Suchergebnisse für ‘focus’

Kurz korrigiert (298)

Wir wissen wirklich nicht, wen unter den durchschnittlich über elf Millionen “Bild”-Lesern es interessieren könnte, wieviele Tage zwischen den Geburtstagen von Karlheinz Kögel und Bill Clinton liegen.

Wir wissen nur, dass die Differenz heute im Rahmen der “Ich weiß es!”-Kolumne von Christiane “Ich weiß es!” Hoffmann in der “Bild”-Zeitung steht (siehe Ausriss) — und dass die Zahl 111 nicht mal stimmt.

Mit Dank an Holger K. fürs Nachzählen.

Kate-Moss-Chaos eskaliert

In der New Yorker Lafayette Street hängen seit einigen Tagen zwei gewaltige Werbeplakate mit der (halb)nackten Kate Moss.

Ist das aufregend? Geht so. Aber wird noch.

1. Am Donnerstag berichtet das New Yorker Medienblog “FishbowlNY”, dass die attraktiven Aufnahmen den Verkehr stoppten. Ein Augenzeuge berichtet: “Leute — Touristen — halten an, wenn sie aus der U-Bahn kommen.”

2. Am Samstag verbreitet die Agentur WENN Fotos von den zwei Werbeplakaten und schreibt, sie würden ein “Verkehrschaos” in New York City verursachen: “Die Reklameflächen verursachen einen Verkehrsstillstand, weil die Autofahrer sich recken, um einen Blick auf das zu erhaschen, was Kate Moss zu bieten hat.”

3. Am Montag nimmt sich Bild.de in der berüchtigten Rubrik “Internet-Klatsch” der Werbeplakate an und malt sich das “Verkehrschaos”, das sie angeblich verursachen, konkret aus: “Wenn es auf den Straßen von New York dieser Tage immer mal wieder scheppert und knallt und es zu heftigen Auffahrunfällen kommt, liegt das an der schönen Kate Moss (32).”

4. Am Dienstag behauptet Focus Online unter Bezug auf “die ‘Bild’-Zeitung”, dass es wegen Kate Moss “täglich chaotische Verkehrsverhältnisse” gebe: “Zwei Riesen-Plakate mit dem leicht bekleideten Supermodel elektrisieren viele New Yorker so sehr, dass sie Unfälle bauen.”

5. … und wenn die Meldung noch ein paar Tage kursiert und womöglich noch einmal von “Bild” oder Bild.de weitergedreht wird, möchten wir nicht dafür garantieren, dass die Plakate von Kate Moss nicht auch Hausbrände, Flugzeugabstürze und Amokläufe ausgelöst haben.

(Derweil teilt uns BILDblog-Leser Sebastian W. mit, er arbeitete in New York genau gegenüber einem der Plakate. Dort sei “NIE Stau”.)

Danke auch an Markus W.!

6 vor 9

Die Designer schöner Botschaften
(bilanz.ch, Corinne Amacher und Iris Kuhn-Spogat)
Ob Kielholz, Ospel oder Vasella – die Schweizer Wirtschaftsführer sagen keinen Ton in der Öffentlichkeit, ohne sich mit ihren Kommunikationsspezialisten abgesprochen zu haben. Vor allem die externen Souffleure gewinnen an Einfluss.

Die Welt ist nicht genug
(sueddeutsche.de, Bernd Graff)
Anderthalb Millionen Menschen führen im Internet-Universum “Second Life” ein virtuelles Leben. Jetzt will der Springer-Verlag in diesem Cyberspace eine Zeitung veröffentlichen und ein Redaktionsgebäude bauen: Quatsch oder Coup?

Nächste Ausfahrt Community.
(turi2.de, Peter Turi)
Wie Jochen Wegner bei “Focus Online” dem Journalismus die Versionsnummer 2.0 aufdrücken und “Spiegel Online” angreifen will.

