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Blut ist dicker als Bohlen

Im Frühjahr hatte Dieter Bohlen eine Idee.

“Bild” nannte sie am 15. März: “Bohlen ist jetzt 1414-Reporter!” — und zeigte ein paar Fotos von Bohlen und seiner Freundin (“Bild” nennt sie “Carina”), von denen “Bild” und Bohlen behaupteten, er habe sie selbst auf den Malediven “mit Selbstauslöser” fotografiert.

Knapp einen Monat später war Bohlen zu Gast in der ZDF-Show “Johannes B. Kerner” und erklärte nach einigem Gefrotzel den “Sinn dahinter”:

Bohlen: Also meine Freundin wird ja gejagt von Paparazzis. Jeden Tag. Und wenn du natürlich selber Fotos…
Kerner: Das heißt, die fahren jeden Tag hinter ihr her, egal wo sie hinfährt und holen sie ab bei dir zuhause…
Bohlen: Ja, pass auf… ich komm aus der Tennishalle raus, seh’ mein’twegen Paparazzi, mach’ so ‘ne Fresse. Du kannst denen ja nicht mit ‘nem Tennisschläger ein’ über’n Schädel zieh’n — würd’ ich ganz gerne machen, weil es nervt total.
Kerner: Is’ auf lange Sicht kein gutes Rezept.
Bohlen: Wie, das mit’m Tennisschläger? Nee, genau. Und dann kommst du, guckst du raus und guckst böse. So. Und dann fotografieren die dich — bumm: Bohlen guckt böse. (Macht eine Schlagzeilengeste in die Luft.) “Das Doppelleben von Dieter Bohlen! In seinem Privatleben ist er überhaupt nie lustig! Er ist total deprimiert! Er liegt am Boden!” Und so weiter. Die Scheiße muss ich mir doch nicht immer geben. Dass ich da am Boden lieg’ und wer weiß was. Und wenn wir jetzt ab und zu, Carina und ich, ‘n paar Privatfotos einfach rausgeben, ist dieser Druck auf diese Paparazzis auch nicht mehr so da, weil dann können die ihre blöden Fotos hoffentlich irgendwann nicht mehr verkaufen.

Genutzt hat das offenbar nichts. Denn “Bild” orakelt heute:

"NACKTFOTOS AUFGETAUCHT"

(…) Ui-ui-ui, was ist denn DA bloß passiert? Es sind Nacktfotos von Pop-Produzent Dieter Bohlen (53) und seiner Freundin Carina (23) aufgetaucht, die das Pärchen nahtlos brutzelbraun gebraten und splitterfasernackt in einer Bucht auf Mallorca zeigen.

Die Nackig-Bilder wurden von einer Berliner Zeitung gedruckt – und sind auch im Internet (…) zu bewundern.

Bohlen, der auf Mallorca urlaubt, ist entsetzt, hat einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Er ließ die Veröffentlichung der Fotos verbieten und sogar Schmerzensgeld verlangen. (…)

“Bild” zeigt die “Nackig-Bilder” nicht, sondern findet es “erstaunlich, dass Bohlen wegen der Nacktfotos so heftig reagiert”, und spekuliert anschließend eifrigst über eine angebliche Busen-OP von Bohlens Freundin. Außerdem druckt “Bild” — quasi als “Fotobeweis”-Ersatz — eines der Bohlenschen 1414-Fotos aus vom März (“Ihr Busen ist offensichtlich sehr gewachsen”). Dass die Busengrößenfrage damals für “Bild” kein Thema war, bleibt seltsamerweise unerwähnt.

Merkwürdig auch: Bei der von “Bild” anonymisierten Berliner Zeitung handelt es sich um das “Bild”-Schwesterblatt “B.Z.”, wo die Nacktfotos von Dieter Bohlen auf der Titelseite der "B.Z."“Nackig-Fotos” vorgestern Titelstory waren. Die “B.Z.” schrieb: “Robinson Bohlen zeigt sein nacktes Badeglück” — und hatte allzu pikante Körperstellen mit kleinen gelben Sonnensymbolen unkenntlich gemacht (siehe Ausriss).

Und: Auf der Internetseite der “B.Z.” ist der Artikel nicht mehr verfügbar. Und heuteblog.de, wo die “B.Z.”-Titelseite in einem Blogeintrag abgebildet war, hat das Titelseiten-Bild geschwärzt, nachdem man dort gestern “gegen 21.30 Uhr von der B.Z.-Redaktion (…) gebeten bzw. aufgefordert [worden sei], diesen Ausriss zu entfernen”. “Bild” hingegen gibt (anders als Bild.de übrigens) heute eine komplette Webadresse an, auf der ausschließlich Faksimiles des “B.Z.”-Berichts zu sehen sind — hochgeladen von einem anonymen Nutzer, der in seinem Profil Vor- und Nachnamen von Bohlens Freundin verwendet und über “sich” schreibt: “Offener Typ, Kontakfreudig, Spaß am Leben!!!! Ich bin Weiblich und Vergeben. bei Hamburg, Deutschland”

Was für eine knifflige Situation: Da gibt es also “Nackig-Fotos”, wie gemacht für “Bild”. Andererseits gibt es da ja diese langjährige Freundschaft zwischen “Bild” und “Pop-Titan” — und der will die Fotos offenbar partout nicht in der Zeitung sehen — auch nicht in der “B.Z.”. Aber die Fotos zu verurteilen als “Aufnahmen aus dem Privatbereich, die kein Mensch von sich in der Zeitung sehen möchte”, klappt auch nicht, weil es sich bei “der Zeitung” ja ausgerechnet ums “Bild”-Schwesterblättchen handelt. Ein Dilemma! Und der Ausweg? Ein abstruser Gedanke:

Da wird man die “B.Z.”-Fotos doch wohl nicht selber ins Internet gestellt haben.
 
Nachtrag, 17.6.2007: Inzwischen finden sich auch auf der von “Bild” angegebenen Internetadresse keine Inhalte mehr. Dort heißt es nur noch, der Nutzer sei “nicht mehr (…) aktiv”. Bild.de hat den Hinweis auf den Namen der Internetseite inzwischen getilgt, den Text entsprechend angepasst. Dort heißt es nun nur noch:

Die Nackig-Bilder wurden von einer Berliner Zeitung gedruckt – und waren auch im Internet zu bewundern.

Mehr dazu hier.

“Bild” ekelt es vor sich selbst

WIDERLICH! Porno-Produzent wirbt mit Katja RiemannEin Sexfilm-Produzent entdeckt, dass der neue Freund von Schauspielerin Katja Riemann in mehreren seiner Hardcore-Pornos mitgewirkt hat, und versucht nun, aus dieser Tatsache Kapital zu schlagen.

“Bild” spricht heute von einer “widerlichen Kampagne”, und wir würden da ausnahmsweise nicht widersprechen. “Bild” wörtlich:

Und ER steckt hinter dieser widerlichen Kampagne: Pornoproduzent Fritz Gröger (58).

Und auch das scheint zu stimmen. Denn auf Gröger berief sich diejenige Zeitung, die am Samstag groß auf der Titelseite mit der widerlichen Kampagne begann: die “Bild”-Zeitung.

Ihr Neuer war Porno-Star

“Bild” schrieb:

Katja Riemann: Ihr Neuer drehte drei Pornofilme

Pornoproduzent Fritz Gröger (58) aus Ochsenburg (Baden-Württemberg) zu BILD: “Ich habe B.* im Frühstücksfernsehen entdeckt — an der Seite von dieser Schauspielerin. Ich dachte mir gleich “‘Hey, den kenn ich doch!'”

*) Name von uns anonymisiert.

Zu Grögers widerlicher Kampagne gehörte es, die “Bild”-Zeitung mit mehreren Fotos aus den Pornofilmen zu versorgen, die “Bild” notgedrungen abdruckte, ebenso wie das von Gröger zur Verfügung gestellte Foto des Darstellers mit Personalausweis und Vertrag. Gröger schreckte nicht einmal davor zurück, “Bild” detailliert zu berichten, wie die entsprechenden Filme heißen und wo sie zu erwerben sind, und die Zeitung kam ihrer Chronistenpflicht nach:

Die Filme tragen die Namen “Inferno, Vol.2” und “Torture, Vol.3”. Der dritte Film kommt in wenigen Monaten auf den Markt, hab noch keinen Titel. Die Filme (…) sind bei “Beate Uhse” und in gut sortierten Videotheken erhältlich. Die Handlung: Gruppensex in allen erdenklichen Lagen.

(Genauere Preisangaben und Hotline-Nummern fehlen erstaunlicherweise.)

In seine widerliche Kampagne spannte Gröger dann anscheinend auch noch Sandra B. (29) ein, eine mehrfache Partnerin von B. in den Pornos.

Sex-Model erzählt: So war mein Porno-Dreh mit Katja Riemanns Berliner Freund

“Bild” zeigte pflichtschuldig ein großes Foto von Sandra B. im Lederdress, beschrieb ihre Rolle in den Filmen, ließ sich von ihr erklären, wie angenehm die Zusammenarbeit mit dem Mann war, und sah sich gezwungen, die Begegnung der beiden mit einem Bild zu dokumentieren, das Sandra B. beim Geschlechtsverkehr mit ihm zeigt, während sie einen anderen Mann oral befriedigt.

Zu Komplizen in der widerlichen Kampagne wurden dann noch fünf prominente Frauen (Jasmin Wagner, Andrea Ballschuh, Brzeska, Kristina Bach und Jana Ina), die für “Bild” Riemanns private Situation kommentieren mussten.

Schlimm, diese Porno-Produzenten. Schlachten so eine Geschichte skrupellos aus und ziehen nicht nur die arme Katja Riemann, sondern auch eine große deutsche Boulevardzeitung mit in den Dreck. Widerlich.

PS: Katja Riemann und ihr Freund gehen juristisch gegen “Bild” vor.

Brandanschlag auf Kai Diekmanns Auto verübt

Tatzeit: 22.05.2007, 02:43 Uhr

Tatort: Hamburg-Harvestehude

Unbekannte Täter haben am frühen Morgen in Hmb.-Harvestehude einen Pkw Daimler Benz in Brand gesetzt und sind anschließend geflüchtet. Da ein politischer Hintergrund nicht ausgeschlossen werden kann, hat die Staatsschutzabteilung (LKA 7) die Ermittlungen übernommen. (…)

Soweit eine Pressemitteilung der Hamburger Polizei. Bei dem in Brand gesetzten Pkw Daimler Benz handelt es sich um das Auto des “Bild”-Chefredakteurs Kai Diekmann, einen R-Klasse-Mercedes. Der Nachrichtenagentur dpa sagte Diekmann zu dem Vorfall:

Das war kein Luxusauto, sondern ein Familienkombi.
(Link von uns.)

Zum Anschlag und den möglichen Motiven der Täter wollte sich der “Bild”-Chef nicht äußern.

Nachtrag, 27.5.2007: Am vergangenen Mittwoch ist bei der Nachrichtenagentur dpa ein Bekennerschreiben einer linksextremen Gruppierung namens “Militante Kampagne” eingegangen, das von der Hamburger Polizei für authentisch gehalten wird. Wie dpa und andere melden, begründeten die anonymen Absender ihre Tat mit den bundesweit durchgeführten Polizeirazzien, aber auch mit ihrer ablehnenden Haltung gegenüber “Bild”, die mit ihrer “Meinungsmacht” eine “bedeutende Säule für den Erhalt des kapitalistischen Systems in der BRD” spiele. Weiter heißt es in dem Schreiben: “‘Bild’ lügt, hetzt, erniedrigt, mordet, vergewaltigt jeden Tag.” “Nach MOPO-Informationen” lässt Diekmann sein Haus rund um die Uhr von Objektschützern bewachen.

Ariana Television dementiert “Bild”-Bericht

Laut der heutigen “Bild”-Zeitung haben “TV-Reporter” des afghanischen Senders Ariana Television vor dem Bomben-Anschlag in Kundus vom Samstag vorab einen Tipp bekommen. Bei dem Anschlag wurden drei Bundeswehrsoldaten getötet. “Bild” schreibt: “Terroristen bestellten Kameras zum Attentats-Ort” und zitiert den Nachrichtenchef von Ariana Television, Abdul Qadeer Merzai:

“Unser Korrespondent hat vorab einen anonymen Tipp bekommen, dass dort auf dem Basar etwas passiert.”

“Spiegel Online” ist der “Bild”-Geschichte nachgegangen und berichtet unter der Überschrift “TV-Sender dementiert Terror-Tipp der Taliban”:

Nachrichtenchef Merzai kann sich überhaupt nicht erklären, wie dieses Zitat von ihm in die Zeitung gelangte: “Das ist alles nicht richtig”, sagte er heute SPIEGEL ONLINE. Es habe keinen Tipp gegeben. (…) Er habe zwar am Sonntag mit einem deutschen Medium gesprochen, das um Informationen über den Anschlag gebeten habe, aber mit Sicherheit habe er dabei nichts von einem Tipp gesagt. (…) Auch der lokale Korrespondent des Senders in Kunduz sagte SPIEGEL ONLINE, er habe keinen Hinweis erhalten. Er sei lediglich, als er die Explosion gehört habe, zum Tatort geeilt. (…) Ein Sprecher der Bundeswehr in Kunduz sagte, man wisse ebenfalls nichts über einen angeblichen Tipp, das über Gerüchte aus der Presse hinausgehe.

Außerdem heißt es bei “Spiegel Online”:

Ein Mitverfasser der “Bild”-Geschichte, mit dem SPIEGEL ONLINE heute sprach, wollte sich nicht zu Merzais Widerspruch äußern.

P.S.: “Bild” illustriert ihre Geschichte übrigens mit dem großen Foto eines Soldaten, der “blutüberströmt” offenbar zwischen “umgestürzten Blechfässern, Eimern, Lampen und Töpfen” liegt und von “Bild” nicht unkenntlich gemacht wurde. Und es stellt sich die Frage, wie groß das öffentliche Informationsinteresse am Gesichtsausdruck des Opfers kurz nach dem Anschlag ist.

Allgemein  

W. wie Wiederholungstäter

Daniela W. starb 2001 an Krebs. Doch weil Daniela W. letztlich doch nur als exemplarisches Schicksal im Zusammenhang mit einem ganz anderen Fall herhalten muss, erscheint es uns überaus einleuchtend, dass “Bild” sich gestern offenbar entschieden hatte, den Nachnamen von Daniela W. durch Abkürzung zu anonymisieren.

Weniger einleuchtend erscheint uns hingegen wieder einmal, dass es “Bild” nicht gelungen ist, den Nachnamen von Daniela W. auch auf dem großen Foto ihres Grabsteins unkenntlich zu machen.

Mit Dank an Simon H. für den Hinweis und Daniel F. für den Scan.

neu  

Unverbesserlich

Im September 2004 rügte der Presserat die “Bild”-Zeitung wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Unter der Überschrift “Sie ist die Mutter des toten Babys vom Gruselwald” hatte “Bild” zwei Monate zuvor über eine 15-Jährige berichtet, der vorgeworfen wurde, ihr neugeborenes Kind getötet zu haben. Illustriert hatte “Bild” den Artikel mit einem Foto des Mädchens, das zwar gepixelt war, nach Ansicht des Presserats “jedoch trotzdem eine Identifizierung zuließ”.

Heute nun berichtet “Bild” im Raum Rhein-Neckar unter der Überschrift “Das Horror-Geständnis der Todes-Mutter” über eine 24-Jährige, der vorgeworfen wird, ihr neugeborenes Kind in einer Plastiktüte im Gebüsch vor einem Krankenhaus abgelegt zu haben, wo es kurz darauf verstarb. (Die Polizei fahndete deshalb in den vergangenen Tagen intensiv nach der mutmaßlichen Kindsmutter und veröffentlichte sogar ein von einer Überwachungskamera gemachtes — und vorgestern natürlich auch von “Bild” gezeigtes — Fahndungsfoto der Frau, die sich gestern schließlich selbst stellte.) “Bild” nennt heute jedoch nicht nur ihre Haarfarbe, Statur und Nationalität sowie Wohnort und Lebenssituation, sondern illustriert den Artikel zudem mit einem großen Paparazzifoto (“die Mutter verlässt gerade das Amtsgericht Lampertheim”), das zwar mit einem schwarzen Balken über den Augen versehen ist…

… doch bereits damals, im September 2004, hatte der Presserat die “Bild”-Redaktion ausdrücklich daran erinnert, “dass Maßnahmen zur Anonymisierung einer Person auch wirksam sein müssen. So müssen Augenbalken soviel verdecken, dass eine Identifizierung über die nicht verdeckten Teile eines Gesichtes nicht möglich ist”.

Dem haben wir nichts hinzuzufügen.

Mit Dank an den Hinweisgeber.

Nachtrag, 8.3.2007: Die identifizierende Darstellung der “Todes-Mutter” hat für “Bild” offenbar Methode. Am 3. und 5. März sahen die entsprechenden “Bild”-Berichte, die weitere Details zum Lebensumfeld der Frau enthielten, so aus:

Mehr dazu hier.

Bild.de fällt über englische Zeitungen her!

Es gibt journalistische Herausforderungen, die sich wirklich meistern ließen. Die Berichterstattung britischer Zeitungen über Pokalfinale Chelsea gegen Arsenal korrekt zusammenfassen: Das müsste doch machbar sein.

Nach Durchsicht der entsprechenden Artikel befand Bild.de gestern:

Britische Presse vernichtet Ballack

bzw.:

Englische Zeitungen fallen über Ballack her!

…und zwar “wie noch nie”! Na, dann gehen wir die Beispiele schnell mal durch.

Die “Daily Mail” schrieb: “Ballack hat weder die Kraft noch die Begeisterung, um es mit den Arsenal-Youngstern aufzunehmen.” Er habe einen “anonymen Auftritt” hingelegt.

Naja: Das zweite Zitat ist gar nicht aus der “Daily Mail”, sondern aus dem “Daily Telegraph”. Und das erste Zitat stimmt zwar, aber so furchtbar vernichtend kann es nicht gemeint gewesen sein: Die “Daily Mail” gab Ballack für seinen Auftritt 7 von 10 möglichen Punkten — und erklärte ihn damit zu einem der besten Spieler.

Die “Sun” nannte den Deutschen “faul”. Der “Daily Mirror” ätzte, Ballack sei “wieder einmal eine Riesen-Enttäuschung” gewesen.

Rumms! Was für eine vernichtende Kritik!

Och jo: Korrekt übersetzt lautet das “Daily Mirror”-Zitat: “Lieferte den Pass für Drogbas Ausgleichstreffer, aber für einen WM-Kapitän gegen kleine Jungs war das Spiel wieder eine Riesen-Enttäuschung…”

Überhaupt erwähnt die britische Presse Ballack dafür, dass sie ihn angeblich gerade “vernichtet”, erstaunlich beiläufig. Er steht alles andere als im Mittelpunkt der Berichterstattung, die meisten Bild.de-Zitate stammen nicht zufällig aus den tabellarischen Einzel-Kritiken der Spieler.

Weiter im Text:

Viele Zeitungen kürten Ballack zum schlechtesten Spieler des Matches.

Ja? Wir haben keine gefunden. Der “Daily Mirror” fand drei andere Spieler genauso schlecht wie Ballack und zwei eingewechselte Spieler schlechter, der “Daily Telegraph” fand insgesamt fünf Spieler genauso schlecht wie Ballack und zwei schlechter. Die “Sun” fand zwölf Spieler schlechter als Ballack, der “Independent” neun, der “Guardian” acht, “The Times” fünf.

Wie gesagt: Es gibt journalistische Herausforderungen, die sich wirklich meistern ließen. Man muss es natürlich wollen.

Nachtrag, 19.20 Uhr: Der Bild.de-Artikel beruht auf einer dpa-Meldung, die selbst schon zweifelhaft war und von Bild.de mit zusätzlichen Fehlern und dramatischen Übertreibungen angereichert wurde.

Danke an Mario G. und Harald G.!

Täuschend echt

Die “Süddeutsche Zeitung” berichtet heute über eine “rätselhafte Plakataktion” in München: So waren gestern an vielen “Bild”-Zeitungskästen in der Münchner Innenstadt die ursprünglichen Schlagzeilen mit der Nonsense-Überschrift “‘Leser’ wehrt euch! 23 Exkremisten dönern deutsche Buben zu Tode” überklebt worden (siehe Ausriss).

Wer hinter der Aktion steckt, ist nicht bekannt. Eine Internetseite, auf der die anonymen Initiatoren weitere Schlagzeilen-Vorlagen zum Bearbeiten und Ausdrucken zur Verfügung stellen wollten, ist nicht mehr online.

Bei “Bild” zeigt man für diese angewandte Medienkritik wenig Verständnis und wertet sie laut “Süddeutsche” als “Aufruf zur Sachbeschädigung”.

Mit Dank auch an die zahlreichen Hinweisgeber.

Nachtrag, 16 Uhr: Beim Homepage-Anbieter Freenet sagte man uns auf Anfrage, die Internetseite zur Aktion sei auf Veranlassung der Axel Springer AG aus dem Angebot entfernt worden. Springer wolle eine Markenrechtsverletzung erkannt gehabt haben.

Der Beweis

Zugegeben, wir hatten so unsere Zweifel, ob man bei Bild.de Leser-Reporter-Fotos vor der Veröffentlichung auch wirklich überprüft (oder anschaut). Jetzt aber haben wir den Beweis, dass irgendjemand bei Bild.de sich zumindest die Mühe macht, herauszufinden, ob ein eingesandtes Leser-Foto auch wirklich vom Einsender aufgenommen wurde:

Die Entscheidung, ob es veröffentlicht wird oder nicht, scheint davon aber nur zum Teil abhängig zu sein.

Mit Dank an Marcus S.!

Nachtrag, 14.40: Die Frage, ob das auf Bild.de veröffentlichte Leser-Foto auf Bild.de veröffentlicht werden soll, obwohl es “aus dem Netz” stammt, wurde inzwischen entfernt und beantwortet.

Allgemein  

Schlechtes Beispiel

"Mit Alkohol am Steuer erwischt - Polizeidirektor wollte sterben"Nachdem sich vor drei Wochen ein Polizeidirektor gemeinsam mit seiner Frau das Leben nehmen wollte, berichtete gestern “Bild” darüber in ihrer Bremer Ausgabe (siehe Ausriss). Die “Bild”-Zeitung meint, sie kenne den Grund für diesen Selbstmordversuch:

Polizeidirektor Franz A. ging immer mit gutem Beispiel voran, bis er betrunken einen Unfall baute. Da wollte er sich umbringen …

Der Bericht war offenbar im Kern und im Detail so falsch, dass sich die Polizeidirektion Oldenburg nach dessen Erscheinen genötigt sah, eine Pressekonferenz zu veranstalten und eine Meldung herauszugeben, in der es u.a. heißt:

Polizeipräsident Hans-Jürgen Thurau zeigte sich tief betroffen, dass die Bild-Zeitung mit ihrem Artikel in der heutigen Ausgabe die Persönlichkeitsrechte von A. und seiner Ehefrau auf so massive Weise verletzt hat. Der in der Bild-Zeitung dargestellte Sachverhalt ist in wesentlichen Passagen sachlich falsch. (…) Zunächst sah alles danach aus, dass er bei der Verfolgung eines Verkehrsrowdys verunglückt ist. Von sich aus klärte A. den Sachverhalt dahingehend auf, dass er sich mit dem Unfall das Leben nehmen wollte. (…) Der in der Bild-Zeitung erhobene Vorwurf, A. sei “betrunken” gewesen, entbehrt jeglicher Grundlage. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dahingehend vor, dass er unter dem Einfluss alkoholischer Getränke gestanden hat. (…) Die Motivlage [für den Selbstmordversuch] liegt im privaten Bereich und hat keinen dienstlichen Bezug.
Link und Anonymisierung von uns.

Wie “Bild” auf ihre Version der Geschichte gekommen ist, wissen wir nicht. Es drängt sich aber der Eindruck auf, dass sie sich aus ihren paar dürren (Falsch-)Informationen irgendwas zusammengereimt hat.

Mit Dank an Philipp W. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 16.51 Uhr: Die “Wilhelmshavener Zeitung” schreibt heute zu dem Fall:

Die WZ und andere regionale Medien hatten bisher trotz vorliegender Informationen aus Rücksicht auf die Betroffenen und im Sinne des Presse-Ehrenkodexes nicht über die Selbsttötungsversuche berichtet.

Mit Dank für den Hinweis an Hauke R.

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