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Heute anonym II

Die “Bild”-Zeitung hat sich dazu entschieden, den Namen der Psychologin nicht mehr zu nennen, die sie unter anderem unter der Überschrift “Stephanies Vergewaltiger – Diese Gutachterin ließ ihn laufen” zeigte. Stattdessen hieß die Frau in “Bild” gestern nur noch “Dr. Michaela H. (58)”.

Bei Bild.de musste man in diesem Artikel allerdings nur auf einen Link unter dem Foto der Frau klicken, um ihren wahren Namen zu erfahren (siehe Ausriss; schwarze Balken von uns). Auf unsere Frage an Bild.de, ob das Absicht ist, erhielten wir keine Antwort. Der entsprechende Archiv-Artikel wurde allerdings ersatzlos entfernt.

Danke an Nikolai S. für den Hinweis!

Heute anonym

Bei Bild.de gibt es einen Artikel, in dem ein mutmaßlicher Betrüger nur gepixelt abgebildet ist. Klickt man auf den Link unter dem gepixelten Foto kommt man auf einen Artikel vom Vortag — und dasselbe Foto, ungepixelt.

Und jetzt fragen Sie uns nicht, ob die Anonymisierung von Menschen für Bild.de nur ein Witz oder ein Glücksspiel ist, ob sie von der Tagesform des zuständigen Redakteurs abhängt oder die Pixel bei Bild.de rationiert sind — und ob niemand bei Bild.de mal auf den eigenen Link klickt, um zu sehen, was sich dahinter verbirgt. Wir wissen es nicht, und Antworten auf Fragen bekommen wir von “Bild” seit einiger Zeit nicht.

Danke für die vielen Hinweise!

Nachtrag, 15. Februar. Bei Bild.de liest man anscheinend nicht Bild.de, aber BILDblog: Auch im älteren Artikel ist das Gesicht nun unkenntlich gemacht.

Allgemein  

Anonymität à la “Bild” II

“Alles klar, aber ihr druckt nicht meinen vollen Namen, okay?!”
“Nein, nein, keine Sorge.”

Diese Geschwister, zum Beispiel, die miteinander drei Kinder zeugten, von denen mindestens zwei behindert sind. Dank “Bild” kennt ganz Deutschland das “Inzest-Paar”: ihre Gesichter, ihre Vornamen, ihr Alter, ihren Heimatort. Nur ihre Nachnamen verschwieg das Blatt. Doch bei Bild Online sieht sie jeder, der einen Internet Explorer benutzt und mit der Maus über das Foto fährt. (Rote Balken von uns.)

Oder die ehemalige Geliebte von Frank Zander, die anscheinend mit “Bild” geredet und von der “Bild” auch ein Privatfoto hat, deren Namen das Blatt aber nur als “Michaela M.” abkürzt. Die vermeintliche Diskretion wirkt ein wenig albern, wenn der vollständige Name in den Foto-Informationen steckt, die der Explorer anzeigt.

Dies hier war wohl doch kein Einzelfall.

Danke an Branko K. für den sachdienlichen Hinweis!

Nachtrag, 23.00 Uhr: Das ging schnell. Zwei Stunden nach diesem Eintrag hat Bild Online die Nachnamen entfernt.

Allgemein  

Anonymität à la “Bild”

Es gibt Dinge, die beherrschen sie bei der “Bild”-Zeitung. Das Anonymisieren von Personen gehört nicht dazu (vgl. etwa hier, hier, hier und hier). Da ist diese 16-jährige Vanessa aus Bayern, die im Gefängnis in Ankara sitzt, weil in dem Wagen, in dem sie und ihr Freund unterwegs waren, elf Kilo Heroin gefunden wurden. Den Versuch der “Bild”-Zeitung, das Gesicht der “süßen Schülerin” unkenntlich zu machen, muss man wohl halbherzig nennen: Sie hat nicht einmal den üblichen schwarzen Balken über den Augen bekommen. Stattdessen wurde dieser Bereich ein wenig gepixelt, was der Erkennbarkeit wirklich keinen Abbruch tut.

