Suchergebnisse für ‘schleichwerbung’

Post von Diekmann

“Bild” hatte ja jüngst — sichtlich widerwillig, aber gehorsam — eine Rüge des Presserats abgedruckt. Grund für die “Bild”-Rüge war laut Presserat Schleichwerbung für Aldi.

Und das Fachblatt “kress report” berichtet nun von einem Brief, den “Bild”-Chef Kai Diekmann offenbar an den Presserat geschickt hat, weil “Bild” die Aldi-Rüge “nicht nachvollziehen” könne. Weiter heiße es in Diekmanns Brief:

Nach Vorstellung des Presserates darf nicht über Preise und Bezugsquellen eines neuen Produktes berichtet werden. Sie ziehen die Grenze des Zulässigen schon bei Angabe von Telefonnummer und Internetadresse. Jede deutsche Publikation wäre danach künftig gezwungen, den Service-Charakter ihrer Berichterstattung radikal zu beschneiden.

Beigefügt sei dem Brief an den Presserat (der angeblich kein Alleingang Diekmanns sei, sondern von vielen deutschen Chefredakteuren unterstützt werde) ein “Ordner mit 100 Seiten aus 100 aktuellen Zeitungen und Zeitschriften”. Ob “Fahrradzubehör in der ‘Süddeutschen’, Motorradanzüge in der ‘FAZ’, (…) die neue ICE-Strecke Frankfurt-Paris in der ‘FR’, Osterdeko in ‘BamS’ oder die neue H&M-Edelmarke Cos in ‘Bild’ selbst” — alle Artikel enthielten ebenfalls konkrete Angaben zu Anbietern, Preisen, Bestellrufnummern oder Online-URLs. Laut “kress” hat “Bild” zwar ausdrücklich darauf verzichtet, alle Artikel als Beschwerde einzureichen, bittet den Presserat aber um Prüfung der “eingereichten Einzelfälle” und darum, die eigenen Standards “den aktuellen Leserbedürfnissen sowie einer modernen Wirtschaftsberichterstattung anzupassen”.

Beim Presserat, heißt es, begrüße man die “transparente Diskussion” und verspreche, sich mit dem “interessanten Material, das unsere Spruchpraxis kritisch begleitet”, eingehend zu befassen.

Knallhart recherchiert (4)

“Bild” hat heute eine Rüge durch den Presserat wegen Schleichwerbung abgedruckt — obwohl sie sie nach wie vor “nicht nachvollziehen” kann.

Die Zeitung hatte am 4. Januar über die neuen Reise-Angebote von Aldi berichtet, detailliert Preise und Bestellmöglichkeiten genannt und behauptet:

Ab morgen gibt’s beim Lebensmittel-Discounter ALDI auch Urlaub! BILD hat die besten Angebote jetzt schon recherchiert.

Die “besten Angebote” waren dabei sämtliche Angebote, und die “Recherche” bestand mutmaßlich daraus, sie aus einer für den kommenden Tag gebuchten Aldi-Anzeige abzuschreiben. Über die Tatsache, dass Aldi Billigreisen anbieten wird, hatte “Bild” übrigens bereits Ende 2006 zweimal berichtet und zwei Tage nach der gerügten Meldung anhand falscher Zahlen gejubelt: “Deutschland fliegt auf ALDI-Urlaub”. (Dies ist nicht Bestandteil der Rüge.)

Gegen die Entscheidung des Presserates hatte “Bild”-Chefredakteur Kai Diekmann heftig protestiert, und im Blatt heute ist die Erwiderung von “Bild” länger als die Rüge selbst (siehe Ausriss). “Bild” bleibt dabei:

Wir glauben, dass BILD-Leser sich für diese Informationen interessieren und dass es zur Aufgabe einer Zeitung gehört, darüber zu berichten.

Übrigens: In der vergangenen Woche wurde durch Recherchen der “Lebensmittelzeitung” bekannt, dass Aldi seine “Preisgarantie” aus dem vergangenen Herbst aufgegeben hat, die Preise von rund 200 Produkten einzufrieren (“Bild” berichtete). Darüber berichteten in den vergangenen Tagen u.a. “Spiegel Online”, “Welt”, manager-magazin.de, “Hamburger Abendblatt”, “Süddeutsche Zeitung”, “Frankfurter Allgemeine Zeitung” und “Berliner Zeitung” sowie die Nachrichtenagenturen AFP und ddp.

