Suchergebnisse für ‘focus’

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Amstetten (Bild Keystone/AP/Ronald Zak)“Der Expertenbefragungswahn”
(medienspiegel.ch, Andrea Masüger)
“Ein Wunder, dass bisher noch kein Hautarzt zum Thema ’18 Jahre ohne Sonnenlicht’ befragt wurde und dass sich noch kein Architekturprofessor zu bautechnischen Aspekten des Kellerverlieses zu äussern hatte. Aber das alles wird bestimmt auch noch kommen.”

Charlotte Roche (Bild Keystone)Frauenbewegung verkommt zum Karrierecoaching
(SZ, Barbara Gärtner)
“Ach, es hätte eine feine Debatte werden können, aber bisher ist es leider nur fades Beleidigtsein. … Die Wir-Mädchen-um-die-Dreißig-Bücher schaffen vielleicht eine lipglossschnutige Betroffenen-Peer-Group, die Interessenpolitik betreibt. Sowas macht auch der Bauernverband. Das ist okay, aber die Emanzipation kommt so keinen Schritt voran.”

Face-CoverNeues Magazin macht auf Tempo
(dwdl.de, Jochen Voß)
Das Face-Magazin berichtet über Schauspieler, Meinungsmacher, Musiker, Künstler und Trendsetter. “Für’s Erste lässt sich festhalten, dass man mit Face durchaus eine angenehme bis anregende Stunde verbringen kann. Das gelingt heute auch nicht mehr vielen.”

Die Agentur hat immer recht
(Stefan Niggemeier)
Hat sie natürlich nicht, auch über den Ticker laufen Falschmeldungen oder unglückliche Formulierungen. Etwa “Holocaustgegner” statt “Holocaustleugner”. Doof nur, wenn blind abgeschrieben wird. Mindestens tagesschau.de, Netzeitung, Rheinische Post, SWR, Focus, Berliner Morgenpost, Frankfurter Rundschau, Welt und N24 sind reingefallen.

Jeff Jarvis über Internet und Journalismus
(elektrischer-reporter.de, Mario Sixtus)
Gähn, noch so ein langweiliges Video? Nein, denn BuzzMachine-Gründer und Hansdampfinallengassen-Journalist Jeff Jarvis bringt die aktuellen Entwicklungen auf den Punkt. Wenn man nur ein Video zum Thema …

Bloß nicht verzetteln
(Seth Godin)
The Times needs 50 more bestseller lists, 20 more trusted stories about real political fact and insight, ten more cultural touchstone features… and a lot less filler, a lot less copycat stuff and nothing, nothing about Barbara Walters.”

neu  

Reine Willkür

Die “Bild”-Zeitung glaubt, dass die ARD-Talkshow “Anne Will” schlechte Quoten hat. Vielleicht will die “Bild”-Zeitung auch nur glauben machen, dass die ARD-Talkshow “Anne Will” schlechte Quoten hat. Denn um das zu belegen, sind einige Verrenkungen nötig. “Bild” schreibt heute:

Seit September 2007 moderiert Anne Will (42) jeden Sonntag um 21.45 Uhr ihre ARD-Polit-Talkshow. Doch die Quoten sind schwach, schon bei der zweiten Sendung schalteten nur noch 3,26 Millionen Zuschauer ein (Vorgängerin Sabine Christiansen holte fast 5 Mio.).

Aha: “Bild” vergleicht die zweite Sendung von Anne Will mit irgendeiner Sendung von “Sabine Christiansen”. Die Zeitung hätte nur die dritte Sendung von Anne Will nehmen müssen, um zu einem ganz anderen Ergebnis zu kommen: Da hatte “Anne Will” nämlich 5,86 Millionen Zuschauer.

Tatsache ist: Im Schnitt aller Sendungen hatte “Anne Will” bessere Quoten als “Sabine Christiansen” in ihrer letzten Saison.

Aber “Bild” hat noch einen anderen Vergleich:

Wills Quoten schwächeln, Plasberg begeistert hingegen mit seinem Talk [“Hart aber fair”] am späten Mittwochabend mit spannenden Gesprächen und tollen Gäste.

