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Warum? – Darum!

Vor ein paar Wochen hatte “Bild” mal relativ viel Platz für ein paar Halbnacktfotos freigeräumt. “Doch jetzt tauchten neue Bilder auf” hatte “Bild” dazugeschrieben, obwohl die Fotos mehr als ein Jahr zuvor bereits im Fernsehen zu sehen gewesen waren, “Bild” sie sogar selbst beim Fotografen geordert hatte, und wir berichteten. Am vergangenen Sonntag nun griff “Focus TV” die Sache (am Rande eines Beitrags über Weblogs) auf und konfrontierte den stellvertretenden Chefredakteur von Europas größter Tageszeitung, Nicolaus Fest, mit unseren Recherchen.

Nur zur Erinnerung: “Bild” wird täglich über 3,8 Millionen Mal verkauft, von über 11,8 Millionen Menschen gelesen, sie ist die Hauptsäule in Deutschlands größtem Zeitungshaus, laut Springer Chef Mathias Döpfner zudem “in journalistischer Bestform” — und wir dokumentieren Nicolaus Fests “Focus TV”-Antwort auf die Sache mit den Halbnackfotos im O-Ton:

“Also uns werden ja diese Fotos auch angeboten. Wir haben schon mal solche Fälle erlebt, dass uns Fotografen Fotos angeboten haben und gesagt haben: ‘Die sind absolut aktuell, gestern geschossen’ oder so. Wir sind da auch ein bisschen natürlich auf die Informationen der Fotografen angewiesen. Und wir werden der Sache nachgehen. Aber wenn Sie Fotos angeboten bekommen und der Fotograf sagt Ihnen ‘Ham wir gestern geschossen…’ — warum sollten wir denen nicht glauben?”

“Publizistische Begleitung”

In seiner aktuellen Ausgabe (S. 129) berichtet nun auch der “Focus” über die Hintergründe dessen, was “Bild” kürzlich auf ihrer Titelseite “Deutschlands perverseste Wette” nannte und als Einfall einer Schülerin ausgegeben hatte, die gemeinsam mit einer Freundin herausfinden wollte, wer an einem Tag “mehr Männer in die Kiste” bekomme.

Laut “Focus” handelte es sich bei der Aktion jedoch “um einen cleveren PR-Gag“: Armin Lobscheid, Chef des Kölner Bordells “Pascha”, in dem die “Sexwette” stattfand, habe im Vorfeld für deren “publizistische Begleitung” (O-Ton Lobscheid) gesorgt und verschiedenen Medien einen entsprechenden “Themenvorschlag” gemacht. Weiter heißt es:

“Der Kölner ‘Express’ und das RTL-Magazin ‘extra’ hatten wegen ‘zu viel Hardcore’ abgewinkt. ‘Bild’ dagegen signalisierte erfreut Zustimmung, erst in der Kölner Redaktion, dann die Kettwiger NRW-Zentrale, schließlich die Chefredaktion in Hamburg.

So kooperierte Europas größtes Boulevardblatt exklusiv mit Europas größtem Puff.”

Zusammenfassend nennt der “Focus” die Kooperation (die “der Leserschaft allerdings verborgen” blieb) “eine Art Notgemeinschaft gegen Auflagenschwund und Freierabstinenz”, die “Bild” immerhin eine verkaufte Auflage von “deutlich über vier Millionen Exemplaren” beschert habe…

Klong! – Klirr! – Schepper!

Dass Andrea Nahles am 18. Juli (!) bei Focus Online in einem Weblog-Eintrag zur Rechtschreibreform an zwei Stellen fälschlicherweise das statt dass geschrieben hatte, ist peinlich.

Dass “Bild” sie dafür am 15. August (!) zum “Verlierer” des Tages macht, ist zunächst mal seltsam.

Dass “Bild” die Peinlichkeit mit den Worten “Wer im Glashaus sitzt…” kommentiert, ist irgendwie lustig.