Die Online-Redaktion wollte die Minderjährige (und ihre Angehörigen) offenbar ein bisschen besser schützen und hat dasselbe Bild anders retuchiert: nämlich mit dem klassischen schwarzen Balken. Richtig gelungen ist das mit der Anonymität allerdings nicht. Denn in die Zusatzinformation, die erscheint, wenn man im Internet Explorer mit dem Mauszeiger über das Bild fährt, hat irgendein Scherzkeks oder Dilettant den kompletten Namen der Verdächtigen geschrieben (siehe Abbildung rechts — der rote Balken über dem Nachnamen ist von uns).

Danke für den Hinweis an Gerhard M., der sagt, dass sowas bei bild.de häufiger vorkommt. In Browsern wie Firefox, Mozilla etc. wird die Namensangabe, die im “ALT”-Tag steckt, übrigens nur sichtbar, wenn man die Anzeige von Bildern abschaltet. Dann zeigt der Browser statt der Grafik den Ersatztext – in diesem Fall die Namensangabe.

Nachtrag 12.10., 9.00 Uhr: Anscheinend ist die halbversteckte Namensnennung bei bild.de tatsächlich gängige Praxis. Wer den vollen Namen eines “Heroin-Mädchens” wissen will, die als 18-jährige in der Türkei verhaftet wurde, muss ebenfalls nur mit der Maus über ihr Foto fahren. (Der rote Balken ist wieder von uns.)

Nachtrag 12.10., 17.00 Uhr: Auch bei “Bild” wird BILDblog gelesen. Seit heute Mittag ist der Nachname von Vanessa verschwunden. Dass das ganze Prinzip der Schein-Anonymisierung durch winzige schwarze Balken eine Farce ist, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

Nachtrag 12.10., 18.00 Uhr: Zugegeben: Das zweite Beispiel mit dem Heroin-Mädchen ist schief. Dessen Name ist längst bekannt aus Auftritten in Funk und Fernsehen.

Podcast-Jackpots, Rechtswidrig durchsucht, Einsatzkommandos

1. Die Suche nach dem Jackpot
(journalist.de, Sonja Peteranderl)
Sonja Peteranderl beschäftigt sich mit der Entwicklung und Kommerzialisierung der Podcast-Szene in Deutschland. Die anfängliche Euphorie und Experimentierphase sei einer strategischen Konsolidierung und Professionalisierung gewichen. Dabei gehe es auch um das Thema Geld: “Welche Finanzierungsmodelle setzen sich durch? Und: Können journalistische Projekte überleben?”

2. Leipzig: Rechtswidrige Durchsuchung
(verdi.de, Peter Nowak)
Ein 19-jähriger Journalist habe im Juni 2023 Fotos von einer Antifa-Demonstration ins Internet gestellt. Etwa ein halbes Jahr später sei er von einer Hausdurchsuchung überrascht worden, weil er als Zeuge in einem Ermittlungsverfahren geführt werde, das im Zusammenhang mit jener Demonstration stehe. Trotz Vorlage eines Jugendpresseausweises seien seine technischen Geräte beschlagnahmt worden, was vom Landgericht Leipzig nun als rechtswidriger Eingriff in die Pressefreiheit bewertet wurde.

3. Arbeitsplätze erhalten
(djv.de, Hendrik Zörner)
Angesichts aktueller Pläne einiger Zeitungsverlage, Stellen abzubauen, fordert der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) die Verleger auf, redaktionelle Arbeitsplätze zu schützen. Dies geschieht in Reaktion auf den geplanten Personalabbau bei der “Süddeutschen Zeitung”, die Schließung eines Ressorts beim “Kölner Stadt-Anzeiger” und die Reduzierung der Druckfrequenz der “Hamburger Morgenpost” (dazu auch die “6 vor 9” vom vergangenen Freitag). Der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster kritisiert diese Entscheidungen als “absolut kurzsichtig”.