“Bild”-Leser dagegen scheinen sich für diese Art von Informationen nach Ansicht der “Bild”-Zeitung nicht zu interessieren. Wir konnten keinen noch so kleinen Hinweis auf die Aldi-Preiserhöhungen in der “Bild”-Zeitung entdecken.

Aus dem Newsletter Nr. 12 des Deutschen Presserates

Die Rechtsabteilung der [“Bild”-]Zeitung weist den Vorwurf zurück, dem großen Anzeigenkunden [Aldi] sei eine Gefälligkeit erwiesen worden. Für den Artikel habe es einen publizistischen Anlass gegeben. Erstmals sei ein Discounter ins Reisegeschäft eingestiegen; alle Medien hätten darüber berichtet.

Und noch etwas: Nach Angaben des Presserates (siehe rechts) begründete die Rechtsabteilung von “Bild” die Zulässigkeit des freundlichen Aldi-Werbe-Berichts ihm gegenüber damit, dass es für den Artikel einen publizistischen Anlass gegeben habe: Erstmals sei ein Discounter ins Reisegeschäft eingestiegen. Das ist falsch, und “Bild” weiß es. Am 14. Dezember 2006 schrieb das Blatt:

Nachdem die Supermarktkette “Lidl” am 6. Dezember mit einem Online-Reisebüro gestartet ist, zieht der Marktführer nach: Ab dem 5.1.2007 können Sie auch bei “Aldi” Urlaub buchen!

Danke auch an Antonio und Sylvio!

Restposten-Journalismus

Vergangene Woche tat die “Bild”-Zeitung etwas für ihr Karma und rückte in einer dreiteiligen Serie mal einige der angeblich “größten Irrtümer der Allgemeinbildung” (z.B.: “Rot reizt Stiere”, “Eskimos wohnen in Iglus”) zurecht:

Sicherheitshalber hatte sie die Tatsachen nicht selbst zu recherchieren versucht, sondern einem Buch entnommen, das sie mit den Worten “Jetzt räumt ein neues Buch unseren Kopf frei” ankündigte und in jedem Artikel unübersehbar zum Kauf empfahl:

Okay. Kann man machen. Sieht ein bisschen nach Schleichwerbung aus, ist aber vielleicht nur eine Art Vorabdruck.

Bisschen komisch ist natürlich, dass das “jetzt” erschienene “neue” Buch vor über sieben Monaten schon den Online-Ableger von “Bild” dazu inspirierte, seine Leser in zwei Teilen über die “größten Irrtümer der Allgemeinbildung” (z.B.: “Rot reizt Stiere”, “Eskimos wohnen in Iglus”) aufzuklären.

Darin war von “neu” und “jetzt” allerdings keine Rede. Kein Wunder: Das Buch war damals schon über ein Jahr alt.

(Wenn Sie beim Nachlesen auf Bild.de feststellen, dass es der Zeitung nicht gelungen ist, die Irrtümer korrekt abzuschreiben, dürfen Sie sich zur Belohnung einen gesunden Hagebuttentee gönnen.)

Danke an Johannes S., Marcus W. und Frank!

Und welchen Wasserfilter benutzen Sie?

Schon möglich, dass die Nennung von Markennamen in der Literatur spätestens seit Bret Easton Ellis’ “American Psycho”, Christian Krachts “Faserland” und Florian Illies’ “Generation Golf” als Stilmittel gilt. Im Journalismus kennt man gemeinhin ein anderes Wort dafür — außer bei “Bild”. Dort nennt man’s schlicht:

"Zu Hause bei..."

Seit Norbert Körzdörfer für “Bild” den Klatschkolumnisten mimt, widmet sich die ehemalige “Ich weiß es!”-Kolumnistin Christiane Hoffmann ja bekanntlich “einmal wöchentlich in BILD großen Portraits, Interviews und Home-Storys”. Am gestrigen Samstag erschien bereits die 10. Folge — und wir fassen zusammen:

Wieviele Markennamen passen in eine einzige “Bild”-Homestory?

