Anfang Dezember vergangenen Jahres wurde die “Bild”-Zeitung mal wieder vom Presserat gerügt. Die Rüge bezog sich auf die “Bild”-Berichterstattung über einen Flugzeugabsturz in Nepal, bei dem 18 Passagiere ums Leben kamen. “Bild” hatte auf der Titelseite unter der Schlagzeile “12 Deutsche im Flugzeug verbrannt!” ein Foto abgedruckt, auf dem “die verkohlten Leichen” geborgen wurden. Im Innenteil hatte “Bild” zudem mehrere unverfremdete Fotos von insgesamt sechs der zwölf deutschen Opfer gezeigt (siehe Ausriss).
“Bild” hatte die Rüge nicht verstanden, und “Bild”-Chef Kai Diekmann bezeichnete sie in einer Pressemitteilung als “rätselhaft”. Die “Bild”-Berichterstattung hätte “nach allen vom Presserat zu vergleichbaren Fällen kommunizierten Kriterien (…), die BILD vorab sorgfältig bedacht hat”, so Diekmann, “ethisch für unbedenklich gehalten werden müssen” (wir berichteten).
Das war Unsinn. Die Kriterien, die der Presserat bei der Rüge gegen die “Bild”-Zeitung kommuniziert hatte, entsprachen ziemlich exakt denen, die der Presserat zu den vergleichbaren Fällen kommuniziert hatte, auf die Diekmann sich in der Pressemitteilung bezog (wir berichteten).
Gestern druckte “Bild” die “rätselhafte” Rüge ab, wie es ihre Pflicht ist. Sie ist, wie üblich, nicht besonders prominent platziert (siehe Ausriss), aber der Text ist vergleichsweiselang – was daran liegt, dass “Bild” eine “Anmerkung d. Red.” hinzugefügt hat. Wie schon in der Pressemitteilung vom Dezember wird darin der DeutschlandRadio-Intendant Ernst Elitz zitiert. Der fand die “Bild”-Berichterstattung am Erscheinungstag in der öffentlichen Blattkritik nämlich völlig in Ordnung, denn “die Welt ist nun mal so wie sie ist”.
“Bild” hat indes immer noch nicht begriffen, dass sie für die Gesamtberichterstattung über den Flugzeug-Absturz gerügt wurde, weil dadurch laut Presserat “die Gefühle der trauernden Angehörigen verletzt” wurden. “Bild” habe einen “assoziativen Zusammenhang zwischen den Abgelichteten im Innenteil und den anonymen Leichen auf der Vorderseite” hergestellt.
“Bild” behauptet heute beim Abdruck der Rüge unbeirrt etwas anderes:
Nö.
Mit Dank an den Hinweisgeber (wir hätten es sonst übersehen).
Bei der “Bild”-Zeitung ist die Meinung weit verbreitet, dass Angeklagte eigentlich irgendwie auch immer schuldig sind. Entsprechend hat “Bild” kein Problem damit, Angeklagte vor einer Verurteilung vorzuverurteilen. Wie schlecht diese Idee ist, zeigt der Fall “Frank M.”:
Anfang Dezember 2008 stand in der “Bild”-Zeitung eine Geschichte, die wie gemacht war für den Boulevard. Es ging darum, “wie die Thea (14) aus Leipzig einen Sexstrolch fing”. “Bild” berichtete groß und ziemlich eindeutig:
Thea ist erst 14 aber unterschätzen sollte man sie nicht. (…) Mit einem Trick und einer großen Portion Mut überführte sie einen Kinder-Schänder! (…) Der Vorwurf laut Staatsanwalt Michael Höhle: zwischen 2001 und 2007 soll er vier Mädchen (11-12) an ihren intimsten Stellen befummelt haben, darunter seine eigene Tochter.
“Bild” ließ kaum Zweifel daran, dass der vermeintliche “Kinder-Schänder” Frank M. schuldig sei. Zwar ließ sie ihn und dessen Anwalt die Vorwürfe kurz abstreiten (“Alle Vorwürfe sind falsch”, “Was meinem Mandanten vorgeworfen wird, stimmt nicht”), schrieb aber direkt im Anschluss:
Doch die Beweislage lastet schwer. Denn es gibt eine Tonaufzeichnung von einer der Taten des Kinderschänders. Die mutige Thea hat Frank M. damit zur Strecke gebracht!
Detailliert schildert “Bild”, wie “Thea” und ihr Bruder mit einem “Handy-Trick” Frank M. “zur Strecke” brachten:
“Am 13. Januar 2007 lockte er mich zu sich (…)”, erzählt das Mädchen. (…) [Ihr Bruder] sollte sie anrufen, nachdem sie bei Frank M. eingetroffen war. Damit er alles mithören und aufzeichnen konnte. In der Wohnung zog sich Frank M. aus, befummelte die Schülerin. (…) Am anderen Ende der Leitung hörte Theas Bruder alles mit, zeichnete das Gespräch auf. (…) “Dann sind wir mit den Handyaufzeichungen zur Polizei, haben ihn angezeigt”, sagt das tapfere Mädchen.
