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“Bild” rühmt Scientology-Organisation

Eigentlich sollte der Name “Scientology” bekannt genug sein, um jeden Journalisten zu warnen. Um ihn dazu zu bringen, ein bisschen zu recherchieren, bevor er sich auf ein “exklusives” Interview mit einem bekennenden Scientology-Mitglied einlässt. Damit er nicht durch Unbedarftheit Teil der PR-Maschine einer Organisation wird, die laut Verfassungsschutz ein “gut funktionierendes Unternehmen” ist, “das vor allem das rücksichtslose Gewinnstreben zur Handlungsmaxime erklärt hat und auch danach verfährt” und dessen Praktiken nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes 1995 als “menschenverachtend” und für Betroffene “gesundheitsgefährdend” zu werten sind.

“Bild”-Reporter Norbert Körzdörfer hätte vor seinem Besuch bei Tom Cruise nicht viel im Internet recherchieren müssen, um das herauszufinden. Er hätte auch in irgendeinem Archiv nachlesen können, was von der Organisation “Narconon” zu halten ist, deren Center in Oklahoma er mit Cruise besuchte — Körzdörfer nennt es treuherzig ein “Drogen-Rehabilitationszentrum”.

Der “Spiegel” berichtete 1991:

Die geschäftstüchtige Scientology-Sekte verdient zunehmend am Elend von Süchtigen. Der Tarnverein Narconon bietet eine Therapie an, die nach Ansicht von Suchtexperten und Fachärzten nicht nur nutzlos, sondern auch gesundheitsschädlich ist. Ehemalige Narconon-Patienten sprechen von folterähnlichen Ritualen. (…)

Mit untauglichen Methoden versuchen sich Anhänger der weltweiten Psycho-Sekte Scientology (…) im Rauschmittel-Entzug. Das Ergebnis ist meist nur neue Abhängigkeit: Statt Koks oder Heroin verabreicht Narconon die Seelen-Droge Scientology.

Die “FAZ” zitierte 1997 den Bayerischen Innenminister Günther Beckstein:

(…) die [Scientology-]Unterorganisation “Narconon” behaupte, jungen Rauschgiftabhängigen helfen zu können. In Wirklichkeit gehe es darum, die Eltern auszubeuten, sie und ihre Kinder aber einfach fallenzulassen, wenn kein Geld mehr da sei.

Die “Welt”, eine Schwesterzeitung von “Bild”, schrieb 2002, dass der Berliner Drogenbeauftragte bereits 1978 “eindringlich vor Narconon” gewarnt habe:

So bestehe unter anderem die “Gefahr einer irrationalen Anpassung an die hausinterne Hierarchie” des Programms.

Und als der “Spiegel” am 25. April 2005 ein Interview mit Tom Cruise führte (englische Version), kam es zu folgendem Wortwechsel:

Cruise: Ich bin ein Helfer. Ich selbst habe zum Beispiel Hunderten Leuten geholfen, von Drogen loszukommen. Wir bei Scientology haben das einzig erfolgreiche Drogen-Rehabilitationsprogramm der Welt. Es heißt Narconon.

SPIEGEL: Das stimmt nicht. Unter den anerkannten Entzugsverfahren taucht Ihres nirgends auf; unabhängige Mediziner warnen davor, weil es auf Pseudowissenschaft beruhe.

Cruise: Sie verstehen nicht, was ich sage. Es ist eine statistisch erwiesene Tatsache, dass es nur ein erfolgreiches Drogen-Rehabilitationsprogramm gibt in der Welt. Punkt.

SPIEGEL: Bei allem Respekt: Wir bezweifeln das, Mr. Cruise.

Nun aber durfte “Bild”-Reporter Norbert Körzdörfer Tom Cruise besuchen — “exklusiv. Live. In Amerika.” Schon vor zwei Wochen ließ er sich glücklich mit Cruise fotografieren (siehe Ausrisse) und schwärmte außerordentlich vom Treffen mit dem “begehrtesten Mann des Planeten”, dem “Star der Stars, Hollywoods Nr. 1”, einer “Ikone der Jetzt-Zeit”, “mit einer Aura emotionaler Intelligenz”. Jetzt nennt Körzdörfer Cruise u.a. “Ein Mann! Eine Ikone!”, “Hollywoods Mega-Star Nr. 1”, “Mega-Weltstar Nr. 1”, “Mehr Mensch als Star”, “den ‘5-Milliarden-Dollar-Mann’ (Einspielergebnisse)”:

Er kämpft als Vater, Star – und “Scientologe” – gegen Psychopillen für Schüler, gegen Drogen, gegen Kriminalität!

Nur in einer Klammer schreibt Körzdörfer, dass Scientology “in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet” wird — erklärt aber nicht einmal im Ansatz, warum das so ist und was Scientology überhaupt ist. Dann zitiert Körzdörfer Cruise mit den Worten: “Ich will das Richtige tun. Ich will helfen! Komm mit!” Der Artikel geht wie folgt weiter:

Tom schlüpft in seine beige „Belstaff“-Lederjacke. Ein Jeep bringt uns zum “Narconon”-Center (Drogen-Rehabilitationszentrum).