— Küche von “Innova”

— Kühlschrank von “Samsung”

— Espressomaschine von “Jura”

— Küchengeräte von “Siemens”

— Wasserfilter von “Nikken”

— Geschirr von “Villeroy & Boch”

— Sofa von “Who’s perfect”

— Tischchen von “Who’s perfect”

— Esstisch von “Who’s perfect”

— Stühle von “Rahaus”

— Plasmafernseher von “Pioneer”

— Regale von “Ikea”

— Pumps von “Buffalo”

— Kleider von “Veronica Pohle”

— Heizung von “Villeroy & Boch”

— Lockenstab von “Panasonic”

— Wimperntrenner von “Panasonic”

— Wimpernbürste von “Panasonic”

— Parfüm “Glow” von J.Lo

— Körperpflege von “Aveda”

— Gloss von “Lancome”

— Mascara von “Jade”

Gefunden in “Bild” vom 7.4.2007

Udo Jürgens trägt Smokings von “Baldessarini”, duftet nach “Eau Sauvage” und benutzt Kosmetik von “La Mer”. Vicky Leandros benutzt Kosmetik von “La Mer”, hat ein Klavier von “Yamaha”, Dreh-Hocker von “Ikea”, einen Fernseher von “LG” sowie eine Kaffeemaschine von “Tefal” und trägt Jeans von “True Religion”. Barbara Becker hingegen trägt Jeans von “Acne”, benutzt Kosmetik von “La Mer” sowie Duschbad von “Dr. Hauschka”, duftet nach “Shalimar”, trinkt “E3 live” und besitzt eine Hifi-Anlage von “Bang&Olufsen”, eine Küche von “Gaggenau”, Tisch und Stühle von “Knoll”, Möbel von “Dedon” sowie eine Uhr von “Milus” (für die Becker selbst Werbung macht). Tommy Haas hat einen Kühlschrank von “Sub Zero”, einen Fernseher von “Sony” sowie Taschen von “Dunlop” und “Limited Sports” (für die Haas selbst Werbung macht). Ralf Möller (der u.a. für die Kosmetikfirma “LR” Werbung macht) duftet nach “Ralf Moeller” von “LR”, hat einen Fernseher von “Sony”, einen Computer von “Apple”, einen Gasherd von “General Electric” und eine Trainingstasche von “Louis Vuitton”. Aber vielleicht spulen wir — Ikea St.Barth Helena Rubinstein Transvital Gucci Boss Medion Studio 39 Balay Apple Wasser-Maxx Ewe Miele Ikea Minotti NEC AquaTech Bang&Olufsen JAB Anstoetz — schnell mal weitere vier Folgen vor, denn (hechel) gestern hat sich Christiane Hoffmann fraglos selbst übertroffen: Mit rund 20 (!) Markennamensnennungen* in einer einzigen Homestory unangefochten auf Platz 1 der “Zu Hause bei”-Charts liegt… Susaaaaaaaan Sideropoulos!

*) Nicht markennamentlich genannt wurden in “Bild” übrigens die Hersteller von Sideropoulos’ “japanisch anmutenenden Bambusrollos”, ihres “L-förmigen Sofas”, eines “weißen Regalbretts”, der “Whirlpoolwanne unter Schrägfenstern”, der “Heizdecke” und des “Glas-stählernen Aufzugs im Hinterhof”. Ach ja: Und wenn dieser “neun-armige Kerzenleuchter” in Sideropoulos’ Wohnung von Villeroy & Boch oder Pioneer wäre, wüsste Christiane Hoffmann vermutlich auch, dass er nicht “Menora” heißt.

Mit Dank für die vielen Hinweise zur Menora.

6 vor 9

Störer im Stadt-Bild: Wie 50 junge Münchner mit der Macht der Medien spielen
(jetzt.sueddeutsche.de, Roland Schulz)
Die Schlagzeile war gewohnt gewaltig und ungewohnt absurd: ?Leser wehrt euch! 23 Exkremisten dönern deutsche Buben zu Tode? war am 19. Februar in München auf den Plakaten zu lesen, mit denen ?Bild? seine Zeitungskästen bestückt. Ein Scherz? Schnell stellte sich heraus, dass es sich um eine gefälschte Schlagzeile handelte.

Armes Opfer “Bild”-Zeitung
(taz.de)
Presserat weist den Vorwurf des Springer-Blatts zurück, die jüngste Schleichwerbung-Rüge sei politisch motiviert.