Anfang Januar sprach das Amtsgericht Leipzig Frank M. von “allen Vorwürfen” des sexuellen Missbrauchs frei.
Das überrascht angesichts der geradezu erdrückenden “Beweislage”, die “Bild” nach dem ersten Verhandlungstag schilderte. Allerdings hatte die mit dem Verlauf der Verhandlung ohnehin nur sehr wenig zu tun.
Was womöglich kein Wunder ist. “Bild”-Autorin Angela Wittig war offenbar einen erheblichen Teil der Verhandlung gar nicht im Saal. So schildert es uns jedenfalls der von “Bild” als “Fummler”, “Sexstrolch” und “Kinder-Schänder” verunglimpfte Frank M.: Der erste Verhandlungstermin habe ein paar Stunden gedauert, die “Bild”-Mitarbeiter seien jedoch nach etwa einer Dreiviertelstunde aus dem Saal gegangen und hätten “Thea” draußen “bearbeitet” und offenbar auch fotografiert (siehe Ausriss oben). Am zweiten Verhandlungstermin im Januar, an dem auch der Freispruch verkündet wurde, sei indes niemand mehr von “Bild” da gewesen.
Und anders als das Gericht, das bereits nach dem ersten Verhandlungstermin den seit 2007 bestehenden Haftbefehl gegen Frank M. aufhob, glaubte “Bild” der “mutigen Thea” offenbar jedes Wort und schrieb das am nächsten Tag ohne jede Distanz auf.
Wäre die “Bild”-Zeitung etwas länger geblieben und hätte der Verhandlung mehr Aufmerksamkeit geschenkt, hätte sie eigentlich mitbekommen müssen, was uns der Anwalt von Frank M., Stephan Bonell, erzählt:
dass auf dem vermeintlichen Handy-Mitschnitt des sexuellen Missbrauchs außer Rauschen nichts zu hören gewesen sei;
dass die Polizei das bereits am Tag, als “Thea” Frank M. angezeigt hatte, festgestellt hatte;
dass die Widersprüche in den Aussagen der Mädchen, die Frank M. sexuell missbraucht haben sollte, so groß gewesen seien, dass das Gericht sie als “unglaubwürdig” eingeschätzt habe.
Laut Frank M. handelt es sich bei den Anschuldigungen um eine pubertäre Racheaktion an ihm und seiner Tochter.
Unabhängig davon zeigt die Urteilsbegründung vom Januar, was das Gericht von den Aussagen der “Opfer” hielt. Zu den Anklagepunkten 4., 5. und 6. (insgesamt waren es sechs), die auf der Aussage von “Thea” beruhten und in denen es jeweils darum ging, wie Frank M. sie und andere Mädchen sexuell missbraucht haben sollte, heißt es unter anderem:
Diese Zeugin ist als völlig unglaubwürdig einzuschätzen, nachdem sie (…) dargelegt hat, dass sie das Tatgeschehen zu 4. frei erfunden habe und sich an das Tatgeschehen zu 5. überhaupt nicht mehr erinnern konnte. Ihre Aussagen (…) besonders auf Punkt 6. bezogen, sind darüberhinaus derart widersprüchlich, dass ihnen nicht gefolgt werden kann. Insbesondere durch die Aussagen ihres Bruders (…), der ohne Umschweife in der Hauptverhandlung kundtat, den Angeklagten in den Knast bringen zu wollen, wurde deutlich, dass dem Angeklagten auch das Tatgeschehen vom 13.01.2007 nicht angelastet werden kann.
Pressekodex:
Richtlinie 13.2 – Folgeberichterstattung
Hat die Presse über eine noch nicht rechtskräftige Verurteilung eines Betroffenen berichtet, soll sie auch über einen rechtskräftig abschließenden Freispruch (…) berichten, sofern berechtigte Interessen des Betroffenen dem nicht entgegenstehen.
Zu den zwei weiteren Zeuginnen (die Tochter von Frank M. hatte die Aussage verweigert), merkt das Gericht an, ihre Aussagen seien “bemerkenswert widersprüchlich” zu vorherigen gewesen.
All das hätte die “Bild”-Zeitung spätestens am 6. Januar bei der Verkündung des Freispruchs zumindest in groben Zügen erfahren können – hätte sie sich die Mühe gemacht, über den Ausgang des Verfahrens zu berichten, wie es ihre Pflicht gewesen wäre (siehe Kasten). Hat sie aber nicht.
Für die “Bild”-Zeitung und ihre Leser ist Frank M. immer noch der “Fummler”, der “Sexstrolch” und der “Kinder-Schänder”.
Im Lebach-Urteil von 1973 (…) entschied das Bundesverfassungsgericht, dass eine Berichterstattung über Straftäter unzulässig sei, wenn sie deren Resozialisierung gefährdet. Und das sei schon dann der Fall, wenn “unter Namensnennung, Abbildung oder Darstellung des Täters” im Zusammenhang mit der Tat über ihn berichtet werde, weil eine derartige Berichterstattung “sein Fehlverhalten öffentlich bekanntmacht und seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert.”
