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Wie die “BamS” mit Keith Richards trauert II

Es ist noch nicht einmal vier Monate her, da behauptete der “Bild am Sonntag”-Chef Claus Strunz in seiner Kolumne “Der Chefredakteur antwortet”, die “BamS” verfolge die Arbeit von BILDblog “wohlwollend”. (Der Anlass damals: ein Fehler im BILDblog.) Aber:

Das wohlwollende Verfolgen unserer Arbeit ist offenbar folgenlos.

So hatte die “BamS” vor einer Woche ihre letzte Seite großzügig mit Paparazzifotos bebildert, auf denen angeblich der Rockmusiker Keith Richards zu sehen war, wie er (“TOTAL ENTSPANNT”) “in der Sonne Floridas” liege, sich (“TOTAL ERFRISCHEND”) “mehrere Dosen Bier” gönne und es sich (“TOTAL ZUFRIEDEN”) “richtig gut” gehen lasse. Kurzum:

Richards ist zufrieden, lächelt entspannt in die Sonne.

In Wahrheit aber (BILDblog berichtete) war am Tag vor Erscheinen der “BamS” Keith Richards’ schwerkranke Mutter gestorben, der “Rock-Opa” hatte zuvor in London am Sterbebett bis zu ihrem Tod gewacht. Der Mann auf den Fotos hingegen war, wie uns die Agentur, von der die “BamS” die Paparazzifotos hatte, im Nachhinein mitteilte, nur ein “Keith-Richards-Double”, auf das ein Paparazzo reingefallen war. Man habe, hieß es zerknirscht, die Bilder deshalb zurückgezogen.

Und es mag sein, dass man in der “BamS” in der vergangenen Woche kein BILDblog gelesen hat. Offensichtlich aber nicht nur das. Denn auch viele andere deutsche und internationale Medien berichteten über den Tod von Richards Mutter — ja, sogar in der Schwesterzeitung “Bild” erschien vergangenen Mittwoch eine kleine Meldung mit der Überschrift “Keith Richards trauert um seine Mutter”. Und bei Bild.de, wo man die “BamS”-Falschmeldung zunächst übernommen hatte, wurde die Seite inzwischen “aus dem redaktionellen Angebot (…) herausgenommen”. Das alles hätte der “Bild am Sonntag” zumindest zu denken geben können…

In der heutigen “BamS” aber finden die Leser weder im “Leser-Forum”, in dem manchmal auch kleinere “Korrekturen” abgedruckt werden, noch sonstwo* in der Zeitung einen Hinweis auf den bedauerlichen Fehler.

*) Auf der letzten Seite, wo vor einer Woche noch die falschen Richard-Fotos zu sehen waren, steht heute, dass Pamela Anderson auf ihrer Internetseite von einem Besuch in einem russischen Waisenhaus berichtet. Die Überschrift der “Bild am Sonntag” zu dieser Meldung lautet übrigens:"Pam Anderson -- Ein (Adoptiv-)Baby von Putin!"

Nachtrag, 2.5.07 (Mit Dank an Günter V. und Axel S.): Laut einem Bericht der österreichischen Boulevardzeitung die “Neue” handelt es sich bei dem Keith-Richards-Double aus der “BamS” übrigens um den Vorarlberger Sigi Amann.

Liebe Kinder,

wie wir heute aus der “Bild”-Zeitung erfahren, habt ihr gestern offenbar “gegen die Todesspritze für Knut” "1. Eisbär-Demo: Kinder kämpften für Knut"demonstriert (siehe Ausriss). Wir freuen uns, dass ihr dafür im Berliner Zoo wart. Dort kann man schließlich eine Menge lernen — nicht nur über Eisbären, auch über andere Tiere.

Allerdings müssen wir euch auch etwas Trauriges erzählen, etwas, das man im Zoo nicht lernt: Ihr wurdet reingelegt. Knut sollte nämlich gar nicht getötet werden. Niemand hatte das ernsthaft gefordert. Ihr (und offenbar auch die Erwachsenen) seid einer “Falschmeldung” aufgesessen, wie man so sagt. Genauso wie viele Medien, die die Geschichte aus der “Bild”-Zeitung weitererzählt haben. Deshalb stimmt leider auch nicht, was heute in der “Bild”-Zeitung über euch steht:

Sie erhoben ihre Kinderstimmen, um ihren Lieblingsbären vor der Todesspritze zu retten! Und sie hatten Erfolg: KNUT DARF LEBEN!