Tom führt mich. Tom zeigt die Krankenzimmer. Die Helfer. Und die traurigen Augen der Patienten, die freiwillig gekommen sind, um aus ihrer eigenen Drogenhölle auszubrechen.

Diese Augen lächeln, wenn sie Tom Cruise sehen: “80 Prozent dieser Menschen schaffen es, die Drogen zu besiegen… ”

Tom schreitet wie ein Cowboy durch diese Gänge der schmerzenden Hoffnung. Seine Körpersprache atmet Demut. Er lauscht. Ernst. Er preßt seine Lippen zusammen. Er nickt. Er ballt die Faust: “Ihr schafft das!” Seine Augen lächeln zurück.

Tom ist kein Gott. Er ist verdammt menschlich. Er ist der Action-Star seines eigenen Lebens – live: “Es gibt so viel Leid! Ich muß helfen. Wenn ich am Ende des Tages meine Kinder sehe, will ich etwas Gutes getan haben…”

Man könnte nun staunen über die Naivität des “Bild”-Reporters, wenn da nicht ein Wort in diesem Text wäre, das darauf hindeuten könnte, dass er die Vorwürfe gegen “Narconon” sehr wohl kennt. Es ist das scheinbar überflüssige Wort “freiwillig” in dem Satz: “Und die traurigen Augen der Patienten, die freiwillig gekommen sind, um aus ihrer eigenen Drogenhölle auszubrechen.” Man könnte auf den Gedanken kommen, dass Körzdörfer nicht versehentlich, sondern wissentlich Werbung für Scientology macht.

Wir haben die “Bild”-Zeitung heute gegen 14 Uhr um eine Stellungnahme gebeten, aber bislang keine Antwort erhalten. Weiterführende kritische Auseinandersetzungen mit “Narconon” finden sich hier, hier, hier und hier. Danke an Jan T. und andere Hinweisgeber.

Nachtrag 28. Juni. Übrigens hatte auch Christiane F. (“Wir Kinder vom Bahnhof Zoo”) Narconon-Erfahrungen.

Alle Hervorhebungen in den Zitaten von uns.

  

Alte Produkte, neu verpackt

Wie “Bild” zunehmend Einfluss darauf gewinnt, was in Deutschland zum Verkaufsschlager wird

(Mai 2005) Das Jahr hat gut begonnen für den Autohersteller Seat. Im Januar und Februar verzeichnete die VW-Tochter im Vergleich zum Vorjahr das Dreifache an Aufträgen für ihren Kleinwagen “Ibiza”, meldete Seat Deutschland im März. Dass das Modell urplötzlich so beliebt war, lag nicht etwa daran, dass der schon etwas betagte “Ibiza” mit exklusiven Extras angeboten oder mit einer besonders flotten Kampagne beworben wurde – sondern vor allem an einer Kooperation mit der “Bild”-Zeitung. Zwei Monate bot Seat das Sondermodell “Ibiza Sport Edition” als “Volks-Seat” an. “Bild” und Bild.T-Online warben kräftig für die Aktion – und erzielten offenbar den erwünschten Erfolg.

Längst nutzt “Bild” den eigenen Namen nicht mehr nur für Zeitschriften-Ableger wie “Computer-Bild” oder “Audio-Video-Foto-Bild”. Mit den “Volks”-Produkten will das Boulevardblatt von der Spülmaschine über die Zahnbürste bis hin zur Bettdecke nun auch allerlei Gebrauchsgegenstände verkaufen.

Deutschlandweit bekannt

Die produziert “Bild” natürlich nicht selbst. Die Zeitung, genauer: deren Internet-Ableger Bild.T-Online, kooperiert lediglich mit den Herstellern der Waren, die es in der Regel auch ohne “Volks”-Label längst im Handel zu kaufen gibt. Die Unternehmen profitieren davon, dass “Bild” ihr “Volks”-Produkt innerhalb kürzester Zeit deutschlandweit bekannt macht. Entsprechend gut verkaufen sich viele der angebotenen Waren.

Begonnen hat alles mit dem Volks-PC im September 2002. Mit der Handelskette Plus brachte “Bild” einen PC in die Läden, der von jedem Nutzer einfach zu bedienen und auch für jeden erschwinglich sein sollte. Die Aktion lief so gut, dass man sich entschied, sie fortzuführen. Inzwischen gibt es über 25 “Volks”-Produkte. Partner waren oder sind Unternehmen wie Seat, Quelle, Deichmann, Talkline und Deutsche Bank. Bild.T-Online verkauft den Herstellern Werbe-“Packages”, die prominent platzierte Online-Beiträge auf Bild.de, Sonderbeilagen in der Printausgabe sowie Anzeigen in “Bild” und “Bild am Sonntag” beinhalten. Als Eye-Catcher werben Promis für die Angebote (manchmal sogar ohne ihr Wissen). Die Kooperationen machen bei Bild.T-Online schon jetzt 30 bis 40 Prozent des Umsatzes aus, der laut “FAZ” im Dezember 2004 bei rund 30 Millionen Euro lag.