Dass “Bild” sie allerdings als “Bundestagsabgeordnete” bezeichnet, obwohl sie doch bekanntermaßen seit 2002 gar nicht mehr im Bundestag sitzt, ist, nun ja… typisch.

Mit Dank an Christoph für den Hinweis.

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PR für Scientology (II)

Heute ist der letzte Teil einer “Bild”-Serie von Norbert Körzdörfer über Tom Cruise erschienen. Mit grenzenloser Bewunderung hat der “Bild”-Reporter drei Tage nacheinander jeweils ganzseitig vor allem immer wieder eines beschrieben: Wie der Schauspieler es geschafft hat, “von ganz unten nach ganz oben” zu kommen.

An einer Stelle lässt Körzdörfer Cruise erklären, was seinem Leben die entscheidende Wendung gegeben hat:

“Erst ein Lerntechnik-Buch von Ron Hubbard († 1986, Gründer von ‘Scientology’, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird) hat aus mir einen neuen Menschen gemacht! Sonst wäre ich nicht das, was ich heute bin… Alle fragen: ‘Wie hast du das geschafft?’ So! Lernen, lernen, lernen! Soll ich lügen?”

Es gibt in den vielen Hundert Zeilen der Serie keine einzige Stelle, an der Körzdörfer den Hauch eines Zweifels erkennen lässt an dem Weg, den Tom Cruise gegangen ist, keine Nachfrage, keine Distanz. Im Gegenteil. Bevor Körzdörfer sich von Cruise verabschiedet (“Wir umarmen uns. Wir lassen uns los. Wir gehen unsere Wege”), urteilt er:

Tom steht zu dem Weg, den er gegangen ist. Er lügt nicht. Er verbirgt nichts.

Körzdörfers Bewunderung beschränkt sich nicht auf den Hollywood-Star Cruise, sie bezieht sich auf den ganzen Menschen, den er als in jeder Hinsicht bewundernswert beschreibt. Wer alle Teile der Serie liest, muss zu dem Schluss kommen, dass das Erfolgsgeheimnis von Cruise Scientology ist. Nur an zwei Stellen erwähnt Körzdörfer den Namen dieser Organisation — beide Male im denkbar positivsten Zusammenhang. Der eine Satz ist der oben zitierte. Darin bleibt die Beobachtung durch den Verfassungsschutz nicht nur unerklärt; der Hinweis darauf wird auch so versteckt, dass er die Botschaft kaum verstellt: “[Die Scientology-Methode] … hat aus mir einen neuen Menschen gemacht”. Der zweite Satz lautet so:

Er kämpft als Vater, Star – und “Scientologe” – gegen Psychopillen für Schüler, gegen Drogen, gegen Kriminalität!

Scientologen, so vermittelt Körzdörfer in “Bild”, werden aus unerfindlichen Gründen vom deutschen Verfassungsschutz beobachtet, dabei machen sie aus erfolglosen Menschen erfolgreiche Menschen und kämpfen gegen das Böse in der Welt.

Wenn Scientology für viel Geld einen Artikel in Auftrag gegeben hätte, der das Wirken und Wesen der Organisation in einem grenzenlos positiven Licht zeigen soll — er hätte nicht besser ausfallen können als diese “Bild”-Serie.

Cruise selbst mischt konsequent Werbung für seinen neuen Film mit Werbung für Scientology. Laut “Berliner Zeitung” bestand er beim Dreh darauf, ein Scientology-Info-Zelt aufstellen zu lassen; “beinah alle Journalisten, die ein Interview mit ihm führen wollten, [mussten] erst eine vierstündige Besichtigungstour durchs Scientology-Quartier bewältigen.” Während der Europapremiere in Berlin wurde “auf der anderen Straßenseite derweil an einem Stand Werbung für Schriften des Scientology-Gründers L. Ron Hubbard gemacht”, schreibt die “Berliner Morgenpost”. Welche Bedeutung die Organisation für sein Leben hat, geht auch aus einem erstaunlichen Interview im aktuellen “Focus” hervor.

Am Montag, als der erste Teil der Serie mit einer fast werblichen Beschreibung der Arbeit der umstrittenen Scientology-Organisation “Narconon” erschien, haben wir “Bild”-Sprecher Tobias Fröhlich telefonisch und in zwei E-Mails um eine Stellungnahme gebeten. Wir schilderten den Fall und stellten folgende Fragen:

  • Warum wirbt “Bild” für Scientology?
  • Warum verschweigt “Bild” die Gefahren von Narconon?
  • Hält “Bild” Scientology für eine unbedenkliche Organisation?
  • Hält “Bild” Narconon für ein unbedenkliches Verfahren?
  • Was antwortet “Bild” dem naheliegenden Vorwurf, sich für einen “Exklusiv”-Besuch bei Tom Cruise für Scientology-PR missbrauchen zu lassen?

“Bild” hat darauf nicht geanwortet.

Volksentscheid II

An diesem Ergebnis kommt kein Politiker vorbei!

schrieb die “Bild”-Zeitung am Samstag über das Ergebnis ihres “Volksentscheids”, bei dem fast 97 Prozent der “Bild”-Leser und RTL-Zuschauer, die an einer Telefonaktion teilnahmen, gegen die EU-Verfassung stimmten.

Das ist natürlich quatsch. Man kommt ganz leicht an diesem “Ergebnis” vorbei: Man ignoriert einfach die originelle “Bild”-Aktion und beschäftigt sich stattdessen mit repräsentativen Umfragen zum Thema. Laut Infratest dimap waren Anfang Mai 59 Prozent der Deutschen für die Verfassung; das Institut polis ermittelte für “Focus” vergangene Woche immerhin noch 44 Prozent Zustimmung.

Danke für die vielen Hinweise!

Nachsitzen!

In der vergangenen Woche rief ein Redakteur der “Bild am Sonntag” in der Programmdirektion der ARD an. Zahlreiche Leser hätten sich beschwert, sagte er, dass die Harald-Schmidt-Sendung nur so selten im Fernsehen komme. Ein Pressesprecher erklärte ihm, dass das von vornherein so geplant gewesen sei; nur am vergangenen Donnerstag habe die Sendung relativ kurzfristig für “Speer und Er” den Platz räumen müssen. Die “Bild am Sonntag” könne ihren unzufriedenen Lesern aber eine frohe Botschaft mitteilen: Harald Schmidt werde in diesem Jahr häufiger als geplant auf Sendung gehen, nämlich 71 statt 64 mal. Eine Handvoll Shows, die eigentlich im Umfeld der Fußball-WM stattfinden sollten, habe man von 2006 auf 2005 vorgezogen, als man feststellte, dass an vielen Terminen abends gar keine Übertragungen von Spielen stattfanden. Deshalb werde Harald Schmidt in diesem Jahr schon früher als geplant aus der Sommerpause zurückkehren.

Im Klartext: An der Gesamtzahl der mit Schmidt in den nächsten Jahren vereinbarten Shows ändert sich laut ARD nichts, und mit der dünnen Präsenz der vergangenen Wochen hat das nichts zu tun.

Vielleicht hat der “Bild am Sonntag”-Redakteur das nicht verstanden. Vielleicht hat er sich auch nicht besonders viel Mühe gegeben, es richtig zu verstehen. Jedenfalls erschien in der Zeitung und im Online-Auftritt dann ein Artikel mit folgenden Aussagen:

Zu wenig gearbeitet!
ARD kürzt Harald Schmidt den Urlaub

Nachsitzen für Harald Schmidt (47)! Weil der TV-Satiriker in den letzten Wochen so selten auf dem Bildschirm zu sehen war, muß er in der zweiten Jahreshälfte mehr Sendungen produzieren als geplant. (…) 71 Sendungen muß der Ex-SAT.1-Star in diesem Jahr abliefern, doch das ist mit der ursprünglichen Programmplanung nicht zu schaffen.

Das ist in dieser Form, nun ja: falsch.

Wäre aber vielleicht nicht so schlimm, denn die “Bild am Sonntag” schreibt häufiger mal Dinge, die nicht stimmen. Schlimm ist, dass diese Dinge von anderen Zeitungen abgeschrieben werden, auch solchen, die sich als seriös ausgeben. Dass an der Meldung der “Bild am Sonntag” etwas faul ist, hätte jeder aufmerksame Redakteur auch ohne weitere Recherche und durch einen Blick ins eigene Archiv wissen können: Bislang war nämlich immer davon die Rede gewesen, dass Schmidt jährlich 64 Sendungen für die ARD produzieren muss, und nicht 71. Warum sollten es plötzlich mehr sein? Und warum sollte die ARD im Mai feststellen, dass diese 71 nach der bisherigen Planung nicht unterzubringen sind? Und wieso sollte es die Schuld von Harald Schmidt sein, dass er u.a. “Speer und Er” weichen musste?

Genug offene Fragen, sollte man denken, um die “Bild am Sonntag”-Geschichte nicht ohne weitere Recherche einfach zu übernehmen. Stattdessen stand sie in den folgenden Tagen fast überall, oft mit den wortgleichen — falschen — Formulierungen: in “Spiegel Online”, bei der “Süddeutschen Zeitung” sowohl Online als auch heute noch einmal in anderer Form in der Druckausgabe, bei “Focus Online”, im Kölner “Express”, in der Österreichischen “Krone”, bei den Nachrichtenagenturen AFP am Sonntag um 12.09 Uhr, AP am Sonntag um 13.47 Uhr, dpa am Sonntag um 13.55 Uhr, dpa am Sonntag um 16.31 Uhr, AP am Montag um 16.25 Uhr, dpa am Montag um 10.40 Uhr und und und.

Keine der genannten Agenturen oder Zeitungen hat den offensichtlichen Widerspruch zwischen den 64 geplanten und 71 von “Bild am Sonntag” behaupteten jährlich zu produzierenden Sendungen erwähnt. Keine fand es nötig, in irgendeiner Form selbst zu recherchieren. Alle haben sich blind auf die ExklusivFalsch-Meldung von “Bild am Sonntag” verlassen.

Nachtrag, 12.45 Uhr: Die ARD hat noch einmal nachgezählt und kommt auf 70 Sendungen in diesem Jahr.

“Bild” enthüllt nichts Ungewöhnliches

Auch wenn beispielsweise Focus Online es mal wieder ungeprüft abgeschrieben hat, ist das, was “Bild” auf Seite 2 ihrer Donnerstagsausgabe “enthüllt” zu haben behauptete, falsch. Unter Berufung auf einen “streng geheimen Bericht” hieß es in “Bild” unter der Überschrift “Bundesbank verschwendet Millionen”:

2003 wurden 642 Mitarbeiter bei vollem Gehalt in den Vorruhestand geschickt, 72 erhielten Abfindungen. Kosten: 214 Millionen Euro!

Tatsächlich betrugen die Kosten aber offenbar nur 21,4 Millionen Euro, wie heute “Berliner Zeitung” u.v.a.m. berichten. In der “Berliner Zeitung” heißt es außerdem, solche Summen seien “in der Branche nicht ungewöhnlich“, und auch eine weitere in der”Bild”-Meldung “enthüllte” Zahl sei “genau genommen, wenig spektakulär“.

Mit Dank an David B. und Michael S. für die Hinweise.

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Sterben in “Bild”

Am gestrigen Mittwoch ist ein Serienkiller im Iran öffentlich ausgepeitscht und dann aufgehängt worden. Es war ein grausames Ritual; die Behörden hatten eigens mit Lautsprecherdurchsagen dafür gesorgt, dass sich viele Schaulustige am Platz der Hinrichtung versammeln.

Die “Bild”-Zeitung illustriert heute mit mehreren großen Fotos den Tod des Mörders. (Bei Bild.de sind teils andere Bilder und Bildtexte.) Ihr Artikel beginnt mit dem Autorennamen und der Ortsmarke “Teheran”, doch der Autor des Textes war vermutlich nicht in Teheran und ganz sicher nicht Augenzeuge der Hinrichtung. Denn seine Beschreibung ist in einigen wesentlichen Punkten falsch.

“Bild” zeigt ein Foto, auf dem der an einen Pranger gefesselte Mörder zu sehen ist. Hinter ihm steht ein Mann im weißen Hemd und schwarzen Jackett. Laut “Bild” zeigt das Foto folgendes:

…dann rammt ihm der Bruder eines Mordopfers ein Messer in den Rücken…

Dies gehöre zu einer “Hinrichtung nach iranischer Tradition”, behauptet “Bild”. Tatsächlich handelt es sich, wie FAZ.net erklärt, bei dem Mann im weißen Hemd nicht um den Bruder eines Mordopfers, sondern allem Anschein nach um einen Beamten. Er rammt ihm auch kein Messer in den Rücken, sondern beaufsichtigt die Schaulustigen. Zwar hat wirklich ein Mann den Mörder am Pranger mit einem Messer angegriffen. Aber es war weder der Mann, den “Bild” zeigt, noch gehörte die Attacke zur rituellen Handlung, wie “Bild” behauptet: Laut Nachrichtenagentur AP und BBC News hat ein Angreifer die Sicherheitsabsperrung durchbrochen und wurde schnell weggeführt.

Auch der von “Bild” erweckte Eindruck, solche grausamen öffentlichen Hinrichtungen seien Alltag im Iran, ist falsch. Der Korrespondent der australischen Zeitung “The Age” schreibt, öffentliche Hinrichtungen seien “relativ selten” im Iran; AP berichtet, solche Hinrichtungen seien auch im Iran umstritten, weil sie dem Bild des Landes im Ausland schadeten.

Anscheinend reichte es der “Bild”-Zeitung nicht, die entsetzlichen Bilder zu drucken, die die grausamen letzten Minuten im Leben eines Menschen zeigen. Sie wollte auch noch ein Foto zeigen vom Gesicht des Mannes in dem Augenblick, in dem ihm jemand ein Messer in den Rücken stößt. Dass es dieses Foto nicht gibt, ist für “Bild” — wie man sieht — kein Hindernis.

(“Focus Online”, das häufig Artikel aus “Bild” und Bild.de ungeprüft abschreibt, hat übrigens auch in diesem Fall den Fehler von “Bild” übernommen und das Foto vom angeblichen Angreifer falsch beschriftet.)

Nachtrag, 21.03.: “Focus Online” hat den Beitrag inzwischen aus seinem Angebot entfernt.

Allgemein  

Kylie wächst über “Bild” hinaus

Am 30. Januar erschien in der britischen Boulevardzeitung “The People” eine Meldung, dass Kylie Minogue in ihrem neuen Video ein paar Zentimeter wachsen werde: Dank eines Computertricks werde sie auf ihren Wunsch hin statt 5 Fuß (1,52 Meter) dann 6 Fuß (1,83 Meter) groß erscheinen.

Heute, am 25. Februar, taucht die Meldung bei Bild.de auf:

Kylie (…) trällert plötzlich mit Modelmaßen ihren neuen Song.

Wie das Briten-Blatt “The People” berichtet, wurde Kylie mit Hilfe modernster Video-Technik gestreckt. So wurde aus dem 1,50 Meter “kleinen” Pop-Floh ein 1,80 Meter großes Super-Model gemacht. Damit erfüllten die Produzenten der Sängerin einen ihrer sehnlichsten Wünsche: Endlich lange Beine! Und sogar noch mehr Kylie-Knack-Po.

Das Deutschen-Blatt hat also die vier Wochen seit der Veröffentlichung in “The People” dazu genutzt, die Geschichte ein bisschen auszuschmücken. Es hat die vier Wochen nicht dazu genutzt, zu recherchieren, ob sie stimmt. Sie stimmt nicht. Jedenfalls nicht ganz.

