1. Rheinau? Rheingau? Schnurzegau! (tagesanzeiger.ch, Marius Huber)
Als der “Spiegel” über eine missglückte Initiative zum bedingungslosen Grundeinkommen in einem Schweizer Dorf berichtet, greift er gleich zweimal daneben: Die Redaktion bebildert nicht nur falsch, sondern benennt auch falsch. Dies sorgt nun für allerlei Spott aus der Schweiz.
2. Presserat sieht in Verwendung von Civey-Umfragen keinen Verstoß gegen den Pressekodex (stefan-fries.com)
Im Netz gibt es ein Überangebot an Umfragen, auch befeuert durch die inflationär eingesetzten und oft sehr flach ansetzenden Fragen von Civey, die unter vielen Beiträgen von Nachrichtenseiten erscheinen. Klassische Meinungsforscher halten die Methoden der Online-Umfrageinstitute für unseriös und gefährlich (siehe dazu auch: Methodenstreit der Meinungsforschung: Was ist repräsentativ? (deutschlandfunk.de, Stefan Fries)).
Nun haben Forsa, Infas und die Forschungsgruppe Wahlen eine Beschwerde beim Presserat angestrengt, sich aber eine Abfuhr eingehandelt.
3. Floskel des Monats: freiwillige Ausreise (journalist-magazin.de)
Floskel des Monats beim Medienmagazin “journalist” ist die von der “freiwilligen Ausreise”. Aus der Begründung: “Kaum einer hinterfragt, was an der freiwilligen Ausreise denn freiwillig sein soll, wenn abgelehnte Asylbewerber ihrer Abschiebung zuvorkommen und Deutschland verlassen.”
4. 10 Fakten zum Klimawandel, die wirklich stimmen (zeit.de, Michael Lindner & Antonia Schuster)
Aufklärung zum Thema Klimawandel hat seine Tücken: Je öfter Klimaforscher auf Klima-Mythen eingehen, desto mehr verfestigen sie sich in den Köpfen und desto mehr merken sich Leute Falschinformationen. In einem Gastbeitrag zweier Klimawandel-Experten gibt es deshalb “10 Fakten zum Klimawandel, die wirklich stimmen”.
5. Brüste nur noch mit Baby dran (faz.net, Andrea Diener)
Ab dem 17. Dezember soll auf der Mikroblogging-Plattform tumblr keine Pornographie mehr zu sehen sein. Der Hintergrund: Apple hatte die tumblr-App aus dem App-Store geschmissen, da kinderpornografische Darstellungen durch den Filter gerutscht seien. Dies sorgt nun für einen Umbau der Plattform in Richtung “familienfreundlich”. Sexuell explizite Inhalte soll es nur noch in Textform geben dürfen.
6. Ein Siebenjähriger ist der am besten verdienende Youtube-Star (haz.de)
Die Top Ten der Youtube-Großverdiener wird von einem Siebenjährigen angeführt, der dort Spielzeug testet. Der Kanal “Ryan ToysReview” soll aufgrund seiner Youtube-Werbeeinnahmen und anderer Einkünfte auf Einnahmen von jährlich 22 Millionen US-Dollar kommen.
1. Ich bin keine Frau, ich bin kein Mann, ich bin Journalistin (faz.net, Michael Hanfeld & Axel Weidemann)
Die jordanische Journalistin Rana Sabbagh leitet die Organisation “Arab Reporters for Investigative Journalism” in Amman und ist gerade mit dem Raif Badawi Award ausgezeichnet worden. Die “FAZ” hat mit der mutigen Journalistin über ihre Arbeit gesprochen.
2. Von Gauland und Gabriel, Gastbeiträgen und Gehältern (deutschlandfunk.de, Silke Burmester)
Silke Burmester kümmert sich in ihrer “Deutschlandfunk”-Kolumne gleich um drei Aufreger auf einmal: Um den Umgang der “FAZ” mit dem Gastbeitrag von AfD-Chef Alexander Gauland, der überaus gut dotierten journalistischen Tätigkeit von Ex-Bundesaußenminister Sigmar Gabriel und Frank Plasbergs interessante Vorstellungen zu finanziellen Möglichkeiten und zur Steuerehrlichkeit freier Journalistinnen und Journalisten.