Wen Plasberg so begeistert, sagt “Bild” nicht, es ist auch schwer zu sagen. Die Zuschauer eher nicht — jedenfalls nicht, wenn man nach ihrem Einschaltverhalten urteilt. Anne Will hat deutlich höhere Zuschauerzahlen als Plasberg, und das nicht nur absolut gerechnet (wobei Anne Will der Sendeplatz am Sonntagabend zugute kommt, wenn ohnehin besonders viele Menschen fernsehen), sondern auch beim Marktanteil (dem Anteil derjenigen Zuschauer, die eine Sendung sehen, von allen, die zu der jeweiligen Zeit den Fernseher eingeschaltet haben).

Konkret:

Sendung Zuschauer  Marktanteil 
Anne Will 4,00 Mio. 13,8 %
Hart aber fair 3,24 Mio. 12,8 %
Sabine Christiansen*  3,78 Mio. 13,3 %

*) Saison 2006/2007

Und das ist noch nicht alles. “Bild” zitiert gleich zweimal aus einem Bericht des aktuellen “Focus”, der den Anlass für die “Bild”-Verrechnungen bildet:

  • [Anne] Will fühlt sich durch die Vorgehensweise vom Sender ungerecht behandelt. Dem “Focus” sagte sie: “Es geht nicht um konstruktive Kritik, sondern darum, mir zu schaden.”
  • Änderungspläne gibt es bei der ARD offenbar schon! Programmdirektor Günter Struve (68) zum “Focus”: “Es wird eine Lösung im Sommer geben, weil es sie geben muss!”

Das Will-Zitat stammt jedoch nicht aus dem “Focus”, sondern aus einem einen Monat alten “FAZ”-Interview — und so steht’s auch im “Focus” selbst (“… klagte sie der FAZ”).

Das Struve-Zitat indes stammt nicht nur nicht aus dem “Focus” (und steht so auch nicht da), sondern aus einer Pressekonferenz zur ARD-Hauptversammlung vor zwei Wochen — und betrifft im Kern sogar nicht einmal Anne Will. Struves “Lösung” bezog sich vielmehr auf die uneinheitlichen Anfangszeiten der “Tagesthemen”.

Und dass der ARD-Vorsitzende Fritz Raff den “Focus”-Bericht, auf den sich “Bild” beruft, scharf dementiert hat, fand “Bild” nicht einmal erwähnenswert.

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Weniger wissen mit Wikipedia
(faz.net, Jörg Thomann)
Der Brockhaus geht ins Netz, Wikipedia hingegen wird zum Buch: Bertelsmann bringt im September eine gedruckte Kompakt-Version der Online-Enzyklopädie heraus – für 19,95 Euro. Schleierhaft, wer das ausgeben soll.

“Ja, ich würde es wieder machen”
(tagesspiegel.de, Thomas Eckert und Joachim Huber)
Gespräch mit Kurt Westergaard und Flemming Rose zu den Konsequenzen der Mohammed-Karikatur.

Die Macht der Vielen
(zeit.de, Philip Faigle)
Täglich bewerten Millionen Menschen die Produkte von Unternehmen im Netz. Noch reagieren viele Firmen darauf mit Angst – langfristig könnten die Internetforen das Marketing revolutionieren.

Live-Webradio per Handy
(spiegel.de, Felix Knoke)
Ein Telefon und eine gute Idee, mehr braucht man nicht, um einen eigenen Web-Radio-Sender zu gründen. In den USA sind die Amateur-Talkshows längst der Renner. Ein deutscher Anbieter versucht nun, den kruden Charme des Selbstmachradios auch hier zu vermarkten.

Ungefragt zum Werbeträger
(focus.de, Torsten Kleinz)
Die Nutzer sind das wichtigste Kapital für soziale Netzwerke. Dass der US-Anbieter Facebook ungefragt mit den Namen seiner Mitglieder Werbung schaltete, ging den Usern dann doch zu weit. Jetzt rudert das Unternehmen eilig zurück.