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4. Arbeit im Haifischbecken
(taz.de, Elisa Kautzky)
Elisa Kautzky stellt die “Helpline” des Netzwerks Recherche vor, ein anonymes und kostenloses Beratungsangebot für psychisch belastete Journalistinnen und Journalisten, bei dem geschulte Kolleginnen und Kollegen die Hilfesuchenden unterstützen. Der hohe Stressfaktor im Journalismus durch steigende Arbeitsbelastung, geringe Wertschätzung und Angst vor den Folgen der Digitalisierung belaste die psychische Gesundheit vieler Medienschaffender stark. Die “Helpline” fördere den Austausch und solle helfen, Scham- und Schuldgefühle abzubauen; sie ersetze aber keine professionellen Therapieangebote.

5. Sondereinsatzkommando
(deutschlandfunk.de, Stefan Fries, Audio: 1:14 Minuten)
Im Sprach-Check “Sagen & Meinen” des Deutschlandfunks macht Stefan Fries auf einen häufigen Fehler in der Berichterstattung aufmerksam: So sei in Medien oft von “Sondereinsatzkommandos” der Polizei die Rede, gemeint seien aber “Spezialeinsatzkommandos”. Der Begriff “Sondereinsatzkommando” sei durch die NS-Zeit belastet und passe schon deshalb nicht.

6. Haken dran mit Benny Windolph
(open.spotify.com, Gavin Karlmeier, Audio: 37:18 Minuten)
Für seinen Social-Media-Podcast “Haken dran” hat Gavin Karlmeier mit Benny Windolph jemanden als Gast eingeladen, der nicht nur Suchmaschinenoptimierer, sondern auch Administrator einer Mastodon-Instanz ist und über entsprechendes Hintergrundwissen verfügt. In dem Gespräch geht es unter anderem um die Frage, warum bei Twitter nur noch dilettantisch programmiert werde, um “NetfliTwitter”, Brasilien und die APIs von Threads.

Gericht legt Axt an, Cybermobbing, TikTok als Propagandaplattform

1. FragDenStaat ab jetzt nur noch analog
(netzpolitik.org, Markus Reuter)
Wie Markus Reuter bei netzpolitik.org berichtet, hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag des Bundesinnenministeriums anonyme Informationsfreiheitsanfragen für unzulässig erklärt. Die Entscheidung betreffe insbesondere die Plattform “FragDenStaat”, über die Bürgerinnen und Bürger einfach und anonym Dokumente bei Behörden anfordern konnten. Damit erschwere das Gericht den bisher niedrigschwelligen digitalen Zugang zu Informationen und zwinge die Kommunikation zurück auf den traditionellen Postweg.
Lesenswert dazu auch die Stellungnahme von “FragDenStaat”: Bundesverwaltungsgericht legt die Axt ans Informationsfreiheitsgesetz (fragdenstaat.de, Arne Semsrott).

2. Zwischen Medienhype und Cybermobbing
(deutschlandfunk.de, Lena Fuhrmann, Audio: 5:39 Minuten)
“Spiegel TV” hat kürzlich eine Reportage über den selbsternannten “Anzeigenhauptmeister” ausgestrahlt, in der das Fernsehteam einen 18-Jährigen bei seinem Einsatz gegen Parksünder begleitet hat. Das Video verbreitete sich viral, das Thema wurde von vielen anderen Medien aufgegriffen – mit unangenehmen Folgen für den jungen Mann, der sich nun auch im realen Leben Beschimpfungen, Drohungen und Angriffen ausgesetzt sehe. Der Fall wirft die Frage nach der Verantwortung der berichtenden Redaktionen auf.
Dazu auch ein Lesetipp: Boris Rosenkranz hatte bereits vor zwei Wochen in einem lesenswerten Beitrag bei “Übermedien” berichtet: Wie “Spiegel TV” einen 18-Jährigen zur Hetze freigab (uebermedien.de).

3. TikTok: Im Zentrum der politischen Debatte
(socialmediawatchblog.de, Martin Fehrensen & Simon Hurtz)
Die aktuelle Ausgabe des “Social Media Watchblog” beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Videoplattform TikTok, die verschiedentlich auch für Propaganda genutzt werde: “Welche Rolle spielt TikTok als Propagandaplattform beim Krieg in Nahost? Warum ist die AfD auf TikTok so erfolgreich? Kommt ein TikTok-Verbot in den USA?”