Hoher Medienkonsum führt zu schlechten Schulnoten
(telepolis.de, Florian Rötzer)
Nach einer Studie könnten sich durch die Unterschiede in der Medienausstattung und Mediennutzung nicht nur die wachsende Kluft zwischen der Leistung von Jungen und Mädchen, sondern auch zwischen dem Bildungsniveau der südlichen und nördlichen Bundesländer erklären lassen.

Neu für den geneigten Studenten: Die Campusmagazine von ZEIT und FOCUS
(jetzt.de, Henrik Pfeiffer)
Zwei neue Studentenmagazine zielen auf die akademische Zielgruppe – um sie schon mal an die jeweiligen Mutterblätter zu gewöhnen. Wir haben ZEIT Campus und FOCUS Campus verglichen und gelernt: Studieren ist ja ganz schön super!

Die Welle macht’s
(taz.de, Klaus Walter)
Was kommt nach “Satisfaction”? Ausgerechnet Pop hat sein Universal-Appeal eingebüßt. Denn vor lauter Marktförmigkeit fehlt es an klugen Kontextualisierungen durch Kritik – und an gutem Radio, das die Verhältnisse hörbar macht.

“Bild” bindet weißem Reh einen Bruno auf

Mit Kindern und Tieren kannst du nicht verlieren.
(“Eherne Regel des Journalismus”, zitiert nach “Der Spiegel”)

Bis vorgestern war die Welt eigentlich noch ganz in Ordnung. Es gab da ein weißes Reh im Hirschgrund bei Oberlungwitz. Eine Seltenheit, ohne Frage, aber allzu große Aufregung gab es nicht. Bloß vereinzelt berichteten Medien über das Albino-Reh, das wohl so um den 25. Oktober zum ersten Mal gesichtet wurde.

Seit vergangenen Mittwoch ist das anders. Seither herrscht Aufregung. “Streit um Abschuss von Albino-Reh”, “Weißes Reh soll sterben”, “Jäger wollen Albino-Reh abschießen”, “Drama um das Rehweißchen vom Erzgebirge” oder “Tod für ‘Rehweißchen’?” lauten plötzlich die Überschriften in vielen Zeitungen. Sogar das Fernsehen hat darüber berichtet.

Warum plötzlich diese Aufregung?

Na, wegen “Bild”. Die nahm sich des Themas nämlich am Mittwoch an — auf bewährte Art. Schon auf der Titelseite witterte sie (wie berichtet) einen neuen “Fall Bruno?” und schrieb:
"Jagd auf weißes Bambi"

Im Innenteil fand sich die Überschrift:
"Jäger sollen süßes weißes Bambi erschießen"

Neben diese Überschrift platzierte “Bild” ein Foto von Günter Giese, dem Präsidenten des Jagdverbandes Sachsen. “Bild” zitierte ihn mit den Worten:

“Das weiße Reh ist eine Mutation. Und die gehören nicht in die Wildnis, sie müssen geschossen werden.”

Uns sagte Giese zwar, er habe das “so nie” gegenüber der “Bild”-Zeitung gesagt, sondern lediglich geäußert, dass er persönlich ein solches Tier in seinem Jagdrevier nicht dulden würde. Aber darum geht es gar nicht. “Bild” jedenfalls sprach von einem “Abschussbefehl”, den es nicht gibt, und zitierte noch einen Experten, der wegen des Albino-Rehs den Rehbestand gefährdet sah.

In der Folge haben sich auch das Sächsische Umweltministerium, der Naturschutzbund (Nabu) und weitere Experten zu dem Tier geäußert. Die Meinungen gehen auseinander. Jagdpächter Ralf Georgi allerdings, in dessen Revier sich das weiße Reh befindet, bleibt bei dem, was er am Mittwoch schon in “Bild” erklärte:

“Wenn einer in meinem Revier das Reh heimlich schießt, ist das Wilderei. Mich stört das weiße Bambi nicht!”

