Suchergebnisse für ‘professorin’

Funkes Hellseh-Business, Assange-Berichterstattung, “Hype & Hustle”

1. Dank Soraya: Niemand kann so gut schlecht in die Zukunft sehen wie “Echo der Frau”
(uebermedien.de, Mats Schönauer)
Die Funke Mediengruppe hat für ihre Klatschblätter seit zwei Jahrzehnten eine “Hellseherin” am Start, die mit “durchwachsener Erfolgsbilanz” (Zitat eines Funke-Sprechers) zu beiderseitigem Vorteil in die Glaskugel schaut: Die Funke-Blätter bekommen Sensationsmeldungen, die “Hellseherin” möglichen Kundenzulauf. Mats Schönauer hat dem Verlag eine Reihe von Fragen geschickt und sich wegen einer Funke-Schlagzeile an den Deutschen Presserat gewandt. Die Reaktion des Funke-Imperiums fiel erstaunlich aus.

2. Gegen transfeindliche Medienberichte
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Mehrere Organisationen haben eine Petition gegen transfeindliche Medienberichterstattung gestartet: “Zunehmend werden Medienbeiträge veröffentlicht, in denen von ‘Trans* als Trend’, von angeblich unsicheren Frauenschutzräumen, von einer sogenannten ‘Trans*-Ideologie’ oder von ‘Mädchen, die keine Mädchen sein wollen’ die Rede ist. Diese Berichterstattungen gehen soweit, die Existenz von trans* Personen zur Debatte oder sogar in Frage zu stellen. Sie schüren Ängste und Hass gegenüber trans* Personen, ihrer rechtlichen Anerkennung und gesellschaftlichen Gleichstellung, indem diese als ‘gefährlich’ für die Mehrheitsbevölkerung dargestellt werden.”

3. Warum Julian Assange nur wenig Unterstützung erhält
(infosperber.ch, Rainer Stadler)
Im Fall von Julian Assange seien die Reaktionen aus der Medienwelt auffällig “lau”, die Solidarität sei äußerst schwach ausgefallen, findet Rainer Stadler. In seiner Analyse stellt er Überlegungen an, woran das liegen könnte.

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4. Pinar Atalay in der Hörbar Rust
(radioeins.de, Bettina Rust, Audio: 1:18:53 Stunden)
Die Journalistin Pinar Atalay moderierte viele Jahre die “Tagesthemen” im Ersten, bis sie im vergangenen Sommer zu RTL wechselte. Dort steht sie unter anderem für “RTL aktuell” und das neue Nachrichtenjournal “RTL Direkt” vor der Kamera. In der “Hörbar Rust” erzählt Atalay von ihrer Herkunft, den Umgang mit Interviewgästen und den aktuellen täglichen Herausforderungen in ihrem Job.

5. Wie Medien besser über Traumatisierendes berichten
(deutschlandfunk.de, Stephan Beuting, Audio: 34:15 Minuten)
“Wie können Medien über Missstände bei sensiblen Themen berichten, notwendige Informationen vermitteln und dennoch die Bedürfnisse von traumatisierten Menschen berücksichtigen?” Über diese Fragen diskutieren eine Deutschlandfunk-Hörerin, die Psychologie-Professorin Rita Rosner, Journalismus-Trainerin Fee Rojas und Stephan Beuting aus der Dlf-Medienredaktion.

6. Sie sind so frei
(sueddeutsche.de, Clara Meyer)
Im Doku-Podcast “Hype & Hustle – Die OnlyFans Revolution” (exklusiv bei Spotify) geht es um den Aufstieg der Monetarisierungsplattform OnlyFans, die vielen Sexarbeiterinnen und -arbeitern ein neues Geschäftsmodell bietet. Clara Meyer hat sich die sechs Folgen angehört. Ihr Fazit: “Hype & Hustle bietet das nötige Hintergrundwissen zu der Plattform, unterhaltsam und unaufgeregt aufbereitet.”

KW 23/22: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Klimakrise: Das lange Warten auf den Journalismus
(youtube.com, re:publica, Wolfgang Blau, Video: 24:12 Minuten)
Wolfgang Blau ist Mitgründer des neuen “Oxford Climate Journalism Network” und setzt sich dafür ein, dass Medien ihre Berichterstattung zur Klimakrise verbessern. In seinem Vortrag auf der re:publica erklärt der frühere “Zeit-Online”-Chefredakteur anhand praktischer Vorschläge und Beispiele, was Redaktionen und Medienschaffende dafür konkret tun können.

2. Medienmachende als Marke
(youtube.com, re:publica, Richard Gutjahr, Video: 45:59 Minuten)
Und noch ein Beitrag von der re:publica: Richard Gutjahr hat sich dort mit drei Personen aus der Medienbranche unterhalten, die es geschafft haben, sich als Marke zu etablieren: Eva Schulz, Tilo Jung und Iris Gavric. Wie sind die drei so erfolgreich geworden? Und sind sie selbst die Marke oder deren Formate?

3. Linus Neumann – Chatkontrolle oder digitale Notwehr?
(ardaudiothek.de, Jagoda Marinić, Audio: 1:49:15 Stunden)
Bei “Freiheit Deluxe”, einem Podcast des Hessischen Rundfunks und des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, begrüßt Jagoda Marinić den Digital- und Netzpolitik-Experten Linus Neumann vom Chaos Computer Club. In dem Gespräch geht es unter anderem um Nerds und Hacker, die umstrittenen Pläne zur Chatkontrolle, die Vorzüge des dezentralen Netzwerks Mastodon und die Frage, wie die Internetplattformen unsere Freiheit unterlaufen.