Der verfassungsrechtliche Schutz des Persönlichkeitsrechts lasse es nicht zu, “dass die Medien sich über die aktuelle Berichterstattung hinaus zeitlich unbeschränkt mit der Person eines Straftäters befassen”: “Vielmehr gewinnt nach Befriedigung des aktuellen Informationsinteresses sein Recht, “allein gelassen zu werden” zunehmende Bedeutung und setzt den Wunsch der Massenmedien und einem Bedürfnis des Publikums, Straftat und -täter zum Gegenstand der Erörterung oder gar der Unterhaltung zu machen, Grenzen. (…) Auch der Täter, der durch eine schwere Straftat in das Blickfeld der Öffentlichkeit getreten ist und die allgemeine Missachtung erweckt hat, bleibt Glied der Gemeinschaft mit dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Schutz seiner Individualität.”
Als die “Bild am Sonntag” nach der Haftentlassung der ehemaligen RAF-Terroristin Brigitte Mohnhaupt aktuelle Fotos von ihr veröffentlicht hatte (die tags drauf auch “Bild” zeigte), wurde ihr die Veröffentlichung anschließend gerichtlich untersagt.
Als “B.Z.” und “Bild” aktuelle Fotos der ehemaligen RAF-Terroristin Eva Haule nach ihrer Haftentlassung veröffentlicht hatten, wurde ihnen die Veröffentlichung anschließend gerichtlich untersagt.
Als gestern die “B.Z.” aktuelle Fotos des ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar nach seiner Haftentlassung veröffentlicht hatte (obwohl Klar laut “Tagesspiegel” nach seiner Freilassung die Veröffentlichung von Fotos hatte untersagen lassen), kündigte Klars Anwalt an, das Blatt auf Unterlassung, Schadenersatz und Vernichtung des Fotomaterials zu verklagen (wir berichteten).
Und als scherten sich “Bild” und “B.Z.” einen Dreck um die bisherige Rechtsprechung und den Resozialisierungsgedanken, sehen ihre Titelseiten heute so aus:
“B.Z.”-Anwalt Jan Hegemann in der “B.Z.”:
“Die Berichterstattung einschließlich Fotoveröffentlichung ist zulässig.
Die Öffentlichkeit hat ein berechtigtes Informationsinteresse daran, dass Christian Klar Verhandlungen mit einem mit Steuergeldern subventionierten Theater über einen Praktikumsplatz führt.”
In ihrer Berichterstattung verschweigen sowohl “Bild” als auch die “B.Z.” – anders als gestern Bild.de – nicht, dass Klar sein Praktikum beim Berliner Ensemble wegen einer “anhaltenden und agressiven journalistischen Kampagne einzelner Medien” und der “sensationslüsternen Berichterstattung” (bzw. wegen der “B.Z.”-Fotos) abgesagt habe. Die “B.Z.” zitiert sogar ihren eigenen Anwalt, der “die Berichterstattung einschließlich Fotoveröffentlichung” kurzerhand für “zulässig” erklärt (siehe Kasten).
Das ist wenig verwunderlich. Entschieden wird über die Zulässigkeit jedoch – auch wenn die Boulevardzeitungen der Axel Springer AG gern einen anderen Eindruck erwecken – nicht in “B.Z.” und “Bild”, sondern vor Gericht (siehe oben).
P.S.: Unter der Überschrift “Christian, der Dreiste!” wirft “Bild” Klar in einem Kommentar zum wiederholten Mal vor, “nie Anzeichen von Reue gezeigt” zu haben. Und ähnlich steht es auch an anderer Stelle in “B.Z.” (“Klar hat sich bis heute nicht bei seinen Opfern entschuldigt und auch keine Reue gezeigt.”) und “Bild” (“REUE ZEIGT CHRISTIAN KLAR BIS HEUTE NICHT.”).
Ob und inwiefern diese Pauschalbehauptung jedoch überhaupt noch aufrechterhalten werden kann, hat Daniel Boese, Redakteur beim Berliner Stadtmagazin “Zitty”, aus aktuellem Anlass noch einmal in einem lesenswerten Blogeintrag zusammengefasst.
(Wird vermutlich fortgesetzt…)
Nachtrag, 19:00 Uhr. Der Strafverteidiger und Blogger Udo Vetter meint, “Bild” werde Christian Klar für die Veröffentlichung des Fotos ein hohes Schmerzensgeld zahlen müssen — und auf diese Weise zu seiner Resozialisierung beitragen.
Nachtrag, 11.1.2009: In der “Bild am Sonntag” schreibt Kolumnist Peter Hahne “über Christian Klar und seinen Fehlstart in ein neues Leben”:
(…) Auch ein erklärter Staatsfeind hat in unserem Rechtsstaat das Recht auf Rehabilitation. Es gibt noch nicht einmal eine Pflicht zur Reue, wie mir Altbundespräsident Roman Herzog, der die Klar-Familie gut kennt, unlängst sagte. (…)
Illustriert hat die “BamS” Hahnes Kolumne mit den Klar-Titelseiten der “B.Z.” vom Freitag und Samstag, auf denen allerdings (auch online) Klars Gesicht unkenntlich gemacht wurde.