Damit war eigentlich schon alles über das “Drama” um Rehweißchen gesagt: Es gibt kein Drama, solange Georgi an seinem Entschluss festhält, wie auch Jagdpräsident Giese schon gestern via dpa klargestellt hatte: “Die Entscheidung, [das Reh] zu schießen, liegt einzig bei dem Revierpächter oder -besitzer.”

Immerhin: Diese Information kommt in dem ein oder anderen Medienbericht durchaus vor, allerdings hat sie natürlich kaum eine Chance durchzudringen gegen Überschriften wie “Weißes Reh soll sterben” oder “Tod für ‘Rehweißchen’?”

So geht das eben: “Bild” macht eine Tiergeschichte zur Seite-1-Schlagzeile, spitzt zu, übertreibt, verdreht und schon ist aus der “Bild”-Frage nach dem neuen “Fall Bruno” tatsächlich ein “Fall Bruno” geworden — auch, wenn die beiden Fälle (außer ihrem waidmännischen Sujet) nichts gemeinsam haben. Wahrscheinlich ist man bei “Bild” darauf auch noch stolz.

P.S.: Heute berichtet “Bild” natürlich auch wieder über das weiße Reh. Im Text heißt es unbeirrt, “wie BILD berichtete, will der sächsische Jagdpräsident Dr. Günter Giese (69) das süße Reh abschießen lassen”, und die Überschrift lautet: “Alle wollen weißes Bambi retten”. Nun ja, es müsste nicht gerettet werden, hätte “Bild” es nicht in Gefahr in die Schlagzeilen gebracht.

6 vor 9

Frauen machen Druck
(jungle-world.com, Gisela Notz)
Alternative Zeitungen und Zeitschriften der Neuen Frauenbewegungen – wo sind sie geblieben? Entstehungsgeschichten, Beispiele und politische Konzepte.

Kapituliert wird nicht
(sueddeutsche.de, Ingo Salmen)
Das ZDF will seine TV-Produktionen im Internet für alle freigeben.

Schuld hat immer der andere
(tagesspiegel.de, Sebastian Bickerich)
Wie deutsche und polnische Zeitungen zum Krieg der Worte rüsten.

Wikipedia-Gründer fordert Wikipedia heraus
(spiegel.de, Holger Dambeck)
Larry Sanger weiß genau, mit wem er sich anlegt. Ausgerechnet der Mitgründer der Internet-Enzyklopädie Wikipedia will in wenigen Tagen ein neues Online-Lexikon starten: Citizendium. Es soll die typischen Wikipedia-Probleme umgehen.

Bernard Imhasly: Journalist in Indien
(drs.ch)
Ein leider nur indirekt verlinkbares Gespräch mit dem Südasien-Korrespondent der NZZ, Bernhard Imhasly.

Fleißig bloggend in die Top 100?
(hirnrinde.de, Stefan Evertz)
Die Frage ?Wie komme ich in die diversen Ranking-Listen? dürfte wohl viele Blogger bewegen – zumindest zu Anfang. Insofern ist es durchaus interessant, was Darren Rowse über das Alter der Top 100 Blogs bei Technorati zusammengetragen hat. Er hat bei 78 Blogs das Alter ermittelt.

Einmal falsch, immer falsch

Am 21.12.2004 berichtete die “New York Times”:

“Eine Firma aus Hannover, Satelliten Media Design, verfolgt zusammen mit der Universität Hannover einen der Kernpunkte des ganzen Phänomens der gemischten Sprache: Sie stellt jährlich die 100 Wörter, die am häufigsten in der deutschen Werbung gebraucht werden, zusammen [pdf]. In den 1980er Jahren schaffte es nur ein englisches Wort auf die Liste. (…) 2004 waren schon 23 englische Wörter auf der Liste.”
(Hervorhebung und Übersetzung von uns.)

