wir beide wissen, dass sich Ihre “Bild am Sonntag” im Vergleich zur werktäglichen “Bild” ja gemeinhin etwas wohlerzogener gibt: Statt “Wichsvorlage” will die “BamS” lieber “informativ, enthüllend und hintergründig” sein, “Anwalt des Bürgers und kritischer Beobachter” und “Service-Dienstleister für alle Lebenslagen”. Sogar eine “Korrektur”-Rubrik haben Sie im Blatt — eingeführt, lange bevor Ihr Chefredakteurs-Kollege und Herausgeber Kai Diekmann auf die Idee kam, ähnliches auch für “Bild” zu reanimieren.
Aber ich muss schon sagen: Sonderlich pfleglich scheint Ihre Zeitung mit dem zur Schau getragenen Sonntagsstaat nicht umzugehen. Schauen Sie sich, was etwa die erwähnten
“Korrekturen” anbelangt, doch mal an, was die “BamS” in diesem Jahr berichtigte: dass “Vichy-Homme Contrôle” nicht bei Schlecker, sondern “ausschließlich über Apotheken vertrieben” werde (4.3.2007), dass nicht Seelöwinnen, sondern Seemövinnen Eier legen (11.3.2007) und auf einem “Teppich in Holzoptik” keinen Mops, sondern eine Französische Bulldogge abgebildet gewesen sei (8.4.2007). Und seien wir ehrlich, Herr Strunz: Letzte Woche, diese “Berichtigung” zu einem mehr als zwei Monate alten Artikel, die haben Sie doch nicht freiwillig gedruckt, oder?
Andererseits erinnern Sie sich doch bestimmt noch, wie Sie unlängst bereits versäumt hatten, Ihre Leser nachträglich über einen weitaus peinlicheren, aber womöglich nicht einmal selbst verschuldeten Irrtum aufzuklären.
Und nun?
Nun stand vor acht Tagen schon wieder großer Quatsch im Blatt: Da hatte Ihre Zeitung das Opfer eines Gewaltverbrechens ausführlich zu Wort kommen lassen, doch sah sich im Nachhinein nicht nur das Opfer selbst sinnentstellend wiedergegeben. Nein, die ganze Geschichte war nach Polizeiangaben nichts weiter als eine Falschmeldung. Ich weiß das. Und Sie, Herr Strunz, als bekennender BILDblog-Leser, wissen das auch.
In der gestrigen “BamS” aber findet sich dazu kein Wort. Warum eigentlich nicht?
Herzlichst,
Ihre ClarissaPS: Sollte meine Frage nicht in Ihre Rubrik “Der Chefredakteur antwortet” passen, kann ich alternativ natürlich auch die folgende anbieten: “Wie schaffen Sie es eigentlich, Woche für Woche so eine wunderbare Zeitung zu machen?”
Suchergebnisse für ‘falschmeldung’
Warum sich “Bild” in Berlin wohlfühlen könnte
Jörg Thadeusz kommentiert in der “Berliner Zeitung” die Pläne der “Bild”-Redaktion, nach Berlin umzusiedeln:
Da freuen wir uns aber. Was für eine Verstärkung. In einer Stadt, in der so viele von staatlichen Alimenten leben, kommen uns 700 Menschen zur Hilfe, die auch vor wirklich schmutziger Arbeit nicht zurückschrecken. Sie werden sich hier wohl fühlen, die Bild-Kollegen. (…)
“Es ist wichtig, dass wir dort sind, wo die Nachrichten entstehen”, hat Kai Diekmann gesagt.
Wir können uns auf ein spannendes Experiment freuen. Was ist stärker? Die Meldung über tatsächliche Ereignisse in der politischen Hauptstadt? Oder die Falschmeldungen, die Bild-Mitarbeitern ohnehin einfallen, gleichgültig wo sie arbeiten? (…)
BILDisch für Fortgeschrittene
Gut, gut: Die gestrige Falschmeldung der “Bild”-Zeitung über die Popgruppe Tokio Hotel war vielleicht wirklich zu falsch, um sie nur in der blatteigenen “Korrekturspalte” zu berichtigen. Stattdessen steht die “Tokio Hotel”-Berichtigung heute auf Seite 4 und sieht so aus:
“Bild” schreibt:
Gestern zeigte BILD ein Foto von Tom Kaulitz (17), Gitarrist in Deutschlands erfolgreichster Rockband “Tokio Hotel”, und einer unbekannten Schönheit – beim zärtlichen Küssen.