Das ist wahrscheinlich das Schlimmste: Die “Bild”-Zeitung missbraucht euch heute, um ihre Desinformation von gestern auf abstruse Art und Weise gerade zu rücken. Und dabei wiederholt sie sie auch noch:

Tierschützer hatten in BILD (…) den Tod des von seiner Mutter verstoßenen Bären gefordert.

Das ist jetzt sicher alles ziemlich schwer für euch zu verstehen, aber vielleicht werdet ihr es begreifen, wenn ihr größer seid. Und vielleicht nehmt ihr dann auch an weniger überflüssigen Demonstrationen teil.

Mit pelzigen Grüßen,

euer BILDblog

Knut-Content

Wie es zu dieser “Falschmeldung” kam, steht ausführlich bei FAZ.net. Hier deshalb nur soviel:

  • Nein, Knut wird nicht totgespritzt.
  • Auch wenn es in “Bild” anders aussieht: Niemand hat ernsthaft eine Tötung des Berliner Eisbären gefordert.
  • Dass der “Spiegel” in seiner aktuellen Ausgabe indirekt auf einen entsprechend missverständlichen “Bild”-Bericht vom 25. Januar verwies, nahm “Bild” heute zum Anlass, die eigene Geschichte von damals unter Verweis auf den “Spiegel” (“Stimmt!”) nochmals hervorzukramen — dieses Mal als Titelgeschichte.

Und während bei FAZ.net steht, wie’s wirklich war, steht bei Bild.de etwas ganz anderes. Unter der Überschrift “Forderung nach Todesspritze für Berliner Eisbär-Baby abgelehnt — Eisbär-Baby Knut soll leben” behauptet Bild.de in einer aktualisierten Version des “Bild”-Artikels:

Der kleine Eisbär, der ganz Deutschland verzaubert, kann weiter von seinen Pflegern groß gezogen werden. Das erklärte Tierarzt André Schüle vom Zoologischen Garten Berlin. Er widersprach damit rigoros Tierschützern, die am Wochenende [sic] empfohlen hatten, dem Tier die Todesspritze zu geben.

Und das ist nur insofern eine Neuigkeit, als “Bild” heute ja (wider besseres Wissen)* das Gegenteil suggeriert hatte.

Mit Dank an diverse Hinweisgeber.

*) Der Tierrechtler Frank Albrecht hatte im Januar den Berliner Zoo “wegen groben Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz” angezeigt, um auf “die Scheinheiligkeit und Heuchelei” bei der Zootierhaltung aufmerksam zu machen. Die Behauptung, dass er die Tötung des Eisbären fordere, hatte er in einem offenen Leserbrief an die “Berliner Zeitung” zudem bereits im Februar als “völlig falsch” bezeichnet und dies, wie er BILDblog sagte, auch aktuell (aber erfolglos) gegenüber der “Bild”-Zeitung deutlich zu machen versucht. Das von Albrecht angestoßene Verfahren indes wurde, wie uns der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft mitteilt, “mangels Straftat eingestellt”. Albrecht habe sich jedoch dagegen beschwert, “so dass nunmehr die Generalstaatsanwaltschaft den Vorgang zu prüfen haben wird”.

Mehr dazu hier.

Nachtrag, 21.3.2007: Wie schon damals, als “Bild” fälschlicherweise behauptet hatte, ein Erfinder würde in Sachsen “aus Katzen Benzin” machen, und die abstruse Behauptung hernach in internationalen Medien weiterverbeitet wurde, verbreitet sich nun auch die Knut-“Falschmeldung” weltweit (siehe auch hier)– und “Bild” scheint sogar stolz drauf ist das wieder eine Knut-Meldung wert.

Nachtrag, 27.3.2007: Obwohl doch sogar Knut selbst in seinem Weblog findet, dass der ganze Rummel um ihn “beim Bildblog wirklich gut erklärt” sei, zeigt sich “Bild” unbelehrbar und schreibt (weil “Knut und Menschen-Papa” bald getrennt schlafen müssen) auch heute wieder fälschlicherweise, dass “Tierschützer (…) das Bären-Baby mit der Todesspritze von dieser ‘nicht artgerechten Haltung’ erlösen wollten”.