3. Homöopathie-Reklame in “Lisa”: Ein “Fehler” mit Ungereimtheiten (uebermedien.de, Hinnerk Feldwisch-Drentrup)
Das Frauenmagazin “Lisa” hat in einer Art über Homöopathie geschrieben und Werbung für zwei Produkte und deren Hersteller gemacht, dass sich der Presserat veranlasst sah, eine Rüge auszusprechen. Die “Lisa”-Chefredakteurin gibt sich zerknirscht und spricht von einem “wirklich sehr bedauerlichen Fehler”, verwickelt sich jedoch “Übermedien” gegenüber in Widersprüche.
4. ARD/ZDF-Studie: Warum der Begriff “online” inzwischen Unsinn ist (t3n.de, Stephan Dörner)
t3n.de-Chefredakteur Stephan Dörner hat sich die aktuelle ARD/ZDF-Onlinestudie angeschaut und eine interessante Feststellung gemacht: Es werde immer noch streng zwischen online und offline unterschieden — diese Trennung habe sich im Smartphone-Zeitalter jedoch längst überlebt und zeige ein altertümliches Verständnis vom Internet. Es sei Zeit, sich vom Begriff “online” zu trennen: “Er gehört in dieselbe Mottenkiste wie die nostalgischen Gefühle, die ein Modem-Geräusch in manchen von uns auslöst. Zur aktuellen, soziologisch sauber fassbaren Kategorie eignet sich der Begriff nicht.”
5. Gut für JournalistInnen (taz.de, Christian Rath)
Zurzeit wird der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum “Schutz von Geschäftsgeheimnissen” diskutiert, der auch die Position von investigativen Journalistinnen und Journalisten verbessert. Die ARD kritisiert den Entwurf mit wenig überzeugenden Argumenten, wie Christian Rath in der “taz” findet.
6. Verbraucherzentrale warnt vor “Höhle der Löwen”-Produkten (spiegel.de)
Beim Vox-Format “Die Höhle der Löwen” bekommen Menschen mit Erfindungen oder Geschäftsideen “die Chance ihres Lebens”: Sie dürfen einer Gruppe von Investoren ihre Produkte vorstellen, die sich gegebenenfalls um die Vermarktung kümmern und die Produkte in die Läden bringen. Die Verbraucherzentrale NRW hat nun vom Kauf einiger “Höhle der Löwen”-Produkte abgeraten. Die Preise seien oft zu hoch, die Qualität sei zu schlecht.
Manchmal schafft es die “Bild”-Redaktion, mit einem einzigen Wort für maximale Verwirrung zu sorgen. Dieser Teaser bei Facebook ist so ein Fall*:
1773 Likes, 199 Kommentare, 419 Mal geteilt. Geht ordentlich ab, die Geschichte — es ist ja auch unglaublich tragisch, dass der Junge positiv auf HIV getestet wurde. Bloß: Das wurde er gar nicht. Es ist nicht klar, ob das Kind sich angesteckt hat. Kann es noch gar nicht sein.
Ärzte haben bisher die Spritze und deren Inhalt getestet. Dabei wurden HI-Viren gefunden. Bei Bild.de steht:
Spritzen-Schock in Berlin-Kreuzberg! Auf einem Spielplatz ist ein fünfjähriger Junge auf eine blutige Kanüle getreten. Im Krankenhaus testeten die Ärzte sie auf HIV — positiv!
“sie”, nicht “ihn”.
Bei dem Jungen kann eine mögliche Ansteckung noch gar nicht festgestellt werden. Das steht auch bei Bild.de:
Per Schnell-Check, so die Mutter, sei festgestellt worden, dass in der Spritze HI-Viren gewesen seien. “Bei Hassan kann eine Infektion frühestens in sechs Wochen festgestellt werden.”
