheinenden Chaletbesitzer: “Seit mehr als einer Woche belagern Journalisten aus aller Welt das Umfeld des Anwesens von Roman Polanski, der in Auslieferungshaft sitzt und nun vorerst in den Hausarrest verschoben werden soll.”

3. “Mit Macht auf Sendung”
(freitag.de, Walter van Rossum)
Walter van Rossum kritisiert die Rudelbildung von Journalisten. “Wer die Routinen medialer Betriebe ein wenig aus der Nähe kennt, weiß, dass Konformismus die sicherste Währung ist: Rudelbildung bietet den größten Schutz.”

4. “Post von den ‘Interview People'”
(interviewsfuehren.wordpress.com, Christian Thiele)
Christian Thiele hat Post erhalten von den “Interview People” aus Freising: “Auf gut Deutsch würde ich sagen: Die übersetzen und verhäkseln und vermanschen und verpanschen Interviews aus deutschen Medien und verticken sie ins Ausland. Und andersherum.”

5. “How Google Can Help Newspapers”
(online.wsj.com, Eric Schmidt, englisch)
Google-CEO Eric Schmidt bietet den Zeitungen seine Hilfe an.

6. “Trollforschung aktuell”
(saschalobo.com)
Sascha Lobo wird spätabends überraschend von Trollen heimgesucht. Seine Analyse: “Es handelt es sich bei den meisten Trollereien um eine Fortsetzung des Klingelstreichs mit den Mitteln des 21. Jahrhunderts.”

Was Spiegel-Online-Leser mehr wissen

“Wir wollen die Berichterstattung im Panorama-Ressort verstärken und originärer machen”, sagte 2006 der damalige “Spiegel Online”-Chefredakteur Matthias Müller von Blumencron der “taz”. Anlass des Interviews war Blumencrons Entscheidung, die “Bild”-Unterhaltungschefin Patricia Dreyer zur Leiterin des “Panorama”-Ressorts zu machen.

Blumencron ist inzwischen Co-Chef des großen “Spiegel”, Dreyer hält im “Panorama” gemeinsam mit boulevarderprobten Kollegen aber weiterhin die Zügel in der Hand.

Blumencrons Entscheidung hat “Spiegel Online” verändert. “Panorama” ist inzwischen einer der wichtigsten Bestandteile der Plattform. Nur das “Politik”-Ressort beschäftigt mehr feste Redakteure, auf der Startseite kommen die bunten Nachrichten als erstes nach den Hauptmeldungen. In der Woche vom 4. Juni bis zum 10. Juni kamen genau 101 der 630 deutschsprachigen Meldungen auf Spiegel Online aus dem “Panorama”-Ressort, knapp 16 Prozent.

Originär allerdings ist “Panorama” keineswegs: In der ganzen Woche veröffentlichten die sieben Redakteure gerade einmal 4 Online-Artikel, die grundlegend neu waren: Über eine vermisste Studentin, ein Bericht von einem Gerichtsverfahren, eine Reportage über Zwangsehe und eine Serie von Liebhabern der alten deutschen Währung. Titel: “Ich mag die Mark“.

Knapp 96 % der veröffentlichten Artikel in der vergangenen Woche hingegen waren Protokolle von Pressekonferenzen, Zweitverwertungen ausländischer Boulevard-Nachrichten, oder – zum großen Teil – umgeschriebene Agenturmeldungen. Vier Meldungen stammen aus dem Print-“Spiegel”.

Und welche Themen behandelte “Panorama” vom 4. bis 10. Juni?

  • Mord, Totschlag & Amoklauf: 28 Artikel,
    darunter “Der Unbekannte im Müllsack

    • davon Todesfall durch Tiere: 1
    • davon Selbstmord: 1
  • Klatsch und Promi-Tratsch: 18,
    darunter “Heather Mills war keine schlechte Chefin”
  • Skurrilles: 11,
    darunter “Franzose klaute Schulkindern die Süßigkeiten”
  • Diebstahl/Raub: 7
  • Sex: 6
    • davon Sex mit Minderjährigen: 1
    • davon Inzest: 2
  • Gerichtsprozesse: 8
  • Körperverletzung: 4
    • davon Körperverletzungen durch Tiere: 2
  • Umweltkatastrophe: 4
  • Unfälle und Brandstiftung: 4
  • Drogen: 3
  • Terrorangst: 2
  • Entführung: 1
  • Zwangsehe: 1

Oder im Bild:

Im Interview mit dem “Standard” sagte SpOn-Chefredakteur Rüdiger Ditz vor einigen Monaten, die Unterschiede zwischen “Spiegel Online” und Bild.de seien ähnlich groß wie zwischen Print-“Bild” und Print-“Spiegel”. Das Verhältnis beschrieb er folgendermaßen:

Wir fischen in einem völlig anderen Gewässer.