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4. Strategiespirale mit Jan Schulte-Kellinghaus
(dennishorn.de, Audio: 47:05 Minuten)
Nach Stationen beim ZDF und NDR ist Jan Schulte-Kellinghaus nun als Programmdirektor des rbb tätig. Dennis Horn spricht mit ihm über “Boomer und Digitalkompetenz, alte und neue Erfolgskriterien und die Herausforderung, Dinge wegzulassen”. Den Medienwandel erlebt Schulte-Kellinghaus unmittelbar in der eigenen Familie: “Was mich am meisten beeinflusst hat, ist das Mediennutzungsverhalten meiner Tochter. Die ist 19 Jahre alt, und die guckt keine Filme mehr mit uns, die guckt auch kein Fernsehen mehr. Die hört auch kein Radio, obwohl wir sehr viel dafür getan haben, dass sie es tut.”

5. Das False-Balance-Dilemma
(youtube.com, Medientage Mitteldeutschland, Video: 59:50 Minuten)
Was können Redaktionen, Journalistinnen und Journalisten tun, um das Problem der False Balance zu überwinden und gleichzeitig ihrem journalistischen Handwerk gerecht zu werden? Wo liegt die Grenze zwischen Fakten und Meinung? Darüber diskutieren Jochen Bittner (Co-Leiter des Ressorts Streit bei der “Zeit”), Klaus Brinkbäumer (MDR-Programmdirektor), Kirsten von Hutten (Sprecherin des Deutschen Presserats) und Maren Urner (Professorin für Medienpsychologie an der HMKW Köln).

6. Schottergärten im Visier: Wenn Kies und Co. die Natur verdrängen
(youtube.com, Der Spiegel – Nicola Goethe & Miriam Carbe, Video: 31:37 Minuten)
Bei Facebook und Instagram, nun ja, erfreuen sich jeweils mehr als 100.000 Fans an den “Gärten des Grauens”. Damit sind Schottergärten von besonderer Trost- und Grünlosigkeit gemeint. Das Satire-Projekt hat einen ernsten Hintergrund, wie in dem Film von “Spiegel TV” schnell klar wird.

Kriegsberichterstattung, Knappes Druckpapier, “BetweenTheLines”

1. “Das Opfer wird ins Rampenlicht gezerrt”
(sueddeutsche.de, Lars Langenau)
Wie sollen Medien vom Krieg berichten? Welche Bilder können und dürfen sie dem Publikum zumuten? Über diese Fragen hat sich die “Süddeutsche” mit Claudia Paganini unterhalten, Professorin für Medienethik an der Hochschule für Philosophie in München. Dazu passender Hörtipp: Wer es ausführlicher mag, dem sei der “SZ”-Podcast “Auf den Punkt” empfohlen, in dem Paganini zu Gast war: Wie die Brutalität des Krieges zeigen? (süddeutsche.de, Lars Langenau, Audio: 12:09 Minuten)

2. “Jeden Tag neuer Horror”
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider & Antje Allroggen, Audio: 9:45 Minuten)
“Die Bilder aus Butscha, auch andere Fotos und Videos aus der Ukraine, sind für viele kaum zu ertragen. Wie muss es dann sein, diese Fotos zu machen, selbst durch die Kameralinse auf Tote zu schauen, in Live-Schalten aus zerbombten Siedlungen zu berichten?” Darüber hat sich der Deutschlandfunk mit Friederike Engst unterhalten, die sich als Psychologin auf die Traumabewältigung bei Journalistinnen und Journalisten spezialisiert hat.

3. “Tagesspiegel” streikt
(taz.de, Ruth Lang Fuentes)
Rund 120 “Tagesspiegel”-Beschäftigte haben gestern gestreikt und die Straße vor dem Redaktionsgebäude blockiert, um eine Kundgebung abzuhalten. Grund für ihren Unmut: Nach Branchentarif solle nur gezahlt werden, falls der Verlag schwarze Zahlen schreibt. Dies sei in den vergangenen zwanzig Jahren jedoch nur einmal vorgekommen.

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4. Damit Journalisten den Kopf frei haben
(verdi.de, Clemens Melzer)
Das zivilgesellschaftliche Hilfsprojekt “BetweenTheLines” bietet Medienschaffenden Begleitschutz bei Versammlungen in Sachsen an. Im Interview erklärt Klemens Köhler wie es zu der Initiative kam: “Was den Ausschlag für unsere Gründung gegeben hat, war die Verstetigung von Angriffen durch ‘normale’ Versammlungsteilnehmer*innen. Immer wieder wurden die gleichen Journalist*innen insbesondere am Rande von Querdenken-Veranstaltungen angegriffen, hauptsächlich in Dresden. Da haben wir gesagt: Wir müssen was machen.”

5. Fünf Dinge, die ich gerne früher verstanden hätte
(journalist.de, Hakan Tanriverdi)
Deutsche Journalistenschule, New-York-Korrespondent für die “Süddeutsche Zeitung”, aktuell Reporter für Cyber- und IT-Sicherheit beim BR – Hakan Tanriverdi hat und hatte spannende Posten in seiner bisherigen Journalisten-Karriere. Daher lohnt es, sich Tanriverdis “fünf Tipps für den Nachwuchs” anzuschauen: “Ich habe mir dann überlegt, welche fünf Punkte ich gerne früher verstanden hätte. Nicht allgemeingültig, sondern meine Perspektive auf den Job als Journalist:in. Etwas, das mir auch heute noch hilft, mich zurechtzufinden.”

6. Bücher knapper, Lücken in Buchhandlungen größer
(mdr.de, Linda Süß & Andrea Besser-Seuß)
“Es gibt in Europa kaum noch hochwertiges Druckpapier zu kaufen. Verlage verschieben manche Veröffentlichungen bereits um Monate, einige Bücher erscheinen gar nicht. Verlage und ihre Druckereien bekommen nur eine Handvoll Titel und die zu einem stattlichen Preis.” Linda Süß und Andrea Besser-Seuß schildern, wie es zu der Papierkrise kam.