Einige Monate später zeigte sich der “Focus” (11/05) in Sorge um “die Zukunft des Deutschen”, fand das “New York Times”-Zitat und beging beim Abschreiben einen entscheidenden Fehler:

“Inzwischen hält es sogar die “New York Times” für geboten, ihren Lesern mitzuteilen, dass “im Land von Goethe, Schiller und Thomas Mann Denglisch auf dem Vormarsch ist”. Unter den 100 meistverwendeten deutschen Wörtern anno 2004, zitiert das Blatt eine Studie der Universität Hannover, seien 23 englische (1980: eines).”
(Hervorhebung von uns.)

Gut anderhalb Jahre später widmete der “Spiegel” (40/06) “der dramatischen Verlotterung” der deutschen Sprache gar eine Titelgeschichte und behauptete jetzt auch:

“Schon 2004, so stellte eine Studie der Universität Hannover fest, waren unter den 100 am meisten verwendeten Wörtern deutscher Rede 23 englische, fast ein Viertel – 1980 war es noch eines.”

Das war vor zwei Wochen. Und gestern nun startete “Bild” überraschend eine neue Serie (“Verlernen wir Deutsch?”), in der es — unter offensichtlicher, aber unausgesprochener Zuhilfenahme der “Spiegel”-Story — unter anderem hieß:

Verhunzt, gepanscht, gedemütigt: unsere deutsche Sprache.

(…) Wie ein Todesengel schwebt Englisch auf die deutsche Sprache nieder: Unter den 100 meistgebrauchten deutschen Wörtern ist inzwischen jedes vierte aus dem Anglo-Amerikanischen abgeleitet. Vor einem Vierteljahrhundert war es erst jedes hundertste.”

Und wir lernen: Ein “Focus”-Fehler wird nicht dadurch richtiger, dass “Bild” ihn aus dem “Spiegel” abschreibt. Und die Aussage, dass von 100 Wörtern eins anders ist, wird auch nicht dadurch schöner, dass “Bild”-Autor Paul C. Martin sie sprachlich so demütigt panscht verhunzt.

Übrigens: Die Liste der “100 häufigsten Worte in deutschen Werbeslogans(Hervorhebung des Wortes “Werbeslogans” von uns), auf die 2004 die “New York Times” verwies, ist bis heute kostenlos online und wird ständig aktualisiert.

Mit Dank ans tazblog “Wortistik” für die Vorrecherche.

Ebay hält “Presseausweis” für Presseausweis

Neulich bei Ebay…

…hatte der Verkäufer “kaurismakler” einen “BILD-Presseausweis” mit einer offenbar nicht ganz ernst gemeinten Produktbeschreibung angeboten:

“(…) Leser-Reporter. Ein spannender und lukrativer Einstieg in den Nebenerwerbsjournalismus. Dabei hilft Ihnen der hier angebotene Presseausweis. Original. Neu. Unbenutzt. Und blanko. Das heisst, Sie können den Ausweis mit Ihren Daten ausfüllen, Ihr Bild einkleben und sich damit in bestimmten Situationen ausweisen. Erhöhte Glaubwürdigkeit inklusive. (…)”

Ebay entschied sich daraufhin, “kaurismaklers” Auktion vorzeitig zu beenden. Begründung:

“Ihr Angebot bzw. Ihre Suchanzeige verletzt jedoch den eBay-Grundsatz Behoerdliche Ausweispapiere und Lizenzen (…). Es ist verboten, behoerdliche Ausweispapiere, Lizenzen und andere Dokumente bei eBay anzubieten. Dazu gehoeren auch von Behoerden ausgestellte, offizielle Dokumente wie Ausweise, Reisepaesse, Urkunden, Lizenzen und Genehmigungen.”

“Behördliche Ausweispapiere”? Diese millionenfach an “Bild”-Verkaufstellen ausgelieferten Gratis-Gimmicks?!

Als wir Ebay auf den Irrtum hinwiesen, begründete man die Stornierung neu. Offenbar hält das Auktionshaus den “BILD-Presseausweis” an sich für unseriös: Weil er “frei personalisierbar” sei, könne ein Bieter darin “einen Wert sehen, der nicht vorhanden ist”. Der Ausweis könne, so Ebay weiter, “missbräuchlich verwendet” werden, “um sich z.B. Zutritt zu Veranstaltungen zu verschaffen”.