Nachtrag, 12.1.2009(mit Dank an Daniel Boese): Bereits vor zwei Jahren schrieb übrigens Axel Vornbäumen in einem Seite-3-Artikel für den “Tagesspiegel” darüber, dass das öffentliche Bild von Christian Klar als “Hardliner (…), unfähig zu Einsicht und Reue” möglicherweise nicht komplett sei. Interessant ist im Hinblick auf die Haltung von “Bild” insbesondere der Anfang des Textes:
Dieser Tage hat die “Bild”-Zeitung bei Rechtsanwalt Heinz-Jürgen Schneider angerufen, man wird ja schließlich noch mal fragen dürfen. Das Blatt meldete sich mit einer ungewöhnlichen Offerte: Man wäre bereit, Schneiders Mandanten [Christian klar] einen angemessenen Platz zur Verfügung zu stellen, falls der einen offenen Brief schreiben wolle – adressiert an Waltrude Schleyer, inzwischen 90-jährige Witwe des 1977 im “Deutschen Herbst” von der Rote Armee Fraktion (RAF) ermordeten Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer. Eine Entschuldigung wäre gut.
Doch aus dem journalistischen Scoop wurde nichts. (…)
Karl Wendl ist Bild.de-Kolumnist und schreibt seit gut zwei Jahren über nichts Geringeres als “die Zusammenhänge der Weltpolitik”. Schließlich ist Wendl viel herumgekommen: Kriegsreporter in Bosnien und im Irak war er, in Österreich langjähriges Mitglied der Chefredaktion der Wiener Info-Illustrierten “News” und zwischenzeitlich auch mal Auslandschef bei Springers “Welt am Sonntag”. 1998 spürte er (für “News”) den österreichische Millionenbetrüger Wolfgang Rieger in den Bergen vor Nizza auf, zehn Jahre später traf er (für “Bild”) Margot Honecker in Nicaragua; er interviewte Radovan Karadczic (für “News”) und Al Gore (für “Bild”). Für “Bild” beantwortete er im US-Wahlkampf u.a. auch “die wichtigsten Fragen zum ‘schwarzen Kennedy'” und andere (“Der Fluch der Kennedys: Was hat das Schicksal bloß gegen diesen Clan?”, “Ist der Krieg im Irak am Ende doch ein Erfolg?”).
Das ist schon mal schlecht. Noch schlechter ist aber, dass die im Artikel verwendeten Zitate von [Grasser] aus diversen anderen Interviews zusammengesucht waren – ohne Quellenangaben.
Schlecht war das mit den zusammengeklaubten Zitaten offenbar vor allem deshalb, weil Wendls Text damit den Eindruck erwecken konnte, als habe Grasser (der laut “Süddeutsche Zeitung” Wünsche des Magazins nach einem Interview immer abgelehnt haben soll) eine gemeinsame Sache mit der “Vanity Fair” gemacht.
Nun ja.
Wenig später jedenfalls bekam Wendl dann seinen Job bei “Bild” — und eine Bild.de-Kolumne über nichts Geringeres als “die Zusammenhänge der Weltpolitik”.
Darin schrieb er gestern über den arabischen TV-Sender Al Jazeera (siehe Screenshot [pdf]).
Man könnte auch sagen: Wendl schrieb ab — aus einem Artikel über den arabischen TV-Sender Al Jazeera, veröffentlicht am Vortag in der Schweizer “NZZ am Sonntag”, ohne Quellenangabe oder einen Hinweis auf das “NZZ”-Original, dafür aber mit kleinen Abwendlungen (“Gaza-Krieg” statt “Gaza-Krise”, siehe folgende Beispiele).
“NZZ am Sonntag”
Wendls Bild.de-Kolumne
Kein anderer Sender berichtet so ausführlich über die Gaza-Krise, keiner ist so populär und einflussreich in der arabischen Welt. (…)
Kein anderer Sender berichtet so ausführlich über den Gaza-Krieg, keiner ist so populär und einflussreich. (…)
(…) Doch die israelische Regierung tut derzeit genau das Gegenteil. Sie sucht die Nähe zum 1996 gegründeten Sender aus dem Emirat Katar. Aussenministerin Tzipi Livni versorgte den Sender vergangene Woche mit einem Exklusivinterview. Der Oppositionsführer Benjamin Netanyahu gab sich ebenfalls die Ehre, Sprecher der israelischen Regierung und der Armee tauchen im Stundentakt zu Live-Interviews und Talkrunden auf al-Jazira auf.
(…) Die Regierung in Jerusalem macht deshalb das genaue Gegenteil. Sie sucht sogar die Nähe des mächtigen TV-Kanals. Außenministerin Tzipi Livni gab dem Sender ein Exklusivinterview. Oppositionsführer Benjamin Netanyahu trat ebenfalls auf. Die Sprecher der israelischen Regierung und der Armee informieren seit Beginn der Bodenoffensive fast im Stundentakt in Live-Interviews und Talkrunden über die jeweiligen Entwicklungen.