Ist aber vermutlich auch nur eine Pfütze.

Grimme Online Awards, Presserat über KI, Muss Musk blechen?

1. Grimme Online Award legt Schwerpunkt auf historische Themen
(spiegel.de)
Der Grimme Online Award 2024 hat acht Internetformate für ihre “publizistische Relevanz und Informationstiefe” ausgezeichnet, wobei der Schwerpunkt auf Themen gelegen habe, die “der Demokratie dienlich” seien. Der erstmals vergebene Sonderpreis für Künstliche Intelligenz ging an eine Krimi-Challenge des Bayerischen Rundfunks. Trotz finanzieller Probleme des Grimme-Instituts konnte die Preisverleihung in Marl stattfinden. Insgesamt waren 27 Medienangebote nominiert.

2. Presserat zum Thema KI
(journal-nrw.de)
Der Pressekodex gelte uneingeschränkt auch für journalistische Inhalte, die mit Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt wurden. Mit Blick auf die Bewertung der bei ihm eingehenden Beschwerden halte der Deutsche Presserat eine Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Texte derzeit nicht für notwendig, verlange aber, dass KI-generierte Bilder als Symbolbilder gekennzeichnet werden. Diese Regelung solle verhindern, dass solche Darstellungen als reale Abbildungen missverstanden werden.

3. Datenreport über das Einkommen der Autor*innen in Deutschland
(kunst-kultur.verdi.de)
Einem Datenreport (PDF) des Verbands deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller zufolge können nur 5,7 Prozent der Autorinnen und Autoren in Deutschland ausschließlich vom Schreiben leben, wobei nur ein kleiner Teil davon über 50.000 Euro brutto jährlich verdient. Die Mehrheit müsse zusätzliche Jobs annehmen, um den Lebensunterhalt zu sichern, oft auch in fachfremden Bereichen. Der Verband fordere daher strukturelle Änderungen wie eine Verlagsförderung und Anpassungen im Urheberrecht, um angemessene Honorare für Autorinnen und Autoren zu gewährleisten.

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4. Muss Elon Musk persönlich für X-Verstöße blechen
(netzpolitik.org, Maximilian Henning)
Der Digital Services Act der EU verpflichtet die Anbieter großer Online-Plattformen zur Einhaltung strenger Regeln. Verstöße können mit hohen Bußgeldern geahndet werden. Unklar sei jedoch, ob bei Verstößen die Plattform selbst oder ihr Eigentümer wie Elon Musk im Fall von X/Twitter haften muss. Die EU-Kommission prüfe derzeit, ob Musk persönlich als Anbieter haftet und ob mehrere Strafen für verschiedene Verstöße verhängt werden können.

5. Bücher werden überall gesammelt, Websites nur hier
(zeit.de, Tilman Baumgärtel)
Das “Internet Archive” sei die einzige ernstzunehmende Plattform, die systematisch Webseiten und andere digitale Inhalte archiviert, darunter 866 Milliarden Websites. Kürzlich sei ausgerechnet diese wichtige Plattform Ziel von Cyberangriffen geworden, die jedoch keinen Schaden an den archivierten Daten verursacht hätten. Neben Hackerangriffen würden auch Urheberrechtsklagen die Existenz des Archivs gefährden.

6. Nachrichten gegen Desinformation
(verdi.de, Irene Hell)
Irene Hell berichtet über den von über 800 Medien weltweit unterstützten “World News Day”, der zeitgleich mit dem UN-Tag für den universellen Zugang zu Information am 28. September gefeiert werde. Journalistinnen und Journalisten seien durch steigende Gewalt und Desinformation bedroht, während traditionelle Medien durch sinkende Einnahmen und aggressiv agierende Technologiekonzerne geschwächt würden.