Jetzt stellt sich heraus: Der junge Mann auf dem Bild ist gar nicht Tom – sondern ein (Kuss)–Doppelgänger. (…)
Und mal abgesehen davon, dass wir im ersten “Bild”-Satz nirgends die Wörter fälschlicherweise und vermeintlich finden können — haben wir wieder was gelernt: Wenn ahnungslose “Bild”-Redakteure in Europas größter Tageszeitung irgendwas veröffentlichen, ohne zu wissen, ob’s stimmt, dann heißt Entschuldigung auf BILDisch:
Jetzt stellt sich heraus
Wie die “BamS” mit Keith Richards trauert II
Es ist noch nicht einmal vier Monate her, da behauptete der “Bild am Sonntag”-Chef Claus Strunz in seiner Kolumne “Der Chefredakteur antwortet”, die “BamS” verfolge die Arbeit von BILDblog “wohlwollend”. (Der Anlass damals: ein Fehler im BILDblog.) Aber:
Das wohlwollende Verfolgen unserer Arbeit ist offenbar folgenlos.
So hatte die “BamS” vor einer Woche ihre letzte Seite großzügig mit Paparazzifotos bebildert, auf denen angeblich der Rockmusiker Keith Richards zu sehen war, wie er (“TOTAL ENTSPANNT”) “in der Sonne Floridas” liege, sich (“TOTAL ERFRISCHEND”) “mehrere Dosen Bier” gönne und es sich (“TOTAL ZUFRIEDEN”) “richtig gut” gehen lasse. Kurzum:
Richards ist zufrieden, lächelt entspannt in die Sonne.
In Wahrheit aber (BILDblog berichtete) war am Tag vor Erscheinen der “BamS” Keith Richards’ schwerkranke Mutter gestorben, der “Rock-Opa” hatte zuvor in London am Sterbebett bis zu ihrem Tod gewacht. Der Mann auf den Fotos hingegen war, wie uns die Agentur, von der die “BamS” die Paparazzifotos hatte, im Nachhinein mitteilte, nur ein “Keith-Richards-Double”, auf das ein Paparazzo reingefallen war. Man habe, hieß es zerknirscht, die Bilder deshalb zurückgezogen.
Und es mag sein, dass man in der “BamS” in der vergangenen Woche kein BILDblog gelesen hat. Offensichtlich aber nicht nur das. Denn auch viele andere deutsche und internationale Medien berichteten über den Tod von Richards Mutter — ja, sogar in der Schwesterzeitung “Bild” erschien vergangenen Mittwoch eine kleine Meldung mit der Überschrift “Keith Richards trauert um seine Mutter”. Und bei Bild.de, wo man die “BamS”-Falschmeldung zunächst übernommen hatte, wurde die Seite inzwischen “aus dem redaktionellen Angebot (…) herausgenommen”. Das alles hätte der “Bild am Sonntag” zumindest zu denken geben können…
In der heutigen “BamS” aber finden die Leser weder im “Leser-Forum”, in dem manchmal auch kleinere “Korrekturen” abgedruckt werden, noch sonstwo* in der Zeitung einen Hinweis auf den bedauerlichen Fehler.
*) Auf der letzten Seite, wo vor einer Woche noch die falschen Richard-Fotos zu sehen waren, steht heute, dass Pamela Anderson auf ihrer Internetseite von einem Besuch in einem russischen Waisenhaus berichtet. Die Überschrift der “Bild am Sonntag” zu dieser Meldung lautet übrigens:
Nachtrag, 2.5.07 (Mit Dank an Günter V. und Axel S.): Laut einem Bericht der österreichischen Boulevardzeitung die “Neue” handelt es sich bei dem Keith-Richards-Double aus der “BamS” übrigens um den Vorarlberger Sigi Amann.
Liebe Kinder,
wie wir heute aus der “Bild”-Zeitung erfahren, habt ihr gestern offenbar “gegen die Todesspritze für Knut” demonstriert (siehe Ausriss). Wir freuen uns, dass ihr dafür im Berliner Zoo wart. Dort kann man schließlich eine Menge lernen — nicht nur über Eisbären, auch über andere Tiere.