Allgemein  

Eine Geschichte, die man nicht glauben sollte

Da berichtete also offenbar in der vergangenen Woche die “Komsomolskaja Prawda”, eine Art russische “Bild”-Zeitung, irgendwelche russischen Fischer hätten irgendein eigenartiges Wesen gefangen, das Ding für einen Außerirdischen gehalten, getötet, mit einem Fotohandy gefilmt und — aufgegessen. Lecker sei es gewesen.

“Bild” selbst hielt das gestern für “eine Geschichte, die man kaum glauben kann” — und übernahm sie ungeprüft (siehe Ausriss), denn:

Vielleicht kam dieses Wesen ja wirklich aus einer anderen Welt…

Nun ja. Bereits gestern wiesen uns mehrere BILDblog-Leser, ihrerseits ufologische, meeresbiologische und journalistische Laien, darauf hin, dass es sich bei dem “Alien (…) mit seitlichen ‘Teufelsgesicht'” bloß um einen auf dem Rücken liegenden Rochen oder ähnliches handeln könnte. Ein naheliegender Gedanke, auf den “Bild” jedoch nicht gekommen zu sein scheint.

Und heute nun weist uns ein weiterer BILDblog-Leser darauf hin, dass offenbar die komplette Fischer-Fotohandy-lecker-Geschichte eine Falschmeldung ist. Zumindest ist dasselbe Video, das den angeblich jüngst gefangenen “Alien” zeigt, (ohne die russische Mär drumrum) bereits seit über einem Jahr bei YouTube zu finden.*

Mit Dank an G.M.B., Guido S. und N8crawler!

*) Gewiss, die Recherche war vielleicht zu schwer für “Bild” nicht leicht: Bei einer YouTube-Suche nach alien und fish ist das am 30.11.2005 eingestellte Video z.Zt. der allererste Treffer — übrigens in der Kategorie “Comedy”.

“Bild” lässt Krankenkassen-Beiträge explodieren

Dirk Hoeren ist bei “Bild” ein vielbeschäftigter Mann. Am selben Tag, an dem er mit einem großen Interview seine Falschmeldung von letzter Woche wiedergutmachen muss, schreibt er (zusammen mit einer Kollegin) schon wieder einen neuen “Bild”-Aufmacher, an dessen Fehlern er sich die nächsten Tage abarbeiten kann.

Dieser “Schock” ist vielleicht für Menschen, die sich auch aus anderen Quellen als die “Bild”-Zeitung informieren, nicht gar so groß. Denn die Erhöhung der Beitragssätze der Krankenkassen zeichnete sich schon ab. Am 15. Dezember titelte die “Financial Times Deutschland”:

Krankenkassen wollen Beiträge stark erhöhen

Die Spitzenverbände hätten eine Erhöhung um 0,7 Prozentpunkte angekündigt, schrieb die “FTD”. Das “kostet Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen knapp 7 Mrd. Euro”.

Eine knappe Woche später hat die Schock-Welle endlich die “Bild”-Zeitung erreicht, und sie staunt auf der Seite 1:

Bis zu 7 Milliarden Euro kassieren [die gesetzlichen Kassen] 2007 von Arbeitgebern und Arbeitnehmern mehr ab.

Nun wäre Dirk Hoeren aber nicht Dirk Hoeren, wenn seine Artikel nur spät wären und nicht auch fehlerhaft. Er schreibt:

Die höchsten Steigerungen haben die Versicherten der AOK Rheinland zu tragen: (…).

Es gibt keine “AOK Rheinland”. Es gibt nur eine AOK Rheinland/Hamburg, aber deren Beitrags-Steigerung (0,9 Prozentpunkte) ist nicht die höchste. Vermutlich meint “Bild” die AOK Rheinland-Pfalz (1,3 Prozentpunkte).

Nun wäre Dirk Hoeren aber nicht Dirk Hoeren, wenn seine Artikel nur spät und fehlerhaft wären und nicht auch grob irreführend. Er schreibt über die Erhöhung vieler Allgemeiner Ortskrankenkassen (AOK):

Damit liegen die Beiträge dann teilweise schon über 16 Prozent. Absoluter Rekord! Trauriger Spitzenreiter ist die AOK Saarland mit 16,7 Prozent.

Das ist erstaunlich. Denn die Nachrichtenagenturen berichteten gestern übereinstimmend von deutlich niedrigeren Sätzen. Den neuen Beitragssatz der AOK Saarland zum Beispiel gaben sie mit 15,8 Prozent an.