Mit anderen Worten: Ebay glaubt, die Verwechslung, die dem Unternehmen selbst unterlaufen ist, könne aufgrund der Gestaltung der “Bild”-Werbemittels auch anderen unterlaufen. Was natürlich nicht stimmt. Denn ob man “BILD-Presseausweise” mit richtigen Presseausweisen verwechseln kann, entscheidet immer noch “Bild” selbst:

“Es besteht keine Verwechselungsgefahr mit den ordentlichen Presseausweisen für hauptberufliche Journalisten.”
(“Bild”-Sprecher Tobias Fröhlich über die “BILD-Presseausweise”)

 
PS: “BILD-Presseausweise” werden bei Ebay momentan weiterhin angeboten — vermutlich jedoch nicht, damit sie “missbräuchlich verwendet” werden, sondern…

Mit Dank an Weltenweiser.de für den Hinweis, “kaurismakler” für die Unterstützung — und dieweltistscheiße.de für die nicht-missbräuchlichen Verwendungsvorschläge.

Die Erde verliert einen Bruder

Am 17. August war “Bild” sich sicher:

"Die Erde kriegt drei neue Geschwister"

Und im Text erklärte “Bild”:

Familienzuwachs für unser Sonnensystem: Die Erde kriegt drei neue Geschwister. Sie heißen Ceres, Charon und Xena. (…) Durch die steigende Zahl von Entdeckungen kleinerer Himmelskörper im äußeren Sonnensystem musste die Definition Planet überarbeitet werden. Ein Planet ist demnach ein Himmelskörper, der (…)
(Hervorhebungen von uns.)

Das war etwas voreilig. Denn die Internationale Astronomische Union (IAU) hatte am 16. August lediglich bekannt gegeben, dass auf der IAU-Hauptversammlung über einen Vorschlag abgestimmt wird, der neu definieren würde, was ein Planet ist. “Bild” verschwieg das. (Wie man journalistisch korrekt mit einem solchen Vorschlag umgeht, kann man beispielsweise hier, hier oder hier nachlesen.)

Gestern wurde abgestimmt. Das Ergebnis: Die Erde bekommt keine “drei neuen Geschwister”, verliert dafür aber einen Bruder. Nämlich Pluto. Tja.

"Pluto kein Planet mehr"Immerhin schafft diese Nachricht (die sehr vielen anderen Medien übrigens eine größere Geschichte wert ist) es heute auf die “Bild”-Titelseite. Als 12-Zeilen-Meldung (siehe Ausriss). Für eine Erwähnung der ziemlich großen Falschmeldung von letzter Woche ist da natürlich kein Platz.

Mit Dank an Lexirien C., Alex P., Patrick S., Matthias B., Sven P. und Robert F. für die sachdienlichen Hinweise.

“Bild” fand “SS-Beweis” auch

“Bild”-Autor Paul C. Martin schreibt heute über den Schriftsteller Günter Grass, der kürzlich öffentlich gemacht hatte, dass er als Jugendlicher Mitglied der Waffen-SS gewesen sei. Offenbar belegen auch Dokumente seine Waffen-SS-Zugehörigkeit. Und “Bild”-Autor Martin schreibt:

"Ein vergilbtes Dokument aus dem US-Militärarchiv, das BILD vorliegt. Der SS-Beweis!"

“Bild” widmet dem “SS-Beweis” heute auch die Titelschlagzeile (siehe Ausriss) und schreibt:

“Jetzt fand BILD das Dokument, das zweifelsfrei beweist: Grass war bei der Waffen-SS!”