Es sind nicht die einzigen, fast wörtlichen Übereinstimmungen. Kaum eine Info, kaum ein Gedanke in Wendls Kolumne, der sich nicht auch in der “NZZ am Sonntag”-Vorlage fände und von Wendl bloß kunstvoll auseinandergeschnippelt und neu zusammengestückelt wurde.
Aufgefallen war das alles gestern dem Chefredakteur des Schweizer Medienmagazins “Klartext”, Nick Lüthi, der nicht nur in seinem Blog darüber schrieb, sondern auch Wendl um Stellungnahme zum Plagiatsvorwurf bat. Eine Antwort erhielt Lüthi nicht.
Aber seit heute ist die aktuelle Kolumne des “Vollprofis” Wendl aus dem Angebot von Bild.de verschwunden.
Nachtrag, 20.45 Uhr: Karl Wendl weist uns darauf hin, dass Nick Lüthi von ihm inzwischen eine Antwort erhalten habe. Lüthi selbst fasst sie in einem Update seines Blog-Eintrags so zusammen:
Karl Wendls Erklärung für den “Irrtum” lautet wie folgt. Er habe der Redaktion versehentlich eine “Skizze”, statt des fertigen Artikels gemailt und das unfertige Stück sei dann veröffentlicht worden. Als er nach unserem Hinweis den “Irrtum” bemerkte, habe er die Redaktion umgehend angewiesen, den Text von der Webseite zu entfernen.*
*) Wir halten diese Erklärung für unplausibel, sind von Bild.de-Kolumnisten aber auch nichts anderes gewohnt.
Seit einiger Zeit versteckt die “Bild”-Zeitung die Rügen, die der Presserat gegen sie ausspricht, nicht mehr möglichstunauffälligimBlatt, sondern widersprichtlieberlautstark – beweist darin aber deutlich weniger Geschick.
Aktuell sieht sich die “Bild”-Zeitung ja zu Unrecht für ihre drastische Berichterstattung über einen Flugzeugabsturz in Nepal gerügt. Deshalb gab die Axel Springer AG gestern eine Pressemitteilung heraus. “Bild”-Chef Kai Diekmann bezeichnet die Rüge darin als “rätselhaft”, berief sich auf frühere Entscheidungen des Presserats, schien aber gar nicht begriffen zu haben, warum “Bild” eigentlich genau gerügt wurde (wir berichteten).
Der Presserat sah sich daraufhin genötigt, heute seinerseits eine Pressemitteilung herauszugeben, in der er Diekmanns Kritik “entschieden zurück” weist:
Die Rüge für die Abbildung von verkohlten Leichen auf der Titelseite der Zeitung – insbesondere in Verbindung mit Porträtfotos von Absturzopfern im Innenteil – liegt auf einer Linie mit der bisherigen Spruchpraxis des Presserats. Dies zeigen die Entscheidungen des Selbstkontrollgremiums zu Beschwerden über die Veröffentlichung von Fotos vom Concorde-Absturz und der Tsunami-Katastrophe, in denen ebenfalls gerügt bzw. missbilligt wurde.
Damit geht der Presserat explizit auf eine Passage aus der gestrigen Springer-Pressemitteilung ein, in der Diekmann sich so zitieren ließ:
“Nach allen vom Presserat zu vergleichbaren Fällen kommunizierten Kriterien – siehe ‘Stern’ und ‘Spiegel’ zum Concorde-Absturz und Tsunami –, die BILD vorab sorgfältig bedacht hat, hätte diese Veröffentlichung ethisch für unbedenklich gehalten werden müssen.”
Wie sorgfältig “Bild” insbesondere die Begründung des Presserats etwa zur Rüge für die Concorde-Berichterstattung des “Stern” bedacht hat, wird deutlich, wenn man sich anschaut, welche Kriterien der Presserat im Jahr 2000 in seiner Entscheidung kommuniziert hat:
Unter der Überschrift “Die Tragödie – Das Leben geht weiter” zeigt [der “Stern”] die Stelle in Paris, an der am 25. Juli 2000 eine Concorde-Maschine der Air France abgestürzt ist. Das Farbfoto veranschaulicht das Grauen auf dem Trümmerfeld und die Bergungsarbeiten nach der Katastrophe. So sind auf dem doppelseitigen Bild verkohlte Leichen zu sehen. Am rechten Rand der Seite sind die Fotos zweier Ehepaare und eines Mannes eingeblockt, die sich an Bord der Unglücksmaschine befanden. (…)
Der Presserat (…) erteilt der Zeitschrift eine öffentliche Rüge. (…)
Die eingeblockten Fotos der Absturzopfer stellen einen optischen und assoziativen Zusammenhang zwischen den Abgelichteten und den anonymen Leichen her. Das verletzt zumindest die Würde der trauernden Angehörigen.
Zur Erinnerung hier nochmal die Begründung der aktuellen Rüge gegen die “Bild”-Zeitung:
Durch den assoziativen Zusammenhang zwischen den Abgelichteten im Innenteil und den anonymen Leichen auf der Vorderseite wurden die Gefühle der trauernden Angehörigen verletzt.