Prorussische “Doppelgänger”, KI bei Springer, Grimme Online Awards

1. Experten kritisieren X wegen prorussischer Propagandakampagne
(spiegel.de, Max Hoppenstedt)
Die Analyseorganisation “CeMAS” habe auf der Plattform X/Twitter eine prorussische Propagandakampagne namens “Doppelgänger” aufgedeckt, die gefälschte Nachrichten verbreite und Stimmung gegen die Ukraine und westliche Regierungen mache. Die Kampagne nutze manipulierte Posts, die angeblich von besorgten Bürgern stammen, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen, und verlinke auf gefälschte Nachrichtenseiten, die etablierten Medien ähneln sollen. Trotz Meldungen an X seien viele der Beiträge noch immer online.
Weiterer Lesehinweis zur Plattform: Oberstes Gericht bestätigt Sperrung von X in Brasilien (zeit.de).

2. “Eine Sprache der Zuspitzung”
(message-online.com, Maira Mellinghausen)
“Message” veröffentlicht ein Interview mit dpa-Nachrichtenchef Froben Homburger, das dieser dem “Nestbeschmutzer”, der Zeitung zur Jahrestagung des Netzwerk Recherche (PDF), gegeben hat. Homburger betont darin die Bedeutung präziser Sprache im Journalismus und die Risiken unbedachter Formulierungen, insbesondere unter Zeitdruck. Er spricht sich für eine geschlechtersensible und diskriminierungsfreie Sprache aus, betont aber auch die Notwendigkeit, die Verständlichkeit für die gesamte Gesellschaft zu gewährleisten und jede Form der Sprachentwicklung sorgfältig abzuwägen.

3. Wie Axel Springer via KI die Gesellschaft destabilisiert
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Thomas Knüwer kritisiert den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in Medienunternehmen, insbesondere beim Springer-Verlag, als strategischen Fehler, der das Vertrauen in Medien weiter untergrabe und die Gesellschaft verunsichere. KI-generierte Inhalte seien oft fehlerhaft und manipulativ. Knüwer sieht den Einsatz von KI bei Springer als Teil einer größeren Strategie, um negative Emotionen in der Bevölkerung zu erzeugen und so Angst zu schüren.

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4. Social Media im Wahlkampf
(flurfunk-dresden.de, Peter Stawowy)
Peter Stawowy stellt seine “15 Beobachtungen zu Social Media im Wahlkampf” vor. Er betont, dass Social-Media-Arbeit für den politischen Erfolg mittlerweile unverzichtbar ist, da man dort insbesondere junge Wählerinnen und Wähler erreichen und vielfältige Interaktionen herstellen kann. Stawowy kritisiert, dass viele Parteien Social Media oft falsch einsetzen, indem sie nur vor Wahlen aktiv sind oder sich zu wenig auf kontinuierliche Inhalte und Interaktion konzentrieren. Er betont die Notwendigkeit, Soziale Netzwerke strategisch und kreativ zu nutzen, um Vertrauen aufzubauen, Emotionen zu wecken und die eigene Botschaft effektiv zu vermitteln.

5. Wer dieses Jahr auf einen Grimme Online Award hoffen kann
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Der Grimme Online Award werde trotz finanzieller Schwierigkeiten des Grimme-Instituts auch 2024 vergeben, dank Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Nominierungen umfassen ein breites Spektrum an Formaten, darunter Podcasts, TikTok- und Instagram-Kanäle, die Themen wie Vergangenheitsbewältigung und Geschichtsaufarbeitung, aktuelle politische Ereignisse und Wissensvermittlung behandeln. Neu in diesem Jahr sei der “Sonderpreis KI”, für den drei Podcasts nominiert sind, die sich mit dem Thema Künstliche Intelligenz beschäftigen. Uwe Mantel hat in seinem Artikel praktischerweise alle Nominierten verlinkt.

6. Mut­maß­liche Anführer der “New World Order” festgenommen
(lto.de)
Die Polizei habe bei einer Razzia mutmaßliche Anführer der Online-Gruppierung “New World Order” festgenommen, die Menschen, darunter Streamer und Youtuber, durch digitales Stalking, Drohungen und sogenanntes Swatting terrorisiere. Die Gruppe habe Methoden wie Doxing und den Missbrauch von Notrufen genutzt, um ihre Opfer zu schikanieren und deren Online-Existenz zu zerstören.