“Bild” hat einfach auf alle Beitragssätze 0,9 Prozentpunkte aufgeschlagen. Das ist der Sonderbeitrag, den die Arbeitnehmer zusätzlich zum Regelsatz bezahlen müssen, den Arbeitgeber und Arbeitnehmer paritätisch zahlen. Die höhere Zahl gilt zwar eigentlich nicht als “allgemeiner Beitragssatz”; sie zu nennen wäre aber nicht falsch — würde “Bild” nur einmal erklären, dass ihre Zahlen eben inklusive dieses Sonderbeitrags gemeint sind, und nicht mehrmals den Eindruck erwecken, die Arbeitgeber müssten den gleichen Satz zahlen.

Vollends unzulässig wird die Rechnung aber an der Stelle, an der “Bild” die so erhöhten Beitragssätze mit dem Beitragssatz vergleicht, den Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt einmal als Ziel ausgegeben hatte. Auf die von Schmidt genannten “12,15 Prozent” hat “Bild” nämlich “vergessen”, ebenfalls die 0,9 Prozentpunkte aufzuschlagen — um die Diskrepanz zwischen Ziel und Realität noch größer wirken zu lassen als sie ohnehin schon ist.

Danke an Daniel K.!

Unterschätzt: Der Hang von “Bild” zur Selbstironie

Im Zusammenhang mit einer Falschmeldung über den angeblichen Selbstmord der Schauspielerin Birge Schade, die der “Tagesspiegel” am Montagnachmittag kurzzeitig verbreitete (“BILD berichtete”), schreibt “Bild” heute:

BILD fragte gestern die Chefredaktion des “Tagesspiegel” u. a.: Hat sich der Chefredakteur bei Birge Schade entschuldigt? Warum hat die Zeitung über die Falschmeldung nicht berichtet?

Gute Fragen. Die merken wir uns.

“Bild” gibt MwSt-Erhöhung nicht an Leser weiter

Am Samstag machte “Bild” die Seite 2 mit dieser Schlagzeile auf:

Mehrwertsteuer-Erhöhung
Diese Firmen machen da nicht mit

Offenbar gibt es Firmen, die 2007 ihre Nettopreise senken wollen, damit die Kunden trotz der geplanten Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht mehr für ihre Produkte zahlen müssen. Solche Unternehmen machen nach Ansicht von “Bild” “beste Werbung für ihre Geschäfte”.

Hier wird's ab Januar 2007 nicht teurer: - Energie Baden-WürttembergUnd so wird sich jede Firma gefreut haben, die in der zugehörigen “Bild”-Liste (Ausriss rechts) weiß auf schwarz als Vorbild genannt wurde.

Insbesondere der Stromversorger Energie Baden-Württemberg (EnBW). Der hat zwar gerade vergangene Woche bekanntgegeben, die Strompreise bis März 2008 “stabil” halten zu wollen. Das bezog sich aber ausdrücklich nur auf die Nettopreise:

“… die von der Politik beschlossene Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei Prozent zum 1. Januar 2007 wird von der EnBW an alle Kunden weitergegeben.”

Auf Nachfrage bestätigte uns EnBW heute, dass sich daran nichts geändert habe.

PS: Andere Medien hatten über die EnBW-Preispolitik vergangene Woche unter Überschriften berichtet wie: “EnBW legt Mehrwertsteuer auf Kunden um”, “Steigende Strompreise wegen Mehrwertsteuer” oder “Mehrwertsteuer treibt Strompreis hoch”.

Nach der “Bild”-Ente, die von den Nachrichtenagenturen ddp und AFP übernommen wurde, findet man Artikel über die EnBW-Preispolitik unter Überschriften wie: “Immer mehr Firmen geben Mehrwertsteuererhöhung nicht weiter”.

In der heutigen “Bild”-Korrekturspalte taucht EnBW nicht auf. Und auch Bild.de hält weiter an der Falschmeldung fest.

Vielen Dank an Benny und Anja!

Die Erde verliert einen Bruder

Am 17. August war “Bild” sich sicher:

"Die Erde kriegt drei neue Geschwister"

Und im Text erklärte “Bild”:

Familienzuwachs für unser Sonnensystem: Die Erde kriegt drei neue Geschwister. Sie heißen Ceres, Charon und Xena. (…) Durch die steigende Zahl von Entdeckungen kleinerer Himmelskörper im äußeren Sonnensystem musste die Definition Planet überarbeitet werden. Ein Planet ist demnach ein Himmelskörper, der (…)
(Hervorhebungen von uns.)

