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Medizinjournalismus mit Chefarztbehandlung

Es ist eine zutiefst positive Geschichte, die die “Rhein-Zeitung” ihren Lesern am Mittwoch vergangener Woche erzählte. Das Blatt berichtet im Lokalteil von einem Medikament namens Carfilzomib, das gegen eine spezielle Art von Knochenmarkkrebs helfen soll. Es ist noch nicht zugelassen, hat aber bei einem Betroffenen aus dem Verbreitungsgebiet der Zeitung, der an einem Test mit dem Mittel teilnehmen konnte, schon phänomenale Wirkung gezeigt. Er hatte sich mit seinen Beschwerden an das Stiftungsklinikum Mittelrhein gewandt, was sich laut “Rhein-Zeitung” als Glücksfall herausstellte.

Ein kleines Detail, das den Lesern bei der Einordnung dieser Bewertung und des ganzen Berichtes helfen könnte, lässt die “Rhein-Zeitung” unerwähnt: Der Artikel stammt vom Stiftungsklinikum Mittelrhein selbst. Es hat ihn als Pressemitteilung herausgegeben, samt eines Fotos (das die “Rhein-Zeitung” übernommen hat), das den Bildtext trägt: “Werner Gibbert (links) ist glücklich und dankbar, dass er durch Prof. Naumann an einer klinischen Studie teilnehmen konnte.” Die “Rhein-Zeitung” hat diese Pressemitteilung nur leicht gekürzt und sehr sachte redigiert:

Pressemitteilung Stiftungsklinikum Artikel “Rhein-Zeitung”
Klinische Studien geben neue Hoffnung Klinische Studien geben Patienten neue Hoffnung
Werner Gibberts Vater ist 1987, ein halbes Jahr nach der Diagnose “Multiples Myelom”, gestorben. 2007 hat ihn diese Form des Knochenmarkkrebses selber getroffen. “Das hat mich natürlich umgehauen”, erinnert sich der heute 61-jährige aus Wolken. “Aber die Medizin hat in letzten 20 Jahren, besonders bei der Behandlung dieser Erkrankung, große Fortschritte gemacht, da habe ich meine ganze Hoffnung hineingesetzt.” Koblenz/Wolken. Als Werner Gibberts Vater im Jahr 1987 die Diagnose “Multiples Myelom” erhielt, hatte er noch ein halbes Jahr zu leben. 20 Jahre später, im Jahr 2007, traf es dann Werner Gibbert selbst: Auch er leidet unter dieser Form des Knochenmarkkrebses. “Das hat mich natürlich umgehauen”, erinnert sich der heute 61-Jährige aus Wolken an die Zeit. Aber die Medizin hat in vergangenen 20 Jahren — besonders bei der Behandlung dieser Erkrankung — große Fortschritte gemacht”, sagt er, “da habe ich meine ganze Hoffnung hineingesetzt”. Diese Hoffnungen wurden erfüllt — Werner Gibbert wird im Stift behandelt und nimmt an einer klinischen Studie teil.
Im November 2007 unterzog er sich erstmals einer hoch dosierten Chemotherapie in der Universitätsklinik Köln. Die Blut und Knochenmarkwerte hatten sich durch diese Behandlung wieder normalisiert. „Ich wusste allerdings, dass in einigen Jahren wieder eine weitere Therapie erforderlich werden wird, denn eine 100prozentige Heilung ist bei dieser Krankheit für die Mehrzahl der Betroffenen noch nicht möglich.“ Im November 2007 unterzog er sich erstmals einer hoch dosierten Chemotherapie in der Universitätsklinik Köln. Die Blut- und Knochenmarkwerte hatten sich dadurch wieder normalisiert. “Ich wusste allerdings, dass in einigen Jahren wieder eine weitere Therapie erforderlich werden wird, denn eine 100-prozentige Heilung ist bei dieser Krankheit für die Mehrzahl der Betroffenen noch nicht möglich.”
In Köln kam Werner Gibbert erstmals mit “Klinischen Studien” in Berührung. Durch sie hatte der Beamte bei der Telekom die Möglichkeit, ein neues noch nicht zugelassenes Medikament zu erhalten, mit dem der jetzt erreichte Zustand möglichst lange erhalten werden sollte. “Ich habe überhaupt nicht daran gedacht, hier ein Versuchskaninchen zu sein! Ich habe das als Chance für mich gesehen und war froh an einer Studie teilzunehmen zu können, denn das gibt es bei weitem nicht überall.” In Köln kam Werner Gibbert erstmals mit klinischen Studien in Berührung. Durch sie hatte er die Möglichkeit, ein neues noch nicht zugelassenes Medikament zu bekommen, mit dem der erreichte Zustand möglichst lange erhalten werden sollte. “Ich habe überhaupt nicht daran gedacht, hier ein Versuchskaninchen zu sein. Ich habe das als Chance für mich gesehen.”
2011 traten bei Werner Gibbert jedoch wieder Beschwerden auf. “Ich habe gemerkt, dass mit mir irgendwas nicht stimmt”. Der Vater von drei Söhnen fuhr zwar immer noch in dreimonatigen Abständen nach Köln zur Kontrolle der Erkrankung, aber diesmal wählte er das Stiftungsklinikum Mittelrhein, um sein Unwohlsein abklären zu lassen. Die Klinik hatte er bei einem Patiententag zum Thema “Multiples Myelom” kennengelernt. Im dortigen Zentrum für Innere Medizin stellte der Klinikdirektor Prof. Dr. Ralph Naumann dann über 50% krebsbefallene Zellen in seinem Knochenmark fest. “Prof. Naumann hatte mir angeboten, an einer klinischen Studie teilzunehmen. Ich habe sofort zugesagt (…)”. 2011 traten bei Werner Gibbert jedoch wieder Beschwerden auf. “Ich habe gemerkt, dass mit mir irgendwas nicht stimmt.” Der Vater von drei Söhnen fuhr zwar immer noch in dreimonatigen Abständen nach Köln zur Kontrolle der Erkrankung, aber diesmal wählte er das Stiftungsklinikum in Koblenz, um sein Unwohlsein abklären zu lassen. Klinikdirektor Prof. Dr. Ralph Naumann stellte dann mehr als 50 Prozent krebsbefallene Zellen in seinem Knochenmark fest. “Prof. Naumann hatte mir angeboten, an einer klinischen Studie teilzunehmen. Ich habe sofort zugesagt.”
Im Herbst 2011 wurde er in eine internationale Studie aufgenommen, an der nur 800 Patienten teilnehmen. In zwei Gruppen eingeteilt erhält die erste Gruppe die “herkömmlichen” Medikamente, während die zweite Gruppe zusätzlich das neue, zu testende Medikament Carfilzomib bekommt, wie Werner Gibbert. (…) Im Herbst 2011 wurde Gibbert in eine internationale Studie aufgenommen, an der nur 800 Patienten teilnehmen. In zwei Gruppen eingeteilt erhält die erste Gruppe die herkömmlichen Medikamente, während die zweite Gruppe zusätzlich das neue, zu testende Medikament Carfilzomib bekommt — Werner Gibbert ist einer von ihnen.
(…) Und ideal war auch das Ergebnis. “Das Medikament Carfilzomib hat phänomenal bei Herrn Gibbert angeschlagen”, bestätigt Prof. Naumann hocherfreut. “Schon nach dem ersten Therapiezyklus ist ein Großteil der Krebszellen im Knochenmark verschwunden. Die vorher katastrophalen Blutwerte lagen bereits wieder im Normalbereich.” Werner Gibbert lächelt: “Mir geht es wieder richtig gut. Insgesamt dauert die Studie 18 Monate. Nach sechs Behandlungszyklen haben sich alle Parameter im Normalbereich stabilisiert, die Erkrankung ist damit praktisch nicht mehr nachweisbar. Am liebsten würde ich die Behandlung nun beenden und in Urlaub fahren, aber natürlich ziehen wir das bis zum Ende durch.” Der Erfolg kam bald: “Das Medikament Carfilzomib hat phänomenal bei Herrn Gibbert angeschlagen”, bestätigt Ralph Naumann. “Schon nach dem ersten Therapiezyklus ist ein Großteil der Krebszellen im Knochenmark verschwunden. Die vorher katastrophalen Blutwerte lagen bereits wieder im Normalbereich.” Werner Gibbert lächelt: “Mir geht es wieder richtig gut. Am liebsten würde ich die Behandlung nun beenden und in Urlaub fahren, aber natürlich ziehen wir das bis zum Ende durch.”
Prof. Naumann erklärt: “Der Vorteil der klinischen Studien liegt darin, dass die Patienten sonst nicht an diese Wirkstoffe kommen.” (…) Rund 11.000 Euro kostet ein Therapiezyklus monatlich. Alle Kosten wie auch die aufwendigen Blutuntersuchungen sowie die Fahrtkosten werden komplett von dem Hersteller des Prüfmedikamentes übernommen. Naumann erklärt: “Der Vorteil der klinischen Studien liegt darin, dass die Patienten sonst nicht an diese Wirkstoffe kommen.” Rund 11 000 Euro kostet ein Therapiezyklus monatlich. Alle Kosten werden vom Hersteller des Prüfmedikamentes übernommen.
Die Anforderungen an Einrichtungen, solche Studien anbieten zu dürfen, sind sehr hoch. Gesetzgeber und Ethikkommissionen kontrollieren streng. Neben Prof. Dr. Naumann verfügen die Ärzte der Praxisklinik für Hämatologie und Onkologie Koblenz (Prof. Dr. Köppler und Partner) über eine langjährige Erfahrung als Prüfärzte sowie als Leiter klinischer Prüfungen in Studien zur internistischen Onkologie und Hämatologie. “Im Rahmen der intensiven Zusammenarbeit von Stiftungsklinikum und Praxisklinik haben wir die Durchführung von klinischen Studien in beiden Einrichtungen aufeinander abgestimmt, um so mehr klinische Studien für unsere Patienten anbieten zu können”, erklärt Dr. Thomalla von der Praxisklinik. Demnächst startet die Folgestudie mit Carfilzomib, an der Patienten aus beiden Einrichtungen teilnehmen können. Die Anforderungen an die Einrichtungen, die solche Studien anbieten, sind hoch. Neben Naumann verfügen die Ärzte der Praxisklinik für Hämatologie und Onkologie Koblenz (Prof. Dr. Hubert Köppler und Partner) über eine langjährige Erfahrung als Prüfärzte sowie als Leiter klinischer Prüfungen in Studien zur internistischen Onkologie und Hämatologie. “Im Rahmen der intensiven Zusammenarbeit von Stift und Praxisklinik haben wir die Durchführung von klinischen Studien in beiden Einrichtungen aufeinander abgestimmt, um so mehr klinische Studien für unsere Patienten anbieten zu können”, erklärt Dr. Jörg Thomalla von der Praxisklinik. Demnächst startet die Folgestudie mit Carfilzomib, an der Patienten aus beiden Einrichtungen teilnehmen können.
Weitere Informationen unter www.stiftungsklinikum.de oder www.onkologie-koblenz.de. Weitere Informationen unter www.stiftungsklinikum.de oder www.onkologie-koblenz.de

Die Klinik hatte ihrer Pressemitteilung übrigens den Satz hinzugefügt:

Werner Gibbert ist im Vorstand der Selbsthilfegruppe Multiples Myelom, Mayen Koblenz engagiert und steht unter der Telefonnummer … gerne für ein Gespräch zur Verfügung.

Vermutlich war das die Einladung an Journalisten, sich ein eigenes Bild zu machen. Aber warum sollte die “Rhein-Zeitung” mühevoll journalistisch arbeiten, wenn die PR frei Haus kommt?

Das Projekt “Medien-Doktor”, das sich kritisch mit Medizinjournalismus auseinandersetzt, hat diese Form der Schleichwerbung entdeckt und weiß auch, dass das bei der “Rhein-Zeitung” kein einmaliges Versehen ist: Bereits im April* veröffentlichte das Blatt im Lokalteil einen scheinbar redaktionellen Artikel, der fast wörtlich der Pressemitteilung eines Klinikums entsprach.

*) Nachtrag/Korrektur, 8. Juni. Der im letzten Absatz erwähnte frühere Fall stammt aus dem April 2011, nicht dieses Jahres.

Nachtrag, 14. Juni. Der Chefredakteur der “Rhein-Zeitung”, Christian Lindner, schreibt auf Twitter, es dürfe “nicht vorkommen”, dass “nicht transparent gemacht wurde, dass ein RZ-Text über eine Klinik eine Pressemitteilung der Klinik war”.

Nachtrag, 13. Oktober. Der Presserat hat — aufgrund einer Beschwerde von BILDblog — wegen dieser Berichterstattung eine “Missbilligung” ausgesprochen. Der Artikel verstoße gegen die Richtlinie 1.3 des Pressekodex, wonach Pressemitteilungen als solche gekennzeichnet werden müssen. Die Chefredaktion der “Rhein-Zeitung” hatte es in ihrer Stellungnahme gegenüber dem Gremium bedauert, dass die journalistische Distanz nicht gewahrt wurde. Sie habe die Kritik zum Anlass genommen, die Redakteure schriftlich auf das Einhalten der journalistischen Grundsätze hinzuweisen.

Willkommen im Tollhaus!

Das ist ja toll:

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transfermarkt.de gehört mehrheitlich zur Axel Springer AG, zu der auch die BILD digital GmbH & Co. KG gehört, die für Bild.de verantwortlich ist.

Ein Hinweis wie “Anzeige”, “Werbung” oder “In eigener Sache”, wie es der Pressekodex vorsieht, fehlt.

Mit Dank an Matt.

Bild  

Wenn Diekmann wüsste…

Der Radiosender WDR5 hat gestern ein Gespräch des WDR-Moderators Jürgen Wiebicke mit Kai Diekmann, dem Chefredakteur der “Bild”-Zeitung, zum Thema “Verantwortung” ausgestrahlt (das man hier – unter einer ganz passablen Zusammenfassung – komplett nachhören kann).

Nach gut 30 Minuten des fast einstündigen Gesprächs schließlich wird der Moderator konkret:

Es verunglückt ein Bus in der Schweiz. Es sterben Kinder. Und “Bild” druckt Fotos von toten Kindern.
(Link von uns.)

Diekmann antwortet darauf nach einigem Hin und Her:

Es geht darum, einer Tragödie, einer abstrakten Tragödie, ein individuelles Gesicht zu geben, um sie so erfahrbar zu machen und Empathie zu wecken. Ich war gerade eine Woche in Isreal und habe dort mit Kollegen zusammen ein Seminar in Yad Vashem gemacht, der Zentralen Holocaust-Gedenkstätte, die ein ganz neues Konzept zur Erinnerung an die Shoa erarbeitet haben. Wenn wir immer von sechs Millionen getöteten Juden sprechen, dann klingt das sehr abstrakt, dann ist das ‘ne Zahl, damit verbinde ich überhaupt nichts. Aber wenn Sie nur das Schicksal eines einzigen Kindes erklären, erzählen, mit Foto, und ihre Lebensgeschichte – wird auf einmal die Zahl, sechs Millionen, in ihrer ganzen furchtbaren Dimenson erfahrbar.

Und man mag nun lange darüber nachdenken, wie selbstgerecht unverfroren geistreich Diekmanns So-wie-die-Zentrale-Holocaust-Gedenkstätte-Fotos-von-Holocausopfern-zeigt,-druckt-auch-die-“Bild”-Zeitung-Fotos-von-Opfern-eines-Autounfalls-Analogie sein mag, aber…

… als sich der Moderator dann doch nicht mit Diekmanns Reiseerinnerungen zufriedengeben will und den “Bild”-Chef darauf hinweist, dass er und sein Blatt “von Hinterbliebenen in unzähligen Fällen geradezu dafür verflucht werden, dass Sie solche Bilder veröffentlichen”, da antwortet Diekmann:

Ich weiß nicht, dass wir in unzähligen Fällen dafür verflucht werden, dass wir solche Bilder veröffentlichen – sondern wir versuchen das natürlich immer in Übereinstimmung mit denjenigen zu tun. (…) Wenn sie es nicht wollen, dann tun wir das natürlich auch nicht. Und wenn ich wüsste, jemand will das nicht, dann würde ich es auch nicht tun. Das ist doch keine Frage.

Einen “Eid darauf ablegen” möchte Diekmann angesichts “einer Redaktion mit 850 Mitarbeitern” dann zwar lieber doch nicht. Allerdings:

Wenn ich aber wüsste, dass irgendjemand unter keinen Umständen die Veröffentlichung eines solchen Fotos wünscht, dann würde ich selbstverständlich diese Veröffentlichung auch nicht vornehmen.

Das klingt deutlich.

Es sei denn, wir zitieren mal aus ein paar Entscheidungen des Presserats:

BILD (Stuttgart) erhielt eine öffentliche Rüge für einen Bericht über ein Lawinenunglück. Darin hatte die Zeitung die Fotos dreier Todesopfer abgedruckt. Zusätzlich hatte sie das Foto eines Überlebenden ohne dessen Einwilligung gedruckt und dabei das Gesicht nur unzureichend mit einem Balken unkenntlich gemacht. (…)

Eine öffentliche Rüge erhielt BILD. Die Zeitung hatte ein Foto des zehnjährigen Jungen veröffentlicht, der im April bei einem Terroranschlag in Ägypten getötet worden war. Dies geschah ohne Einwilligung der Eltern, so dass das Persönlichkeitsrecht des Jungen verletzt wurde. (…)

Ebenfalls wegen einer Bildveröffentlichung gerügt wurde BILD (Hannover). Die Zeitung hatte zu einem Artikel über die Pisa-Studie ein aus dem Jahr 2002 stammendes Foto einer Grundschulklasse veröffentlicht. Das Bild war damals zu einem anderen Zweck aufgenommen und jetzt ohne Rücksprache mit der Schule als Symbolfoto erneut publiziert worden. (…)

Öffentlich gerügt wurde die BILD-Zeitung aufgrund der Berichterstattung zum Absturz eines Flugzeuges im Himalaya, bei dem auch zwölf deutsche Touristen starben. Die Zeitung hatte auf der ersten Seite großformatig ein Foto der Unglücksstelle abgebildet, auf dem verkohlte Leichen zu sehen waren. Im Innenteil wurden zudem Fotos einiger Passagiere veröffentlicht. Dadurch wurde ein Teil der Opfer identifizierbar. Durch den assoziativen Zusammenhang zwischen den Abgelichteten im Innenteil und den anonymen Leichen auf der Vorderseite wurden die Gefühle der trauernden Angehörigen verletzt. (…)

BILD (Bremen) erhielt eine nicht-öffentliche Rüge wegen eines Verstoßes gegen die Ziffern 8, 2 und 1 des Pressekodex. Die Zeitung hatte berichtet, dass zwei Mädchen im Alter von eins und vier Jahren auf Veranlassung ihrer Mutter zur Beschneidung nach Afrika gebracht werden sollten, was aber durch den Vater und einen Polizeieinsatz habe verhindert werden können. Ausschlaggebend für die Rüge war ein beigestelltes Foto, das beide Kinder ungeblendet zeigte. Hierfür gab es nicht die Einwilligung beider Eltern. (…)

Eine nicht-öffentliche Rüge sprach der Ausschuss gegen BILD aus. Die Boulevardzeitung hatte in der Regionalausgabe Berlin/Brandenburg das Foto eines jungen Mädchens veröffentlicht, das vor zwei Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Das Foto erschien zu einem Beitrag über den damaligen Freund des Mädchens, der Anfang dieses Jahres ebenfalls bei einem tragischen Unglück zu Tode kam. Der Ausschuss erkannte in der Veröffentlichung des Bildes, das ohne Einverständnis der Hinterbliebenen erfolgte, einen schweren Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte (…).

(Die Auflistung ist alles andere als vollständig – zumal sie nur Entscheidungen des Presserats berücksichtigt.)

Mit Dank an Johannes K. für den Hinweis!

Bedingungslos

Machen wir’s kurz:

8.52 Uhr: Viele Journalisten und Fotografen warten darauf, dass die angeklagten Geschwister in den Gerichtssaal geführt werden. Vor dem Beginn der Verhandlung darf für einige Minuten fotografiert werden. Einzige Bedingung, die Gesichter der Angeklagten müssen vor Veröffentlichung in den Medien unkenntlich gemacht werden.

So berichtete eine Reporterin der “Lippischen Landes-Zeitung” am Mittwoch von der Gerichtsverhandlung im Fall Arzu Ö.

Und so (also ohne die gelben Kleckse, die sind von uns) berichtet die “Bild”-Zeitung heute über den Prozess:

P.S.: Außer “Bild” (und Bild.de natürlich) ist uns kein anderes Medium untergekommen*, das sich nicht an die Bedingung des Gerichts gehalten hätte.

Mit Dank an Martin V.!

*) Nachtrag, 16.18 Uhr (mit Dank an Tim): Während das ZDF am Mittwoch in der “drehscheibe deutschland” die Angeklagten noch unkenntlich gemacht hatte, verzichtete der Sender darauf in späteren Sendungen ebenfalls.

Nachtkritik, Trolle, Kermit

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Der Erfinder des analogen Dauershitstorms”
(begleitschreiben.net, Gregor Keuschnig)
Gregor Keuschnig widmet sich dem 100. Geburtstag von Axel Springer und dem “analogen Dauer-Shitstorm BILD”: “Ich behaupte, dass BILD heute nicht mehr derart beim Publikum verfängt wie zu ihren Hochzeiten. Die Leute sind skeptischer geworden. Selbst ein BILD-Leser glaubt nicht mehr alles, was im Blatt steht. BILD funktioniert eher wie moderne Werbung: Entscheidend ist, was dann doch irgendwo haften bleibt.” Siehe dazu auch “Springer ohne Schneider” (sueddeutsche.de, jja).

2. “Fünf Jahre nachtkritik.de – eine kleine Zwischenbilanz”
(nachtkritik.de, Dirk Pilz)
Heute wird das Theaterkritikportal Nachtkritik.de fünf Jahre alt. “Ich kenne keinen Pressespiegel, der nicht die positive Kritik aus der Zeit immer vor die aus der, zum Beispiel, Lausitzer Rundschau heftet. Die Markengläubigkeit ist enorm, das Lesevermögen gering ausgebildet. Es gilt hier offenbar, was auch sonst gilt: Argumente allein überzeugen kaum. Man kann das beklagen – es ist beklagenswert! –, aber man muss zur Kenntnis nehmen, dass alle Debatten, gerade im Theaterbetrieb, macht- und oft genug filzgesteuert sind. Das schadet, auf lange Sicht, allen Beteiligten.”

3. “Liebe Medien, eine Neighborhood Watch ist keine Bürgerwehr”
(usaerklaert.wordpress.com)

4. “5 Ways to Spot a B.S. Political Story in Under 10 Seconds”
(cracked.com, David Wong, englisch)
Wie man Storys, die man nicht lesen muss, bereits in der Überschrift erkennt.

5. “Freie Fahrt für Trolle?”
(medienwoche.ch, Nick Lüthi)
Der Schweizer Presserat beschäftigt sich mit einem vom Chefredakteur der Zeitung “Südostschweiz” für das Online-Portal gesperrten Nutzer: “Eine Redaktion kann zwar frei darüber entscheiden, ob sie einzelne Leserbriefe, Einträge in Internet-Foren oder Kommentare im Internet veröffentlicht. Wenn sie aber einzelne Personen, Personengruppen oder Institutionen in einem Medium mit einer Publikationssperre belegt, kann dies gegen die Grundsätze der freien Meinungsbildung, der Meinungspluralität und der Fairness verstossen. Für eine Publikationssperre braucht es sehr gute Gründe. Solche liegen hier nicht vor. Deshalb ist die Publikationssperre nicht gerechtfertigt.” Siehe dazu auch “Die Rückkehr des Trolls” (suedostschweiz.ch, David Sieber).

6. “Kermit the Frog’s German TV Offense”
(colbertnation.com, Video, 4:50 Minuten, englisch)
Stephen Colbert findet es bemerkenswert, dass Kermit der Frosch mit einem Pro7-Auftritt Product-Placement-Verordnungen (“Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht”) verletzt hat.

Krebs schon wieder geheilt

Neben Hitler gibt es bei Bild.de ja auch noch das Thema Krebs, das immer für eine Schlagzeile gut ist. Und während es in der heutigen Printausgabe noch relativ vorsichtig “Bald Impfung gegen Krebs möglich?” heißt, erklärt Bild.de die Krankheit Krebs quasi für besiegt:

Durchbruch in der Forschung Wissenschaftler entwickeln Impfstoff gegen Krebs

Im eigentlichen Artikel schwingt dann doch schon deutlich mehr Konjunktiv mit. Da heißt es, die Forscher “wollen (…) einen universellen Impfstoff gegen die tödliche Krankheit entwickelt haben”. Es ist von “ersten Tests” die Rede und am Ende heißt es:

Nun hoffen die Wissenschafter, mit größeren Studien beweisen zu können, dass ihr Wirkstoff jede Krebsart bekämpfen kann. Sie glauben, mit dem neu geschaffenen Impfstoff könnte nicht nur das Immunsystem gestärkt, sondern es könnten auch kleine, früh entdeckte Tumore bekämpft werden. Außerdem soll die Injektion Streuung und Rückfall vorbeugen. Als Impfstoff für gesunde Menschen zur Vorbeugung von Krebs sei “ImMucin” aber nicht entwickelt worden.

Allerdings wäre die Diagnose Krebs mit dem neuen Schutzstoff kein Todesurteil mehr. Die Mediziner hoffen, dass er in sechs Jahren auf den Markt kommen könnte. Bis dahin soll geforscht werden.

[Hervorhebungen von uns.]

Die Überschrift ist somit ein Paradebeispiel für das, was in Ziffer 14 des Pressekodex gemeint ist:

Ziffer 14  –  Medizin-Berichterstattung
Bei Berichten über medizinische Themen ist eine unangemessen sensationelle Darstellung zu vermeiden, die unbegründete Befürchtungen oder Hoffnungen beim Leser erwecken könnte. Forschungsergebnisse, die sich in einem frühen Stadium befinden, sollten nicht als abgeschlossen oder nahezu abgeschlossen dargestellt werden.

Doch genau das passiert in schöner Regelmäßigkeit auf Bild.de, wie diese Beispiele aus den letzten Jahren illustrieren (weitgehend chronologisch ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

Bayer: Durchbruch bei Krebsforschung Tumore werden ausgehungert

Lungenkrebs Erste Pille stoppt Tumor

US-Konzern zahlt für sein Patent 380 Mio. Euro Hat dieser Deutsche das Mittel gegen Krebs gefunden?

Neue Hoffnung für kranke Kinder Wundermittel Honig im Kampf gegen Krebs

Forscher entwickeln Impfung gegen Krebs

Anti-Krebs-Pille Forscher finden Wirkstoff gegen Tumore

Dresdner Heilpraktiker Iwailo Schmidt (42) Paracelsus-Alchemie gegen Krebs gefunden? Heilmittel des Mittelalter-Arztes entschlüsselt

Anti-Krebs-Medikament Forscher entwickeln Pille gegen Tumore

"Tumor-Bombe" ohne Nebenwirkungen Können Krokusse bald Krebszellen zerstören?

Wissenschaftler prüfen heilende Wirkung Ist grüner Tee die künftige Waffe gegen Krebs?

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber.

Von Manga-Mord und Profi-Piraten

Im vergangenen November fand man in Leipzig in einem Fluss die zerstückelte Leiche eines jungen Mannes. Anfang Dezember konnte er als Jonathan H. identifiziert werden. “Bild” bastelte sich aus den Spuren, die Jonathan H. im Internet hinterlassen hatte, das Psychogramm einer “bizarren Welt” (BILDblog berichtete) und die “Dresdner Morgenpost” spekulierte über einen “Manga-Mord”.

Beide Zeitungen beschrieben das Leben des Getöteten (bzw. den Teil seines Lebens, der im Internet dokumentiert war) detailliert und zitierten Spekulationen von Nachbarn über die Intimsphäre des Toten. Illustriert waren die Artikel mit mehreren privaten Fotos. Eine Bekannte von Jonathan H. veröffentlichte auf BILDblog einen offenen Brief über die diffamierende Berichterstattung von “Bild” und “Morgenpost”, der größere Aufmerksamkeit erregte.

Vergangene Woche beschäftigte diese Berichterstattung auch den Deutschen Presserat: Der Beschwerdeausschuss sprach nicht-öffentliche Rügen gegen Bild.de (wo der “Bild”-Artikel ebenfalls erschienen war) und die “Dresdner Morgenpost” aus, da er in den Artikeln eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts nach Ziffer 8 des Pressekodex sah. Der Presserat habe im konkreten Fall “kein öffentliches Interesse” erkennen können, das das Persönlichkeitsrecht des Opfers überlagert hätte.

Die “Maßnahmen” des Presserates:

Hat eine Zeitung, eine Zeitschrift oder ein dazugehöriger Internetauftritt gegen den Pressekodex verstoßen, kann der Presserat aussprechen:

  • einen Hinweis
  • eine Missbilligung
  • eine Rüge.

Eine “Missbilligung” ist schlimmer als ein “Hinweis”, aber genauso folgenlos. Die schärfste Sanktion ist die “Rüge”. Gerügte Presseorgane werden in der Regel vom Presserat öffentlich gemacht. Rügen müssen in der Regel von den jeweiligen Medien veröffentlicht werden. Tun sie es nicht, dann tun sie es nicht.

Die “Dresdner Morgenpost” kassierte außerdem auch noch eine öffentliche Rüge, weil sie auf der Titelseite und im Innenteil unter der Überschrift “Junge (17) warf sich vor Zug – tot” über den Suizid eines Teenagers berichtet hatte. Die “Morgenpost” schilderte die Selbsttötung ausführlich, spekulierte über das Motiv und beschrieb die Verletzungen des Jungen detailliert. Der Presserat sah durch diese Darstellungen die in Richtlinie 8.5 gebotene Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Selbsttötung verletzt.

Eine nicht-öffentliche Rüge erhielt die “B.Z.” für die Berichterstattung über einen schweren Autounfall, bei der sie mit der Unfallschilderung auch ein Foto eines 32-jährigen Opfers gezeigt hatte, das die Redaktion ohne Einwilligung der Angehörigen aus einem sozialen Netzwerk kopiert und veröffentlicht hatte. Der Presserat betont, dass über Unfallopfer “im Hinblick auf den Schmerz der Hinterbliebenen besonders zurückhaltend berichtet werden” müsse. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der identifizierenden Berichterstattung sei auch hier nicht zu erkennen gewesen.

Hier saugen Profi-Piraten - So haben Polizei und Abmahner keine ChanceBemerkenswert ist die Titelgeschichte, für die das “PC Magazin” eine öffentliche Rüge erhielt: Unter der Überschrift “Quellen der Raubkopierer” und dem Hinweis “So haben Polizei und Abmahner keine Chance” beschäftigte sich der Artikel mit verschiedenen Möglichkeiten zum illegalen Download von Musik, Filmen und Software aus dem Internet. Dabei nannte die Redaktion konkrete Websites und bewertete in einer Tabelle u. a. das Risiko für den User bei Nutzung des jeweiligen Download-Dienstes. Der Presserat sah in dieser Veröffentlichung eine Verletzung des Ansehens der Presse: Es sei nicht mit der Ziffer 1 Pressekodex vereinbar, wenn eine Redaktion illegale Downloadmöglichkeiten beschreibe, durch deren Nutzung Urheberrechte verletzt werden. Im vergangenen Jahr hatte das NDR-Medienmagazin “Zapp” über die Tipps verschiedener Computerzeitschriften berichtet, die sich “ganz nah am Rande der Legalität” bewegten, das “PC Magazin” selbst war bereits 2006 in zwei ähnlichen Fällen gerügt worden.

Ebenfalls gerügt wurden die “Lünepost”, ein Anzeigenblatt der “Landeszeitung für die Lüneburger Heide” (wegen Verstoßes gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung), das “Deutsche Waffenjournal” (Diskriminierung), sowie die “Bunte” und der “Weserkurier” (beide Schleichwerbung).

“Bild” zeigt’s dem Suffraser

Das muss man auch erst einmal können: Sich auf die Straße hocken, wo gerade ein Unfall passiert ist und ein junger Mann tot auf dem Asphalt liegt, und ein Foto davon machen, wie der Vater sein Gesicht in der Hand des Jungen vergräbt und weint und um seinen Sohn trauert.

Das muss man auch erst einmal können. Das muss man auch erst einmal wollen.

Der Fotograf Tim Foltin kann das und will das. Auf seiner Internetseite steht:

ICH KANN WEIL ICH WILL WAS ICH MUSS

In seinem Portfolio zeigt er auch eindrucksvolle Fotos, die er von den Toten auf der Loveparade in Duisburg gemacht hat, wie sie im Müll liegen, ihre nackten Arme und Füße ragen unter den notdürftigen Abdeckungen heraus.

In der Nacht zum Samstag überfuhr ein alkoholisierter Autofahrer vor einer Discothek in Dinslaken zwei Fußgänger, die die Straße überquerten. Einer kam mit schwersten Verletzungen ins Krankenhaus, der andere verstarb noch am Unfallort. Hier machte Foltin das eingangs beschriebene Foto.

Foltin arbeitet für die “Bild”-Zeitung. Am nächsten Tag erschien die “Bild am Sonntag”:

Der Artikel liest sich, als zeige “Bild am Sonntag” das Foto aus pädagogischen Gründen. Als diene die Veröffentlichung nicht, die Schaulust zu befriedigen, sondern als könne sie helfen, die Zahl der Opfer von alkoholisierten Autofahrern zu reduzieren. Der Text endet mit den Worten:

Vielleicht wird der Totraser irgendwann dieses Foto sehen. Und mit ihm jeder, der immer wieder betrunken Auto fährt und damit das Leben anderer aufs Spiel setzt.

Vielleicht wollte “Bild” bloß ganz sicher gehen, dass der “Totraser und mit ihm jeder, der immer wieder betrunken Auto fährt” das Foto sieht, und hat es deshalb am Montag noch einmal gebracht:

Diesmal soll das Foto — ergänzt u.a. um eine Aufnahme, wie die eingepackte Leiche weggetragen wird — offenbar nicht nur andere aufrütteln, sondern auch Teil der Strafe für den Verursacher des Unfalls sein:

Schau her, Suffraser, das hast DU angerichtet! Vielleicht sehen dieses Foto auch andere Fahrer, die gerne mal ein Gläschen trinken — und lassen das Auto jetzt lieber stehen!

Ist das eine realistische Annahme? Ist das ein legitimes Anliegen?

Das sind ernst gemeinte, keine rhetorische Fragen. Aber dazu kommt die folgende: Ist das eine glaubwürdige Rechtfertigung für die Veröffentlichung, wenn sie von einem Blatt kommt, das regelmäßig beweist, dass ihm die Befriedigung niederer menschlicher Instinkte im Zweifel wichtiger sind als die Möglichkeit, Positives zu bewirken?

Und noch eine Frage: Wäre nicht trotzdem die Einwilligung der Familie des getöteten Jungen notwendig, die Zustimmung des Vaters, bevor man ihn in diesem intimsten Moment zeigt?

Wir haben Tim Foltin, den Fotografen gefragt, ob er eine Genehmigung hatte und ob er sie für notwendig hält. Seine Antwort:

Eine Einwilligung des Vaters habe ich nicht.

Sowas macht im Prinzip aber niemand bei Unfällen.

Wie aber da die genaue Rechtslage aussieht, weiß ich leider nicht.

Gedruckt wurde das Foto ja und von daher wird das so auch OK sein.

Die “Bild”-Zeitung teilte uns mit, sie äußere sich grundsätzlich nicht zu “Redaktionsinterna”.

Nachtrag, 23:45 Uhr. Foltins Homepage ist nicht mehr zugänglich. Und Bild.de hat seinen Namen unter dem Foto entfernt.

Nachtrag, 20. März. Jetzt ist Foltins Homepage wieder da — anscheinend auch in ihrer ursprünglichen Form.

Der Bachelor, Porträts, Freizeit Woche

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. “Die Sendung ‘Der Bachelor’ hat meinen Ruf zerstört”
(madonna.oe24.at)
Katja Runiello, Kandidatin bei “Der Bachelor”, berichtet über die positiven beruflichen und negativen privaten Folgen der RTL-Sendung: “Ich gehe seit Wochen nicht mehr aus dem Haus. Ich gehe nicht einmal mehr ins Fitnessstudio, fahre auch nicht mehr mit der Bahn. Ich kann den Leuten leider nicht begreiflich machen, dass das alles nur eine Show war und ich in Wirklichkeit ganz anders bin.”

2. “Die 7 Irrtümer beim Porträtschreiben”
(journalist.de, Joachim Käppner)
Der Leitende Redakteur im innenpolitischen Ressort der “Süddeutschen Zeitung” gibt Tipps zum Schreiben von Porträts.

3. “Presserat: Weniger streng bei Politikern, aber keine Menschenhatz”
(derstandard.at)
Alexander Warzilek, Geschäftsführer des österreichischen Presserats, stellt sich den Fragen der derstandard.at-Lesern.

4. “Freizeit Woche – die nächste Yellow-Ente”
(meedia.de, swi)
“Königin Beatrix – Rücktritt!”, titelt die “Freizeit Woche”. “Seltsam nur, dass man von dem angekündigten Rücktritt des Staatsoberhauptes in der niederländischen Botschaft in Berlin rein gar nichts weiß. Von einem Rücktritt der Königin sei nichts bekannt, teilte man dort auf Anfrage von MEEDIA mit.”

5. “Vom Unsinn der 4-wöchentlichen TV-Zeitschriften”
(dwdl.de, Uwe Mantel)
Uwe Mantel wertet die Anzahl der Fehler in Fernsehzeitschriften wie “nur TV”, “TV pur”, “tv!top” oder “TV 4×7” aus.

6. “Geheimdienste bitten Bürger, bestimmte Schlagwörter in E-Mails zu vermeiden”
(eine-zeitung.net, Satire)

“Bild” will keine Toten in anderen Medien sehen

Bild.de scheint ehrlich fassunglos:

Das Geschäft mit der toten Whitney Houston († 48) kennt keine Skrupel! Das US-Magazin “National Enquirer” hat jetzt ein Foto der Sängerin im offenen Sarg veröffentlicht.

In Frieden ruhen… Das kann Whitney Houston wohl vorerst nicht!

Bild.de zitiert eine Twitter-Userin, die den Verkäufer des Fotos als “niederträchtigen, verdorbenen, skrupellosen Untermensch” bezeichnet, und den Promi-Blogger Perez Hilton, der die Veröffentlichung “geschmacklos, unsensibel und morbide” nennt.

Bild.de ist der Online-Ableger des Blattes, das am 27. Juni 2009 auf der Titelseite mit einem riesigen Foto aufgemacht hatte, auf dem Michael Jackson auf einer Trage liegend und an Beatmungsgeräte angeschlossen zu sehen war. Die Schlagzeile lautete: “Hier verliert er den Kampf um sein Leben”.

Bild.de selbst brachte wenig später ein computergeneriertes Bild eines entstellten Michael Jackson ohne Haare, unter dem stand: “so in etwa könnte Jackson bei der Obduktion ausgesehen haben”. Beide Veröffentlichungen wurden als “unangemessen sensationell” vom Presserat gerügt.

Im Vergleich dazu ist das Foto von Whitney Houston im offenen Sarg harmlos — schon weil sie natürlich eigens dafür hergerichtet worden war, angesehen zu werden (wenn auch mutmaßlich nicht von der Weltöffentlichkeit). Wie Bild.de selbst schreibt, zeigt das Foto die Sängerin “mit sorgfältigem Make-up, hochgesteckten Haaren, in einem violetten Kleid und goldenen Schuhen”.

Skrupellos das Sterben eines Prominenten ausschlachten. Und anderen vorwerfen, skrupellos den Tod eines Prominenten auszuschlachten. Das ist die ganz spezielle doppelte Skrupellosigkeit von “Bild”.

Mit Dank an Simon.

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