Der Fall Assange, Neue Meldepflicht, Harald Schmidts Kalkül

1. Der Fall Assange betrifft uns alle
(reporter-ohne-grenzen.de)
Reporter ohne Grenzen, der Deutsche Journalisten-Verband, die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di und das Netzwerk Recherche haben in einer Pressekonferenz an die deutsche Bundesregierung appelliert, dass diese sich dafür einsetzen soll, dass Julian Assange unverzüglich freikommt: “Das Verhalten Großbritanniens im Fall Assange ist eines Rechtsstaats nicht würdig. Über zwei Jahre konnten wir immer wieder im Gericht beobachten, dass das Verfahren nichts als eine politisch motivierte Farce ist. Die einzige Hoffnung auf eine Freilassung in absehbarer Zeit ist, dass die USA das Verfahren einstellen. Deshalb muss Bundeskanzler Scholz nächste Woche bei US-Präsident Biden darauf dringen, dass die Anklage fallengelassen wird”, so Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen.

2. Zum Umgang der Experten des Boulevards mit COVID-19
(blog.kulturwissenschaften.de, Maren Lickhardt)
Maren Lickhardt, Assistenzprofessorin für Neuere deutsche Literatur und Medien an der Uni Innsbruck, hat sich angeschaut, wie Boulevardmagazine mit dem Thema Covid-19 umgehen. Ihr Fazit: “Sobald die Zeitschriften ihren ersten Reflex, Laienmeinungen Prominenter zu thematisieren, überwunden haben, steht in diesen in keiner Weise in Frage, dass Mediziner:innen, Naturwissenschaftler:innen und Jurist:innen auf ihren jeweiligen Gebieten als maßgebliche Instanz anzuerkennen sind.”

3. Richterbund fordert mehr Staatsanwälte und Richter für Kampf gegen Hass im Netz
(rnd.de, Tobias Peter)
Ab heute müssen Soziale Netzwerke Verdachtsfälle von Straftaten an das Bundeskriminalamt (BKA) melden. Die Justiz sieht eine Lawine an Arbeit auf sich zukommen: Der Deutsche Richterbund erwartet aufgrund der neuen Meldepflicht rund 150.000 zusätzliche Strafverfahren pro Jahr. Für den damit verbundenen Mehraufwand brauche es Hunderte zusätzliche Staatsanwälte und Richter.
Weiterer Lesehinweis: Twitter klagt gegen BKA-Zentralstelle: “Das soziale Netzwerk will keine Daten von Onlinehetzern an das Bundeskriminalamt weitergeben müssen: Nach ‘Spiegel’-Informationen hat Twitter kurz vor einem wichtigen Stichtag Klage eingereicht.” (spiegel.de)

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4. “Es ist gar nicht so einfach, die Stimmungsbremse zu sein”
(dwdl.de, Alexander Krei)
Ulf Röller leitet das ZDF-Studio in Peking. Im Interview mit “DWDL” spricht er über die bevorstehenden Olympischen Spiele, die Arbeitsbedingungen in China und erzählt, wie es sich als deutscher Journalist im fernen Asien lebt.

5. Spotify will Hörer besser informieren
(faz.net)
Dem umstrittenen US-Comedian Joe Rogan wird vorgeworfen, in seinem Spotify-Podcast Falschinformationen über das Coronavirus und Impfungen zu verbreiten. Der kanadische Musiker Neil Young hatte als Reaktion seine gesamte Musik von der Streaming-Plattform entfernen lassen. Spotify hält an Rogan, den man zuvor für viele Millionen US-Dollar verpflichtet hatte, fest, arbeite nach eigener Aussage jedoch an einem “Hinweis”: “Wir arbeiten daran, jeder Podcast-Episode, die eine Diskussion über Covid-19 enthält, einen Inhaltshinweis hinzuzufügen”.

6. Harald Schmidt kann selbst nicht glauben, dass seine alten Spielchen noch funktionieren
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Harald Schmidt hat dem “Spiegel” ein Interview gegeben, bei dem man, wie so oft bei ihm, nicht weiß, was Ernst gemeint und was Schmidtsche Performance ist. Stefan Niggemeier kommentiert: “Immer wieder betont Schmidt im ‘Spiegel’-Interview, dass man keine seiner Aussagen für bare Münze nehmen kann. ‘Ich sage Sätze und gucke, was passiert.’ Für mich reduziert das erheblich den Reiz, seine Sätze zu lesen – und noch mehr, ihm Fragen zu stellen. Aber die ‘Spiegel’-Leute sind da schmerzfrei.” Niggemeiers Fazit: “Es ist bloße kalkulierte Aufmerksamkeitsökonomie, und dass dieses Kalkül aufgegangen ist, beweist die Existenz des Artikels.”

Drostens Hoffnung, Rand der Meinungsfreiheit, Liebesbeziehungen

1. “Ich hoffe, dass man nicht wieder Schulen schließt”
(zeit.de, Giovanni di Lorenzo & Andreas Sentker)
“Ich habe immer wieder dasselbe gesagt: Die Impfung ist der Weg aus der Pandemie, die Impflücken müssen geschlossen werden. Viel mehr gibt es jetzt nicht mehr zu sagen.” Die “Zeit” hat sich mit dem Chefvirologen der Charité, Christian Drosten, über den bevorstehenden Corona-Winter unterhalten. In dem Interview geht es auch um Drostens Blick auf Medien und um die Angriffe bestimmter Medien auf einzelne Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

2. Wie wir trotz der Corona-News nicht zusammenbrechen
(deutschlandfunk.de, Annika Schneider & Antje Allroggen, Audio: 5:25 Minuten)
Die große Menge an Nachrichten und Zahlen zur Corona-Pandemie führen bei vielen Menschen zu Frustration, Abstumpfung und Überlastung. Die Kakophonie der Berichterstattung versetze das Hirn in einen permanenten Zustand der Unsicherheit, sagt Maren Urner, Professorin für Medienpsychologie, im Deutschlandfunk. Die Folge sei Überforderung: “Wir wissen nicht mehr so richtig, wo oben und unten ist, und müssen irgendwie unseren Weg finden.” Urner empfiehlt zu überlegen, wann und wie man sich über Corona-Themen informieren wolle.