Jens Petersen (48), Sprecher der Berliner Aids-Hilfe erklärt: “So lange braucht der Körper, bis er Antikörper gegen das Virus bildet, die dann im Blut nachgewiesen werden können.” Auf eine vierwöchige prophylaktische Behandlung mit HIV-Medikamenten, die starke Nebenwirkungen haben, verzichten die Ärzte.
Petersen: “Das Virus ist außerhalb des Körpers nicht lange überlebensfähig, die Ansteckungswahrscheinlichkeit gering. Es müsste sich schon um eine Spritze mit ganz frischem Blut gehandelt haben.”
Das alles erfährt allerdings nur, wer ein “Bild plus”-Abo hat. Für alle anderen gibt es lediglich den falschen Facebook-Teaser.
*Nachtrag, 16:59 Uhr: “Bild” hat auf unsere Kritikreagiert und den Teaser bei Facebook angepasst. Dort steht nun:
Im Krankenhaus testeten die Ärzte das Blut an der Spritze auf HIV — positiv! Eine Ansteckungswahrscheinlichkeit sei zwar “gering”, ob sich der Junge infiziert hat, kann aber frühestens in einigen Wochen festgestellt werden.
Einen Hinweis darauf, dass da mal was falsch war, gibt es leider nicht.
Nachtrag, 17:12 Uhr: “Bild” hat auf unsere erneute Kritikreagiert und klärt nun in einem Kommentar unter dem Facebook-Post auf:
Wir hatten im Teaser des Artikels ursprünglich geschrieben, dass der Junge positiv auf HIV getestet wurde. Das war nicht korrekt. Vielmehr wurden an der Spritze wurden HI Viren gefunden. Wir haben den Teaser oben korrigiert.
Nachtrag, 14. September: Der Verein Berliner Aids-Hilfe hat bereits am 6. September eine Pressemitteilung zur Berichterstattung von “Bild” und “B.Z.” herausgegeben. Darin heißt es unter anderem:
In dem Artikel macht die B.Z. in ihrer Überschrift auf Seite 1 daraus: “Berliner Junge (5) tritt in HIV-verseuchte Spritze / Aids-Angst auf dem Spielplatz”, die BILD-Zeitung übertitelt: “Drama auf Berliner Spielplatz / Kind tritt in HIV-verseuchte Drogen- Spritze”.
Mit dem heutigen Wissensstand zu HIV, den Übertragungswegen und den Behandlungsmöglichkeiten ist eine solche Berichterstattung unangemessen und unhaltbar. Die Berichte treffen keine Unterscheidung zwischen einer HIV-Infektion und einer Aids-Erkrankung. Vielmehr suggerieren sie, dass man durch den Stich an einer Nadel mit Blutresten, an der HIV-Antikörper nachgewiesen werden, unmittelbar an Aids erkranken könne. Tatsächlich ist Aids vielmehr die Folge einer langjährig unbehandelten HIV-Infektion.
Dazu sagt die Geschäftsführerin der Berliner Aids-Hilfe e.V. Ute Hiller: “Diese Art der Berichterstattung macht mich fassungslos. Die Schlagzeilen sind aufhetzend und wie aus der Zeit gefallen. Sie schüren Ängste und schlagen in die Kerbe der schlimmsten Diffamierungen von HIV-positiven Menschen, wie wir sie in den 1980er Jahren gesehen haben. Wir wissen es heute viel besser: HIV zerfällt mit dem Kontakt von Sauerstoff. HIV kann nicht durch getrocknetes Blut an Spritzennadeln weitergegeben werden. Offensichtlich haben auch die behandelnden Ärzte, daher auf die Einleitung einer Postexpositionsprophylaxe verzichtet.”
