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Den Finger in die Wunder gelegt

“Bild” meldet heute:

Irrste Zeitung der Welt (…) wird nach 28 Jahren eingestellt

Nein, nicht was Sie jetzt denken…! (“Bild” ist ja auch schon 55.)

“Bild” berichtet heute bloß darüber, dass das US-Magazin “Weekly World News” (in dem “alles garantiert erfunden” sei) eingestellt werde. Und zum vermeintlichen “Aus und vorbei”* druckt “Bild” heute “noch einmal die besten Schlagzeilen der ‘WWN'”, also beispielsweise:

“Russen klonen 600 Hitlers!” — “Hitler war ein Vampir – darum war er tagsüber so unentspannt” — “Staubsauger saugt Deutschem das Gehirn raus!” — “Deutscher Erfinder kann aus Katzen Benzin machen – für eine Tankfüllung reichen 20 Miezen” — “UFO-Sekte will jetzt Hitler klonen!” — “Wird süßer Knut jetzt totgespritzt?” — HALT! STOPP! Die letzten drei Beispiele stammen ja gar nicht aus den “WWN” und sind uns hier leider irgendwie dazwischengerutscht…

Aber wo wir gerade schon bei irren Schlagzeilen sind, am 8.1.1996 beispielsweise berichtete “Bild”:

Nach Blitzschlag — Mann friert nie mehr
Elektriker Harold Deal wurde vom Blitz getroffen. So heftig, daß das Kleingeld in seiner Hosentasche zu einem Klumpen verschmolz. Nebenwirkung: Seitdem friert der Amerikaner nicht mehr. Der Handwerker aus South Carolina kann selbst bei minus 20 Grad Celsius mit Shorts und T-Shirt ins Freie gehen.

Am 27.8.1999 hieß es:

Nach einem Blitzschlag: Frau steht unter Strom
(…) Kein Witz! Flaminia Cima (29) aus Cremona (Norditalien) wurde von einem Blitz getroffen und überlebte. Seitdem sprechen Ärzte von ihr als “medizinisch höchstseltenen Fall”. Denn der Blitzschlag hat die Frau elektromagnetisch dermaßen aufgeladen, dass es ihr unerträglich ist, mit anderen Elektro-Abstrahlern in Berührung zu kommen. Sie darf kein Fernsehen mehr gucken, Computer, Telefone, Küchengeräte, sogar das Radio, von allem muss sie die Finger lassen. Inzwischen ist der Strom abgestellt, sie hat Kerzen aufgestellt.

Und am 14.7.2005:

Beim Knutschen von Blitz getroffen
Stockholm – Magnus (20) und Elin (19) aus Göteborg (Schweden) lernten sich am Strand kennen, küßten sich. Als ein Unwetter aufzog, suchten sie unter dem Dach einer Hütte Zuflucht. Beim Knutschen wurden sie plötzlich von einem Blitz getroffen! Beide bekamen einen starken Stromschlag ab. Das Wunder der Liebe: Sie wurden kaum verletzt.

Womit wir immerhin wieder bei der heutigen “Bild” angelangt wären. Denn heute berichtet “Bild” mit zwei Wochen Verspätung auf der Titelseite unter der Überschrift “1. Papst-Wunder?” (siehe Ausriss), dass ein italienischer Polizist einen Blitzeinschlag offenbar unbeschadet überlebt hat.

Das Fragezeichen ist angebracht — nicht nur, weil im Pressekodex steht: “Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen.” Und auch nicht, weil beispielsweise ilGiornale.it schrieb: “Es wird kein Wunder gewesen sein…”

Nein, um das erste Papst-Wunder kann es sich schon deshalb nicht handeln, weil “BILD-Vatikan-Sonder-Korrespondent” Andreas Englisch, der die heutige Meldung verfasste, schließlich schon am 28. August vergangenen Jahres Zeuge eines Papst-Wunders geworden war — des legendären “Wunders von Castel Gandolfo”!

*) Dass die “Weekly World News” offenbar nur ihre Print-Ausgabe einstellt, um ausschließlich im Internet weiterzuarbeiten, verschweigt “Bild” ebenso wie die Tatsache, dass “Bild” selbst in der Vergangenheit nicht davor zurückschreckte, unter Berufung auf “die US-Zeitschrift ‘Weekly World News'” deren Fake-Meldungen (“Castro trained killer sharks to attack U.S.”) mehr oder weniger distanzlos (“Schickt Castro Hai-Guevaras nach USA?”) weiterzuverbreiten…

Mit Dank an Max M. für die Anregung sowie Silke und Mandy fürs Italienisch.

“BILD-Vatikan-Experte” kein Moslem-Experte

"17.49 Uhr"

“17.49 Uhr” ist eine super Uhrzeit: auf die Minute genau quasi.

Sie stand am Freitag in “Bild”, weil Papst Benedikt XVI. in Istanbul war und “BILD-Vatikan-Experte”, “BILD-Vatikan-Korrespondent” bzw. “BILD-Vatikan-Sonder-Korrespondent” Andreas Englisch darüber berichtete. Hinter die Uhrzeit schrieb Englisch:

Benedikts Besuch wird zur Sensation. In sich versunken steht er mit Ali Bardakoglu, dem Chef der türkischen Religionsbehörde, in der Moschee, richtet seine Gedanken zu Gott. (…) “Alle Muslime”, sagt Bardakoglu, “sind glücklich, dass Sie unser Land besucht haben.”

Möglicherweise aber hat Herr Englisch beim Berichterstatten über die “Sensation” ein bisschen zuviel auf die Uhr geschaut. Denn der Mann, der in dem Moment neben dem Papst versunken in der Moschee stand, als dessen Besuch “zur Sensation” wurde, war nicht Ali Bardakoglu, Chef der türkischen Religionsbehörde, mit dem sich der Papst (wie doch auch Englisch selbst am Mittwoch in “Bild” zu berichten wusste) bereits Tage zuvor getoffen hatte, sondern der Mufti von Istanbul, Mustafa Cagrici.

Aber was soll’s*: Beide hatten so weiße Hüte auf, als sie neben dem Papst standen — und die Uhrzeit stimmte bestimmt.

Mit Dank an Daniel K. Für den Hinweis.

*) In der Samstagsausgabe findet sich dort, wo “Bild” sonst häufiger die Korrekturspalte platziert, ein Papstfoto. Und in dem dazugehörigen Artikel kommt dann auch noch kurz “Istanbuls Mufti Mustafa Cagrici” vor. Hier allerdings ist Cagrici überraschenderweise der Mann, “mit dem Benedikt in der Blauen Moschee gebetet hatte”.

Was “Bild” und den Papst verbindet

Andreas Englisch, Vatikan-Korrespondent von “Bild”, erklärte gestern in der ARD-Dokumentation “Benedikt Backstage” die Parallelen zwischen seiner Zeitung und dem Papst:

Andreas Englisch“Bild” covert den Papst selbstverständlich. Den deutschen Papst sowieso. Aber jeden Papst. Das ist eine andere Institution als Politiker. Das gibt den Leuten Vertrauen. Viele sind da ja auch gegen. Aber es hat so etwas, es hat ‘ne Botschaft, die mit “Bild” viel zu tun hat: Es ist knapp, es ist präzise, und es versucht, den Menschen etwas zu geben.

Englisch gab auch Einblicke, worauf es für Journalisten im Gefolge des Papstes wirklich ankommt — etwa an Bord des päpstlichen Flugzeugs:

Man würde eigentlich erwarten, dass da so schick angezogene, brave Menschen drinsitzen, die also alle auch wahnsinnig fromm sind und auch fromm in diese Maschine steigen. Das exakte Gegenteil ist der Fall. Weil: der Papst kommt während des Fluges meistens raus und macht sowas wie ‘ne kurze Pressekonferenz. Und nur die Leute, die ganz vorne sitzen, haben eine Chance mit ihm zu sprechen. Also ‘ne Frage zu stellen, zum Beispiel. Und deshalb ist die einzige Regel, die man beim Papstbesuch beherzigen muss: Rein in den Bus, der einen zum Papstflieger bringt, und dann sich vor die Tür stellen und dann mit allen Mitteln — hauen, kneifen, kratzen! — zu erreichen, dass man als erstes auf der Treppe ist, als erstes in der Maschine drin, und hinter dem Vorhang sitzt. Und dann hat man gewonnen. Und es gibt zwei oder drei, die in der Regel gewinnen. Ich gehöre da übrigens auch zu, ja.

Allgemein  

Das Wundern von Castel Gandolfo

Es begab sich aber zu der Zeit, dass Angela Merkel zum fünften Mal Josef Ratzinger traf. Und die “Bild”-Zeitung verkündete die frohe Botschaft:

Das Wunder von Castel Gandolfo

Denn siehe, seit ihrem ersten Treffen sind sie wie verwandelt: sie nicht mehr Oppositionsführerin, er nicht mehr Kardinal!

Das muss es sein: Das Wunder von Castel Gandolfo. Und fuhr sie nicht auch in einem italienischen Dienstwagen vor? Hatte er nicht die Schweizergardisten antreten lassen? Begrüßten sich beide nicht per Handschlag? Wunder über Wunder: Er nahm sich 46 Minuten Zeit! Beide sprachen über Gott! Sie freut sich auf den Papst-Besuch! Er schenkte ihr eine Münze, sie ihm Noten von Mozart! “Bild”-Vatikan-Korrespondent Andreas Englisch kommt aus dem Wundern nicht mehr raus: Alles lief nach Plan. Das kann kein Zufall sein!

Und wäre Angela Merkel, unversehens in eine weiße Taube verwandelt, vom päpstlichen Balkon gen Israel davongeflattert, die “Bild”-Überschrift wäre wohl dieselbe gewesen. Das ist das Wunder von Castel Gandolfo.

“Bild” entdeckt die alte Zahl des Satans neu

Guten Tag, hier spricht der Teufel. Vielen Dank für Ihren Anruf. Meine Nummer hat sich geändert. Wählen Sie bitte in Zukunft statt der 666 die Durchwahl 616. Vielen Dank und auf Wiederhören. Piep.

616 - Die neue Zahl des Satans

Jawohl, in großer Aufmachung auf Seite 1 und mit der Ortsmarke “Vatikan” informiert die “Bild”-Zeitung heute ihre Leser über eine “Neuigkeit”. Andreas Englisch, der “Vatikan-Experte” von “Bild” hat herausgefunden:

Nicht 666, sondern 616 ist die Zahl des Satans!

Im 2. Jahrhundert schrieben Theologen die 666 dem Teufel zu. (…) Die Theologen beriefen sich auf das “Buch der Apokalypse” des Evangelisten Johannes. Wie sich jetzt herausstellte, ein Übersetzungs- und Abschreibfehler!

Forscher fanden nun im griechischen Originaltext die richtige Satanszahl: Es ist die 616 und nicht die in jeder Bibel genannte 666!

Wir haben keine Ahnung, wie “Bild” jetzt auf diese Geschichte kommt. In der britischen Tageszeitung “The Independent” erschien bereits am 1. Mai 2005 ein Artikel mit der Überschrift: “Revelation! 666 is not the number of the beast (it’s a devilish 616)” Ein entsprechendes Papyrus-Fragment aus dem 3. Jahrhundert ist bereits 1999 veröffentlicht worden. Am 4. Mai 2005 berichtete “Die Zeit” über technische Fortschritte bei der Entschlüsselung der Papyrus-Fragmente aus Oxyrhynchus und erzählte auch die 616/666-Geschichte.

Schon vor über 120 Jahren diskutierte ein gewisser Friedrich Engels, wie man die “sehr alte Lesart” der Offenbarung/Apokalypse des Johannes erklären könne, wonach 616 die “Zahl des Tiers” sei. Und schon vor über 1800 Jahren wusste Irenäus von Lyon, dass in vielen Schriften statt der 666 die 616 zu lesen war — nur entschied er sich damals, die 616 für einen Schreibfehler zu halten und nicht die 666.

Genau umgekeht entschied sich übrigens der Schweizer Reformator Huldrych Zwingli. Deshalb steht auch nicht “in jeder Bibel” die 666 als Satanszahl, wie “Bild” behauptet, sondern in der auf Zwingli zurückgehenden “Zürcher Bibel” die Zahl 616.

Tja. Und nun? Fragen wir Andreas Englisch, und der hat anonymen “Vatikan-Experten” die bahnbrechende Zusage entlockt:

“Wenn die Zahl 666 falsch ist, wird das in den kommenden Bibelausgaben geändert.”

Unsere Prognose aber lautet: Wenn diese ganze Geschichte Humbug ist, wird “Bild” das nie zugeben.

Apropos King Kong

Zunächst ein paar Links zur Einstimmung.

Aber natürlich ist’s nicht weiter tragisch, wenn sich so ein PapstExperte wie Andreas Englisch nicht mit künstlicher Besamung oder, sagen wir, mit der Geschichte der Primatenforschung auskennt. Muss er ja auch nicht, steht ja alles in der Zeitung. Genauer gesagt stand am Sonntag in der italienischen Zeitung “La Repubblica”, dass zuvor in der russischen Zeitung “Moskowskij Komsomolez” gestanden habe, was sich anderntags unter Englischs Namen auch in “Bild” wiederfand – nämlich (um es mit “Bild” zusammenzufassen):

"Irrer Geheimplan enthüllt -- Stalin züchtete Affen-Menschen für den Krieg"

Die Sache an sich ist nicht uninteressant (vor allem wo doch gerade “King Kong” im Kino läuft), wie erst jüngst die schweizerische “Le Temps” belegte, die ihrerseits wiederum durch die “New York Times” auf das Thema gekommen sein dürfte.

Ob das mit Stalin und den Affen-Menschen also tatsächlich die “Repubblica” “enthüllte”, wie “Bild”-Reporter Englisch gestern schrieb, wagen wir zu bezweifeln. Ob das darüber hinaus alles “jetzt” passierte, ist zumindest Auslegungssache. Die ZDF-Sendung “aspekte” jedenfalls berichtete schon im Juli 2004 über den russischen Forscher Ilja Iwanow bzw. darüber, “wie die Sowjetunion den idealen Sozialisten züchten wollte”, das US-Magazin “Fate” immerhin im April diesen Jahres, und der russische Wissenschaftler Kirill Rossiianov hat sich bereits Jahre vorher mit Iwanows Arbeit befasst und seine Forschungsergebnisse 2002 in einem 39-seitigen, aufschlussreichen Fachaufsatz veröffentlicht.

Machen wir’s also kurz: Laut Rossiianov kam es aus verschiedensten Gründen nie zur Züchtung irgendwelcher “Affen-Menschen”, andere Behauptungen in “Bild” erscheinen verglichen mit Rossiianovs Erkenntnissen zumindest abwegig.

Und dass Iwanow, wie “Bild” behauptet, “1931 in einem Arbeitslager in Kasachstan” starb, ist schlicht falsch. Wie man in der Encyclopædia Britannica, aber auch in “La Repubblica” (also der “Bild”-Vorlage) nachlesen kann, starb er erst 1932, genauer, am 20. März 1932, sechs Wochen nach seiner Entlassung aus dem Arbeitslager, einen Tag vor seiner Rückreise nach Moskau. Das ist tragisch.

PS: Den “Bild”-Artikel (nach einer “Repubblica”-Idee) mit einen Foto aus einem der “Planet der Affen”-Filme aus den 60er/70er Jahren zu illustrieren (siehe Ausriss oben) und direkt danebenzuschreiben, “Stalins perverse Träume nahmen vorweg, was der Hollywood-Streifen ‘Planet der Affen’ 2001 inszenierte”, ist hingegen einfach nur komisch.

Mit Dank an Daniel S., Thomas H. und Ron für die Hinweise sowie Michael B. für die Unterstützung.

Joschka Fischers Hochzeits-Tapes

Andreas Englisch ist “BILD-Reporter”, “BamS-Korrespondent”, “BILD-Vatikan-Experte”, “BILD-Vatikan-Korrespondent” und “BILD-Vatikan-Sonder-Korrespondent”. Laut AVAinternational.de “enthüllt Englisch die Geheimnisse, die sich hinter Fakten verbergen.”

Aber zurück zur Hochzeit von Minu Barati und Joschka Fischer. Denn wie der “Spiegel” in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, verlangt Barati nicht nur u.a. wegen einer irreführenden Foto-Montage auf der Titelseite Unterlassungserklärungen von “Bild”, sondern auch, weil “Bild”-Mann Andreas Englisch in seiner Hochzeitsberichterstattung die folgenden (zunächst gut informiert wirkenden) Sätze geschrieben hatte:

“Ein sechsköpfiges Streichorchester spielte Mozarts “Kleine Nachtmusik” und Vivaldis Frühlingsmotiv aus den “Vier Jahrezeiten”. Eine der Musikerinnen zu BILD: “Während der Feier saß Minus Töchterchen beim Bürgermeister.”
(Hervorhebung von uns.)

Und hatten nicht weltweit auch andere Medien unter Verweis auf die italienische “La Repubblica” geschrieben, zu Beginn der Zeremonie sei Mozarts “Kleiner Nachtmusik”, zum Abschluß der “Frühling” aus Vivaldis “Die vier Jahreszeiten” erklungen?

Der “Spiegel” findet die (zunächst recht harmlos wirkenden) Sätze in “Bild” dennoch “besonders pikant”. Und das mit Recht, denn wie “Bild” es geschafft hat, mit einer der Musikerinnen des sechsköpfigen Streichorchesters zu sprechen, ist mehr als rätselhaft. Laut Barati nämlich kam bei der Zeremonie, über die “Bild” so gut Bescheid zu wissen schien, die Hochzeitsmusik “vom Band”.

Und “Bild” hat laut “Spiegel” “diesen Teil der Unterlassungserklärung inzwischen unterzeichnet”. Bei Bild.de sind die Artikel über die Trauung zur Zeit “nicht verfügbar”.

Irgendso’ne Operation

Das Legen eines Bypasses hat mit dem Einsetzen eines Herzschrittmachers ungefähr soviel zu tun wie, sagen wir, die Vogelgrippe mit SARS.

Der Schrittmacher ist ein kleines Kästchen, das in einer vergleichsweise harmlosen Operation unter die Haut des Patienten eingesetzt wird. Eine Bypass-Operation ist dagegen eine schwere Operation am offenen Herzen, zu der der Brustkorb geöffnet, das Herz stillgelegt und der Kreislauf an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen werden muss.

Georg Ratzinger, der Bruder des Papstes, wurde in dieser Woche mit Schmerzen in der Brust in ein Krankenhaus gebracht. Am Donnerstag setzten ihm die Ärzte einen Herzschrittmacher ein. Im Gegensatz zu den Nachrichtenagenturen dpa, AP und KNA sowie Radio Vatikan spricht AFP von einer Bypass-Operation. Ausgerechnet diese vermutlich falsche Meldung benutzte Bild.de am Donnerstag als Grundlage für seinen Artikel, was schon ein bisschen unglücklich war. Für die gedruckte Ausgabe der “Bild”-Zeitung am Freitag übernahm dann Vatikan-Korrespondent und Papstfreund Andreas Englisch die Berichterstattung und schaffte es, die Verwirrung komplett zu machen.

Unter der Überschrift “Bypass rettet Papst-Bruder” schreibt er: “Georg Ratzinger und das Herz. Mit einer Bypass-Operation retteten ihn Ärzte.” Und zwei Absätze weiter: “Nach Untersuchungen entschlossen sich die Ärzte dort noch in der Nacht zur Implantation eines Herzschrittmachers.”

Ein Bypass und ein Herzschrittmacher? Das hat nicht einmal AFP behauptet.

Danke an Dr. med. Max Z. für den Hinweis.

Völlig bekloppt

Schuld ist eigentlich Carola Frentzen. Die Rom-Korrespondentin der Deutschen Presseagentur (dpa) hatte nämlich zum 24. Juli eine launige Sommerloch-Meldung über “Gutes Benehmen in Badehose und Bikini” an Italiens Stränden geschrieben: Frentzen hatte “eine Art ‘Knigge’ für die Badegäste” aufgetan, in dem von der italienischen Badeanstaltenvereinigung S.I.B. “zehn Strandgebote” oder “Verhaltensregeln” bzw. “Regeln des Anstands” formliert worden waren. Die dpa-Frau hatte außerdem noch mit einem Benimm-Experten gesprochen. Und sie hatte nicht mit “Bild” gerechnet.

Denn in “Bild” sah die Sache drei Tage später so aus:

Von einem “Busen-Verbot”, einem “Bier-Verbot” und einem “Bolz-Verbot” war da plötzlich die Rede und anderen Sachen, die angeblich “verboten” oder “nicht erlaubt” seien.

Gestimmt hat das alles nicht. Zum einen handelt es sich bei dem Regelkatalog der S.I.B. um simple “suggerimenti” (Vorschläge), wie auch der S.I.B.-Präsident Riccardo Borgo in einer unmittelbaren Reaktion auf die “Bild”-Veröffentlichung mitteilte (und auch die italienische Zeitung “Corriere della Sera” berichtet). “Wir haben niemandem etwas verboten”, sagte Borgo hier wie dort. Außerdem sei “von keiner Seite her das Verbot ergangen, Bier zu trinken oder sich oben ohne aufzuhalten.”

Statt jedoch die eigene Falschmeldung zu korrigieren, entschied man sich bei “Bild” für einen anderen Weg: “Bild” ignorierte die (durch sie selbst notwendig gewordene) Richtigstellung, ließ lieber ihren Vatikan-Experten Andreas Englisch aus Rimini nochmals und nochmals über die “lange Verbotsliste” schreiben — und nutzte die Gelegenheit, schnell noch die eine oder andere barbusige Frau zu zeigen…

Mit großem Dank an Salvatore B. sowie Patrick K., Robert G., Johannes H. und Roberto C. für den Hinweis und die spontanen Übersetzungshilfen!

“Jetzt”

Gibt es wirklich so viel Neues zu berichten, seit der Papst im Sterben lag und starb, um damit Tag um Tag mehrere “Bild”-Seiten zu füllen? Aber ja – zum Beispiel dies:

“Ich war die Jugendfreundin von Karol Wojtyla”

Jedenfalls steht das heute so in “Bild” (online zunächst mit dem Zusatz: “Helena Kwiatkowska lüftet ihr Geheimnis in einem Buch”). Und weiter heißt’s in “Bild” dann noch:

“Über ihre Begegnungen mit Karol alias Johannes Paul II. schrieb Halina Kwiatkowska jetzt ein Buch. Titel: ‘Der große Freund’.”
(Hervorhebung von uns.)

Aber naja: Bekannt geworden waren die harmlosen Erinnerungen Halina Kwiatkowskas (spätestens) im Jahr 2002 anlässlich eines Klassentreffens mit dem Papst am Ende seiner achten Polenreise, über das damals u.a. auch “Bild”-Vatikanreporter Andreas Englisch fürs “Hamburger Abendblatt” berichtete, und standen zum Teil auch recht ausführlich (siehe z.B. hier) in Kwiatkowskas Memoiren “Porachunki z pamięcią” (dt.: “Abrechnungen mit der Erinnerung”), erschienen im Frühjahr 2002.

Und das andere Buch? Das Buch, das die “wichtigste Jugendfreundin des Papstes” und “erste Liebe von Johannes Paul” laut “Bild” ja “jetzt”, äh, “schrieb”? Das hat 160 Seiten, trägt den Titel “Wielki kolega” (dt.: “Großer Freund”) und ist im Jahr 2003 erschienen.

Mit Dank an Cosima L. fürs Polnisch.

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