3. Am Rande der Meinungsfreiheit
(taz.de, Christian Jakob & Lisa Schneider)
Die Reform des Medienstaatsvertrags macht es möglich, dass die Medienaufsicht gegen Hetze und “Fake News” auf Webseiten vorgehen kann. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) hatte beispielsweise dem Internetportalbetreiber Ken Jebsen einen “Verstoß gegen die journalistischen Sorgfaltspflichten” vorgeworfen und ihn aufgefordert, die monierten Beiträge “kritisch durchzusehen und anzupassen”. Lisa Schneider und Christian Jakob schreiben: “Das Ganze ist fraglos heikel – eine ‘Operation am offenen Herzen der Meinungsfreiheit’ nennt es die Sprecherin der MABB. Dass manche, die die Medienaufsicht in den Blick nimmt, über ‘Zensur’ oder ein ‘Ministerium für Wahrheit’ wie im Roman ‘1984’ klagen, liegt auf der Hand. Dass die Landesmedienanstalten sich selbst immer explizit als ‘staatsfern’ definieren, ändert daran nichts.”

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4. Liebesbeziehungen sind privat
(djv.de, Hendrik Zörner)
Als Reaktion auf eine Ankündigung des Springer-Konzerns stellt der Deutsche Journalisten-Verband klar, dass Liebesbeziehungen zwischen Beschäftigten eines Unternehmens Privatsache seien. Eine Informationspflicht über derartige Beziehungen im Konzern sei mit dem deutschen Recht ebenso wenig vereinbar wie mit dem Grundrecht eines jeden Menschen auf Privatsphäre. Ein Transparenzbericht, der tief in die Privatsphäre von Beschäftigten eingriffe, sei das falsche Gegenmittel zur Bekämpfung von Machtmissbrauch.

5. “Deswegen lohnt es sich, in konstruktiven Journalismus zu investieren”
(meedia.de, Torben Heine)
Seit vielen Jahren wird über konstruktiven Journalismus diskutiert, der Lösungen aufzeigt, statt nur über Negatives zu berichten. In Deutschland habe sich der Ansatz bisher nicht (flächendeckend) etablieren können. Ellen Heinrichs macht sich bei der Deutschen Welle für lösungsorientierten Journalismus stark. Im Gespräch mit “Meedia” verrät sie, warum sich konstruktiver Journalismus für Medien lohnen kann.
Weiterer Lesehinweis: Gemeinnütziger Journalismus: Vorsichtiger Optimismus (kontextwochenzeitung.de, Susanne Stiefel).

6. “Medienkorrespondenz” wird eingestellt
(faz.net, Miguel de la Riva)
Nach knapp 70 Jahren stellt die katholische Kirche ihre Fachzeitschrift “Medienkorrespondenz” ein. Die Berichterstattung über Medien werde von einem neuen Mediendienst fortgesetzt, einem wöchentlich erscheinenden digitalen Dienst der Katholischen Nachrichten-Agentur.

Leichenfledder-Portal “Mannheim24”, Zahnloser Tiger, Kreischsäge Klum

1. “Wir staunen bis heute”: Das Portal “Mannheim24” und die Klicks mit Jan Hahns Tod
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Dem Portal “Mannheim24” ist offenbar jedes Mittel Recht, an Klicks und Reichweite zu kommen, und beutet dazu auf – man muss es leider so sagen – scheinheilige und verabscheuungswürdige Weise den Tod eines TV-Moderators aus. Boris Rosenkranz ist der Sache für “Übermedien” nachgegangen und hat sich an den verantwortlichen Geschäftsführer gewandt. Und der hat Rosenkranz sogar partiell Recht gegeben: “Sie haben in der Grundrichtung ihrer Vorhaltung recht: In der Gesamtbetrachtung mutet es in der Tat seltsam an, dass wir den Vorwurf erheben, dass Instagramer:innen den Tod von Jan Hahn für Reichweite ausnutzen, und wir ebenfalls mit der Berichterstattung Reichweite erzielen.”

2. “Die Medienaufsicht ist ein zahnloser Tiger”
(deutschlandfunkkultur.de, Stephan Karkowsky, Audio: 8:20 Minuten)
Der Partyschlager-Sänger Ikke Hüftgold aka Matthias Distel erhob vor einigen Tagen schwere Vorwürfe gegen den Fernsehsender Sat.1 und die Produktionsfirma Imago TV. Es ging dabei um das Ausnutzen der Not von psychisch vorbelasteten Kindern aus einer prekär lebenden Familie für ein “Frauentausch”-ähnliches TV-Format. Bei Deutschlandfunk Kultur kommentiert Medienwissenschaftler Bernd Gäbler den Vorgang. Gäbler weiß, wovon er spricht: Er ist der Autor der Studie “Armutszeugnis. Wie das Fernsehen die Unterschichten vorführt”.
Weiterer Lesehinweis: Der Streit zwischen dem Partyschlager-Sänger und der Produktionsfirma geht weiter. Distel habe seine Ankündigung wahr gemacht und Strafanzeige gegen Sat.1 und Imago TV gestellt. Die Produktionsfirma gehe ihrerseits mit einer Unterlassungsaufforderung gegen den Entertainer vor: Imago verlangt Unterlassung von Distel, der erstattet Anzeige (dwdl.de, Timo Niemeier).

3. Facebook News in Deutschland, Kampagne gegen Biontech, Wie Influencer Geld verdienen, Aufmerksamkeitsmaschine TikTok
(socialmediawatchblog.de, Simon Hurtz)
Im “Social Media Watchblog” analysiert Simon Hurtz den Facebook-News-Deal vieler deutscher Verlage: Warum machen fast alle großen Verlage mit? Was bezweckt Facebook mit seinem News-Angebot? Warum sollten Verlage vorsichtig sein? Und welche Rolle spielt der Axel-Springer-Konzern? Hurtz bricht das weite Themenfeld im bewährten Analysestil auf die wesentlichen Fakten herunter und endet mit einer überraschenden Schlussbemerkung.