Keine “Stiftung Warentest”

Im Prinzip ist gegen eine solche Vermarktungsstrategie nichts einzuwenden. Nicht nur “Bild”, sondern auch viele andere Zeitungen mussten sich in den vergangenen Jahren überlegen, wie sie sich zukünftig finanzieren würden. In der Medienkrise waren den Verlagen die Einnahmen weggebrochen, die sie bisher mit Rubrikenanzeigen und Werbebuchungen erzielten.

Problematisch ist jedoch, dass die “Volks”-Produkte leicht als Empfehlung der “Bild”-Redaktion missverstanden werden können. Die “Volks-Waschmaschine” “hat ordentlich Wasch-Power in der Trommel” und zahlreiche “Finessen”, sie “geht dem Schmutz gehörig an den Kragen”, ist einfach “Spitzenklasse”. Das “Volks-Fahrrad” “rostet nicht (…), es ist sicher (…) und hat tolle Extras”, “das Licht ist besonders hell” und “mit dem aktiven Bremssystem (ABS) brauchen Sie weniger Kraft zum Bremsen”. So steht es bei Bild.de.

Die rein werblichen Beiträge sind inzwischen zwar korrekt als “Anzeige” gekennzeichnet, suggerieren aber dennoch, dass es sich um ein besonderes Schnäppchen oder ein besonders hochwertiges Produkt handelt, das die Redaktion womöglich ganz besonders schätzt.

Schlechter als die Basisversion

Das muss nicht immer auch der Fall sein. Hanno S. Ritter vom Online-Portal Autokiste.de nennt das kürzlich von “Bild” und Blaupunkt angebotene “Volks-Navi” als Beispiel: “Das beworbene Gerät war schlechter als die ihm zu Grunde liegende Basisversion, etwa weil ein Tacho-Anschluss fehlte.” In der Produktbeschreibung von Blaupunkt sei darauf verwiesen worden, dieser wäre nicht nötig. Das stimmt zwar. Ritter meint aber: “Richtig wäre gewesen: Ein Tacho-Anschluss ist bei diesem Gerät nicht möglich.” Zudem sei das bessere Basisgerät mit Tacho-Anschluss im Handel bereits für denselben Preis wie das “Volks-Navi” angeboten worden.

Nicht alles, was aggressiv als Schnäppchen beworben wird, ist automatisch auch eins. Die “Volks”-Produkte-Strategie ist dennoch so erfolgreich, weil sie Vertrauen aufbaut – das Vertrauen der Leser in “Bild”, einer Zeitung, die immerzu von sich behauptet, für den kleinen Mann zu kämpfen. Wieso sollte man deren Empfehlungen nicht trauen? Ob die Kunden mit dem gekauften Produkt zufrieden sind, muss “Bild” erst einmal nicht weiter interessieren. Die Sache ist erledigt, sobald der Kunde das Produkt bestellt hat – es sei denn, Beschwerden häufen sich und der eigene Name könnte beschädigt werden. Damit das gar nicht erst passiere, würden sämtliche Produkte intensiv überprüft und von externen Experten bewertet, bevor sie beworben werden, heißt es bei Bild.T-Online. (Hier ein interessantes Gegenbeispiel.)

Zweifelhafte Markenmacht

Verbraucher können oft nur schwer nachprüfen, ob die angebotenen Waren tatsächlich so günstig sind, wie die “Volks”-Werbung suggeriert – zumindest, wenn es dabei um Produkte mit zahlreichen Funktionen geht, die nicht so einfach zu überblicken sind. Mag sein, dass das ein oder andere Angebot tatsächlich einige Euro günstiger ist als im Handel.

Viel wichtiger ist jedoch, dass “Bild” nicht mehr nur Einfluss darauf nimmt, was in Politik und Gesellschaft diskussionswürdig erscheint, sondern mit zunehmendem Erfolg der “Volks”-Produkte auch darauf, welche Waren welches Herstellers die Verkaufsschlager von morgen werden – egal ob Waschmaschine, Fahrrad oder Computer. Ob eine solche Markenmacht auf Dauer tatsächlich im Sinne von Herstellern und Verbrauchern sein kann?