Wahlkampf im Internet
(sf.tv, Video, 3:55 Minuten)
Flugblätter verteilen und öffentliche Brandreden halten war gestern. Auch in der Schweizer Politik gilt zunehmend: Wer neue Wähler mobilisieren will, geht mit seiner politischen Botschaft online. 10vor10 zeigt gelungene Beispiele und erste Gehversuche von Netz-Kampagnen unterschiedlichster politischer Couleur.

Alphablogger der deutschen Blogosphäre. Heute: Robert Basic, Messias wider Willen?
(readers-edition.de, Peter Turi)
Über 1.700 Blogger haben ihn zitiert und verlinkt, zwischen 4.000 und 8.000 Menschen besuchen täglich seine Seite www.basicthinking.de. Basic hat kroatische Wurzeln, spricht sich also eigentlich Baschitsch, ist 40 Jahre alt und hat zwei Kinder.

Tausendundein Missverständnis
(spiegel.de, Yassin Musharbash)
Irgendwo zwischen BBC, CNN, al-Dschasira und al-Qaida, da muss doch die verflixte Wahrheit liegen! In Lugano diskutierten arabische und westliche Medienexperten darüber, warum sie einander einfach nicht verstehen. Die magischen Momente: Debatten voller Selbstkritik.

?Absurd?, sagte Fischer. Und kam nicht
(tagesspiegel.de, Thomas Eckert und Joachim Huber)
Jörg Thadeusz will sie alle, aber nicht alle wollen zu ihm. Ein Gespräch über Gäste und ?Jörgs Allerlei?.

Knallhart recherchiert (3)

Kürzlich hatte sich ja (wie berichtet) die “Bild”-Zeitung öffentlich darüber beschwert, dass der Presserat sie für einen Fall von Schleichwerbung gerügt hat. In einer Pressemitteilung hieß es, der Presserat habe die Rüge ausgesprochen, “um in einwandfreie journalistische Arbeit politisch einzugreifen” und sich bei seiner Entscheidung “offensichtlich von politischen Beweggründen” leiten lassen.

Die Frage, um welche “politischen Beweggründe” es sich dabei handeln soll, wollte “Bild” uns bislang leider nicht beantworten — dafür aber der “taz”*. Und zwar so:

Im Presserat herrsche seit einiger Zeit der Trend, “Schleichwerbung zum Trend zu machen”. Doch diesen Trend gebe es statistisch überprüfbar gar nicht. Der Presserat sorge vielmehr nun für eine Art sich selbst erfüllende Prophezeiung.

Laut “taz” findet der Presserat den “Bild”-Vorwurf “so absurd, dass man sich ‘nicht genötigt sehe, darauf einzugehen'”.

*) Nachtrag, 20.3.2007: Wir sind zwar nicht das tazBLOG, aber…
… die “taz” beginnt ihren Artikel mit den Worten: “Natürlich könnte man es als peinlich einstufen, wenn die Berichterstattung über Urlaubsreisen in einer großen Tageszeitung (Bild) in erster Linie aus den dürren Fakten besteht, die das jene Urlaubsreisen anbietende Unternehmen (Aldi) auch in seinen Anzeigen aufführt.” Jedoch könnte man es (mit Dank an BILDblog-Stammleser Dirty Harry für den Hinweis) natürlich ebenfalls als peinlich einstufen, wenn auch die Berichterstattung über Urlaubsreisen in einer kleinen Tageszeitung (“taz”) in erster Linie aus den dürren Fakten bestand, die das jene Urlaubsreisen anbietende Unternehmen (Aldi) auch in seinen Anzeigen aufführt.

Knallhart recherchiert

Anders als bei dieser gemeinsamen Aktion von “Bild” und Lidl hat der Presserat nun u.a. die “Bild”-Zeitung “wegen Schleichwerbung” gerügt. In einer aktuellen Pressemitteilung heißt es dazu:

BILD hatte unter Angabe von Preisen über das erstmalige Angebot von Reisen durch einen Lebensmitteldiscounter berichtet und dabei auf eine telefonische Bestell-Hotline und eine Internetseite hingewiesen.