NZZaS vs. BZ oder ein Nebensatz mit Folgen
(klartext.ch/blog, Nick Lüthi)
Die NZZ am Sonntag behauptet in einem Artikel über den Berner Fussballclub Young Boys, der Geschäftsführer des YB-Stadions Stade de Suisse kontrolliere «gewieft» die Berner Zeitung. Ein Vorwurf, den die BZ-Journalisten nicht nachvollziehen können. In Zürich verteidigt man die vorgebrachte Sichtweise, ohne allerdings konkrete Beweise zu liefern.

Ups, (v)erfahren!

“Wo Menschen arbeiten, passieren auch Fehler”, hat Kai Diekmann bekanntlich vor einiger Zeit gesagt. Aber man muss wohl bei “Bild” arbeiten, um einen eigenen Fehler, wenn man ihn entdeckt, auf andere zu schieben und so zu korrigieren, dass der Eindruck entsteht, man habe eine besondere Rechercheleistung erbracht und die Info quasi exklusiv.

So hieß es vorgestern in “Bild” und bis gestern Nachmittag auch bei Bild.de in einem Text über den neuen Opel:

"Leser-Reporter erwischt neuen Opel

Heute indes steht bei Bild.de an derselben Stelle dies hier:

In Internet-Foren wurde bereits eifrig diskutiert, ob der Passat-Konkurrent bei seiner Vorstellung möglicherweise “Aura” heißen wird. BILD erfuhr: Opel hat sich endgültig für den Seriennamen Insignia entschieden.

Die Diskussionen in den Internet-Foren dürften mittlerweile wohl etwas abgeebbt sein, denn was “Bild” da angeblich “erfuhr”, gab Opel bereits im November 2007 in einer Pressemitteilung bekannt und diverse Medien berichteten damals darüber. Und die Internetseite www.insignia.de ist vermutlich auch schon seit einiger Zeit online.

Mit Dank an Stefan B. und Christian H. auch für den Scan.

Kurz korrigiert (455)

"Laut Artikel 195 des Bundesgesetzbuches (BGB) können Sie Fehler von Handwerkern bis zu drei Jahre nach der Dienstleistung geltend machen."Hoffen wir mal, dass Eckard Pahlke, “Anwalt für Immobilienrecht vom Mieterverein zu Hamburg”, der heute in “Bild” die “wichtigsten Fragen” zum Thema “Ärger mit den Handwerkern?” klärt, die Wörter “Artikel” und “Bundesgesetzbuch” (siehe Ausriss) nicht selbst in den Text geschrieben hat – und dass dieser Unsinn kein Indiz für die Qualität der Ratgeber-Seite ist.

Mit Dank an Jings und Steffen K. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 23.50 Uhr (mit Dank an die zahlreichen Hinweisgeber): Zu Recht weisen uns viele Leser darauf hin, dass es sich bei der Beauftragung eines Handwerkers meist um einen sogenannten Werkvertrag handeln wird, für den die Verjährungsfristen nach Paragraph 634a BGB gelten. “Fehler von Handwerkern” kann man also für gewöhnlich bis zu zwei Jahre (bei Bauwerken fünf Jahre) geltend machen. Die von “Bild” angegebenen drei Jahre sind eher die Ausnahme.

  

Wer ist hier eigentlich der Idiot?

[Achtung: Dieser BILDblog-Eintrag ist fehlerhaft.]

Mit diesem unscheinbaren kleinen Text, der heute auf einer fast kompletten Seite über “die große Hartz-IV-Diskussion” steht, macht die “Bild”-Zeitung eigentlich viel mehr, als das, was sie in der Überschrift behauptet (“BILD beantwortet die wichtigsten Leser-Fragen”). Sie gibt quasi zu, dass ein ganz erheblicher Teil ihrer gestrigen Berichterstattung über Hartz IV Unsinn war und auf völlig falschen Annahmen beruhte. Und dass Nicolaus Fest, Mitglied der Chefredaktion bei “Bild”, in seinem gestrigen “Bild”-Kommentar massiv auf dem Holzweg war.

Aber der Reihe nach: Unter der Überschrift “Ohne Arbeit hätten wir 1 Euro mehr!” rechnete “Bild” gestern vor, dass ein Mann mit einer schwangeren Frau und einem kleinen Kind jeden Monat 1.501,30 Euro Hartz IV bekäme (Grundanspruch, Miet- und Heizkosten sowie 208 Euro Kinderzulage/Sozialgeld). Mit Arbeit und inklusive Kindergeld kam die Familie jedoch laut “Bild” nur auf 1.500 Euro Netto.