Was auch immer Kai Diekmann daran nicht verstanden hat – es scheint ein grundsätzliches Problem zu sein.
“Bild”-Chef Kai Diekmann: (…) Wir haben gestern lange über das Foto diskutiert. Finden Sie das nachrichtlich adäquat oder überschreitet es das Maß der Grausamkeit? Unsere Argumentation gestern ist gewesen: Das ist das Nachrichtenfoto – genauso wie wir die Fotos gezeigt haben von den springenden Menschen aus den Twin Towers oder wie wir auch die Fotos gezeigt haben von den angeschwemmten Opfern nach dem Tsunami (nicht nur wir, sondern alle Medien) – und das deshalb hier einfach einen nachrichtlichen Gehalt hat. Ernst Elitz: Die Welt ist nun einmal so, wie sie ist und man kann sie nicht schöner zeichnen. Und wenn es bei einem Flugzeugabsturz Leichen gibt, die ja hier nicht in den Vordergrund gerückt werden, die ha nicht in dem Sinne ins Auge fallen – man sieht ja erstmal die Betroffenheit der anderen Menschen –, so halte ich das für ‘ne akzeptable Lösung.
Man darf die Welt nicht schöner zeichnen als sie ist. Unglücke, Kriege und Katastrophen bei denen Menschen ums Leben kommen, lassen sich nicht verdrängen. BILD hat eine aus der Distanz aufgenommene Totale nach dem Flugzeugabsturz gezeigt. Menschliche Leichen wurden hier keineswegs in den Vordergrund gerückt. Aber das Gesamtbild hat Betroffenheit geweckt. Das Bild hat Wirklichkeit gezeigt, aber keinen Voyeurismus betrieben. An der Wirklichkeit kann man nicht vorbei gehen, auch wenn sie bedrückend ist und betroffen macht. Die Abbildung dieser realen Situation kann beim Fernsehzuschauer und beim Leser Mitgefühl wecken. Auch das ist eine Aufgabe der Medien.
Die “Bild”-Zeitung hatte am 9. Oktober dieses Jahres über einen Flugzeugabsturz in Nepal berichtet, bei dem 18 Passagiere starben. “Bild” zeigte auf der Titelseite unter der Schlagzeile “12 Deutsche im Flugzeug verbrannt!” ein Foto, auf dem “die verkohlten Leichen” geborgen wurden. Zudem druckte “Bild” im Innenteil der Ausgabe mehrere unverfremdete Fotos von insgesamt sechs der zwölf deutschen Opfer.
Für diese Berichterstattung wurde “Bild” nun vom Presserat gerügt.
“Bild”-Chef Kai Diekmann indes ist mit der Rüge nicht einverstanden. In einer Pressemitteilung der Axel Springer AG wird er mit den Worten zitiert:
“Der Presserat misst mit zweierlei Maß und problematisiert mit dieser Entscheidung jede Fotoveröffentlichung, sofern sie Opfer auch nur aus der Ferne zeigt. Nach allen vom Presserat zu vergleichbaren Fällen kommunizierten Kriterien – siehe ‘Stern’ und ‘Spiegel’ zum Concorde-Absturz und Tsunami –, die BILD vorab sorgfältig bedacht hat, hätte diese Veröffentlichung ethisch für unbedenklich gehalten werden müssen. Mit einer solch rätselhaften Entscheidung verunsichert der Presserat die Redaktionen. Vollständigkeit gehört auch zur Wahrheitspflicht der Berichterstattung.”
(Außer Diekmann kommt in der Springer[!]-Pressemitteilung auch DeutschlandRadio-Intendant Ernst Elitz zu Wort, weil er am Tag der Veröffentlichung bei “Bild” zufällig die öffentliche Blattkritik abhielt und die Berichterstattung schon damals als “eine akzeptable Lösung” bezeichnet hatte. In einem ausführlichen Statement äußert er sich jetzt – siehe auch hier – abermals in Diekmanns Sinne.)
Diekmanns Argumentation ist im Prinzip nachvollziehbar, hat aber einen Haken: Sie hat nur am Rande mit der “rätselhaften” Rüge des Presserats zu tun. Das Titelseiten-Foto spielt darin zwar eine Rolle, gerügt wurde jedoch die “Gesamtberichterstattung”, die laut Presserat unangemessen sensationell bzw. respektlos gegenüber dem Leid der Opfer und den Gefühlen von Angehörigen sei und zudem das Privatleben und die Intimsphäre der Betroffenen verletze (Pressekodex Ziffer 11 bzw. Richtlinie 11.3 und Ziffer 8):
Öffentlich gerügt wurde die BILD-Zeitung aufgrund der Berichterstattung zum Absturz eines Flugzeuges im Himalaya, bei dem auch zwölf deutsche Touristen starben. Die Zeitung hatte auf der ersten Seite großformatig ein Foto der Unglücksstelle abgebildet, auf dem verkohlte Leichen zu sehen waren. Im Innenteil wurden zudem Fotos einiger Passagiere veröffentlicht. Dadurch wurde ein Teil der Opfer identifizierbar. Durch den assoziativen Zusammenhang zwischen den Abgelichteten im Innenteil und den anonymen Leichen auf der Vorderseite wurden die Gefühle der trauernden Angehörigen verletzt. (Hervorhebung von uns.)