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4. ARD führt “Sprüche vor acht” am Vorabend ein
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Die ARD führt ein neues Format ein: Immer Freitags gegen 19:45 Uhr sollen in der Mini-Sendung “Sprüche vor acht” Redensarten erklärt werden. Die Initiative “Klima vor Acht” hatte lange Zeit (und bislang erfolglos) mit der ARD um ein paar Sendeminuten für Klimaberichterstattung gerungen und ist nun wenig begeistert: “Kein Witz: Das Erste führt nun ‘Sprüche vor acht’ zur besten Sendezeit ein. In jeder Sendung soll eine Redensart anschaulich erklärt werden. Seit Monaten werben wir und tausende Unterstützer:innen für #KlimaVor8. Aber die ARD muss halt Prioritäten setzen.”
Zwar nicht in direktem Zusammenhang mit der “Sprüche-vor-acht”-Entscheidung der ARD, aber inhaltlich doch nah dran – ein weiterer Lesehinweis: Hände mit Sekundenkleber festgeklebt: Klimaaktivisten protestieren bei mehreren ARD-Anstalten (dwdl.de, Timo Niemeier).

5. “KenFM” unter Beobachtung
(tagesschau.de, Florian Flade & Georg Mascolo)
Wie die “tagesschau” berichtet, wird die Plattform “KenFM” nun vom Berliner Verfassungsschutz beobachtet: Die Seite verbreite Falsch- und Desinformation und treibe damit die Radikalisierung der sogenannten “Querdenker”-Szene voran. Das Vorgehen der Behörde sei nicht unumstritten: “Kritiker merken an, der Inlandsnachrichtendienst dürfe sich nicht mit immer mehr Beobachtungsobjekten übernehmen, schließlich gebe es vor allem in den Landesbehörden nur begrenzt Ressourcen. Zudem drohe das Risiko von Klagen. Der Verfassungsschutz müsse außerdem im Bereich von Medien besonders sensibel agieren. Mangelnde Qualität in der Berichterstattung könne beispielsweise kein Grund für eine Überwachung sein.”

6. Faszination “Germany’s Next Topmodel”
(deutschlandfunk.de, Christoph Sterz, Audio: 6:02 Minuten))
Gestern Abend ging die 16. Staffel der Castingshow “Germany’s Next Topmodel” bei ProSieben zu Ende. Was macht die Faszination dieses vielfach kritisierten Formats aus? Der Deutschlandfunk hat dazu zwei Experten befragt, die Journalistikprofessorin Margreth Lünenborg und den Regisseur Kai Tilgen, der selbst für ähnliche Formate gearbeitet hat. Tilgen sagt: “Beim Privatfernsehen erzählt man manchmal halt auch Geschichten, die es gar nicht gegeben hat. Oder die es mit diesem Ende nicht gegeben hat, oder die es mit der Konnotation nicht gegeben hat. Das kann man prima machen.”
Weiterer Lesehinweis: Bei der “Süddeutschen Zeitung” kommentiert Ulrike Nimz das Staffelfinale: “Aufgewachsen mit Instagram, Tiktok, Youtube sind die jungen Frauen längst Profis der Selbstvermarktung. Nach 16 Staffeln ist keine mehr überrascht, wenn sie eine Kakerlake aufs Dekolleté gesetzt oder die Haare abrasiert bekommt, was immer Heidi Klum auch anstellt, um zu verschleiern, dass die Show sich von ernstzunehmender Talentsuche abgewandt hat wie Wolfgang Joop vom natürlichen Alterungsprozess.”

Zwischen den Zeilen, Hedonismus in Filmbewertungen, Schimpfdesaster

1. Aufklärungsarbeit und viel Häme gegen “Bild”
(deutschlandfunk.de, Michael Meyer, Audio: 3:38 Minuten)
Der Axel-Springer-Verlag hat den “Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt wegen eines laufenden Compliance–Verfahrens freigestellt. In den vergangenen Tagen ergoss sich Spott und Häme über den Konzern, dessen Stellungnahme von vielen als unglaubwürdig empfunden wurde.
Weiterer Lesehinweis: Auf Twitter interpretiert ein Anwalt das Springer-Schreiben. Zwischen den Zeilen erkenne er wenig Chancen für Reichelt: “Die kleinen Signale. Das, was eben nicht gesagt wird. Kein Ausdruck des Vertrauens, kein ‘Der Bitte sind wir im Interesse von Redaktion, Verlag und Aktionären gerne nachgekommen’, sondern ein ‘ist erfolgt’. Das Eingeständnis, dass Hinweise vorliegen und diese sogar ‘konkret’ sind. Sie müssen die ‘Glaubwürdigkeit und Integrität’ aller Beteiligten bewerten, also auch von JR? Wenn ich nicht komplett falsch liege, wird es keine Rückkehr geben.”

2. Rund 40 Publisher starten eigenen Newsletter bei Steady
(steadyhq.com)
Viele Publisher nutzen Steady zur Abwicklung von Mitglieder-Abos. Auch wir beim BILDblog tun dies (dabei gleich die Erinnerung: Wer noch nicht BILDblog-Unterstützer oder -Unterstützerin ist, kann dies ganz einfach werden). Nun hat der Dienst ein Tool entwickelt, mit dem die Publikation und Vermarktung von Newslettern möglich ist. Zum Start sind rund 40 Medienschaffende dabei (Transparenzhinweis: Dazu zählt auch der “6 vor 9”-Kurator).
Hörtipp: Bei “Unter Zwei” spricht Levin Kubeth mit Steady-Gründer Sebastian Esser darüber, wie Steady den Newsletter-Markt aufmischen will (1:22:46 Stunden).