Online-Hartz-IV-Rechner

Offenbar wusste “Bild” jedoch gestern noch nicht, was sie heute weiß: Bei Hartz-IV-Empfängern mit Kindern wird das Kindergeld (154 Euro pro Kind) als Einkommen auf die Hartz-IV-Bezüge angerechnet. Statt den von “Bild” errechneten 1.501,30 Euro bekäme die Familie also nur 1.347,30 Euro Hartz IV. Folglich hätte die gestrige Überschrift also lauten müssen:

"Ohne Arbeit hätten wir 150 Euro weniger!"

Noch hanebüchener wird die Rechnung, die “Bild” am Ende ihres Textes aufmacht:

In einigen Monaten bekommt die Familie Zuwachs (…). Mit zwei Kindern kommen die Prinzens im Vergleich zu Hartz IV sogar auf 54 Euro weniger Einkommen, weil bedürftige Familien das erhöhte Kindergeld bekommen.

Leider hat “Bild” offenbar auch hier vergessen, das Kindergeld für die alsdann zwei Kinder (also 308 Euro) von den Hartz-IV-Ansprüchen abzuziehen. Und nicht nur das: “Bild” unterschlägt auch, dass die Familie mit Arbeit durch das Kindergeld fürs zweite Kind auf 1.654 Euro Netto käme. Demgegenüber würden sich die Hartz-IV-Ansprüche jedoch nur um einen guten Euro erhöhen. Also:

"Ohne Arbeit hätten wir 300 Euro weniger!"

Den gleichen groben Fehler machte Nicolaus Fest in seinem Kommentar “Wer arbeitet, ist ein Idiot”. Dort hieß es nämlich:

Vor allem mit Kindergeld ist Hartz IV häufig mehr, als viele Arbeitnehmer mit gleicher Kinderzahl nach Hause tragen.

(…) Jetzt will die CDU das Kindergeld erhöhen. Damit wird der Anreiz, eine Arbeit anzunehmen, noch geringer.

Dann gilt noch mehr als bisher: Wer (legal) arbeitet, ist ein Idiot.

Das stimmt nur insoweit, als die CDU tatsächlich das Kindergeld erhöhen will. Der Rest ist Unsinn. Denn wenn das Kindergeld erhöht wird (von einer gleichzeitigen Erhöhung der Kinderzulage für Hartz-IV-Empfänger ist in der Diskussion nicht die Rede), dann erhöht sich auch das anzurechnende Einkommen, womit der Hartz-IV-Anspruch sinkt. Der Anreiz, eine Arbeit anzunehmen müsste sich also logischerweise erhöhen.

Aber um die Frage der “Bild”-Leserin zu beantworten, ob es korrekt sein kann, dass sie weniger Hartz-IV bezieht als in den Beispielrechnungen von “Bild”: Klar kann das sein – vor allem, wenn die “Bild”-Beispielrechnungen falsch sind…

Mit Dank auch an die zahlreichen Hinweisgeber.

Wer “Bild” liest, bleibt der Dumme

“Bild” hat sich in dieser Woche ein leichtes Opfer gesucht: mal wieder die Hartz-IV-Empfänger. Wer “Bild” liest, muss den Eindruck gewinnen, dass es Arbeitslosen prima geht. Dass viele den ganzen Tag faulenzen und schlicht keine Lust haben, zu arbeiten. Und, wie das bei “Bild” so ist, wenn sie eine Kampagne fährt, fallen dabei meist notwendige Differenzierungen oder beispielsweise Hinweise auf Sanktionen für arbeitsunwillige Hartz-IV-Empfänger unter den Tisch.