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4. So unterstützt RSF Medien in Gaza
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Organisationen Reporter ohne Grenzen (RSF) und Arab Reporters for Investigative Journalism unterstützen Journalistinnen und Journalisten im Gazastreifen mit Arbeitsmaterialien, Hilfsgütern und eingerichteten Arbeitszonen. Seit beginn des Krieges habe man mehr als 90 Medienschaffende versorgt, trotz Schwierigkeiten wie blockierten Kommunikationswegen und Luftangriffen. “Vor allem palästinensische Journalistinnen und Journalisten sind unser Fenster nach Gaza”, sagt RSF-Vorstandssprecherin Katja Gloger: “Deshalb ist es wichtig, dass sie vor Ort weiterarbeiten können, so gut und so sicher es geht.”

5. Wie finde ich das? – Meinungen und Tatsachen
(detektor.fm, Charlotte Thielmann & Lars Feyen, Audio: 19:35 Minuten)
Im Podcast “Fit for news” sprechen Charlotte Thielmann und Lars Feyen mit Michael Haller vom Europäischen Institut für Journalismus- und Kommunikationsforschung über die Frage, wie sich Meinungen von Fakten unterscheiden lassen. Und dies sei wichtiger denn je: “Wenn Menschen bei wichtigen Entscheidungen nur ihren Vorurteilen folgen – zum Beispiel, welchem Politiker sie ihre Stimme geben -, dann gewinnen die Populisten und Demagogen an Zuspruch. Nicht das bessere Argument, sondern die krassere Meinung hat Erfolg.”

6. X entsperrt Konto von extremistischer Identitärer Bewegung
(zeit.de)
Die rechtsextreme Identitäre Bewegung (IB) sei im Juli 2020 wegen mehrerer Verstöße gegen die damaligen Twitter-Regeln zu Terrorismus oder gewalttätigem Extremismus gesperrt worden. Nun habe die Plattform von Free-Speech-Absolutist Elon Musk den IB-Account wieder freigeschaltet. Musk hatte vor wenigen Tagen in einem Interview mit dem ehemaligen CNN-Moderator Don Lemon (von dem er sich später distanzierte) davon gesprochen, dass der Begriff Moderation “ein Propagandawort für Zensur” sei.

Union Busting, Üble Einschüchterung, Klicks mit Obdachlosen

1. Ein Kompromiss
(taz.de, Christoph Schmidt-Lunau)
Bei der “Frankfurter Rundschau” kam es nach einem Streik zu umstrittenen Entlassungen von drei jungen Journalistinnen und Journalisten. Eine der Betroffenen erwirkte in einem außergerichtlichen Vergleich Lohnfortzahlung bis Ende März und Freistellung zur Stellensuche. Die Gewerkschaft Verdi sehe in den Entlassungen eine Vergeltung für den Streik und einen Akt des Union Busting, während die Verlagsleitung die Entscheidung mit der Einstellung unrentabler Produkte rechtfertigt.

2. Strafrechtsänderung für die Pressefreiheit
(reporter-ohne-grenzen.de)
Anlässlich der Ankündigung der Bundesregierung, überholte Straftatbestände abschaffen zu wollen, weist die Organisation Reporter ohne Grenzen auf den aus ihrer Sicht überholten und gefährlichen Paragraphen 353d Nr. 3 des Strafgesetzbuchs hin. Ihre Kritik: “Medienschaffende, die in Deutschland über laufende Strafverfahren berichten, setzen sich der Gefahr aus, selbst zum Ziel der Strafverfolgungsbehörden zu werden. Denn wer wörtlich aus amtlichen Dokumenten zu laufenden Verfahren zitiert, macht sich in vielen Fällen strafbar.”