3. Ja, Nice! Wie junge Menschen auf Filme schauen
(meedia.de, Sabine Trepte)
Sabine Trepte ist Professorin für Medienpsychologie an der Universität Hohenheim. In ihrem Beitrag bei “Meedia” geht es um die Frage, wie Menschen Filme bewerten. Forscher hätten 35.000 Filmreviews ausgewertet und seien vor allem auf Hedonismus gestoßen: “Wenn also Menschen Filme bewerten, dann teilen sie mit: Ich bin außer mir, euphorisch, fröhlich und begeistert. Ich finde das lustig, ich habe gelacht und mich amüsiert, denn es ging und Liebe, Freundschaft, Familie, Menschen. Es war Horror, hart, böse und deshalb wunderbar. Hedonismus ist das wichtigste Bewertungskriterium!”
Weiterer Lesehinweis: Schatten im Schlaraffenland: Ist der Kunde bei Netflix gar nicht König? (rnd.de, Tilmann P. Gangloff)

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4. Das sind die Nominierten für die Goldenen Blogger 2021
(die-goldenen-blogger.de)
Ende April werden erneut die “Goldenen Blogger” verliehen. Unter den Nominierten in 16 Kategorien finden sich der Wissenschaftspodcast “Methodisch Inkorrekt”, der Unterhaltungskünstler El Hotzo, aber auch etablierte Mediengrößen wie Moderator Kai Pflaume, der für seinen Youtube-Kanal “Ehrenpflaume” nominiert ist. Überraschend: Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel kann auf einen “Goldenen Blogger” hoffen – in der Kategorie “Beste BloggerIn ohne Blog”.

5. Das Schimpfdesaster
(uebermedien.de, Christian Meier)
Christian Meier kritisiert den teilweise überhitzten Ton in der derzeitigen öffentlichen Debatte. Meier denkt dabei an Begriffe wie “Staatsversagen”, die seiner Meinung nach weit über das Ziel hinausschössen: “Wie die ‘Querdenker’ verkennen die Nutzer des Begriffes ‘Staatsversagen’ die Dimension der Gefahr durch das Virus. Ohne einen funktionierenden Staat wäre die Gesellschaft wohl längst an dieser Seuche zerbrochen. Man braucht einen Staat, um das Wüten des Virus zu zügeln. Ungebremst hätte es das Gesundheitssystem kollabieren lassen und einer halben Million Menschen das Leben gekostet.”

6. Erwähne Memphis und dein Account ist gesperrt
(spiegel.de)
Am Sonntag kam es bei Twitter zu einem rätselhaften Phänomen: Wer den Namen der Stadt Memphis erwähnte, egal in welchem Kontext, musste damit rechnen, gesperrt zu werden. Wie es zu dem rätselhaften Fehler kam, sei derzeit nicht bekannt.

Reizdarm Pro reagiert gereizt, Wenig reizende Fragen, Große Gereiztheit

1. Das Dilemma mit kritischen Fragen
(taz.de, Anne Fromm)
Die Medizinerin Sandra Ciesek tritt seit einiger Zeit im Wechsel mit Christian Drosten im Corona-Podcast des NDR auf. Ciesek ist als Professorin für Virologie und Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie in Frankfurt mehr als qualifiziert für diese Aufgabe, wurde jedoch in einem “Spiegel”-Interview mit merkwürdigen Fragen konfrontiert. Die Redaktion verteidigte die Fragen auf Twitter als “kritisch”, “frech” und “provokant”. Anne Fromm hat sich angeschaut, wie dieselben “Spiegel”-Redakteurinnen im Mai mit Cieseks Kollegen Drosten umgegangen sind: “Da ist wenig Provokantes, Freches, Kritisches drin. Das liest sich eher wie Heldenverehrung. Der Spiegel konkretisierte nach der aktuellen Kritik eine Frage an Sandra Ciesek in der Onlineversion des Interviews. Eine der Interviewerinnen schob die Verantwortung für die Fragen dennoch Ciesek selbst zu, die doch bitte im Interview hätte deutlich machen sollen, dass sie mit den Fragen nicht einverstanden sei.”

2. Balance zwischen Empathie und Distanz
(journalist.de, Marianna Deinyan)
Marianna Deinyan gibt zehn Tipps, wie Journalistinnen und Journalisten im Interview mit Personen umgehen können, die Terroranschläge, Naturkatastrophen oder sexuellen Missbrauch erlebt haben. Es sind gute und sensible Ratschläge, die von Verantwortung für die Gesprächspartner zeugen und die man allerhöchstens mit einem elften Ratschlag ergänzen könnte: Es im Zweifel sein zu lassen.

3. Die Krise der Kommunikation – Die große Gereiztheit unserer digitalen Gegenwart (1/2)
(swr.de, Bernhard Pörksen, Audio: 29:56 Minuten)
Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen macht sich Gedanken zur Reizüberflutung durch fragwürdige Nachrichten. All die Falschmeldungen, Verschwörungsmythen und Empörungstexte würden zu einer neuen Gereiztheit führen, die symptomatisch für eine neue Kommunikationskultur sei: “Wir sind gereizt, weil wir im Informationsgewitter in heller Aufregung nach Fixpunkten und Wahrheiten suchen, die doch, kaum meinen wir, ihrer habhaft geworden zu sein, schon wieder erschüttert und demontiert werden.” Pörksens Ausführungen können auch im Manuskript (PDF) nachgelesen werden.

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4. Kijimea Reizdarm Pro: Anbieter droht dem Arznei Telegramm
(arznei-telegramm.de)
Seit mehr als 50 Jahren versorgt das unabhängige “arznei-telegramm” Ärztinnen, Apotheker und Medizininteressierte mit Informationen zu Arzneimitteln. Um unabhängig zu sein, erfolgt die Finanzierung ausschließlich über Abonnements – Werbung gibt es nicht. Nun habe die Redaktion Anwaltspost bekommen, “die wir als unzulässigen Versuch empfinden, durch bloße Drohgebärde unsere redaktionellen Recherchen und Veröffentlichungen zu beeinflussen.”