Und tatsächlich war (nachdem “Bild” vorab schon mal berichtet hatte) am 4. Januar folgender Artikel erschienen:

“Bild” schrieb (für alle, die das jetzt nur schwer entziffern können):

Ab morgen gibt’s beim Lebensmittel-Discounter ALDI auch Urlaub! BILD hat die besten Angebote jetzt schon recherchiert.
(Hervorhebung incl. Ausrufezeichen von “Bild”)

Es folgten fünf Angebote, weitere Ausrufezeichen sowie der — bereits vom Presserat erwähnte — fettgedruckte Hinweis auf Bestell-Hotline und Internetseite. Dann war der Artikel zu Ende.

Am 5. Januar fand sich in “Bild” folgende halbseitige Aldi-Anzeige mit allen (!) tags zuvor von “Bild” recherchierten (!) Angeboten (die damals übrigens nicht nur die “besten”, sondern auch die einzigen Angebote waren) samt Bestell-Hotline und Internetseite:

Und am 6. Januar meldete “Bild” Vollzug fand sich schließlich noch folgende kleine Meldung auf der “Bild”-Titelseite:

Für “Bild”-Chef Kai Diekmann handelt es sich bei dem ursprünglichen Aldi-Artikel um “einwandfreie journalistische Arbeit”, die (wie es weiter in einer “Bild”-Pressemitteilung heißt) “allein das Informationsinteresse der Öffentlichkeit” befriedigt habe.

Die Rüge des Presserats hingegen sei “inakzeptabel” und stelle einen “massiven Angriff auf das journalistische Selbstverständnis” dar, bei dem sich der Presserat von “politischen Beweggründen” habe leiten lassen*.

*) Um welche “politischen Beweggründe” es sich bei der Entscheidung des Presserats handeln soll, lässt “Bild” offen. Wir haben deshalb bei “Bild” angefragt — und melden uns wieder, sobald wir eine Antwort erhalten haben.
 
P.S.: Öffentlich gerügt wurde “Bild” zudem für “einen Verstoß gegen die wahrhaftige Berichterstattung nach Ziffer 1 sowie eine unangemessen sensationelle Darstellung (Ziffer 11) und Diskriminierung (Ziffer 12)”. Der Presserat schreibt über den Artikel, “der sich mit der Nutzung eines Hauses als Heim für schwererziehbare Kinder und der Bürgerbewegung gegen dieses Heim befasste”:

Die Zeitung hatte unter der Überschrift “Ein Dorf hat Angst” und “Behörde will Heim für Kindergangster im friedlichen […] eröffnen” berichtet und zudem ein ungekennzeichnetes Symbolfoto beigestellt, das einen mit einem Messer bewaffneten Jungen zeigte. (…) Die Zeitung hatte dadurch insgesamt den Eindruck erweckt, als sollten in dem Heim gefährliche Kinder und Jugendliche untergebracht werden. Durch die übertriebene Beschreibung der Ängste eines Teiles der Bevölkerung wird die Situation unangemessen und nicht wahrheitsgemäß berichtet.

Mehr dazu hier, hier, hier und hier.

Hybridjournalismus

Auch wenn sich der Verdacht aufdrängt: Nein, nein, um unzulässige Schleichwerbung bzw. einen Verstoß gegen die (laut Pressekodex und gemäß den “journalistischen Leitlinien” bei Springer) gebotene Trennung von redaktionellen Inhalten und Werbung handelt es sich bei der Toyota-Beseeltheit der heutigen “Bild”-Titelgeschichte selbstverständlich nicht. In einem ähnlichen Fall hielt der Presserat dergleichen jedenfalls für “zulässiges Eigenmarketing”. Warum auch immer.

Doch wenn sich “Bild” und “BamS” nun gemeinsam mit Toyota unter dem gewagten Motto “Wir machen Deutschland sauber” als Umweltschützer gerieren, freuen wir uns einfach abermals über den erstaunlichen Sinneswandel im Hause “Bild”: Hatte die “Bild am Sonntag” doch vor gerade mal zwei Monaten fast eine Seite freigeräumt (siehe Ausriss), um eine angebliche “Empörung im Bundestag” zu promoten — darüber nämlich, dass die Grünen-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt schon seit längerem genau das tut, was “Bild” und “BamS” seit gestern groß anpreisen: einen Hybrid-Toyota fahren.

Mit Dank auch an Stefan M.