3. Meta ignoriert DSGVO-Recht auf einfachen Widerruf der Einwilligung
(noyb.eu)
Meta, der Mutterkonzern von Instagram und Facebook, verlangt seit Kurzem bis zu 251,88 Euro pro Jahr von Nutzerinnen und Nutzern, die nicht getrackt werden wollen, wobei die Zustimmung zum Tracking nur einen Klick, der Widerruf aber einen komplizierten Prozess und ein kostenpflichtiges Abonnement erfordere. Dies verstoße gegen die Datenschutz-Grundverordnung, die verlange, dass der Widerruf einer Einwilligung genauso einfach sein muss wie deren Erteilung. Das Europäische Zentrum für digitale Rechte “noyb” habe deshalb eine Beschwerde bei der österreichischen Datenschutzbehörde eingebracht.

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4. Ebay zahlt Millionenstrafe nach Einschüchterungsversuchen
(spiegel.de)
Mitarbeiter von Ebay haben sich offenbar über kritische Berichterstattung geärgert und das Autoren-Duo eines Online-Newsletters gemobbt. Sie sollen dem Blogger-Ehepaar zur Einschüchterung unter anderem lebende Kakerlaken, einen Trauerkranz und eine mit Kunstblut verschmierte Schweinemaske anonym zugeschickt haben. Dafür sei das Unternehmen nun zu einer Strafe in Millionenhöhe verurteilt worden. Die betroffenen Blogger hätten ihrerseits auch Ebay verklagt, der Prozess beginne jedoch erst nächstes Jahr.

5. Taiwans polarisierte Medienlandschaft
(deutschlandfunk.de, Felix Lill, Audio: 5:07 Minuten)
Taiwan halte die Pressefreiheit hoch, stehe aber auch vor großen Herausforderungen. Im Inselstaat finden an diesem Wochenende Präsidentschaftswahlen statt und der Druck Chinas auf die örtlichen Medien sei enorm. Felix Lill berichtet für den Deutschlandfunk über die polarisierte Mediendebatte, in der sich pro- und antichinesische Medien gegenüberstehen.

6. MrBeast und Co. – Viele Klicks mit Obdachlosen
(ndr.de, Zapp Medienmagazin, Philipp Walulis & Marcus Müller, Video: 6:20 Minuten)
Einige Youtuber verschenken in ihren Videos zum Teil hohe Geldbeträge oder teure Luxusgüter an ihre Follower und Followerinnen. “MrBeast” ist so zum reichweitenstärksten Mann auf der Plattform geworden. Fast schon ein eigenes Genre bilden Videos, in denen Youtuber obdachlose Menschen überfallartig beschenken und kamerawirksam umstylen lassen. Philipp Walulis hat sich angesehen, wie mit Obdachlosen Klicks produziert werden.

“Torial” überlebt, Neuer RBB-Staatsvertrag, Cyborg Axel Springer

1. Torial überlebt vorerst
(taz.de, Lotte Laloire)
Wie die “taz” berichtet, wurde die Plattform “Torial”, ein LinkedIn-ähnliches Netzwerk für Medienschaffende, das eigentlich vor dem Aus stand, durch eine Spende von 50.000 Euro vorerst gerettet. Zu verdanken sei dies wohl einer IT-Unternehmerin, die anonym bleiben wolle und nicht aus dem Journalismus komme. Die Plattform sei insbesondere für FLINTA-Personen (Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre, trans und agender Personen) unverzichtbar. Unterdessen plane der Berufsverband “Freischreiber”, ein ähnliches Angebot für seine Mitglieder zu schaffen.

2. Berlin und Brandenburg beschließen neuen RBB-Staatsvertrag
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Die Landesparlamente von Berlin und Brandenburg haben dem neuen Staatsvertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) zugestimmt, der Anfang 2024 in Kraft treten soll. Trotz der Kritik von RBB-Intendantin Ulrike Demmer, die Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit ihres Senders äußerte, enthalte der Vertrag Änderungen wie die vorgeschriebene Eröffnung eines neuen Regionalbüros. Auch von Seiten der Belegschaft gebe es Kritik – man befürchte den “Eingriff in unsere Programmautonomie”.