Datum Produkt Partner
September 2002 Volks-PC Plus
November 2002 Volks-Notebook Plus
Dezember 2002 Volks-PC Plus
Februar 2003 Volks-PC Plus
April 2003 Volks-Notebook Plus
Mai 2003 Volks-Spüler Media-Markt
Juni 2003 Volks-Kamera Media-Markt
September 2003 Kaffee-Vol(l)ks-Automat Media-Markt
September 2003 Volks-PC Plus
November 2003 Volks-Notebook Plus
November 2003 Volks-Dekoder More TV
November 2003 Volks-Navigator T-Mobile
Dezember 2003 Volks-PC Plus
März 2004 Volks-Notebook Media-Markt
März 2004 Volks-LCD-Fernseher Media-Markt
April 2004 Volks-DVD-Rekorder Media-Markt
Mai 2004 Volks-Fahrrad Otto
Mai 2004 Volks-Kamera Media-Markt
Juni 2004 Volks-Handy Talkline
Juni 2004 Volks-Schuh Otto
Juli 2004 Volks-Fotodrucker Media-Markt
Juli 2004 Volks-Notebook Media-Markt
August 2004 Volks-Fernseher Media-Markt
August 2004 Volks-PC Media-Markt
August 2004 Volks-Sparkonto Diba
September 2004 Volks-Matratze Otto
September 2004 Volks-Zahnbürste Media-Markt
Oktober 2004 Volks-Notebook Media-Markt
Oktober 2004 Volks-Fonds DWS
November 2004 Volks-Trainer Otto
November 2004 Volks-Kamera Media-Markt
Dezember 2004 Volks-Rekorder Media-Markt
Januar 2005 Volks-Seat Seat
Februar 2005 Volks-Zinssparen Deutsche Bank
Februar 2005 Volks-Handy Talkline
März 2005 Volks-Laufschuh Deichmann
April 2005 Volks-Bett Quelle
April 2005 Volks-Kredit Creditplus
April 2005 Volks-Navi Blaupunkt
Mai 2005 Volks-Fahrrad Quelle
Mai 2005 Volks-Waschmaschine Quelle
Mai 2005 Volks-Tarif Payback/Vodafone
Mai 2005 Volks-Bausparen BHW
Mai 2005 Volks-Caddy VW
Juni 2005 Volks-Notebook Fujitsu-Siemens
Juni 2005 Volks-Seat Seat
Juni 2005 Volks-Kamera Panasonic
Juni 2005 Volks-Gefrierschrank Quelle
August 2005 Volks-Kredit Creditplus
September 2005 Volks-Rente Dresdner/Allianz
September 2005 Volks-Bus Volkswagen
September 2005 Volks-Burger Burger King
Oktober 2005 Volks-Handy Talkline
Oktober 2005 Volks-Notebook Fujitsu-Siemens
November 2005 Volks-Fonds Union Investment
Februar 2006 Volks-Tigra Opel
März 2006 Volks-Handy Talkline
April 2006 Volks-Laufschuh Deichmann

Was fehlt? Mail schicken.

Außer Konkurrenz: die Volks-Bibel (Oktober 2004, direkte Verlagskooperation mit Weltbild, neu aufgelegt als “Goldbibel” im Dezember 2005).

“Bild” zeigt Gysis Gehirn (oder “Gysis Gehirn”)

"Gysi zeigt sein Gehirn"

So steht es heute in der “Bild”-Zeitung. Aber es stimmt nicht. Richtig ist: “Bild” zeigt Gregor Gysis Gehirn. Genauer gesagt, heißt es in “Bild”:

“Exklusiv für BILD öffnete Prof. Vogel die Krankenakte des Politikers: Wir sehen eine Röntgenaufnahme von Gysis Schädel und eine mehrfarbige Computertomographie.”

Die PDS-Zentrale in Berlin weist uns allerdings darauf hin, dass die abgedruckten Fotos aus Gregor Gysis Krankenakte entgegen der Behauptung von “Bild” “ohne Einverständnis von Gregor Gysi” an die Zeitung gelangt seien. Vielmehr habe sein Arzt “die Schweigepflicht verletzt” und “Bild” mit “unrechtmäßig erlangtem Material” die falsche Schlagzeile gemacht, hieß es bei der PDS. Gysi, so steht es mittlerweile auch in einer Pressemitteilung, werde gegen diese “Einmischung in die unmittelbare Privatsphäre, die nicht hinnehmbar ist”, “die notwendigen rechtlichen Schritte einleiten”.

Und wir staunen: Joschka Fischer (Die Grünen) sei “zu fett”, der Kopf von Gregor Gysi (PDS) “lädiert” – und zu Angela Merkel (CDU) gibt es in “Bild” die “große Serie: Angela Merkel privat“…

Nachtrag, 19:50:
Laut Süddeutsche.de ist die “Bild”-Veröffentlichung ein “in vielerlei Hinsicht bizarrer Fall” bzw. “eine jener Geschichten im Zwischenreich der Eitlen und der Jongleure vom Boulevard“. “Bild”-Chef Kai Diekmann wird dort mit den Worten zitiert, es handele sich dabei dabei um “eine Positiv-Geschichte”. Weiter heißt es:

“Nach Darstellung Diekmanns hat das Blatt am Donnerstag voriger Woche mit dem PDS-Politiker über dessen Gesundheitszustand und den Wahlkampf gesprochen.

Weil das Interview nicht sehr sexy war und auch Fotos her sollten, wurde am Sonntag ein Termin mit Gysis Arzt, dem Berliner Neurochirurgen Professor Siegfried Vogel, verabredet (…). Zuvor, so Diekmann, habe Vogel beim Patienten die Erlaubnis eingeholt. Was sonst?