"Wer arbeitet, ist der Dumme!"Der gestrige Seite-1-Aufmacher der “Bild”-Zeitung “Wer arbeitet, ist der Dumme!” (siehe Ausriss), ist da keine Ausnahme. Dabei geht’s uns nicht mal darum, dass der Aufmacher sich eine Studie zum Anlass nimmt (“eine Studie des Instituts für Weltwirtschaft enthüllt”), die schon seit zwei Monaten bekannt ist. Es geht auch nicht darum, dass die zweite Studie, die “Bild” im Artikel zur Schlagzeile erwähnt, aus dem Jahr 2005 stammt. Und dass die schönen Balken-Diagramme, die “Bild” dem Artikel beigestellt hat und die auf Berechnungen des Bundes der Steuerzahler zurück gehen, gar nicht mehr aktuell sind, weil sie aus dem Jahr 2007 stammen und sich aufgrund von Änderungen der Steuergesetzgebung 2008 einiges geändert hat — nun ja… (Siehe Focus.de, wo man das alles “fragwürdig” findet.)

“Bild” berichtet hier immerhin über ein Problem, das wirklich existiert: Manche Menschen haben trotz Vollzeitbeschäftigung einen Nettoverdienst, der nur wenig über oder sogar unter dem liegt, was sie als Hartz-IV-Leistungen beanspruchen könnten. Deshalb, so konstatiert “Bild”, fehle der “Anreiz für Arbeit”.

Aber schauen wir uns die Balken-Diagramme etwas genauer an. Die beruhen, wie gesagt, auf Berechnungen des Bundes der Steuerzahler (BdSt) und sind ein wenig veraltet. Und wie man uns beim BdSt sagt, habe “Bild” sie eigentlich aus der “FAZ” übernommen, die sie am 5. Dezember vergangenen Jahres, als sie noch stimmten, abdruckte. Unter der Überschrift: “Lohnt es sich noch zu arbeiten?”

Was die “FAZ” immerhin noch kurz erwähnt (“Wenn es trotz Arbeit nicht reicht”), fehlt in “Bild” indes gänzlich: Wer netto (abzüglich Freibetrag) weniger verdient, als er mit Hartz IV bekäme, der kann zum sogenannten “Aufstocker” werden und zusätzlich ALG II bekommen. Das gibt’s allerdings nicht automatisch, man muss es beantragen.

Nach dem “Bild”-Bericht sah sich der BdSt veranlasst, selbst noch einmal mit aktuellen Zahlen nachzurechnen und dabei vor allem auch die Aufstockungsmöglichkeiten zu berücksichtigen [pdf].

Das wirkt dann zwar etwas kleinteilig, aber um zu verstehen, wie “Bild” sich ihre Schlagzeilen zurechtschustert, muss man ins Detail gehen: Beim dritten “Bild”-Beispiel (verheiratet, zwei Kinder, Bruttogehalt: 1.621 Euro)* heißt das nämlich: Inklusive Aufstockung käme die Familie auf rund 1.900 Euro – also nicht auf einen Euro mehr als (ohne Job) mit Hartz IV, sondern auf über 300 Euro mehr. Ähnlich dürfte die Rechnung beim verheirateten Gebäudetechniker mit einem Kind aussehen, den “Bild” zum Aufhänger gemacht hat (siehe Ausriss):"Ohne Arbeit hätten wir 1 Euro mehr!" “Ohne Arbeit hätten wir 1 Euro mehr!” Die Familie hat nämlich bloß “1500 Euro netto in der Haushaltskasse” und dürfte, so ein Sprecher des BdSt zu uns, Anspruch auf eine Aufstockung haben, die grob geschätzt zwischen 200 und 300 Euro liege. Wobei ohnehin fraglich ist, wie “Bild” auf “Hartz-IV-Leistungen in Höhe von insgesamt 1501,30 Euro” kommt. Angeblich enthalte diese Summe “673,30 Euro Grundanspruch für die Eltern”. Normalerweise liegt der Grundanspruch jedoch nur bei 624 Euro. Und das ist womöglich nicht der einzige Fehler in der “Bild”-Rechnung. [siehe Nachtrag]

*) In allen anderen Beispielen liegt das Nettoeinkommen zum Teil beträchtlich über den Hartz-IV-Leistungen, wobei im zweiten Beispiel das Kindergeld zwar grafisch ausgewiesen, aber in der Rechnung nicht berücksichtigt wurde. Die tatsächliche Differenz zwischen Nettoeinkommen und Hartz IV beträgt also nicht 183 Euro, wie von “Bild” angegeben, sondern 343 Euro. Der Fehler findet sich auch in der “FAZ”.