Post vom Presserat (2)

In der “Bild”-Zeitung vom 7. August 2006 hieß es in der redaktionellen Rubrik “Blieswoods Lebensregeln” zum Thema “Sagen Sie ja!”:

Ja zum Gefühl Fußball! Ist Ihr Herz noch rund von der WM? Zeit, dass sich die Bundesliga dreht (nur noch 4-mal aufwachen!). Schenken Sie sich ein TV-Abo von “Arena”! Noch nie war Fußball so billig (14,90 Euro/Monat). Schwarz-Rot-Geil: Wir machen weiter! Olé, Olé, Olé!

Wir hielten das schon damals für Schleichwerbung — einen Verstoß gegen Ziffer 7 des Pressekodexes also, wonach Verleger und Redakteure “auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken achten” — und beschwerten uns deshalb beim Presserat (Originaldokument rechts).

Heute nun teilte uns der Presserat mit, dass er unsere Ansicht teilt:

Der Beschwerdeausschuss hält den Verstoß gegen Ziffer 7 des Pressekodexes für so schwerwiegend, dass er (…) die Maßnahme der Missbilligung wählt.

Soweit das. (Eine “Missbilligung” ist für die Zeitung leider folgenlos).

Interessanter an der “Entscheidung des Beschwerdeausschusses 1 in der Beschwerdesache BK1-217/06” (Originaldokument rechts) ist, wie “Bild” beim Presserat auf unsere Beschwerde reagierte. Statt sich inhaltlich mit dem Schleichwerbevorwurf auseinanderzusetzten, beantragte die Rechtsabteilung der Axel Springer AG unsere Beschwerde “wegen offensichtlichen Missbrauchs nicht zu behandeln und zurückzuweisen”, weil BILDblog damit “journalistische Berichterstattung manipuliere”:

Man inszeniere die Wirklichkeit, die man zum Gegenstand der journalistischen Berichterstattung mache, und verstoße damit gegen journalistische Grundsätze wie Wahrhaftigkeit und Glaubwürdigkeit. (…) Eine ernsthafte Absicht, mit den Beschwerden Antworten auf offene Fragen der Berufsethik zu erhalten, die der Klärung bedürften, liege nicht vor.

Dergleichen ist für uns nichts Neues — zumal sich der Presserat auch dieses Mal wieder nicht der Springer-Auffassung anschließen wollte. Nur der Springer-Vorwurf, dass wir “den Presserat mit einer Flut von kommerziell, also sachfremd, motivierten Beschwerden anriefen”, irritiert uns nachhaltig: In den zweieinhalb Jahren BILDblog waren es ungefähr acht.

Themawechsel: Wir suchen übrigens noch Leute, die sich bei Bedarf beim Presserat über “Bild” beschweren.

Ein gutes Stück Arbeit

Die “Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft” hat ein Internetprogramm ins Netz gestellt, mit dem man ausrechnen können soll, wie die Gesetze der Großen Koalition die eigene Finanzlage verändern. Und die “Bild am Sonntag” hat daraus heute einen Aufmacher “So teuer wird 2007 wirklich für Sie!” gemacht.

Das war anscheinend — obwohl die Daten ja von der “Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft” geliefert wurden — noch ein gutes Stück Arbeit: Nicht weniger als fünf Autorennamen stehen in dem Artikel.

Vielleicht haben sich die Fünf die Arbeit ja aufgeteilt. Einer hat sich einen Fehler zur Eigenheimzulage ausgedacht und geschrieben, für jeden, der “ab 2007 ein Haus baut oder eine Wohnung kauft”, gebe es dieses Geld nicht mehr — obwohl das doch schon seit Anfang 2006 gilt. Ein anderer kam auf die lustige Idee zu behaupten, das Jahr 1966 sei die “Zeit des Wirtschaftswunders unter der Regierung von Ludwig Erhard” — obwohl sich das Wirtschaftswunder doch bereits in den 50er Jahren ereignet hatte und 1966 das Jahr der ersten Rezession war, die auch zum Rücktritt Erhards beitrug. Und ein dritter achtete darauf, dass nirgends im Text erwähnt wird, um wen es sich bei der “Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft” handelt — eine umstrittene Lobbyorganisation der Arbeitgeberverbände, die (u.a. mit Schleichwerbung) für wirtschaftsliberale Ideen kämpft.

Und was die anderen beiden “Bild am Sonntag”-Autoren gemacht haben, finden wir auch noch raus.

Danke an Thomas A.!

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