(…) Das eigentliche Presse-Opfer scheint der Professor zu sein, der nach Rücksprache mit Gysi die Krankenakte gezeigt hat.”

Nachtrag, 0:57:
Der “Berliner Kurier” hat nun offenbar mit Siegfried Vogel, Gysis Arzt, gesprochen, was den Fall noch bizarrer macht, als von Süddeutsche.de geschildert. Laut “Kurier” nämlich ist das von “Bild” abgedruckte “angebliche Gysi-Gehirn” nur “ein Foto aus einem Lehrbuch für Gehirnoperationen” und das, was in “Bild” stand, “eine Lüge”, wie der “Kurier” unter Berufung auf Gysi und Vogel schreibt. Vogel jedenfalls wird dort mit den Worten zitiert:

“Herr Gysi hatte mir erlaubt, mit der Zeitung ganz allgemein über seinen Gesundheitszustand zu sprechen. Ich habe aber weder die Akte gezeigt, noch geöffnet, noch haben die Reporter die Akte einsehen können. Was in der Zeitung als Akte ausgegeben wird, ist nur die Tüte, in der sich die Röntgenbilder befanden. Und das Foto, das angeblich Gysis Gehirn zeigen soll, ist ein Foto aus einem Lehrbuch. Es ist nicht Gysis Gehirn. Ich berate jetzt mit Gysi, wie ich gegen diese Lügen vorgehen kann und werde.”

Und laut Nachrichtenagentur dpa, die (siehe n-tv.de) den Arzt ebenfalls dahingehend zitiert, “es sei Material gewesen, anhand dessen er in einem Gespräch mit einer ‘Bild’-Reporterin Funktionsweisen eines Gehirns erläutert habe”, widersprach dem nun wieder ein “Bild”-Sprecher:

“Nach dessen Angaben waren einer Reporterin und einem Fotografen des Blattes die Aufnahmen als Fotos von Gysis Gehirn vorgelegt worden. Der Fotograf habe sie dann abgelichtet.”

Nachtrag, 25.6.2005:
Mittlerweile hat “Bild”, so jedenfalls steht es in einer Pressemitteilung der Axel Springer AG, Gysis Arzt “anwaltlich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zum Widerruf aufgefordert.”

Nachsitzen!

In der vergangenen Woche rief ein Redakteur der “Bild am Sonntag” in der Programmdirektion der ARD an. Zahlreiche Leser hätten sich beschwert, sagte er, dass die Harald-Schmidt-Sendung nur so selten im Fernsehen komme. Ein Pressesprecher erklärte ihm, dass das von vornherein so geplant gewesen sei; nur am vergangenen Donnerstag habe die Sendung relativ kurzfristig für “Speer und Er” den Platz räumen müssen. Die “Bild am Sonntag” könne ihren unzufriedenen Lesern aber eine frohe Botschaft mitteilen: Harald Schmidt werde in diesem Jahr häufiger als geplant auf Sendung gehen, nämlich 71 statt 64 mal. Eine Handvoll Shows, die eigentlich im Umfeld der Fußball-WM stattfinden sollten, habe man von 2006 auf 2005 vorgezogen, als man feststellte, dass an vielen Terminen abends gar keine Übertragungen von Spielen stattfanden. Deshalb werde Harald Schmidt in diesem Jahr schon früher als geplant aus der Sommerpause zurückkehren.

Im Klartext: An der Gesamtzahl der mit Schmidt in den nächsten Jahren vereinbarten Shows ändert sich laut ARD nichts, und mit der dünnen Präsenz der vergangenen Wochen hat das nichts zu tun.

Vielleicht hat der “Bild am Sonntag”-Redakteur das nicht verstanden. Vielleicht hat er sich auch nicht besonders viel Mühe gegeben, es richtig zu verstehen. Jedenfalls erschien in der Zeitung und im Online-Auftritt dann ein Artikel mit folgenden Aussagen:

Zu wenig gearbeitet!
ARD kürzt Harald Schmidt den Urlaub

Nachsitzen für Harald Schmidt (47)! Weil der TV-Satiriker in den letzten Wochen so selten auf dem Bildschirm zu sehen war, muß er in der zweiten Jahreshälfte mehr Sendungen produzieren als geplant. (…) 71 Sendungen muß der Ex-SAT.1-Star in diesem Jahr abliefern, doch das ist mit der ursprünglichen Programmplanung nicht zu schaffen.

Das ist in dieser Form, nun ja: falsch.

Wäre aber vielleicht nicht so schlimm, denn die “Bild am Sonntag” schreibt häufiger mal Dinge, die nicht stimmen. Schlimm ist, dass diese Dinge von anderen Zeitungen abgeschrieben werden, auch solchen, die sich als seriös ausgeben. Dass an der Meldung der “Bild am Sonntag” etwas faul ist, hätte jeder aufmerksame Redakteur auch ohne weitere Recherche und durch einen Blick ins eigene Archiv wissen können: Bislang war nämlich immer davon die Rede gewesen, dass Schmidt jährlich 64 Sendungen für die ARD produzieren muss, und nicht 71. Warum sollten es plötzlich mehr sein? Und warum sollte die ARD im Mai feststellen, dass diese 71 nach der bisherigen Planung nicht unterzubringen sind? Und wieso sollte es die Schuld von Harald Schmidt sein, dass er u.a. “Speer und Er” weichen musste?