3. Wir brauchen Teams – und zwar generationsübergreifende
(journalist.de, Henriette Löwisch)
Henriette Löwisch, Leiterin der Deutschen Journalistenschule, schreibt über die Herausforderungen und Möglichkeiten, die sich aus der Zusammenarbeit zwischen erfahrenen Journalistinnen und Journalisten einerseits und digital versierten Nachwuchskräften andererseits ergeben: “In Zeiten des Fachkräftemangels könnte eine zukunftsgewandte Personalentwicklung beinhalten, jeweils eine Nachwuchskraft und ein älteres Redaktionsmitglied zusammenzuspannen, so dass sie sich eine Stelle teilen.”

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4. Axel Springer ist jetzt ein Cyborg
(verdi.de, Tina Groll)
Tina Groll, Redakteurin bei “Zeit Online” und Vorsitzende des Bundesvorstandes der Gewerkschaft Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union, kommentiert die Partnerschaft zwischen dem ChatGPT-Anbieter OpenAI und dem Axel-Springer-Konzern: “Axel Springer soll ein rein digitales Medienhaus werden, heißt es vom Konzern. So weit okay. Dass Konzernlenker Mathias Döpfner aber ankündigt, ‘die Möglichkeiten des durch KI gestärkten Journalismus ausloten – um Qualität, gesellschaftliche Relevanz und das Geschäftsmodell für Journalismus auf die nächste Stufe zu heben’ klingt eher wie eine Drohung als ein Versprechen.”

5. Verleger Jimmy Lai endlich freilassen
(reporter-ohne-grenzen.de)
Die Organisation Reporter ohne Grenzen fordert die sofortige Freilassung des Hongkonger Verlegers Jimmy Lai, dem wegen angeblicher Verstöße gegen ein von Peking erlassenes Sicherheitsgesetz eine lebenslange Haftstrafe droht. Lai ist bereits seit mehr als drei Jahren inhaftiert und wurde wegen seiner Teilnahme an Pro-Demokratie-Demonstrationen sowie wegen Betrugsvorwürfen verurteilt. Das Sicherheitsgesetz, das Journalistinnen und Journalisten weltweit betreffe, werde von den chinesischen Behörden zur Verfolgung von Medienschaffenden in Hongkong eingesetzt und habe zu einem Klima der Angst und zur Schließung mehrerer Medien geführt.

6. Kuchenskandal – Influencerin muss Millionenstrafe zahlen
(spiegel.de)
Chiara Ferragni, eine bekannte italienische Influencerin mit fast 30 Millionen Followern auf Instagram, müsse wegen “unlauterer Geschäftspraktiken” eine Strafe in Millionenhöhe zahlen. Ihre Unternehmen Fenice und TBS Crew hatten eine von ihr kreierte Pandoro-Torte vermarktet und dabei fälschlicherweise den Eindruck erweckt, ein Teil des Erlöses komme krebskranken Kindern zugute. Tatsächlich habe der Kuchenhersteller nur einen vorher festgelegten Betrag an ein Krankenhaus gespendet.

Prorussische Propaganda, Blockiertes Blockieren?, Afrika

1. Prompt auf Fake News reingefallen
(taz.de, Florian Bayer)
Wie die “taz” unter Berufung auf Andre Wolf vom Blog “mimikama” berichtet, sind die ORF-Nachrichten auf zwei prorussische Propagandavideos hereingefallen. Die Aufnahmen wurden fälschlicherweise als Beispiele für Zwangsrekrutierungen in der Ukraine ausgestrahlt, tatsächlich sollen sie aber unter anderem die Festnahme eines russischen FSB-Spions zeigen. Trotz breiter medialer Kritik und Hinweisen von Faktencheckern habe der ORF zunächst heftig widersprochen und erst nach einiger Zeit den Fehler eingestanden.