Statt “Wer arbeitet, ist der Dumme” wäre eine treffende Überschrift also: “Wer arbeitet und keine Aufstockung beantragt, ist der Dumme (und wird durch ‘Bild’ leider auch nicht schlauer)”.

P.S.: Nachdem Hugo Müller-Vogg in seinem gestrigen Kommentar noch zu der Erkenntnis kam, dass es sich durchaus lohnen könne zu arbeiten (auf Bild.de seltsamerweise ohne die Gründe: “die Chance, eines Tages mehr zu verdienen” und “das Gefühl, gebraucht zu werden” veröffentlicht), ist sich Nikolaus Fest in seinem heutigen Kommentar erstaunlich sicher: “Wer arbeitet, ist ein Idiot”.

Mit Dank an die zahlreichen Hinweisgeber.

Nachtrag, 13.2.2008: Was den in “Bild” genannten Grundanspruch von 673,30 Euro angeht, haben wir übersehen, dass die Schwangerschaft der Frau die Berechnung beeinflusst. Schwangere Hartz-IV-Empfängerinnen haben ab der 12. Woche Anspruch auf einen Mehrbedarf von rund 50 Euro. Die Gesamtsumme von 1.501,30 Euro macht das zwar nicht weniger fraglich, die 673,30 Euro dürften aber ungefähr hinkommen. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

Hauptsache, das Nummernschild ist verpixelt

Erfahrene Fotografen machen am Tatort häufig auch solche Fotos, die keine Persönlichkeitsrechte verletzten und – ohne allzu große Bedenken und sogar ohne Unkenntlichmachung – von Medien veröffentlicht werden können.

Bünde, Rohrbombe, Amtsgericht, Scharfschützen, SEKLaienfotografen hingegen…

…knipsen drauflos und schicken ihre Fotos anschließend als “BILD-Leser-Reporter” an “Bild”. Und bei Bild.de werden die dann veröffentlicht – offenbar ebenfalls ohne allzu große Bedenken, vor allem aber (vom Nummerschild abgesehen!) ohne Unkenntlichmachung (siehe Ausrisse).

Laut Pressekodex* allerdings (der sich als “Leitfaden für die journalistische Arbeit” versteht) soll, wenn Anhaltspunkte für die mögliche Schuldunfähigkeit eines Täters vorliegen, eine “Abbildung unterbleiben”.

Und da der hier abgebildete Mann schon vor seiner Tat in psychiatrischer Behandlung gewesen ist und, wie sogar Bild.de selbst schreibt, nach seiner Tat “in die Psychiatrie” gebracht wurde, spricht wohl alles dafür, dass Anhaltspunkte für eine mögliche Schuldunfähigkeit des Täters vorliegen.

Gut möglich, dass der Laienfotograf das nicht wusste – und diesen komischen Pressekodex gar nicht kennt. Aber er hat die Fotos ja auch nicht veröffentlicht.

*) Für Verstöße gegen den Pressekodex in Online-Angeboten sieht sich der Presserat nur dann zuständig, wenn sie “von Zeitungs-, Zeitschriftenverlagen und Pressediensten in digitaler Form verbreitet wurden und zeitungs- oder zeitschriftenidentisch sind”. Das ist beim Bild.de-Bericht über den abgebildeten Mann nicht der Fall, denn die gedruckte “Bild” berichtete anders. Der Presserat hat zwar kürzlich angekündigt, dass der Pressekodex in Zukunft auch für die Online-Angebote von Zeitungen und Zeitschriften gelten soll. Ob das irgendwas ändert, ist fraglich. Schließlich sind Persönlichkeitsrechtsverletzungen wie die oben geschilderte nicht deshalb verantwortungslos, weil man damit riskiert, sich eine Rüge des Presserats einzufangen, sondern weil sie die Persönlichkeitsrechte verletzen.

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Wir machen es wie im Weißen Haus
(faz.net, Thilo Komma-Pöllath)
Bayern München teilt Journalisten künftig in Kategorien ein – einflussreiche und freundlich gestimmte Medien sollen bevorzugt berichten dürfen. Auch das ist der FC Bayern dieser Tage – ein irrationales Gebilde, wenn es um Public Relations geht.