Allerdings müssen wir euch auch etwas Trauriges erzählen, etwas, das man im Zoo nicht lernt: Ihr wurdet reingelegt. Knut sollte nämlich gar nicht getötet werden. Niemand hatte das ernsthaft gefordert. Ihr (und offenbar auch die Erwachsenen) seid einer “Falschmeldung” aufgesessen, wie man so sagt. Genauso wie viele Medien, die die Geschichte aus der “Bild”-Zeitung weitererzählt haben. Deshalb stimmt leider auch nicht, was heute in der “Bild”-Zeitung über euch steht:
Sie erhoben ihre Kinderstimmen, um ihren Lieblingsbären vor der Todesspritze zu retten! Und sie hatten Erfolg: KNUT DARF LEBEN!
Das ist wahrscheinlich das Schlimmste: Die “Bild”-Zeitung missbraucht euch heute, um ihre Desinformation von gestern auf abstruse Art und Weise gerade zu rücken. Und dabei wiederholt sie sie auch noch:
Tierschützer hatten in BILD (…) den Tod des von seiner Mutter verstoßenen Bären gefordert.
Das ist jetzt sicher alles ziemlich schwer für euch zu verstehen, aber vielleicht werdet ihr es begreifen, wenn ihr größer seid. Und vielleicht nehmt ihr dann auch an weniger überflüssigen Demonstrationen teil.
Mit pelzigen Grüßen,
euer BILDblog
Knut-Content
Wie es zu dieser “Falschmeldung” kam, steht ausführlich bei FAZ.net. Hier deshalb nur soviel:
- Nein, Knut wird nicht totgespritzt.
- Auch wenn es in “Bild” anders aussieht: Niemand hat ernsthaft eine Tötung des Berliner Eisbären gefordert.
- Dass der “Spiegel” in seiner aktuellen Ausgabe indirekt auf einen entsprechend missverständlichen “Bild”-Bericht vom 25. Januar verwies, nahm “Bild” heute zum Anlass, die eigene Geschichte von damals unter Verweis auf den “Spiegel” (“Stimmt!”) nochmals hervorzukramen — dieses Mal als Titelgeschichte.
Und während bei FAZ.net steht, wie’s wirklich war, steht bei Bild.de etwas ganz anderes. Unter der Überschrift “Forderung nach Todesspritze für Berliner Eisbär-Baby abgelehnt — Eisbär-Baby Knut soll leben” behauptet Bild.de in einer aktualisierten Version des “Bild”-Artikels:
Der kleine Eisbär, der ganz Deutschland verzaubert, kann weiter von seinen Pflegern groß gezogen werden. Das erklärte Tierarzt André Schüle vom Zoologischen Garten Berlin. Er widersprach damit rigoros Tierschützern, die am Wochenende [sic] empfohlen hatten, dem Tier die Todesspritze zu geben.
Und das ist nur insofern eine Neuigkeit, als “Bild” heute ja (wider besseres Wissen)* das Gegenteil suggeriert hatte.
Mit Dank an diverse Hinweisgeber.
*) Der Tierrechtler Frank Albrecht hatte im Januar den Berliner Zoo “wegen groben Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz” angezeigt, um auf “die Scheinheiligkeit und Heuchelei” bei der Zootierhaltung aufmerksam zu machen. Die Behauptung, dass er die Tötung des Eisbären fordere, hatte er in einem offenen Leserbrief an die “Berliner Zeitung” zudem bereits im Februar als “völlig falsch” bezeichnet und dies, wie er BILDblog sagte, auch aktuell (aber erfolglos) gegenüber der “Bild”-Zeitung deutlich zu machen versucht. Das von Albrecht angestoßene Verfahren indes wurde, wie uns der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft mitteilt, “mangels Straftat eingestellt”. Albrecht habe sich jedoch dagegen beschwert, “so dass nunmehr die Generalstaatsanwaltschaft den Vorgang zu prüfen haben wird”.
Mehr dazu hier.
Nachtrag, 21.3.2007: Wie schon damals, als “Bild” fälschlicherweise behauptet hatte, ein Erfinder würde in Sachsen “aus Katzen Benzin” machen, und die abstruse Behauptung hernach in internationalen Medien weiterverbeitet wurde, verbreitet sich nun auch die Knut-“Falschmeldung” weltweit (siehe auch hier)– und “Bild” scheint sogar stolz drauf ist das wieder eine Knut-Meldung wert.