Wie “Bild” das Dokument fand, steht indes nirgends. Eine vergleichsweise naheliegende Möglichkeit wäre ein Klick auf Spiegel Online gewesen. Dort nämlich ist die ganze Story bereits seit gestern nachmittag, 15.05 Uhr, weltweit und kostenlos zugänglich. Und ebenfalls seit gestern nachmittag wimmelt es daher auch im Angebot der Nachrichtenagenturen von Meldungen über die auf Spiegel Online veröffentlichten Dokumentenfunde des “Spiegel”-Autors Klaus Wiegrefe.

Und natürlich ist der “SS-Beweis”, der, nebenbei bemerkt, laut “Berliner Zeitung” seit Jahrzehnten “öffentlich zugänglich” ist, seit seinem Bekanntwerden am gestrigen Nachmittag auch in diversen anderen Medien ein Thema — meist unter Verweis auf den “Spiegel” oder Spiegel Online. Nur Focus Online berichtet treudoof: “Das meldet die ‘Bild’-Zeitung (Mittwochausgabe).”

Übrigens:
Bei Bild.de, wo der Dokumentenfund erstmals gestern abend, 22.57 Uhr, in der “Bild”-Version (“Jetzt fand BILD…”) auftauchte, heißt es in einem Teaser fälschlicherweise noch immer: “Grass-Affäre: Bei der SS musste er Fingerabdrücke abgeben”, obwohl er das doch gar nicht “bei der SS” tat, sondern als Kriegsgefangener der Alliierten.

Nachtrag, 17.8.2006: Bei Focus Online wurde der Hinweis auf “Bild” mittlerweile ersatzlos aus dem Artikel entfernt — offenbar allerdings erst, nachdem BILDblog-Leser Christian G. (Danke übrigens!) die Focus-Online-Redaktion auf ihre Ungeschicklichkeit hingewiesen hatte.

Kurz korrigiert (241-242)

Die “Bild”-Frage, ob Tour-de-France-Sieger Floyd Landis tatsächlich “Hoden-Doping” betrieben hat, oder doch eher Schulter- oder Oberkörperdoping (pdf) lassen wir besser mal unbeantwortet. Wir wissen schließlich genauso wenig wie “Bild”, ob Landis überhaupt gedopt hat. Nicht korrekt ist deshalb diese “Bild”-Behauptung:

"Floyd Landis (30) gedopt! Erstmals in der Geschichte der Tour de France ist ein Sieger des Dopings überführt worden."

Landis ist nämlich noch nicht des “Dopings überführt worden”. Bislang war lediglich die A-Probe positiv. Als des Dopings überführt gilt man jedoch erst, wenn auch die B-Probe positiv ist.

Und Doping mal hin oder her, so schnell wie “Bild” schreibt, war Landis auf der 17. Etappe der diesjährigen Tour nun auch wieder nicht:

Am Tag zuvor war der Ami böse eingebrochen, hatte in der Gesamtwertung 8:08 Minuten Rückstand. Nach der 17. Etappe plötzlich 5:42 Minuten Vorsprung.

Landis gewann zwar die 17. Etappe mit 5:42 Minuten Vorsprung. In der Gesamtwertung lag er danach jedoch noch 30 Sekunden hinter dem Führenden auf Platz drei.

Mit Dank an Philip M. und Christoph S. für die Hinweise.

Nachtrag, 29.7.2006: “Bild” hat den “Vorsprung”-Fehler heute in ihrer Korrekturspalte berichtigt und sogar noch einen weiteren kleinen Fehler (“In der Rubrik „Ich weiß es“ (27. Juli) wurde das Alter von Thomas Gottschalk in einer Bildunterschrift mit 57 Jahren angegeben. Gottschalk ist erst 56 Jahre alt.”) entdeckt. Dass darüber hinaus Radost Bokel als “Momo” natürlich nicht, wie “Bild” behauptete, der “Kinderstar aus der ‘Unendlichen Geschichte’ war, ist “Bild” offenbar auch im Nachhinein nicht aufgefallen. Und der “Vorsprung”-Fehler selbst steht nach wie vor unkorrigiert bei Bild.de

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