Genug offene Fragen, sollte man denken, um die “Bild am Sonntag”-Geschichte nicht ohne weitere Recherche einfach zu übernehmen. Stattdessen stand sie in den folgenden Tagen fast überall, oft mit den wortgleichen — falschen — Formulierungen: in “Spiegel Online”, bei der “Süddeutschen Zeitung” sowohl Online als auch heute noch einmal in anderer Form in der Druckausgabe, bei “Focus Online”, im Kölner “Express”, in der Österreichischen “Krone”, bei den Nachrichtenagenturen AFP am Sonntag um 12.09 Uhr, AP am Sonntag um 13.47 Uhr, dpa am Sonntag um 13.55 Uhr, dpa am Sonntag um 16.31 Uhr, AP am Montag um 16.25 Uhr, dpa am Montag um 10.40 Uhr und und und.

Keine der genannten Agenturen oder Zeitungen hat den offensichtlichen Widerspruch zwischen den 64 geplanten und 71 von “Bild am Sonntag” behaupteten jährlich zu produzierenden Sendungen erwähnt. Keine fand es nötig, in irgendeiner Form selbst zu recherchieren. Alle haben sich blind auf die ExklusivFalsch-Meldung von “Bild am Sonntag” verlassen.

Nachtrag, 12.45 Uhr: Die ARD hat noch einmal nachgezählt und kommt auf 70 Sendungen in diesem Jahr.

Allgemein  

Die bittere Rache II

Dass die Springer-Blätter politisch auf einer Linie fahren, ist nicht neu, auch nicht, dass sie sich gegenseitig helfen, indem sie die selben Texte drucken. Dass die Bild-Zeitung aber ihre Macht missbraucht, um das rechtswidriges Vorgehen eines Hausblättchens zu rächen, ist eine neue Qualität.

Schreibt die “Berliner Zeitung” in einem Artikel über die “widerliche Kampagne”, die “Bild” gerade (wie berichtet) gegen die Schauspielerin Alexandra Neldel fährt.

Der Hintergrund: Die Springer-Jugendzeitschrift “Yam” hat — offenbar rechtswidrig — ein acht Jahre altes Nacktfoto veröffentlicht, das Neldel exklusiv für den “Playboy” gemacht hat. Als die Schauspielerin jetzt juristisch dagegen vorging, zeigte “Bild” ebenfalls die nackte Neldel vom “Playboy”-Cover. Dabei hat laut “Berliner Zeitung” ein Gericht dem Blatt die Veröffentlichung der “Playboy”-Fotos schon 1998 ausdrücklich verboten. Neldels Anwalt sagt, “Bild” habe “in Kenntnis des Verbots gegen Recht und Gesetz verstoßen”.

Im vergangenen Jahr hat “Bild” bereits eine ähnliche Kampagne gegen die Schauspielerin und frühere Porno-Darstellerin Sibel Kekilli gefahren. Dafür wurde sie vom Presserat im Dezember 2004 gerügt. Auch über ein halbes Jahr später hat “Bild” diese Rüge — entgegen den Gepflogenheiten und der eigenen “journalistischen Richtlinien” — noch nicht im Blatt abgedruckt.

neu  

Unfallforscher ermitteln

Politiker fordern exklusiv in “Bild” ein Rauchverbot am Steuer, und “Bild” weiß warum:

Unfallforscher ermittelten, daß ein Auto bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h mindestens 14 Meter pro Sekunde ungebremst weiterfährt, während der Fahrer nach einer fallengelassenen Kippe sucht.

Ja Wahnsinn, was moderne Wissenschaft heute alles erforschen kann.

Gut, den Anfang der Rechnung könnte jeder Siebtklässler mit einer Vier in Physik machen: 50 Kilometer pro Stunde = 50.000 Meter pro Stunde = 13,89 Meter pro Sekunde.

Normalerweise legt ein Auto, das mit 50 km/h fährt und nicht gebremst wird, also fast 14 Meter in der Sekunde zurück. Wenn eine Kippe fallengelassen wird, erhöht sich diese Strecke allerdings laut “Bild” laut “Unfallforschern” auf mindestens 14 Meter.

Jetzt würden wir natürlich gerne die Unfallforscher fragen, wie diese Beschleunigung zustande kommt: Ob das Fallen der Kippe zum Beispiel eine Änderung im Raum-Zeit-Kontinuum auslöst oder ob diese Forschung vielleicht auch Fälle berücksichtigt, in denen die Kippe auf das Gaspedal fällt.

Aber vielleicht ist das alles doch weniger ein Thema für Unfallforscher als für “Bild”-Zeitungs-Forscher.