Das war etwas voreilig. Denn die Internationale Astronomische Union (IAU) hatte am 16. August lediglich bekannt gegeben, dass auf der IAU-Hauptversammlung über einen Vorschlag abgestimmt wird, der neu definieren würde, was ein Planet ist. “Bild” verschwieg das. (Wie man journalistisch korrekt mit einem solchen Vorschlag umgeht, kann man beispielsweise hier, hier oder hier nachlesen.)

Gestern wurde abgestimmt. Das Ergebnis: Die Erde bekommt keine “drei neuen Geschwister”, verliert dafür aber einen Bruder. Nämlich Pluto. Tja.

"Pluto kein Planet mehr"Immerhin schafft diese Nachricht (die sehr vielen anderen Medien übrigens eine größere Geschichte wert ist) es heute auf die “Bild”-Titelseite. Als 12-Zeilen-Meldung (siehe Ausriss). Für eine Erwähnung der ziemlich großen Falschmeldung von letzter Woche ist da natürlich kein Platz.

Mit Dank an Lexirien C., Alex P., Patrick S., Matthias B., Sven P. und Robert F. für die sachdienlichen Hinweise.

“Bild” benutzt toten Bruno zum Aufbinden

Herz des Bären heimlich verbrannt

Diese verstörende Exklusiv-Information über “Bruno” alias “JJ1” prangt heute in “Bild”. Im Text heißt es:

Wo ist Bruno jetzt? Im Tiermedizinischen Institut München. Dort wurde er gewogen, seine Innereien wurden herausgenommen und verbrannt.

Erstaunliche Informationen. Denn eigentlich wollten die Verantwortlichen gegenüber der Presse keine Details oder Bilder vom getöteten Bären herausrücken.

Das ist natürlich für “Bild” kein Zustand. Die Mitarbeiter (gleich neun sind in der Autorenzeile genannt) müssen die Tierärztliche Fakultät ziemlich gelöchert haben, zumindest heiß es dort, man sei durch die dauernden Nachfragen am gestrigen Tag “geschädigt”: “Mit Sicherheit wurde keine Aussage über die Innereien gemacht.” Woher die Information stamme, wisse man nicht.

Das macht auch nichts, denn sie ist eh falsch. Eine Sprecherin des für die Pressearbeit im Fall “Bruno” zuständigen bayerischen Umweltministeriums sagte uns:

“Die Innereien werden ebenfalls untersucht und für wissenschaftliche Zwecke verwendet. Sie werden nicht verbrannt.”

Übrigens: Mit dem heutigen Text widerlegt Bild auch eine eigene Behauptung vom 22. Juni. “Wer ‘JJ1’ abschießt, darf ihn als Trophäe behalten!”, hieß es da. Das muss sogar bei “Bild” irgendwann jemandem komisch vorgekommen sein. Gestern hat man deshalb einfach mal beim Umweltministerium nachgefragt, ob das überhaupt stimmt, was man da selbst geschrieben hatte. “Nein”, lautete die Antwort. “Der Bär wird vollständig ausgestellt.”

Nachtrag, 28. Juni. So liest sich das also, wenn die “Bild”-Zeitung eine eigene Falschmeldung korrigiert:

Leugnen. Schweigen. Widersprüche. (…)

WIR WOLLEN DIE GANZE WAHRHEIT WISSEN! (…)

Erst hieß es, Brunos Herz und die anderen Innereien seien verbrannt worden. Die Wahrheit: Sie liegen in einer geheimen Kühlkammer (7 Grad Celsius).

Von der Existenz einer “geheimen” Kühlkammer weiß man in der Tierärztlichen Fakultät zwar nichts. Richtig sei aber, sagte man uns, dass man Brunos Innereien nicht in der prallen Sonne aufbewahre.

Die tausend Tode der Prinzessin Diana

Boah:

"Diana wurde mit Lichtkanonen getötet!"

Fast neun Jahre nach dem dem Tod von Prinzessin Diana soll es neues Beweismaterial und neue Zeugen geben. Eine entsprechende, allerdings sehr vage Äußerung des Chefermittlers sorgte diese Woche für große Aufregung.

Und wer weiß schon mehr? Wer hat einen der “neuen Zeugen” schon gefunden, mit ihm gesprochen und von den “Lichtkanonen” erfahren?