Und:
Als Berliner Aids-Hilfe klären wir zu Übertragungswegen und Behandlungsmöglichkeiten auf. Wir treten dafür ein, dass Menschen mit HIV nicht länger diskriminiert und stigmatisiert werden. HIV-positive Menschen unter erfolgreicher antiretroviraler Therapie sind nicht ansteckend und weit entfernt von einer Aids-Erkrankung. Sie haben dank der Medikamente zudem eine gleiche Lebenserwartung wie Menschen ohne HIV. Das ist die Botschaft, die es zu verbreiten gilt – anstelle von Panikmache und reißerischen Titeln einer rückwärtsgewandten Berichterstattung.
Die Berliner Aids-Hilfe stellt klar:
Das HI-Virus wird bei Kontakt mit Sauerstoff zerstört. Getrocknetes Blut ist nicht infektiös. Für ganz Deutschland ist kein Fall dokumentiert, bei dem sich ein Mensch an einer Spritze mit getrocknetem Blut mit HIV infiziert hat.
Die Berliner Aids-Hilfe e.V. legt Beschwerde gegen die B.Z. und gegen die BILD-Zeitung beim Deutschen Presserat ein.
1. Wie der MDR der AfD und Moskau zugleich half (tagesspiegel.de, Matthias Meisner)
Die Konstellation ist schon ganz interessant: Ein AfD-Politiker schimpft beim vom russischen Staat finanzierten TV-Sender “RT” über den Islam, alles ermöglicht durch die technische Hilfe des öffentlich-rechtlichen MDR. Matthias Meisner fragt: “Musste das sein?” Der MDR antwortet bei Twitter: Ja, das musste sein, “das handhaben wir bei allen Mitgliedern der EBU — der Europäischen Rundfunkunion, in der auch Russia Today International Mitglied ist — gleichermaßen.” Nur: “RT” ist gar nicht Mitglied in der “EBU”.
2. Heino schenkt Heimatministerin Platte mit SS-Liedern (sueddeutsche.de, Christian Wernicke)
Das war ein bemerkenswertes Geschenk, das Schlagersänger Heino Nordrhein-Westfalens Heimatministerin Ina Scharrenbach (CDU) zum “NRW-Heimatkongress” mitgebracht hatte: eine Schallplatte von 1981 mit dem Titel “Die schönsten deutschen Heimat- und Vaterlandslieder”. Nur einer der 24 von Heino gesungenen Songs habe überhaupt einen Bezug zum Bundesland, schreibt Christian Wernicke: “Vieles hingegen klang schrecklich großdeutsch. “Wenn alle untreu werden” ist ein Gassenhauer aus dem “Liederbuch der SS”. Und mit “Flamme empor” und “Der Gott, der Eisen wachsen ließ” intonierte Heino da noch weitere Melodien, die einst die Nazi-Schergen gesungen hatten.”
3. Emotionen statt Fakten (deutschlandfunk.de, Stefan Fries)
Man sieht sie inzwischen unter oder inmitten von vielen Artikeln: Online-Umfragen von Redaktionen, bei denen man einen Regler nach links oder rechts schieben und so beispielsweise kundtun kann, dass man die Zeitumstellung super oder total blöd findet. Das Problem dabei: Diese Umfrage sind ziemlich anfällig für Manipulationen — es reicht oft schon, einen Cookie zu löschen, um mehrfach abstimmen zu können. Jetzt hat sich auch der Presserat mit den manipulierbaren Online-Umfragen beschäftigt, wie Stefan Fries berichtet.
4. Die Blockchain-Technologie: Anwendungsbeispiele und Potenziale im Journalismus (fachjournalist.de, Florian Regensburger)
Viele Digital-Experten und Krypto-Fans sehen in der Blockchain-Technologie, die auch die Grundlage von Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum bildet, eine Lösung zahlreicher Probleme: beispielsweise bei Wahlen, bei Abschlüssen von Verträgen, bei Urheberrechtsfragen. Kann die Blockchain auch die Probleme lösen, mit denen sich der (digitale) Journalismus rumschlägt? Florian Regensburger hat sich einige bereits existierende mediale Anwendungsbeispiele auf Blockchain-Basis angeschaut.