Im Frühjahr dieses Jahres wurde bekannt, dass eine Mutter in einem Zeitraum von über 20 Jahren drei Babys zur Welt gebracht, möglicherweise nach der Geburt getötet und in die Tiefkühltruhe gelegt hatte. Was danach geschah, fasst die Nachrichtenagentur AP wie folgt zusammen: “Nach dem Fund der Babys war die [Frau] mit ihrem Ehemann und ihrer [erwachsenen] Tochter auf einer Polizeiwache erschienen und hatte Selbstanzeige erstattet. Nach einem Teilgeständnis äußerte sie sich nicht weiter zu den Vorwürfen und galt während ihrer Zeit in der Untersuchungshaft als nicht vernehmungsfähig. Seit Oktober ist die Frau auf eigenen Wunsch in einer psychiatrischen Klinik untergebracht.”
“Bei der Berichterstattung über Unglücksfälle, Straftaten, Ermittlungs- und Gerichtsverfahren (…) veröffentlicht die Presse in der Regel keine Informationen in Wort und Bild, die eine Identifizierung von Opfern und Tätern ermöglichen würden. (…) Sensationsbedürfnisse allein können ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht begründen. (…) Liegen Anhaltspunkte für eine mögliche Schuldunfähigkeit eines Täters oder Tatverdächtigen vor, sollen Namensnennung und Abbildung unterbleiben.”
Zum heutigen Prozessauftakt vorm Landgericht Siegen hatte sich die Angeklagte bis zur Unkenntlichkeit vermummt, trug einen schwarzen Schal überm Kopf und vorm Gesicht und eine Sonnenbrille mit verspiegelten Gläsern vor den Augen – und es ist nicht anzunehmen, dass das einem eigenwilligen Modebewusstsein geschuldet war. Es hatte einen guten Grund.
Denn wie groß das Medieninteresse hier auch sein mag: Das Persönlichkeitsrecht der Angeklagten ist größer. Oder um es – ohne Wenn und Aber – mit den Worten des Presserates zu sagen: Medien müssen in Fällen wie diesem “auf eine erkennbare Darstellung des Betroffenen verzichten”(siehe auch Kasten).
Fast überall, wo heute über den Prozess berichtet wird, finden sich Fotos der vermummten Frau – auch in einem großen Teaser auf der Bild.de-Startseite. Bild.de hat es allerdings nicht dabei belassen, sondern den Teaser und den dazugehörigen Artikel um ein weiteres Foto ergänzt:
Das zweite Foto veröffentlicht Bild.de nicht zum ersten Mal. Schon im Frühjahr, als der Fall bekannt wurde, war es – exklusiv – auf Bild.de und andertags auch auf der Titelseite der “Bild”-Zeitung zu sehen (wir berichteten). Es zeigt die Frau ohne Unkenntlichmachung.
Ob es sich bei dem Foto auf Bild.de jedoch nur um ein (unentschuldbares) Versehen handelt, wird sich spätestens morgen zeigen, wenn die gedruckte “Bild” ihre elfeinhalb Millionen Leser über den heutigen Prozessauftakt unterrichtet.
Nachtrag, 12.11.2008: Nun… Während das unverpixelte Foto der “Todes-Mutter” auf Bild.de nach wie vor online ist, hat die “Bild”-Zeitung (“Hier versteckt sich die Horrormutter”) heute offenbar auf dessen Abdruck verzichtet.
Alphajournalist angegriffen, Journalisten geprügelt, Gebührengelder verscheuert und Jugendliche unter Sauf-Zwang: Unser Rückblick auf die 34. Kalenderwoche.
Fast hätten wir hier die leicht geschmacklose Protestaktion vor der IOC-Zentrale in der Schweiz zum Bild der Woche gemacht – stattdessen entschieden wir uns doch lieber für drei fantastische Sportbilder von den Olympischen Spielen. Und den weißen Panzer, der vor dem Pressezentrum für Erinnerungsfotos posierte.
Michael Johnson, US-amerikanischer Leichtathlet, gemäss Wikipedia vierfacher Olympiasieger und neunfacher Weltmeister, musste sich von Johannes B. Kerner, Mitarbeiter des ZDF, fragen lassen, ob er eigentlich, so als Schnellster, nicht auch gedopt gewesen war. Johnson antwortete: “Das ist eine dumme Frage, auf die ich eigentlich nicht antworten möchte.” Später die Woche fand ein Fussball-Freundschaftsspiel statt, worauf Kerner kurz nach Deutschland und dann wieder nach China geflogen wurde. Was viele als eine Verschleuderung von Gebührengelder ansahen. Auf faz.net kommentierte ein Nutzer: “Kennt die ARD in ganz Deutschland keinen anderen Reporter, der ein Fußballspiel kommentieren kann? Sind wir so arm an Fachleuten?”. Wie stern.de zählte, wurden von den Öffentlich-Rechtlichen über 650 Mitarbeiter nach Peking eingeflogen. Im Vergleich: die BBC kam mit 450 Mitarbeitern aus.