2. Musk will auf X das Blockieren verhindern
(spiegel.de)
Elon Musk, Eigentümer des früher als Twitter bekannten Kurznachrichtendienstes X, will offenbar die Blockierfunktion abschaffen – eine Grundfunktion eines Sozialen Netzwerks, mit der man verhindert, dass bestimmte Konten einen kontaktieren, Beiträge sehen oder einem folgen können. Das Blockieren werde als Feature abgeschafft, mit Ausnahme von Direktnachrichten, so Musk in einem Beitrag auf X.
Weiterer Lesehinweis: Untersuchungen des Fachmagazins “Nature” und der Zeitschrift “Trends in Ecology & Evolution” würden zeigen, dass viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Mitglieder der Klima-Community die Plattform X/Twitter verlassen oder ihre Aktivitäten reduziert haben: Wenn die Wissenschaft verstummt (zeit.de, Eike Kühl).

3. Nur Krisen und Krieg? Afrika-Berichterstattung in Deutschland
(sr.de, Michael Meyer, Audio: 17:10 Minuten)
In der aktuellen Folge des SR-Medienmagazins “Cross und Quer” geht es um die Afrika-Berichterstattung deutscher Medien. Der Kontinent komme dort meist nur vor, wenn es um Krieg und Krisen gehe. Michael Meyer hat sich mit dem freien Journalisten und Afrika-Kenner Issio Ehrich über die Herausforderungen und Gefahren seiner Arbeit unterhalten.

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4. Kann sich die Sportschau behaupten?
(tagesspiegel.de)
Die ARD-“Sportschau” habe in Zeiten von Streamingdiensten und Pay-TV an Bedeutung verloren und verzeichne sinkende Zuschauerzahlen. Ihren “Nimbus als Pflichtveranstaltung für Fußballfans” habe sie “längst verloren”, schreibt der “Tagesspiegel”. Drei Mitglieder der Redaktion geben ihre Einschätzungen zur Zukunft der “Sportschau” ab: Joachim Huber, verantwortlicher Redakteur Medien, Kulturredakteur Christian Schröder und Sportredakteur Martin Einsiedler.

5. Fremder Fehler könnte das Aus bedeuten
(faz.net, Jochen Zenthöfer)
Jochen Zenthöfer berichtet in der “FAZ”, dass die gemeinnützige Rechtsprechungsdatenbank “OpenJur” wegen der Veröffentlichung eines von einem Gericht nicht ausreichend anonymisierten Urteils verklagt wird. Trotz einer schnellen Anonymisierung des Namens nach einem Hinweis klage nun ein Betroffener vor dem Landgericht Hamburg auf Schadenersatz. Die Klage stelle eine existenzielle Bedrohung für das Projekt dar, so Zenthöfer: “Sollte die Klage erfolgreich sein, wäre die einzige gemeinnützige Rechtsprechungsdatenbank in Deutschland am En­de.”

6. Wie das deutsche Fernsehen zum Losverkäufer wurde
(dwdl.de, Christian Richter)
Christian Richter zeichnet bei “DWDL” die Entwicklung und den Einfluss der Fernsehlotterien im deutschen Fernsehen nach. Die Geschichte beginnt 1955 mit der Spielshow “1:0 für Sie”, moderiert von Peter Frankenfeld, der durch seine humorvolle Art und die Interaktion mit dem Publikum große Popularität erlangte. Frankenfelds Idee, westdeutsche Familien zur Aufnahme von Kindern aus dem isolierten Berlin für eine Art Erholungsferien zu bewegen, führte zur Gründung der “ARD-Fernsehlotterie”, die sich aus dem Verkauf von Losen finanzierte und bedürftigen Kindern Ferienreisen ermöglichte.

Lindner-Ministerium muss antworten, Twitter am Limit, Dekade unter al-Sisi

1. Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­rium muss bestimmte Pres­se­fragen beant­worten
(lto.de)
Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte von der BBBank einen Privatkredit erhalten und ein gutes Jahr später ein Grußwort für die weitgehend unbekannte Bank gesprochen. Das wirft Fragen auf. Mit einigen dieser Fragen hatte sich ein Redakteur einer deutschen Tageszeitung an das Bundesfinanzministerium gewandt, doch dort wollte man ihm keine Antworten geben. Nun hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden, dass das Ministerium zumindest zu vier der neun Fragen Stellung nehmen muss. Es kann aber noch Beschwerde gegen den Gerichtsbeschluss eingelegt werden.

2. Frankreich: Riskante Berichterstattung
(verdi.de)
Nach dem tödlichen Polizeischuss auf einen 17-Jährigen flammen in ganz Frankreich Proteste auf. Dabei seien mindestens sieben Journalistinnen und Journalisten angegriffen worden. Eine Entwicklung, die Pavol Szalai, Leiter des EU-Balkan-Desks der Organisation Reporter ohne Grenzen als “völlig unakzeptabel” bezeichnet. Es müsse alles dafür getan werden, damit Medienschaffende “das Recht auf Nachrichten und Informationen mit größtmöglicher Sicherheit gewährleisten können”. Auch der “Faktenfinder” der “Tagesschau” beschäftigt sich mit den Protesten in Frankreich, legt den Fokus aber auf die Flut an falschen Videos und Bildern (tagesschau.de, Carla Reveland & Pascal Siggelkow).

3. Twitter am Limit
(zeit.de, Jakob von Lindern)
Die Benutzerfreundlichkeit von Twitter nimmt weiter ab. Elon Musk schränkt nun ein, wer wie viele Tweets am Tag lesen darf. Damit wolle er “Datenplünderung” verhindern und meint wohl automatisierte Zugriffe, die von KI-Modellen wie beispielsweise ChatGPT ausgehen können. Die Nutzung von Programmierschnittstellen hatte Musk bereits so teuer gemacht, dass Apps von Drittanbietern ihre Dienste einstellen mussten. Auch das beliebte Twitter-Dashboard TweetDeck soll es laut “Spiegel”-Meldung künftig nur noch für die zahlende Kundschaft geben.
Und noch ein Hörtipp: Im Deutschlandfunk bezeichnet Medienprofessor Wolfgang Schweiger die Twitter-Drosselung als “betriebswirtschaftlich begründbare” Maßnahme, die jedoch völlig absurd kommuniziert worden sei: Musk und die Lesebeschränkung (deutschlandfunk.de, Christoph Sterz, Audio: 8:09 Minuten).

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4. Für ChatGPT 300 Millionen Wörter aus dem Internet gestohlen
(faz.net, Johanna Schwanitz)
Wie Johanna Schwanitz in der “FAZ” berichtet, hat eine kalifornische Anwaltskanzlei im Auftrag anonymer Kläger eine Sammelklage gegen OpenAI, den Betreiber der KI-Software ChatGPT, eingereicht. Das Unternehmen soll “systematisch 300 Millionen Wörter aus dem Internet gekratzt” haben, darunter persönliche Informationen und Gespräche, etwa aus E-Mails oder Chats, sowie sensible Gesundheitsdaten.

5. Eine Dekade unter al-Sisi: Die schlimmsten Jahre
(reporter-ohne-grenzen.de)
Anlässlich der Machtübernahme des ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi vor zehn Jahren erinnert Reporter ohne Grenzen an die katastrophale Lage der Medien im Land: “Präsident Abdel Fattah al-Sisi lässt sich heute feiern, aber er ist ein Diktator, der die Medien brutal unterdrückt”, sagt Geschäftsführer Christian Mihr: “Nach zehn Jahren an der Macht haben seine Behörden und die Geheimdienste den unabhängigen Journalismus fast vollständig ausgelöscht. Wir kämpfen darum, dass die letzten noch verbliebenen medialen Inseln überleben.”

6. Ist Fraktur eine Nazischrift?
(taz.de, Ulrich Gutmair)
Die Frakturschrift hat viele Fans, besonders im rechtsextremen Lager, aber nicht nur dort. Auch die “Stern”-Redaktion nutzte die Typo, um ihrem umstrittenen Alice-Weidel-Cover einen entsprechenden Spin zu geben. Doch die Geschichte der Schrift sei kompliziert, schreibt “taz”-Kulturredakteur Ulrich Gutmair und zitiert Adolf Hitler, der kein Fan der Jahrhunderte alten Schrift gewesen sein soll: “Eure vermeintliche gotische Verinnerlichung passt schlecht in das Zeitalter von Stahl und Eisen, Glas, Beton.”

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