Nachtrag, 27.3.2007: Obwohl doch sogar Knut selbst in seinem Weblog findet, dass der ganze Rummel um ihn “beim Bildblog wirklich gut erklärt” sei, zeigt sich “Bild” unbelehrbar und schreibt (weil “Knut und Menschen-Papa” bald getrennt schlafen müssen) auch heute wieder fälschlicherweise, dass “Tierschützer (…) das Bären-Baby mit der Todesspritze von dieser ‘nicht artgerechten Haltung’ erlösen wollten”.
Eine Geschichte, die man nicht glauben sollte
Da berichtete also offenbar in der vergangenen Woche die “Komsomolskaja Prawda”, eine Art russische “Bild”-Zeitung, irgendwelche russischen Fischer hätten irgendein eigenartiges Wesen gefangen, das Ding für einen Außerirdischen gehalten, getötet, mit einem Fotohandy gefilmt und — aufgegessen. Lecker sei es gewesen.
“Bild” selbst hielt das gestern für “eine Geschichte, die man kaum glauben kann” — und übernahm sie ungeprüft (siehe Ausriss), denn:
Vielleicht kam dieses Wesen ja wirklich aus einer anderen Welt…
Nun ja. Bereits gestern wiesen uns mehrere BILDblog-Leser, ihrerseits ufologische, meeresbiologische und journalistische Laien, darauf hin, dass es sich bei dem “Alien (…) mit seitlichen ‘Teufelsgesicht'” bloß um einen auf dem Rücken liegenden Rochen oder ähnliches handeln könnte. Ein naheliegender Gedanke, auf den “Bild” jedoch nicht gekommen zu sein scheint.
Und heute nun weist uns ein weiterer BILDblog-Leser darauf hin, dass offenbar die komplette Fischer-Fotohandy-lecker-Geschichte eine Falschmeldung ist. Zumindest ist dasselbe Video, das den angeblich jüngst gefangenen “Alien” zeigt, (ohne die russische Mär drumrum) bereits seit über einem Jahr bei YouTube zu finden.*
Mit Dank an G.M.B., Guido S. und N8crawler!
*) Gewiss, die Recherche war vielleicht zu schwer für “Bild” nicht leicht: Bei einer YouTube-Suche nach alien und fish ist das am 30.11.2005 eingestellte Video z.Zt. der allererste Treffer — übrigens in der Kategorie “Comedy”.
“Bild” lässt Krankenkassen-Beiträge explodieren
Dirk Hoeren ist bei “Bild” ein vielbeschäftigter Mann. Am selben Tag, an dem er mit einem großen Interview seine Falschmeldung von letzter Woche wiedergutmachen muss, schreibt er (zusammen mit einer Kollegin) schon wieder einen neuen “Bild”-Aufmacher, an dessen Fehlern er sich die nächsten Tage abarbeiten kann.
Dieser “Schock” ist vielleicht für Menschen, die sich auch aus anderen Quellen als die “Bild”-Zeitung informieren, nicht gar so groß. Denn die Erhöhung der Beitragssätze der Krankenkassen zeichnete sich schon ab. Am 15. Dezember titelte die “Financial Times Deutschland”:
Krankenkassen wollen Beiträge stark erhöhen
Die Spitzenverbände hätten eine Erhöhung um 0,7 Prozentpunkte angekündigt, schrieb die “FTD”. Das “kostet Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen knapp 7 Mrd. Euro”.
Eine knappe Woche später hat die Schock-Welle endlich die “Bild”-Zeitung erreicht, und sie staunt auf der Seite 1:
Bis zu 7 Milliarden Euro kassieren [die gesetzlichen Kassen] 2007 von Arbeitgebern und Arbeitnehmern mehr ab.
Nun wäre Dirk Hoeren aber nicht Dirk Hoeren, wenn seine Artikel nur spät wären und nicht auch fehlerhaft. Er schreibt:
Die höchsten Steigerungen haben die Versicherten der AOK Rheinland zu tragen: (…).
Es gibt keine “AOK Rheinland”. Es gibt nur eine AOK Rheinland/Hamburg, aber deren Beitrags-Steigerung (0,9 Prozentpunkte) ist nicht die höchste. Vermutlich meint “Bild” die AOK Rheinland-Pfalz (1,3 Prozentpunkte).