5. Was hat Sucharit Bhakdi als Experte im Programm der ARD zu suchen?
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier & Holger Klein, Audio: 42:26 Minuten)
Im neuen “Übermedien”-Podcast unterhalten sich Stefan Niggemeier und Holger Klein über die Bhakdi-Panne der ARD. Vergangene Woche hatten MDR und hr-Info den emeritierten Epidemiologen Sucharit Bhakdi unhinterfragt in einem Interview zur Corona-Pandemie zu Wort kommen lassen, obwohl hinlänglich bekannt ist, dass sich Bhakdi außerhalb des wissenschaftlichen Konsenses bewegt.

6. Was besser wäre, als Pornoseiten zu sperren
(netzpolitik.org, Marie Bröckling)
Um Kinder vor verstörenden Inhalten zu schützen, will die nordrhein-westfälische Medienaufsichtsbehörde die großen Porno-Portale dazu zwingen, ihre Inhalte erst nach einer Altersverifikation preiszugeben, und droht ihnen bei Nichtbefolgung mit Netzsperren. Marie Bröckling hat sich bei Medienpädagoginnen und Fachleuten aus der Praxis umgehört, was diese von den Ausweiskontrollen halten und welche anderen Möglichkeiten es gibt, mit dem Thema umzugehen.

7. #Bild verfolgt in Sachen Corona eine besorgniserregende Agenda
(twitter.com, Lorenz Meyer)
Zusätzlicher Link, da aus der Feder des “6 vor 9”-Kurators: Auf Twitter habe ich den Corona-Kommentar des “Bild”-Mitarbeiters Filipp Piatov analysiert. Eine der Erkenntnisse: “‘Bild’ agiert wie der Brand-Gaffer, der nicht nur die Löscharbeiten behindert, sondern die Besitzer des brennenden Hauses mit Hinweisen auf die Gefahren durch Löschwasser verunsichert. Wohlwissend, dass nicht das Wasser das Problem ist, sondern das um sich greifende Feuer.”

Babyfotos mit Nazi-Symbolen, Žižeks Assange-Appell, Late-Night-Handwerk

1. Kein Filter für Rechts
(correctiv.org, Alice Echtermann & Arne Steinberg & Celsa Diaz & Clemens Kommerell & Till Eckert & viele weitere)
Über einen Zeitraum von mehreren Monaten hat “Correctiv” untersucht, wie sich die rechte Szene auf Instagram vernetzt, und hat dazu rund 4.500 Accounts analysiert. Eine unbedingt lesenswerte Recherche, die zeigt, wie geschickt und planvoll dort hinsichtlich Propaganda und Neurekrutierung vorgegangen wird. Lohnenswert ist auch ein Blick in den Begleitartikel “So sind wir vorgegangen”, in dem genau beschrieben wird, wie die Datenrecherche im Einzelnen erfolgte.

2. Sie töten ihn langsam
(freitag.de, Slavoj Žižek)
Der Philosoph Slavoj Žižek vertritt im “Freitag” eine klare Haltung. Wer über den Umgang mit dem Wikileaks-Gründer Julian Assange nicht reden wolle, möge über Menschenrechtsverletzungen weltweit schweigen: “Die Kräfte, die seine Rechte verletzen, sind dieselben Kräfte, die den effektiven Kampf gegen die Erderwärmung und die Pandemie verhindern. Es sind die Kräfte, derentwegen die Pandemie die Reichen noch reicher macht und die Armen am stärksten trifft. Es sind die Kräfte, die rücksichtslos die Pandemie ausnutzen, um unsere sozialen und digitalen Räume zu regulieren und zu zensieren. Kräfte, die uns schützen, aber auch vor unserer Freiheit.”

3. Die Welt braucht Worte
(sueddeutsche.de, Judith Wittwer)
Anlässlich des 75. Geburtstags der “Süddeutschen Zeitung” blickt “SZ”-Chefredakteurin Judith Wittwer auf die vergangene und die bevorstehende Zeit. Der digitale Wandel habe dem Journalismus neue Möglichkeiten eröffnet, doch die klassische Zeitung bleibe wichtig: “Sie hält sich neben dem hoch getakteten digitalen Programm, weil Beschleunigung die Entschleunigung als Gegenstück hat, das Tempo die Muße, das Video das ruhende Bild. Das Scrollen auf kleinen Bildschirmen ersetzt nicht das Blättern in einer Zeitung. Die Seite-Drei-Reportage oder das Buch Zwei lesen viele noch immer mit Vorliebe auf Papier.”

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4. Die Qualität der Berichterstattung über Wissenschaft
(de.ejo-online.eu, Senja Post)
Ob Luftverschmutzung, Klimawandel oder Corona-Pandemie – Wissenschaftsthemen finden in letzter Zeit viel Beachtung. Senja Post ist Professorin für Wissenschaftskommunikation an der Universität Göttingen und wünscht sich zur Qualitätssicherung der Berichterstattung eine entsprechende wissenschaftliche Beobachtung: “Hierzu sollten Themen, die ein hohes Maß an Medienaufmerksamkeit auf sich gezogen haben, in passgenauen, repräsentativen Fallstudien regelmäßig wissenschaftlich analysiert und anschließend diskutiert werden. Dies würde die Qualität der Wissenschaftsberichterstattung vermutlich langfristig erhöhen, den Wert eines qualifizierten Wissenschaftsjournalismus stärken und einen Beitrag dazu leisten, gesellschaftliche Debatten um Umwelt, Technologie und Wissenschaft zu depolarisieren und zu versachlichen.”

5. Die interaktiven Storyteller
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers & Isabelle Klein, Audio: 6:59 Minuten)
Instagram ist nicht nur ein Ort für extrovertierte Social-Media-Junkies und Narzissten, sondern auch eine Plattform für Wissensvermittlung und Journalismus. Gerade junge Nutzerinnen und Nutzer holen sich ihre Informationen oft von dort. Die “Tagesschau” erreicht bei Instagram zum Beispiel mehr als zwei Millionen Menschen. Selina Bettendorf hat einen Leitfaden für Instagram-Journalismus entworfen und verrät, worauf es bei der Berichterstattung auf der Plattform ankommt.