Übrigens: “Spiegel Online” hatte in seinem Bericht über das Thema zunächst wenigstens den “mindestens”-Fehler von “Bild” korrigiert und geschrieben:

Nach Angaben von “Bild” ermittelten Unfallforscher, dass ein Auto bei einer Geschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde etwa 14 Meter pro Sekunde ungebremst weiterfährt, während der Fahrer nach einer fallen gelassenen Zigarette sucht.

Inzwischen hat dort jemand den Irrsinn bemerkt und durch die schlichte Formulierung ersetzt:

Fährt ein Auto mit einer Geschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde, legt es umgerechnet knapp 14 Meter pro Sekunde zurück.

In der aktuellen Fassung des Artikels fehlt die Rechnung ganz.

Danke an die vielen Hinweisgeber!

“Bild” weiß es (nicht)

Manchmal ist “Bild” wirklich prima informiert. Gestern zum Beispiel, als das Blatt (unter der Überschrift “Helmut Kohl: Sein neues Glück”) weltexklusiv enthüllte, der “Einheitskanzler” habe “eine neue Lebenspartnerin”. Aber ja: “Engste Freunde und langjährige Weggefährten (…) hatte Helmut Kohl schon seit einiger Zeit eingeweiht”, hieß es da, aufgeschrieben von einem engsten Freund langjährigen Weggefährten, genauer gesagt von Kai Diekmann, dem derzeitigen Chefredakteur der “Bild”-Zeitung. Kohl war Diekmanns Trauzeuge, Diekmann Kohls Biograph, und darüber, wer wohl der “gute Freund von Helmut Kohl” ist, den Kohl-Freund Diekmann in seiner Verlautbarung Enthüllung zu Wort kommen ließ, kann man jetzt wild spekulieren

…was übrigens ein gutes Stichwort ist – so als Überleitung.

Schließlich spekulierte am Samstag auch “Bild”. Oder auch nicht. Denn (unter der Überschrift “Kardinal Lehmann jetzt nach Rom?”) hieß es:

“Nach BILD-Informationen will der neue Papst Benedikt XVI. den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann (68), in die Kurie nach Rom berufen. (…) Der Mainzer Bischof Lehmann will bis Montag entscheiden, ob er dem Ruf nach Rom folgt.”

Der Mainzer Bischof Lehmann sagte dazu dem WDR:

“Das gehört zu den vielen Enten und Spekulationen dieser Tage, die nicht aufhören. Ich weiß von nichts, ich lese das nur in der Zeitung.”

Und dem Radio Vatikan (siehe z.B. FAZ.net) sagte Lehmann:

“Ich weiß gar nicht, woher die Leute sich das aus den Fingern saugen. Denn ich weiß überhaupt nichts davon. Das ist alles erstunken und erlogen, sagt man in Deutschland.”

Das “Murmel-Satz”-Satz-Dementi

Ja, exklusiv für “Bild” hatte “Bild”-Klatschreporterin Christiane Hoffmann der Hollywood-Schauspielerin Sharon Stone unlängst wohl einfach mal so eine Brust-OP angedichtet, was Sharon Stone hiermit dementieren lässt.

Aber der Reihe nach:

Am 15. März druckte “Bild” fünf Paparazzi-Fotos (online sogar 26!), die Sharon Stone am Strand von Bora Bora zeigten. Zu sehen waren die Fotos tags zuvor bereits in der britischen Boulevardzeitung “The Sun”, und bemerkenswert an ihnen war, wenn man so will, dass sie die Filmschauspielerin (“Basic Instinct”) barbusig zeigten und… na, egal!

Die “Bild”-Überschrift jedenfalls lautete:

Sharon Stone (47): So gut hat ihr Schönheits-Schnippler gearbeitet

Im dazugehörigen Text wurden die Paparazzi-Fotos dann noch wie folgt betextet:

“Obenrum nackig, wie Schönheits-Schnipplers Hand sie schuf. Mit einem hübschen neuen Murmel-Satz.”

Der “Murmel-Satz”-Satz war von Christiane “Ich weiß es” Hoffmann – und er ist frei erfunden, nun ja, bis heute weltexklusiv. Denn davon, dass sich die Hollywood-Schauspielerin jüngst einer Schönheits-OP unterzogen hat, weiß außer Christiane Hoffmann offenbar niemand, will offenbar auch nach der “Bild”-Enthüllung keiner wissen, obwohl doch Sharon Stone bislang zu denjenigen Frauen zählte, die Schönheitsoperationen für sich ablehnen. Noch im Sommer 2004 wurde sie mit Sätzen wie “Ich halte nichts von Schönheitsoperationen für mich persönlich” oder “Ich habe einfach gute Gene und mein ganzes Leben lang die selben Brüste” zitiert. Vielleicht hat sie zum Thema Schönheits-OP auch gesagt: “I don’t need it. I’ve got strong Irish genes. I’ll grow old, taut and tight. Well, maybe when I’m 60. But, I doubt it.” Oder irgendsowas. Und nachdem ein Schönheitschirurg dennoch öffentlich einen gegenteiligen Eindruck erweckt hatte, ließ die Schauspielerin das umgehend zurechtrücken und klagte vor Gericht: “Stone hat niemals ein Gesichtslifting zur Aufwertung ihrer äußeren Erscheinung erhalten”, zitierte nach Bekanntwerden des Rechtsstreits auch Bild.de aus Stones Klageschrift und schrieb dazu: “Sharon Stone (46) ist immer noch eine der schönsten im Promi-Land. Und das auch ohne Schönheits-OP.” Das war im Dezember.