Gegen Einschüchterung
(taz.de, Christian Rath)
Bisher konnte jeder eine Gegendarstellung erwirken, über den Medien etwas behaupteten. Das Bundesverfassungsgericht hat die Hürden nun höher gesetzt.

Ausweise im Internetcafé, Dauer-Handyüberwachung?
(tagesschau.de, Holger Schmidt)
Vier Monate nach der Festnahme von drei Terrorverdächtigen im Sauerland beraten Verfassungsschützer heute über Folgen. Ihre Ermittlung war immer wieder von Pannen gefährdet worden. Jetzt fordern sie mehr Befugnisse.

“Was würde Google tun?”
(focus.de, Torsten Kleinz)
Das Internet hat die Spielregeln der Medien verändert: Immer neue Techniken und Plattformen geben quasi jedem die Gelegenheit, seine Gedanken und Arbeiten zu veröffentlichen.

ÖSTERREICH und seine Experten
(medienschelte.at, Richard)
Da ÖSTERREICH gerne dabei hilft, die selbst ausgerufene Panik ein wenig zu beruhigen, gibt?s im Blattinneren ein kleines FAQ das die wichtigsten Fragen von KleinanlegerInnen klären soll.

Facts 2.0 mit Perspektiven – Interview mit Christoph Lüscher
(blog.kooptech.de, Christiane Schulzki-Haddouti)
Mit Facts 2.0 hat sich der Tamedia-Verlag für den radikalen Schritt entschieden eine eingeführte Medienmarke zu einem reinen Aggregationsdienst mit News-Community umzuwandeln. Seither sind rund vier Monate vergangen. Zeit für ein paar Nachfragen bei Projektmanager Christoph Lüscher.

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Jimmy Wales zeigt seine Suchmaschine
(focus.de, Video)
Wikipedia-Gründer Jimmy Wales führt seine soziale Suchmaschine vor. Statt auf Server und Algorithmen setzt Wikia Search auf menschliche Intelligenz.

Österreicher können mit “Web 2.0” wenig anfangen
(diepresse.com)
Obwohl Seiten wie Wikipedia, Geizhals und Youtube fleißig benutzt werden, sagt der Begriff “Web 2.0” den meisten Usern nichts. Weblogs gelten glaubwürdiger als Wikis.

“Google ist die mächtigste Detektei, die es je gab”
(pressetext.ch)
Informatik-Professor Hermann Maurer im pressetext-Interview (03.01.2008).

York von Heimburg, IDG.
(turi-2.blog.de, Video)
Wie müssen sich Verlage verändern, wenn sie im digitalen Zeitalter überleben wollen? York von Heimburg, Geschäftsführer und Vorstand des Computer-Verlags IDG (“Computerwoche”, “PC Welt”), gibt Peter Turi beim DLD 2008 Antwort: “Meines Erachtens dramatisch – und viele haben es noch nicht verstanden.”

“Die Rückkehr ist mir leicht gefallen”
(persoenlich.com, David Vonplon)
Anfang Januar hat Dirk Schütz den Chefredaktoren-Posten der “Bilanz” übernommen. Die Zukunftsaussichten des Wirtschaftsmagazins sind rosig — nach der Schliessung von “Cash” stammen die verbliebenen Konkurrenten des Blatts grösstenteils ebenfalls aus dem Hause Springer. Im Interview mit “persoenlich.com” sagt Schütz, wieviel Kritik an den Wirtschaftsmächtigen er bei der “Bilanz” zulassen, und wie er dem Titel zu mehr Relevanz verhelfen will.

CASH-Talk: Michael Ringier
(cash.ch, Video, 29:12 Minuten, in schweizerdeutsch)
Die Firma Ringier feiert dieses Jahr ihr 175 Jahr-Jubiläum. Aus der ehemaligen Druckerei Ringier in Zofingen ist ein multinationaler Medienkonzern mit 7000 Angestellten in zehn Ländern entstanden. Michael Ringier über die weitere Expansion, die Zukunft der Boulevardzeitungen und den Einfluss von Web 2 auf das Verlagsunternehmen.

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