Nun wäre Dirk Hoeren aber nicht Dirk Hoeren, wenn seine Artikel nur spät und fehlerhaft wären und nicht auch grob irreführend. Er schreibt über die Erhöhung vieler Allgemeiner Ortskrankenkassen (AOK):
Damit liegen die Beiträge dann teilweise schon über 16 Prozent. Absoluter Rekord! Trauriger Spitzenreiter ist die AOK Saarland mit 16,7 Prozent.
Das ist erstaunlich. Denn die Nachrichtenagenturen berichteten gestern übereinstimmend von deutlich niedrigeren Sätzen. Den neuen Beitragssatz der AOK Saarland zum Beispiel gaben sie mit 15,8 Prozent an.
“Bild” hat einfach auf alle Beitragssätze 0,9 Prozentpunkte aufgeschlagen. Das ist der Sonderbeitrag, den die Arbeitnehmer zusätzlich zum Regelsatz bezahlen müssen, den Arbeitgeber und Arbeitnehmer paritätisch zahlen. Die höhere Zahl gilt zwar eigentlich nicht als “allgemeiner Beitragssatz”; sie zu nennen wäre aber nicht falsch — würde “Bild” nur einmal erklären, dass ihre Zahlen eben inklusive dieses Sonderbeitrags gemeint sind, und nicht mehrmals den Eindruck erwecken, die Arbeitgeber müssten den gleichen Satz zahlen.
Vollends unzulässig wird die Rechnung aber an der Stelle, an der “Bild” die so erhöhten Beitragssätze mit dem Beitragssatz vergleicht, den Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt einmal als Ziel ausgegeben hatte. Auf die von Schmidt genannten “12,15 Prozent” hat “Bild” nämlich “vergessen”, ebenfalls die 0,9 Prozentpunkte aufzuschlagen — um die Diskrepanz zwischen Ziel und Realität noch größer wirken zu lassen als sie ohnehin schon ist.
Danke an Daniel K.!
Unterschätzt: Der Hang von “Bild” zur Selbstironie
Im Zusammenhang mit einer Falschmeldung über den angeblichen Selbstmord der Schauspielerin Birge Schade, die der “Tagesspiegel” am Montagnachmittag kurzzeitig verbreitete (“BILD berichtete”), schreibt “Bild” heute:
BILD fragte gestern die Chefredaktion des “Tagesspiegel” u. a.: Hat sich der Chefredakteur bei Birge Schade entschuldigt? Warum hat die Zeitung über die Falschmeldung nicht berichtet?
Gute Fragen. Die merken wir uns.
“Bild” gibt MwSt-Erhöhung nicht an Leser weiter
Am Samstag machte “Bild” die Seite 2 mit dieser Schlagzeile auf:
Mehrwertsteuer-Erhöhung
Diese Firmen machen da nicht mit
Offenbar gibt es Firmen, die 2007 ihre Nettopreise senken wollen, damit die Kunden trotz der geplanten Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht mehr für ihre Produkte zahlen müssen. Solche Unternehmen machen nach Ansicht von “Bild” “beste Werbung für ihre Geschäfte”.
Und so wird sich jede Firma gefreut haben, die in der zugehörigen “Bild”-Liste (Ausriss rechts) weiß auf schwarz als Vorbild genannt wurde.
Insbesondere der Stromversorger Energie Baden-Württemberg (EnBW). Der hat zwar gerade vergangene Woche bekanntgegeben, die Strompreise bis März 2008 “stabil” halten zu wollen. Das bezog sich aber ausdrücklich nur auf die Nettopreise:
“… die von der Politik beschlossene Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei Prozent zum 1. Januar 2007 wird von der EnBW an alle Kunden weitergegeben.”
Auf Nachfrage bestätigte uns EnBW heute, dass sich daran nichts geändert habe.
PS: Andere Medien hatten über die EnBW-Preispolitik vergangene Woche unter Überschriften berichtet wie: “EnBW legt Mehrwertsteuer auf Kunden um”, “Steigende Strompreise wegen Mehrwertsteuer” oder “Mehrwertsteuer treibt Strompreis hoch”.
Nach der “Bild”-Ente, die von den Nachrichtenagenturen ddp und AFP übernommen wurde, findet man Artikel über die EnBW-Preispolitik unter Überschriften wie: “Immer mehr Firmen geben Mehrwertsteuererhöhung nicht weiter”.
In der heutigen “Bild”-Korrekturspalte taucht EnBW nicht auf. Und auch Bild.de hält weiter an der Falschmeldung fest.
Vielen Dank an Benny und Anja!