6. Ringlstetter: “Late Night ist scheißschwieriges Handwerk”
(dwdl.de, Senta Krasser)
Moderator, Kabarettist, Musiker und Schauspieler Hannes Ringlstetter lädt im bayrischen Dritten seit vier Jahren Talkgäste in seine Sendung “Ringlstetter” ein. Nun hat er ein neues, zusätzliches Talkformat im Ersten bekommen. Senta Krasser hat sich mit Ringlstetter unter anderem über die Schwierigkeiten des Late-Night-Formats unterhalten und über die Frage, wie schwer es ist, den richtigen Ton für den Stand-up-Anteil zu finden: “Es hilft dir nicht, was wir am Anfang auch getan haben, die besten Late Night-Autorinnen und -Autoren einzukaufen, wenn das, was sie dir für die 20 Minuten vorne zusammenschreiben, mit dem bricht, wofür du als Präsentator stehst.”

Gespenster-Debatte um Lisa Eckhart, Schmutziges Geld, QAnon-Gruppe

1. Wie einmal die Cancel Culture nach Hamburg kam
(zeit.de, Dirk Peitz)
Eine “Gespenster-Debatte” nennt Dirk Peitz die Diskussion um einen abgesagten Auftritt der Komikerin Lisa Eckhart: “Die sogenannte Cancel Culture ist ein Gespenst heutiger Tage. Es besteht im Wesentlichen aus dem Gerücht, dass Menschen mit missliebigen politischen Ansichten heutzutage ausgegrenzt würden bis hin zur Vernichtung ihrer beruflichen Existenz. Wer wen warum angeblich cancelt, ist eine komplizierte Sache, ebenso wie der Nachweis, dass Cancel Culture wirklich am Werk war oder ist.”
Weiterer Lesehinweis: Antisemitismus auf der Bühne als Geschäftsmodell? (diekolumnisten.de, Henning Hirsch).

2. “Das ist eigentlich nicht wiedergutzumachen”
(sueddeutsche.de, Theresa Hein)
Das Online-Reportageformat “STRG_F” (NDR) veröffentlichte jüngst Teile des Vernehmungsvideos des im Mordfall Walter Lübcke angeklagten Stephan E. In der Folge wurde an verschiedenen Stellen über die rechtliche und moralische Bewertung dieser Veröffentlichung diskutiert (“Spiegel”, “Übermedien”, Deutschlandfunk). Es lohnt sich jedoch unbedingt, auch nochmal der Philosophin und Medienethik-Professorin Larissa Krainer zuzuhören, die einige interessante Aspekte in die Debatte einbringt.

3. “Eine Runde Berlin” mit Deniz Yücel
(tagesspiegel.de, Ann-Kathrin Hipp)
27 Stationen, 60 Minuten, ein Gast: Im “Tagesspiegel”-Podcast “Eine Runde Berlin” fährt Ann-Kathrin Hipp mit ihren Interviewgästen einmal im Monat um den Berliner S-Bahn-Ring. Diesmal hat der Journalist Deniz Yücel in der Ringbahn Platz genommen und spricht über seine Haft in der Türkei, die Rückkehr in den Alltag und Berliner AKP-Wähler. Weil es so viel zu erzählen gab, seien es ausnahmsweise etwa 1,3 Runden geworden.

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4. Das schmutzige Geld vom Staat
(taz.de, Alexander Graf)
Mit einem Unterstützungspaket von 220 Millionen Euro will die Bundesregierung den Digitaljournalismus fördern, doch die als Geldempfänger in Frage kommenden Verlagshäuser würden bislang eher verhalten reagieren: Sie würden sich Sorgen um ihre journalistische Glaubwürdigkeit machen und seien zudem in den etablierten Printstrukturen verhaftet. Alexander Graf kommentiert: “Offenbar ist der Druck für einen radikalen digitalen Umbruch noch nicht groß genug – zwei bis drei Jahre seien die meisten Häuser von diesem Ziel noch entfernt. Heißt: Trotz all der Klagen geht es vielen Verlegern mit ihrem Printgeschäft wohl einfach noch zu gut.”

5. Facebook entfernt große Gruppe von Verschwörungstheoretikern
(spiegel.de)
Facebook hat eine circa 200.000 Mitglieder umfassende Verschwörungsgruppe aus dem QAnon-Kosmos gesperrt. Anhängerinnen und Anhänger der teilweise rechtsradikalen und antisemitischen QAnon-Bewegung glauben unter anderem, dass es einen internationalen Kinderhändlerring gebe, der sich aus Hollywoodstars, Politikerinnen und Politikern sowie hochrangigen Beamten zusammensetze. Facebook habe die Sperrung damit begründet, dass in einzelnen Postings die Grenzen zu Mobbing und Belästigung, Hassrede und falschen Informationen überschritten worden seien. Andere QAnon-Gruppen seien auf Facebook aber anscheinend weiterhin online, würden jedoch “überwacht”.
Weiterer Lesehinweis: Verschwörungs-Ideologie zum Mitmachen (spiegel.de, Sascha Lobo).

6. Archivschätze: What we (not actually) lost in the fire…
(wortvogel.de, Torsten Dewi)
“Manchmal, wenn ich mein beträchtliches digitales Archiv sortiere und auf einen alten Scan stoße, dann denke ich wehmütig an das GONG-Archiv zurück und seine in Fotos festgehaltene Chronik der deutschen Unterhaltungsgeschichte. Mag sein, dass das für die neuen Medienmacher ‘oller Kram und Ballast’ war – ich hab’s geliebt. Und ich vermisse es.” Torsten Dewi trauert dem Medien-Archiv der Fernsehzeitschrift “Gong” nach, das bei einem Umzug verschütt gegangen sei.

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