Nun ist es März. Und Sharon Stones Sprecherin Cindi Berger schreibt uns heute schlicht und ergreifend:

sharon stone has NOT had plastic surgery

Man muss das nicht übersetzen. Aber man kann. Oder man paraphrasiert’s. Dann lautete der Satz wohl schlicht und ergreifend: “Bild” lügt.

Die “Bild”-Zeitung bleibt trotz Dementi bei ihrer Darstellung. Auf Nachfrage, woher Frau Hoffmann von Stones Brust-OP erfahren haben will, sagt “Bild”-Sprecher Tobias Fröhlich nur: “Wir nennen unsere Quellen nicht.”

Nur für die Schlagzeile

Überschriften in “Bild” sind für gewöhnlich:

  • reißerisch
  • absurd
  • sensationsheischend
  • übertrieben
  • uneindeutig

Die Titelschlagzeile vom heutigen Montag lautet:

Sarah Connor exklusiv in BILD: Ich sollte mein Baby abtreiben! ... nur für die Karriere

Mitprotokolliert hat “Bild”-Redakteurin Patricia Dreyer für den ersten Teil des “Sarah-Connor-Specials” allerdings bloß folgende Erinnerung der 24-jährigen Sängerin:

“Es gab Leute aus meinem beruflichen Umfeld, die nicht wollten, daß ich Tyler bekomme. Als ich schwanger wurde, hat man meinen engsten Beratern gesagt: Ist ja wohl klar, was sie jetzt macht, oder? Wir wissen ja wohl alle, was jetzt passiert. Keiner hat sich getraut, mir das ins Gesicht zu sagen. Ich hab’s erst hinterher erfahren, als Tyler schon geboren war.”

So offen und vorsichtig formuliert gibt es natürliche viele Möglichkeiten, Connors Erinnerung zu deuten. “Bild” hat sich einfach mal für die am wenigsten offene und vorsichtige Variante entschieden….

Nachtrag, 22.3.2005:
…und zeigt mit der Überschrift für den zweiten Teil der “Serie”, dass diese Uneindeutigkeit Methode hat:

Schlagzeile: Mit meiner Freundin übte ich Zungenküsse

Im Text beschreibt Connor ihre Vorbereitung auf den ersten Kuss, auf die “Bild” mit der Überschrift anspielt, wie folgt:

“Ich hatte vorher den Zungenkuß trainiert, als Trockenübung. Lippen leicht öffnen, Zunge kreisen lassen. Die Choreographie hab’ ich mit meiner Freundin durchgesprochen, die schon Erfahrung hatte.”

Dank an Hendrik M. und Marc W.

Fußnotenjournalismus

“Mit einer Fülle an Exklusivmeldungen
verschafft BILD den Lesern jeden Tag
einen Informationsvorsprung”
(Aus einer “Bild”-Selbstdarstellung)

 
Rudolf Scharping*, Abgeordneter des Wahlkreises Montabaur im Deutschen Bundestag, schreibt heute einen Gastbeitrag in “Bild”, weil Franz Müntefering vor einem Jahr die Nachfolge von Gerhard Schröder als SPD-Parteivorsitzender antrat. “Bild” schreibt dazu:

“Exklusiv in BILD zieht Ex-SPD-Chef Rudolf Scharping
eine Bilanz der Arbeit seines Nachfolgers.”

Und, naja, immerhin wäre Scharping, wenn bei der Bundestagswahl 1994 nicht die CDU gewonnen hätte, wohl Bundeskanzler geworden. Er hätte, wäre es bei der Bundestagswahl 1994 schon zu einem Regierungswechsel gekommen, nach 12 Jahren Amtszeit Helmut Kohl abgelöst. Und das ist noch nicht alles. Doch weil sich vielleicht trotzdem nicht jeder “Bild”-Leser erinnert, wer noch gleich dieser Rudolf Scharping war ist, haben die Politikredakteure der “Bild”-Zeitung (siehe auch Bild.de) am Ende seines Gastbeitrags auf Seite 2 freundlicherweise folgende Fußnote angefügt:

“Ex-Verteidigungsminister Scharping (57) war
von 1995 bis 2001 SPD-Vorsitzender”

Dumm ist nur, dass das nicht stimmt.

*) Rudolf Scharping war von 1993 bis 1995 SPD-Vorsitzender. (Ihm folgten 1995 Oskar Lafontaine, 1999 Gerhard Schröder und 2004 Franz Müntefering.) Von 1995 bis 2001 war Scharping Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE).

Mit Dank an Thomas P. für den Hinweis.

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