Die “Bild am Sonntag”:

BamS fand jedoch einen der neuen Zeugen: Es ist Richard Tomlinson (43)...

Der Londoner “Bild”-Korrespondent Peter Michalski schreibt, Prinzessin Diana sei nach Aussage des ehemaligen britischen Neuer Zeuge beschuldigt britischen GeheimdienstGeheimdienstagenten Richard Tomlinson Opfer eines Anschlags geworden. Er sei nach dem Vorbild eines Attentatsplanes ausgeführt worden, “nach dem 1992 der damalige jugoslawische Staatschef Slobodan Milosevic in Belgrad umgebracht werden sollte”. Dianas Fahrer Henri Paul sei “mit einer starken Stroboskop-Lichtblitzkanone geblendet” worden.

Na, das sind Neuigkeiten.

Jedenfalls für eine Zeitung, die “nicht zu jedem Experten auf der Welt ein Dossier” hat und die Benutzung von Archiven und Suchmaschinen scheut.

Die Vermutung, es handele sich bei Tomlinson um einen “neuen Zeugen”, hätte “Bild” schon durch einen Blick ins eigene Archiv abhaken können: “Bild am Sonntag” berichtete (ähnlich wie andere Medien) bereits am 30. August 1998, dass Tomlinson Verbindungen zwischen Dianas Unfall und dem Geheimdienst MI6 hergestellt habe und zwei Stunden lang vom französischen Untersuchungsrichter Herve Stephan verhört worden sei. Am Tag darauf wiederholte “Bild” das in einem eigenen Artikel.

Am 4. September 1999 berichtete “Bild” über die “geheimen Gerichtsakten” über Dianas Tod: Tomlinson habe sich den Pariser Behörden als Zeuge angeboten. Sie hätten jedoch abgelehnt, weil sie ihn als “wenig glaubwürdig” einstuften.

Am 30. August 2002 berichtete “Bild” in einer Serie mit dem Titel “Geheimakte Diana — Die letzten 24 Stunden der Prinzessin” erneut über Tomlinson und seine Theorien. Und am 3. Dezember 2004 versuchte “Bild” wieder, Tomlinsons Thesen als Neuigkeit darzustellen. Unter der Überschrift “Fuhr ein Geheimagent Prinzessin Di in den Tod?” schrieb “Bild”:

Richard Tomlinson arbeitete von 1991 bis 1996 als Agent. Er behauptet, daß Paul angewiesen wurde, mit Vollgas durch den Tunnel zu fahren. Dort wurde er mit einem Blitzlicht geblendet und verlor so die Kontrolle über den Wagen.

Diese These und die Verbindung zu einem angeblichen Plan, Slobodan Milosevic zu ermorden, gab Thomlinson nach eigenen Worten schon am 12. Mai 1999 als Zeugenaussage zu Protokoll. Sie ist seit fast sieben Jahren im Internet nachzulesen:

This third scenario suggested that Milosevic could be assassinated by causing his personal limousine to crash. (…) One way to cause the crash might be to disorientate the chauffeur using a strobe flash gun (…). In short, this scenario bore remarkable similarities to the circumstances and witness accounts of the crash that killed the Princess of Wales, Dodi Al Fayed, and Henri Paul.

(Alle Hervorhebungen von uns.)

Tomlinson hat seine Thesen im Jahr 2001 auch in einem eigenen Buch veröffentlicht.

Mit anderen Worten: All das kann der britische Chefermittler mit seiner Andeutung in dieser Woche nicht gemeint haben. Der Mann, den “Bild am Sonntag” als “neuen Zeugen” verkauft, ist einer der ältesten “Zeugen” überhaupt. Und das, was er scheinbar jetzt gegenüber “Bild am Sonntag” enthüllt hat, ist eine der ältesten und am weitesten verbreiteten Verschwörungstheorien in diesem Fall — sogar “Bild” hat sie schon mehrere Male aufgeschrieben.

Aber die “Netzeitung” ist prompt drauf reingefallen.

Danke an Thorsten L. für den Hinweis!

Nachtrag, 21.50 Uhr. Auch die “Rheinische Post” und die Schweizer Gratiszeitung “20 Minuten” haben den Fehler gemacht, der “Bild am Sonntag” zu glauben. Und bei N24.de steht die Falschmeldung, weil sie automatisch von der “Netzeitung” übernommen wurde.

Nachtrag, 5. Juni. Die “Rheinische Post” scheint den Artikel entfernt zu haben.

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