Ein BILDblog-Leser schilderte uns vorgestern folgendes Erlebnis:
Am heutigen Montag, dem 4. August, hatte ich einen handgeschriebenen Zettel im Briefkasten auf dem stand “Lieber , bitte ruf mich an Jörg Bergmann” und eine Handynummer (siehe Ausriss). Mein Vater hatte den Zettel gefunden, und weil ich keinen Jörg Bergmann kenne, rief mein Vater die Handy-Nummer an. Er gab sich zunächst als ich aus, reichte das Telefon aber kurz darauf an mich weiter. Der Mann am anderen Ende erklärte kurz, er sei Journalist, und sagte, es ginge um einen gewissen Stefan B. und ob ich mit ihm befreundet sei. Auf meine Frage, für welche Zeitung er denn arbeitet, antwortete der Mann zunächst nur, er sei freier Journalist. Aber ich wollte es genauer wissen und bekam etwas zögerlich zur Antwort: “Konkret für die ‘B.Z.’ und ‘Bild’.”
Ich gab dem Mann deutlich zu verstehen, dass er nichts von mir erfahren wird, und dass er keine Zitate von mir veröffentlichen darf. Daraufhin sagte der Mann, dass das dann so am nächsten Tag in der Zeitung stehen würde. Mir kam das ein wenig wie eine Drohung vor. Ich sagte dem Mann, dass ich auf keinen Fall Bestandteil der Berichterstattung werden möchte und dass er nicht mehr anrufen soll. Damit war das Gespräch beendet und ich kontaktierte noch einige Leute, die Stefan B. auch kannten, und riet ihnen, nicht mit Journalisten über Stefan B. zu reden. Zum Wohle Stefans, seiner Eltern und ihrem eigenen.
Soweit die Schilderung unseres Lesers.
Gestern fand sich dann folgende Meldung in der “Bild”-Zeitung:
Abiturient Stefan B. (20) ist im grünen Skoda seiner Eltern unterwegs. Er ist mit der Schule fertig, wartet auf einen Studienplatz. Medizin oder Psychologie will der Musterschüler (Abischnitt 1,6) vom -Gymnasium in studieren. Doch dann rast der junge Mann gegen einen Straßenbaum. (…)
Bergmann in “Bild”:
“Sex-Unfall: Foto-Model (20) tot nach Fessel-Spielen” (31.7.2008)
“Anna (11) in diesem Keller vergewaltigt – Straßenmusiker festgenommen” (23.7.2008)
“Ihr Herz schlägt jetzt in der Brust eines 7-Jährigen: Michelle (15) totgerast” (16.2.2008)
“Mädchen (6) auf Schulweg vergewaltigt – Polizei jagt Mann mit weißen Schuhen” (31.1.2008)
“Liebes-Terror! Anna (13) schickte Prügel-Bande zu ihrem Ex” (29.1.2008)
Es ist keine besonders große Geschichte. Vielleicht gab es nichts übermäßig Aufregendes oder gar Skandalöses über Stefan B. zu berichten. Vielleicht hatte Bergmann bei anderen Mitschülern von Stefan B. genauso wenig Glück wie bei unserem Leser. Vielleicht gab es aber auch Wichtigeres.
Anscheinend hat Bergmann aber immerhin ein Foto des tödlich Verunglückten auftreiben können, wie sich aus einem Foto-Nachweis ergibt. Es ist ein wenig unscharf, und Bergmann könnte es aus einem Internet-Angebot wie StudiVZ oder SchülerVZ haben. Das sind bekanntlichbeliebte und ergiebige Quellen für “Bild”-Mitarbeiter auf der Suche nach privaten Fotos von Unfall-Opfern. Und bei StudiVZ beispielsweise gibt es tatsächlich diverse Abi-Fotos des Abschlussjahrgangs von Stefan B.
Allerdings ist der junge Mann auf dem “Bild”-Foto, das einen kleinen Ausschnitt eines Gruppenfotos vom Abi-Ball zeigt, nicht der tödlich verunglückte Abiturient Stefan B. Es ist nur ein junger Mann aus demselben Jahrgang. Stefan B. war nach unseren Informationen überhaupt nicht anwesend, als das Foto entstand.
P.S.: Interessanterweise steht nirgends in der “Bild”-Meldung explizit, dass das Foto Stefan B. zeigt. Wir hoffen, das liegt nicht daran, dass man bei der “Bild”-Zeitung wusste, dass das Foto nicht Stefan B. zeigt.
Nachtrag, 18.44 Uhr: Jörg Bergmann teilt uns auf Anfrage mit, er habe das Foto nicht aus dem Internet, sondern aus dem Umfeld von Stefan B. bekommen. Den Umständen nach habe er keine Zweifel gehabt, dass Stefan B. darauf zu sehen sei. Sonst fände er das sehr schlimm.
Nachtrag, 7.8.2008: “Bild” veröffentlicht heute diese Gegendarstellung: