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“Bild” schlachtet altes Möllemann-Video aus

Die heutige “Bild”-Titelschlagzeile ist groß und vielversprechend:

"Möllemann -- Todes-Video aufgetaucht!"

Und auf Seite 2 heißt es dann:

"Ein Amateur-Video beendet alle Spekulationen: Möllemanns Todes-Sprung war Selbstmord"

Was “Bild” heute zu dieser Schlagzeile bewogen hat, ist völlig unklar. “Bild” schreibt:

Welches Geheimnis auch immer Möllemann mit ins Grab nahm: ES MUSS SELBSTMORD GEWESEN SEIN!

Nur diesen einen Rückschluss lässt ein Video zu, dass jetzt bekannt geworden ist.

Dave L., einer der mitgesprungenen Fallschirm-Kameraden, filmte Möllemanns Todessprung mit einer Kamera. Das Video, dass auch Bestandteil der Ermittlungsakte war, liegt BILD vor. Es dauert 15 Minuten und 41 Sekunden.

AUS DEM FILM ERGEBEN SICH KLARE HINWEISE, DASS DER FDP-REBELL DEN FREITOD SUCHTE (…).

Um es also ganz klar zu sagen: Aufgetaucht ist das Video nun offenbar in der “Bild”-Redaktion, die es sich vier Jahre, nachdem es die Staatsanwaltschaft auswertete, angeschaut hat — und nun, anders als die Staatsanwaltschaft vor vier Jahren, noch einmal wild drauflosspekuliert.

Und das, obwohl doch “Bild” selbst schon am 16. Juni 2003, wenige Tage nach Möllemanns Tod, (wie viele, viele andere Medien auch) auf Seite 2 unter der Überschrift “Möllemann stürzte mit ausgebreiteten Armen in den Tod — Der Video-Beweis” über das Video berichtet hatte. Damals hieß es in “Bild”:

Es gibt kaum noch einen Zweifel: Jürgen W. Möllemann verübte Selbstmord! Neue Zeugenaussagen und das Video eines Fallschirmspringers sprechen dafür, dass der Politiker am 5. Juni freiwillig in den Tod sprang. Die Staatsanwälte können den Todessprung jetzt genau rekonstruieren (…). Dave Littlewood, einer der mitspringenden Kameraden, filmt das Geschehen mit einer Videokamera. (…)

Heute nun endet der “Bild”-Bericht mit den zynischen Worten:

Jetzt endlich, nach vier Jahren, findet die Akte Möllemann ihren Frieden.

“Frieden”? Nun ja. Auf Sueddeutsche.de beispielsweise heißt es unter Berufung auf “Bild”:

"Möllemanns Todessturz: Video belegt Freitod-Theorie -- Fast vier Jahre nach dem Tod des früheren Vizekanzlers sind Amateur-Aufnahmen, die die Minuten vor und nach seinem Fallschirmabsturz zeigen, publiziert worden. Die Frage, ob es sich um einen Unfall oder Suizid handelte, dürfte nun beantwortet sein."

Aber auch “Spiegel Online”, FAZ.net, Focus.de* und viele andere halten es für sinnvoll, die Spekulationen der “Bild”-Zeitung mehr oder weniger distanz- und kopflos weiterzuverbreiten. Zuvor hatte die Nachrichtenagentur dpa in einer in sich widersprüchlichen Meldung fälschlicherweise behauptet, “Bild” habe “ein weiteres [sic] Amateur-Video” von Möllemanns Tod veröffentlicht.

Dpa berichtet jedoch inzwischen auch:

Die Staatsanwaltschaft Essen sieht nach einem neuen Bericht über ein Video vom tödlichen Fallschirmabsturz des früheren FDP-Politikers Jürgen Möllemann keine neuen Erkenntnisse. Das Video sei bereits im Ermittlungsverfahren zum Tod Möllemanns ausgewertet und anschließend dem Eigentümer zurückgegeben worden (…).

PS: Hans Leyendecker schrieb 17. Juni 2003 in der “Süddeutschen Zeitung”: “Die Bekannten jenes Springers, der Möllemanns Ausstieg aus der Maschine festhielt, gehen davon aus, dass dieser auch mit Rücksicht auf die Familie den Film mit den letzten Sequenzen nicht verkaufen wird.”
 
 

*) Nachtrag, 14 Uhr: Nur der Vollständigkeit halber wollen wir hier noch einmal dokumentieren, was der “Focus” (25/2003) vor vier Jahren exklusiv berichtete:

Das letzte Video. Die Tragödie filmt Sprungkamerad Dave Littlewood, der an jenem Donnerstag als Letzter die Propellermaschine verlässt. Sein Video soll nun die Frage klären: Freitod oder Unfall? Immer wieder schaut sich der Essener Oberstaatsanwalt Wolfgang Reinicke den Film an, seziert Standbild für Standbild. “Alles normal, nichts Ungewöhnliches zu entdecken.” Der Fokus des Hobbyfilmers richtet sich zunächst auf einen Tandemsprung. Noch ist alles wie immer. Doch plötzlich zeichnet sich im Hintergrund die Katastrophe ab. Der blau-gelbe Schirm mit den Initialen JWM löst sich – ein Körper schießt in die Tiefe. “Weit im Hintergrund ist er auf dem Video zu erkennen. Als kleines schwarzes Pünktchen”, so Ermittler Reinicke. Nichts deutet auf Unfall hin. Ein Beleg für Manipulation fehlt. “Wir schließen aus, dass jemand vor dem Sprung auf Möllemann oder den Schirm eingewirkt hat”, konstatiert der Oberstaatsanwalt. (…) Nur 20 Sekunden nach dem Aufprall ist Bleckmann beim aufgeplatzten Körper seines Kameraden Jürgen. Die anderen Kollegen schreien: “Warum hier, warum hat er das getan?” Die Uhr zeigt 12.38 Uhr.

Nachtrag, 15.30 Uhr: In einem zweiten Artikel zitiert “Spiegel Online” (Überschrift: “MÖLLEMANNS TODESSPRUNG — Videofilmer erwägt rechtliche Schritte gegen ‘Bild'”) nun den Urheber des Möllemann-Videos, Dave Littlewood, der es nach eigenen Angaben “an einem sicheren Ort aufbewahrt” habe:

Ich habe dieses Video nicht freigegeben und habe niemandem die Erlaubnis zur Veröffentlichung gegeben. (…) Es wurde im Juni 2003 von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt. (…) Nach circa vier bis sechs Wochen erhielt ich eine Kopie zurück. Das Original hat die Staatsanwaltschaft behalten.

Die Staatsanwaltschaft Essen hingegen gibt laut “Spiegel Online” an, Littlewood das Original zurückgegeben zu haben. Und Littlewood prüfe nun wegen der Veröffentlichung rechtliche Schritte gegen “Bild”. Vom Verlag Axel Springer gebe es bislang keine Stellungnahme.

Nachtrag, 17 Uhr: Inzwischen hat sich Springer offenbar geäußert. In einer aktualisierten (und um kleine Fehler bereinigten) Fassung des “Spiegel Online”-Artikels heißt es: “Ein Sprecher des Verlags Axel Springer teilte auf Anfrage (…) mit: ‘Unsere Quelle hat uns vertraglich zugesichert, dass die Rechte an besagtem Video bei ihr liegen und sie darüber verfügen kann.'”

Mehr dazu hier.

6 vor 9

“Wenn mir der Chef einer großen Illustrierten droht, hört der Spaß auf”
(sz-magazin.sueddeutsche.de, Alexandros Stefanidis)
Sabine Christiansen hat viel Kritik einstecken müssen. Jetzt wehrt sie sich.

Schurken, Heroen und Clowns auf der «Tagesschau»-Bühne
(nzz.ch, Heribert Seifert)
Die Berichterstattung über das G-8-Treffen in Heiligendamm machte erneut deutlich: Dem Fernsehen fällt es schwer, kritisch Distanz zu wahren, wenn sich Protestbewegungen professionell inszenieren.

Alt, älter, ARD
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Während der “Durchschnittsdeutsche” 43 Jahre alt ist, zählt der “Durchschnittsfernsehzuschauer” 51 Lenze – und wird immer älter.

Was vom Tage übrig bleibt
(merkur.de, Daniel Hildebrand)
Die ?Tagesthemen? im Ersten sind ihr Geld wert, stellten wir vor einigen Wochen fest (siehe Medienseite des RM Nr. 19 vom 10. Mai 2007). Wozu brauchen wir überhaupt eine zweite milliardenteure Anstalt mit einer eigenen News-Show? Das ?heute-journal? stellt sich dieser Frage und beantwortet sie mit einem unverwechselbaren Stil.

Unproduktive Bildschirmarbeiter
(focus.de, Peter Glaser)
Ablenkung ist der Quell wahrer Produktivität. In der digitalen Welt heißt es nicht mehr ?Der Weg ist das Ziel?, sondern ?Der Rand ist die Mitte?.

Zieht nach Halberstadt!
(zuender.zeit.de, Christian Bangel)
Die ostdeutsche Provinz braucht mehr couragierte Bürger. Warum nicht junge, großstädtische Freiberufler, die zum Arbeiten nur ein Notebook brauchen? Wir sprachen mit Sascha Lobo, der den Begriff “digitale Bohème” prägte.

6 vor 9

Orwell im Netz
(zeit.de, Michael Kurzidim)
Mit simpler Bannerwerbung fing alles an. Mittlerweile spähen Konzerne und Marketingagenturen Internet-Surfer als potenzielle Kunden regelrecht aus – mit immer raffinierteren Methoden. Dagegen kann man sich aber schützen.

Totalumbau beginnt
(mediatrend.ch, Ueli Custer)
Mit der Übernahme der Espace Media Groupe hat die Tamedia einen Totalumbau der Schweizer Medienlandschaft eingeleitet, bei dem kein Stein auf dem andern bleiben wird.

Das ganze Netz
(sueddeutsche.de, Ingo Salmen)
Der einstmals betuliche Sender Phoenix hat sich im zehnten Jahr seines Bestehens zum öffentlich-rechtlichen Versuchslabor fürs Web 2.0 entwickelt. Auch die Kanzlerin gratuliert.

Leo Kirchs Einflüsterer
(focus.de, Tanja Treser)
Gezielte Indiskretionen, Dossiers und Medienbeeinflussung sind die Aufgaben eines Medienberaters. Leo Kirchs Spindoktor heißt Norbert Essing.

Der Streit um ?Spiegel TV? eskaliert
(faz.net, Michael Hanfeld)
Die Mitarbeiter von ?Spiegel TV? sind beunruhigt: Sie fürchten, dass ihr Unternehmen bis zur Unkenntlichkeit zerschlagen wird. Und dies wegen eines Machtkampfs zwischen dem Geschäftsführer Mario Frank und dem ?Spiegel?-Chefredakteur Stefan Aust.

Stadtpräsident Ledergerber geht unter die Blogger
(nzz.ch, dau.)
Seit Februar wird auf der Online-Plattform «NZZvotum» das aktuelle politische Geschehen im Kanton Zürich diskutiert. Neu werden sich bekannte Gast- Blogger in die Debatten einschalten – den Anfang macht Zürichs Stadtpräsident Elmar Ledergerber.

Brandanschlag auf Kai Diekmanns Auto verübt

Tatzeit: 22.05.2007, 02:43 Uhr

Tatort: Hamburg-Harvestehude

Unbekannte Täter haben am frühen Morgen in Hmb.-Harvestehude einen Pkw Daimler Benz in Brand gesetzt und sind anschließend geflüchtet. Da ein politischer Hintergrund nicht ausgeschlossen werden kann, hat die Staatsschutzabteilung (LKA 7) die Ermittlungen übernommen. (…)

Soweit eine Pressemitteilung der Hamburger Polizei. Bei dem in Brand gesetzten Pkw Daimler Benz handelt es sich um das Auto des “Bild”-Chefredakteurs Kai Diekmann, einen R-Klasse-Mercedes. Der Nachrichtenagentur dpa sagte Diekmann zu dem Vorfall:

Das war kein Luxusauto, sondern ein Familienkombi.
(Link von uns.)

Zum Anschlag und den möglichen Motiven der Täter wollte sich der “Bild”-Chef nicht äußern.

Nachtrag, 27.5.2007: Am vergangenen Mittwoch ist bei der Nachrichtenagentur dpa ein Bekennerschreiben einer linksextremen Gruppierung namens “Militante Kampagne” eingegangen, das von der Hamburger Polizei für authentisch gehalten wird. Wie dpa und andere melden, begründeten die anonymen Absender ihre Tat mit den bundesweit durchgeführten Polizeirazzien, aber auch mit ihrer ablehnenden Haltung gegenüber “Bild”, die mit ihrer “Meinungsmacht” eine “bedeutende Säule für den Erhalt des kapitalistischen Systems in der BRD” spiele. Weiter heißt es in dem Schreiben: “‘Bild’ lügt, hetzt, erniedrigt, mordet, vergewaltigt jeden Tag.” “Nach MOPO-Informationen” lässt Diekmann sein Haus rund um die Uhr von Objektschützern bewachen.

Fette Schlagzeile gesucht, Alter egal

FORSCHER FINDEN NEUE BEWEISE: Dicke sind in Wahrheit glücklicher!

Die gute Nachricht für alle Übergewichtigen und Gutgläubigen: Die fette Schlagzeile, mit der “Bild” heute aufmacht, ist nicht ganz falsch. Und es könnte sogar stimmen, wenn “Bild” im Artikel selbst schreibt:

Nach dem geplanten Schlank-Programm der Bundesregierung (“Fit statt fett”) sagen Forscher: Schlank allein macht nicht froh — oft sind Dicke sogar glücklicher!
(Hervorhebung von uns.)

Denn vielleicht hat Professor Finn Rasmussen vom Stockholmer Karolinska-Institut das Ergebnis seiner Studie, wonach das Selbstmordrisiko bei Männern mit steigendem Gewicht sinkt, gegenüber “Bild” tatsächlich gestern noch einmal bestätigt. Womöglich, wir wissen es nicht, mit einer Formulierung wie: “Ach, Sie meinen unsere alte Untersuchung, die wir Januar 2006 im ‘American Journal of Epidemiology’ veröffentlicht haben und über deutsche Medien wie die ‘Süddeutsche Zeitung’ oder ‘Focus’ schon vor 16 Monaten berichtet haben? Ja, nee, da hat sich seit damals nichts verändert, da können Sie ruhig noch einmal drüber schreiben.”

Warum “Bild” diese alten Beweise “neue Beweise” nennt? Vermutlich einfach, weil es sonst komisch ausgesehen hätte, mit dem Ausrufezeichen und als Schlagzeile einer Tageszeitung. Dass Rasmussen damals ausdrücklich formulierte, sein für Dicke positives Ergebnis gelte nur für Männer, bei Frauen sei es laut anderer Studien genau umgekehrt, dass die “Bild”-Schlagzeile also auch insofern in die Irre führt, fand die Zeitung offenbar nicht entscheidend.

Die gute Laune der Übergewichtigen trübt sie aber noch im selben Artikel wieder, wenn sie behauptet, ab einem Body-Mass-Index von 25 leide man an “extremen Übergewicht” und brauche “professionelle Hilfe”. Nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO endet bei 25 gerade erst der Bereich des “Normalgewichts”, auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung spricht erst bei einem BMI von 29 bis 30 von “deutlichem Übergewicht”.

Danke an Ralph und Thomas D.!

“Bild” hält zu Söder

Vergangenen Sonntag zitierte die “Bild am Sonntag” diverse CDU- und CSU-Politiker, die sich gegen eine Begnadigung des ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar durch den Bundespräsidenten ausgesprochen hatten. Darunter auch den CSU-Generalsekretär Markus Söder, der im “Spiegel” eine “Begnadigung Klars als ‘schwere Hypothek’ für Köhlers Wiederwahl” bezeichnet hatte.

Am Montag zitierte auch “Bild” Söder mit dieser Äußerung, ebenso wie andere CDU- und CSU-Politiker, die sich kritisch zu einer Begnadigung Klars geäußert hatten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), die wegen dieser Kritik “Respekt” vor dem Bundespräsidenten gefordert hatten, zitierte “Bild” nicht (wir berichteten).

Am Dienstag meldeten quasi alle Agenturen, dass Markus Söder wegen der in “Bild” zitierten Äußerung von Politikern verschiedenster Parteien kritisiert werde. Manche forderten sogar Söders Rücktritt und selbst Kollegen aus der CSU griffen ihn an. Entsprechend berichteten diverse Medien am Dienstag im Internet darüber und/oder am Mittwoch in ihren Druckausgaben. Ein paar Beispiele:

“Focus Online”:

Söder wird auch in der CSU kritisiert

“Spiegel Online”:

CSU nimmt Söder unter Beschuss

“Die Welt”:

Partei-Kollegen greifen CSU-General Söder an

“Frankfurter Allgemeine Zeitung”:

CSU-General Söder in der Kritik (…) auch in der eigenen Partei wurde am Dienstag Missfallen laut.

“Frankfurter Rundschau”:

Söder soll sich bei Köhler entschuldigen (…) auch Politiker der Union haben sich von der Kritik des CSU-Generalsekretärs Söder an Bundespräsident Köhler distanziert.

“Süddeutsche Zeitung”:

Söder bringt selbst Parteifreunde gegen sich auf

“Hamburger Abendblatt”:

CSU-General Söder unter Dauerbeschuss (…) Politiker aller Parteien greifen den Mann aus Bayern an.

“tageszeitung”:

Söder muss auf Gnade der CSU hoffen

“Tagesspiegel”:

Keine Gnade für Söder

Und so weiter…

Kurz gesagt: Kaum eine Zeitung, kaum ein Online-Medium, egal welcher politischen Ausrichtung, kam an dem Thema vorbei. Selbst Boulevardzeitungen wie der “Berliner Kurier” oder gar die, wie “Bild” bei Springer erscheinende, “B.Z.” berichteten darüber.

Doch mindestens eine Zeitung, die vorher über die Äußerung Söders berichtet hatte, berichtete danach nicht über die Folgen:

“Bild”.

Weder am Dienstag, noch am Mittwoch, noch heute findet sich auch nur ein Wort dazu im Blatt*.

Mit Dank an Erik F. für den sachdienlichen Hinweis.

*) Am Mittwoch, als fast alle Zeitungen größer über die Kritik an Söder berichteten, schrieb “Bild” auf ihrer Seite 2 (der wichtigsten Politik-Seite) lieber über den Trauzeugen von “Bild”-Chef Kai Diekmann, der für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen ist. Zwei ehemalige polnische Außenminister und ein ehemaliger polnischer Ministerpräsident finden nämlich, dass Helmut Kohl ihn verdient hätte.

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“Bild” sucht Killer für Köhler

"Köhler fuhr zu RAF-Mörder Klar -- Herr Bundespräsident, diese Herren würden sich auch über Ihren Besuch freuen"Schon möglich, dass Sven Böttcher, Hans-Jürgen Rösner und Dieter Zurwehme sich über den Besuch des Bundespräsidenten freuen würden, wie “Bild” heute behauptet. Ebenso wahrscheinlich ist es jedoch, dass es den drei wegen mehrfachen Mordes Verurteilten völlig egal sein dürfte, ob Horst Köhler bei ihnen vorbeischaut.

Aber der Reihe nach.

“Bild” echauffiert sich heute großflächig auf der Seite 2 (siehe Ausriss) darüber, dass Horst Köhler sich mit dem Ex-RAF-Terroristen Christian Klar getroffen hat, um sich persönlich ein Bild von ihm zu machen, bevor er über dessen Begnadigung entscheidet. “Bild” schreibt:

Dass sich unser Staatsoberhaupt mit einem neunfachen Mörder getroffen hat, dass er ihn besuchte ist für viele Bürger und Politiker eine unerträgliche Vorstellung!

“Bild” zitiert den bayrischen CSU-Wirtschaftsminister Erwin Huber (“Eine Privilegierung der RAF-Mörder dient nicht dem Rechtsfrieden in Deutschland.”), Bayerns CSU-Ministerpräsident Edmund Stoiber (“Es könnte von manchen wie ein später Sieg der Terroristen gedeutet werden, wenn der Staat so tut, als wären RAF-Mörder die besseren Mörder!”) und CSU-Generalsekretär Markus Söder, der “intern deutlich” gemacht habe, dass eine Begnadigung Klars für Köhler “eine schwere Hypothek” für eine Wiederwahl als Bundespräsident wäre. Außerdem zitiert “Bild” Joachim Zeller (CDU), der Köhler “in diesem Punkt” nicht verstehe — und übrigens angeblich “Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte” sei, in Wahrheit aber seit 2006 bloß noch stellvertretender Bezirksbürgermeister ist.

“Bild” zitiert nicht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und nicht Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), die beide gestern als Reaktion auf die Kritik an Köhler mehr Zurückhaltung in der Debatte und “Respekt” vor dem Amt, der Person und dem Urteilsvermögen des Bundespräsidenten gefordert hatten.

Aber zurück zu den mehrfachen Mördern, zu deren Besuch “Bild” den Bundespräsidenten quasi auffordert. “Bild” schreibt:

IM KLARTEXT: Muss sich der Bundespräsident auch auf den Weg zu anderen verurteilten Mördern machen, wenn sie um ein Gespräch bitten? Könnten sich Killer wie der Gladbecker Geiselgangster Hans-Jürgen Rösner, der 1988 mit seinem Komplizen Degowski einen Bus kaperte (2 Tote), dann wohl auch über einen präsidialen Besuchsdienst freuen?

“Bild” lässt diese Fragen offen. Aber wir können sie beantworten. Und zwar mit einem schlichten “nein”. Denn weder Rösner noch Böttcher oder Zurwehme hätten besonders viel mit dem Bundespräsidenten zu besprechen. Jedenfalls nicht, was eine mögliche Begnadigung angeht. In Paragraph 452 der Strafprozessordnung steht:

In Sachen, in denen im ersten Rechtszug in Ausübung von Gerichtsbarkeit des Bundes entschieden worden ist, steht das Begnadigungsrecht dem Bund zu. In allen anderen Sachen steht es den Ländern zu.

IM KLARTEXT: Der Bundespräsident wäre für Begnadigungen von Böttcher, Rösner und Zurwehme gar nicht zuständig. (was übrigens in einem lehrreichen Text von Heribert Prantl in der “Süddeutschen Zeitung” von heute recht deutlich wird). Sie alle wurden von Landgerichten verurteilt und damit nicht “in Ausübung von Gerichtsbarkeit des Bundes”. Um es mit Prantl zu sagen: “Als ‘Gnadenherr’, wie es so schön heißt, betätigt sich der Bundespräsident nur für Agenten und Terroristen (…).”

Insofern hätte “Bild” ihre Seite 2 heute ebensogut mit einem schönen Foto bestücken können.

Mit Dank an Thomas M., Christian A., Moritz A., Moritz E. und Hariolf B. für die sachdienlichen Hinweise.

P.S.: Der Bundespräsident hat mittlerweile entschieden, dass er Christian Klar nicht begnadigt (wir berichteten). “Der große BILD-TED” zur Frage, ob Köhler Klar begnadigen soll, hat sich damit erledigt. Bitte rufen Sie nicht mehr an!

Die 10 klügsten Hunde werden 13

“Bild” präsentiert ihren Lesern heute auf der Titelseite “Die 10 klügsten Hunderassen” und schreibt dazu:

Der Hundeforscher Prof. Stanley Coren (65) hat eine Rangliste erstellt.

Und es stimmt. Stanley Coren hat diese Rangliste tatsächlich erstellt. "Die 10 klügsten Hunderassen"Dass “Bild” sie allerdings heute zu einer Titelgeschichte (siehe Ausriss) macht, ist schon etwas eigenartig*. Denn die Liste ist seit rund 13 Jahren bekannt. Coren hat sie im Jahr 1994 in seinem Buch “Die Intelligenz der Hunde” veröffentlicht — und “Bild” hatte schon mal darüber berichtet. Im Jahr 2002, also mit acht Jahren Verspätung. Und auch da auf der Titelseite.

*) Anlass für die heutige Hunderangliste in “Bild” könnte eine Studie der Universität Wien sein, die besagt, dass Hunde sich nur sinnvolle Verhaltensweisen bei ihren Artgenossen abschauen. Der erste Satz der “Bild”-Meldung lautet jedenfalls: “Hunde denken, bevor sie handeln — das fanden Verhaltensforscher heraus.”

6 vor 9

Für flüchtige Leser
(berlinonline.de, Daniel Häuser)
Welt online, Netzeitung, sueddeutsche.de: Wie Tageszeitungen den Anschluss ans Web 2.0 suchen.

Blogger haben keine Lust auf Regeln
(futurezone.orf.at, Patrick Dax)
Bei der Berliner Konferenz re:publica wird noch bis Freitag über Weblogs, Podcasts und das Mitmach-Web diskutiert. Zum Auftakt des Blogger-Treffens wurde an Mythen gekratzt und einem derzeit in der Blogosphäre heftig diskutierten Regelwerk für Blogger eine Absage erteilt.

Der Spaß wird ernst
(tagesspiegel.de, Johannes Boie)
Zu Besuch auf der größten deutschen Blogger-Konferenz ?re-publica? in Berlin.

Gut übersetzt, schlecht geklaut
(swissreporter.ch, Peter Sennhauser)
Ich fühle mich geehrt, beklaut und nicht ganz ernst genommen: Das ist das Resultat einer Recherche in der Schweizerischen Mediendatenbank, dem “Ur-Google” der helvetischen Medienszene, wo Journalisten nicht nur nach Fakten, sondern bisweilen auch nach sich selber suchen.

“Wir gestalten nur eine Übergangsphase”
(neuegegenwart.de, Björn Brückerhoff)
Focus Online-Chefredakteur Jochen Wegner über mobilen Online-Journalismus.

Zweiklassenjournalismus
(taz.de, Bernd Bieberich)
Seit Raúl Castro in Kuba regiert, genießen einheimische Journalisten etwas mehr Freiraum. Ihre Kollegen aus dem Ausland haben unter dem “Kontrollfanatiker” allerdings einen schweren Stand.

6 vor 9

Großes Schweigen – Enthüllungen zu einem vertuschten Presseskandal
(ndr.de, Video, 13:43 Minuten)
Die Vorwürfe sind ungeheuerlich: Focus-Mitarbeiter sollen Geheimpapiere Deutscher Sicherheitsbehörden verkauft haben. Das zumindest ergibt sich aus den Akten eines Ermittlungsverfahrens, das zwischen 2002 und 2004 gegen Focus-Mitarbeiter geführt wurde. Aber auch diese vom Bundeskriminalamt angeregten Ermittlungen sind voller skandalöser Begleitumstände: illegal aufgenomme Telefongespräche wurden ebenso benutzt wie dubiose Informationen von skandalumwitterten Pseudo-Agenten. Focus weiß seit 2006 von dieser Affäre, hat aber bis heute nicht darüber berichtet.

Im Bett mit Don Alphonso
(burnster.de)
Wir Bayern sind halt geborene Rumpler. Umso mehr freue ich mich, dass ich heute mein Bett mit dem deutschen Meister im Hineinbetonieren teilen darf.

Rückkopplung
(manager-magazin.de, Claus G. Schmalholz)
Blogs und Foren erfordern einen neuen Umgang mit Kunden. Wie lassen sich seriöse Kritiker von notorischen Nörglern unterscheiden? Wichtiger noch: Wie gehen Unternehmen mit Lügen um, die im Web kursieren? manager magazin analysiert die Chancen und Risiken.

Peter Turi: ?Mir ist nichts peinlich?
(off-the-record.de, Olaf Kolbrück)
Am 1. April 2006 startete der Medienjournalist Peter Turi seinen Blog Turi2 mit hochfliegenden Erwartungen. Inzwischen ist er auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Zeit für eine Bilanz im Interview mit off-the-record, in dem der Journalist erklärt, was er an Motzbloggern mag, warum Don Alphonso keinen Apfelkuchen bekommt und ihn sein Abgang bei Medien 2.0 nicht stört.

Fakeblogger und der Technosexuellen-Duft
(wortfeld.de)
Fünf Figuren werben derzeit mit Kommentarspam für ihre Blogs, auf denen sie für den neuen Calvin-Klein-Duft Reklame machen.

Rechnung is raus!
(sixtus.net, Mario Sixtus)
Wir freuen uns, dass Sie diese moderne und unkomplizierte Werbemöglichkeit nutzen.

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