Kylie wird, wie der Screenshot ahnen lässt und das Video eindeutig zeigt, nicht 1,80 Meter groß, sondern mindestens 2,50 Meter. Und das wäre nun relativ egal, wenn dadurch nicht auch der ganze Rest der “Bild”-Geschichte, all das mit den “Modelmaßen” und den lange lang gewünschten Beinen und dem XXL-Kylie-Knack-Po, als das entlarvt würde, was es ist: Quatsch.

Quatsch, den Bild.de bei “The People” abgeschrieben hat, und den “Focus Online” nun seinerseits bei Bild.de abschreibt, mit der Überschrift “Kylie plötzlich 1,80 Meter groß”, einem alten Foto und dem Bildtext: “Superlange Beine sind Kylies Traum”.

Mit Dank an Dan für den sachdienlichen Hinweis.

Von vorgestern

Zugegeben, der nun folgende Eintrag ist nicht so richtig aktuell, sondern bezieht sich, nun ja, auf die “Bild” von vorgestern. Aber das macht nichts. Schließlich schreibt “Bild” ja bekanntlich “was alle schreiben – bloß früher”. Und so stand da vorgestern eben auch diese Sache mit dem Ring der künftigen britischen Thronfolgergattin Camilla Parker Bowles. Genauer gesagt schrieb “Bild”:

“BILD enthüllt das Geheimnis des Ringes, der die Liebe besiegelt!”

Aha! Nur stand, was “Bild” da am Montag “enthüllt” haben will, bereits Tage vorher in englischen Zeitungen, wurde von der Nachrichtenagentur dpa bereits am vergangenen Samstagmorgen mit dem Hinweis auf “englische Zeitungen” vermeldet und fand sich dementsprechend bereits hie und da (und dort oder hier oder auch hier) wieder. Im Unterschied zu “Bild” fand sich allerdings auch überall ein Hinweis auf darauf, woher die Infos stammten, bevor “Bild” sie vorgestern “enthüllt” zu haben behauptete.

Ganz ähnlich verhält es sich mit Herbert Lee Stivers, dem mittlerweile 78-jährigen US-Soldaten, der Hermann Göring 1946 Zyankali ins Gefängnis geschmuggelt hatte. In “Bild” hieß es dazu vorgestern:

“BILD fand Stivers (…) in Kalifornien, er erzählt exklusiv seine Geschichte.”

Und während man sich noch fragt, wie und wo die “Bild”-Rechercheure den Mann wohl aufgetrieben haben, was es sie wohl für Mühen und Überredungskünste gekostet hat, damit er seine Erinnerung “exklusiv” ausplaudert, hat man auch schon die Antwort gefunden: Strivers Geschichte stand nämlich einfach schon am 7.2. (also nur eine Woche vorher) in der kalifonischen “Los Angeles Times” und wurde beispielsweise am 8.2. hier und hier oder hier sowie hierzulande natürlich hier, hier, hier, hier oder hier mit Hinweis auf die “LA Times” weiterverbreitet.

Ja, und dann ist da ja noch diese Meldung bei Bild.de, ebenfalls von vorgestern, in der es hieß:

Jetzt haben findige Wissenschaftler eine erstaunliche Wirkung von Viagra entdeckt”

Doch wenn die Wissenschaftler wirklich so “findig” waren, wie von Bild.de vorgestern behauptet, waren sie mindestens so “findig” wie Bild.de selbst. Denn offenbar wurde die “erstaunliche Wirkung von Viagra” nicht nur von dem bei Bild.de herbeizitierten “Team amerikanischer und portugiesischer Forscher” herausgefunden, sondern auch von Professor Yaacov Leshem, Pflanzenforscher an der Bar-Ilan-Universität in Ramat Gan in Israel und Professor Ron Wills von der Abteilung für Lebensmitteltechnologie an der Universität Newcastle in Australien. Letzeres jedenfalls geht z.B. aus einer Meldung der “Ärztezeitung” hervor – erschienen im Sommer 1999.

Mit Dank an Michael B., Andreas S., Andreas G., Thiemo R., Tobias L. und Constantin für die sachdienlichen Hinweise.

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