US-Wahlkampf, Medaillenspiegel, Berichten in Uganda

1. Ingo Zamperoni: “Es ist nicht unsere Aufgabe, irgendwas zu verhindern”
(augsburger-allgemeine.de, Ingo Kaminski)
Im Interview mit der “Augsburger Allgemeinen” spricht “Tagesthemen”-Moderator Ingo Zamperoni über den US-Wahlkampf und darüber, wie seine Verwandten in den USA das Geschehen dort sehen. Er betont, dass Medien eine neutrale Rolle einnehmen und sich nicht aktivistisch betätigen sollten: “Gerade in Zeiten wie diesen sollten Journalisten nicht als Aktivisten auftreten. Es ist nicht unsere Aufgabe, eine Strömung, eine Partei oder irgendwas zu verhindern oder zu befördern.”

2. Olympia-Medaillenspiegel bei ARD & ZDF: Kaum der Rede wert?
(dwdl.de, Alexander Krei)
Alexander Krei berichtet bei “DWDL”, dass ARD und ZDF dem Medaillenspiegel der Olympischen Spiele in Paris weniger Aufmerksamkeit schenken als früher, was mit dem durchwachsenen Abschneiden der deutschen Athleten und Athletinnen zusammenhängen könnte. Der Medaillenspiegel erscheine in den Sendungen der Öffentlich-Rechtlichen oft erst gegen Mitternacht. Abgesehen davon werde das Medaillenranking als Wertungssystem von vielen kritisiert und dessen Aussagekraft infrage gestellt.

3. Journalist:in sein in Uganda – Berichten trotz Unsicherheit
(de.ejo-online.eu, Paula Genius & Nina Feldman & Zoe Gleisberg)
“Journalist:innen in Uganda werden regelmäßig verhaftet, der Großteil der Medien wird vom Staat kontrolliert, Medienhäuser werden durchsucht oder geschlossen. Doch wie gefährlich ist die Arbeit als Journalist:in dort wirklich? Und wie beeinflusst Social Media die Pressefreiheit in Uganda?” Benon Herbert Oluka, ugandischer Multimedia-Journalist und Mitbegründer von “The Watchdog”, einem Zentrum für investigativen Journalismus, gibt Auskunft über die Situation in dem ostafrikanischen Staat.

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4. Gegenseitiges Wertschätzen
(verdi.de, Gunter Becker)
Im Interview mit dem Verdi-Medienmagazin “M” spricht der Journalist und Youtuber Mirko Drotschmann (“Terra X”/”MrWissen2Go”) über Trennendes und Gemeinsames bei Journalisten und Influencern. Beide Gruppen könnten voneinander profitieren, sagt Drotschmann: Redaktionen könnten die agile Produktionsweise der Influencer übernehmen, während Influencer von der strategischen und sorgfältigen Arbeitsweise der Journalisten lernen könnten. Wichtig sei dabei gegenseitiger Respekt und Offenheit für die Stärken der jeweils anderen Gruppe, ohne herabzuschauen oder sich auf reine Klickzahlen zu fixieren.

5. TikTok zieht umstrittenes Bonusprogramm zurück
(spiegel.de)
TikTok habe sein umstrittenes Bonusprogramm “TikTok Lite Rewards” in Europa zurückgezogen. Die EU-Kommission hatte das Programm wegen möglicher negativer Auswirkungen auf die Gesundheit der Nutzerinnen und Nutzer sowie wegen mangelnder Risikoabwägung durch TikTok kritisiert. Es würden jedoch weiterhin Verfahren gegen TikTok und andere Social-Media-Plattformen wegen Verstößen gegen das Gesetz über digitale Dienste laufen.

6. KI: Kollaps droht wegen KI-generierter Trainingsdaten
(heise.de, Michael Link)
“KI-Modelle könnten an sich selbst ersticken.” Michael Link berichtet, dass Künstliche Intelligenzen dysfunktional werden können, wenn sie wiederholt mit KI-generierten Daten trainiert werden. Forscher der Rice University hätten gezeigt, dass die Qualität von generierten Bildern bei solchen Trainingsschleifen abnehme – ein Phänomen, das als “Modellkollaps” oder “Model Autophagy Disorder” bezeichnet wird. Um dieses Problem zu vermeiden, sollten KI-Entwickler darauf achten, KI-generierte Inhalte zu kennzeichnen und vorzugsweise nur von Menschen generierte Daten für das Training zu verwenden.

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