5. Ich, ich, ich – aber wie viel Joko steckt in Jokos Zeitschrift? (dwdl.de, Alexander Krei)
Seit gestern gibt es ein neues Magazin bei “Gruner + Jahr”, es heißt “JWD. Joko Winterscheidts Druckerzeugnis”. Genauso wie bei “Barbara” (Barbara Schöneberger) ist das Heft um eine prominente Person herum aufgebaut: in diesem Fall um — Überraschung! — Moderator Joko Winterscheidt. Alexander Krei hat “JWD.” gelesen und wirkt recht angetan. Weiterer Lesetipp: Im Interview mit der “Zeit” hat Winterscheidt nicht nur, aber auch über sein neues Magazin gesprochen.
6. Tageszeitung im Abo? Wie sich das 2018 anfühlt (blog.franziskript.de, Franziska Bluhm)
“Seit sieben Jahren waren wir ohne, nun läuft seit ungefähr zehn Tagen in unserem Haushalt ein Experiment: Wir haben eine Tageszeitung.” Das schreibt die experimentierfreudige Franziska Bluhm. Ihr erstes Fazit fällt gemischt, mit Hang zum Negativen aus.
1. Bitterer Erfolg in Straßburg (lto.de, Markus Sehl)
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Türkei für die Inhaftierung der beiden Journalisten Sahin Alpay und Mehmet Altan verurteilt: Ihre Untersuchungshaft verstoße gegen das Recht auf Freiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung, so die Richter in Straßburg. Markus Sehl schreibt, dass das EGMR-Urteil, das lediglich die Untersuchungshaft betrifft, zumindest für Altan zu spät kommen könnte: Er wurde inzwischen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
2. Bringt Hartz IV mehr Geld als Arbeit? FAZ verbreitet falsche Zahlen (uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Die Überschrift in der “FAZ” war eindeutig: “Hartz IV lohnt sich oft mehr als Arbeit”. Mit Hilfe des Vereins “Bund der Steuerzahler” wollte die Redaktion zeigen, dass man in bestimmten Familienkonstellationen deutlich über Mindestlohn verdienen müsste, um netto ähnlich viel zur Verfügung zu haben wie Hartz-IV-Empfänger in derselben Familienkonstellation. Das Problem bei den Zahlen, die die “FAZ” nutzt: Der “Bund der Steuerzahler” hat einfach das Kindergeld aus der Rechnung gelassen, zu Ungunsten der vermeintlich üppigen Hartz-IV-Bezieher. Stefan Niggemeier schreibt: “Dass ausgerechnet der für ihre Wirtschaftskompetenz gerühmten FAZ ein solch gravierender Fehler unterläuft, ist peinlich. Aber er blieb nicht auf die FAZ begrenzt.”
3. Malta: Informantin von ermordeter Journalistin stellte sich (orf.at)
Eine Informantin der ermordeten maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia hat sich der Polizei in Griechenland gestellt. Die frühere Bankangestellte, die per Haftbefehl gesucht wurde, soll entscheidende Unterlagen geliefert haben für die Anschuldigung, dass die Ehefrau des maltesischen Regierungschefs Bestechungsgelder aus Aserbaidschan erhalten habe.
4. Zur Jagd freigegeben? (journalist-magazin.de, Michael Kraske)
Wer als Reporter von Demonstrationen und Kundgebungen berichtet, bekommt oft zu spüren, wie medienfeindlich die Stimmung vor Ort ist. “Es wird beleidigt, bedroht und nach Kameras geschlagen. Gefahrenzonen sind längst nicht mehr nur Aufmärsche erkennbar extremistischer Organisationen”, schreibt Michael Kraske. Er hat ausführlich mit Journalisten und Polizisten gesprochen, um herauszufinden, welche Maßnahmen die Situation verbessern könnten.
5. Presserat: Lügenpresse-Rufer nehmen Polizei als “Kronzeugen” gegen Journalisten (netzpolitik.org, Alexander Fanta)
Die deutsche Polizei hat sich in Sozialen Netzwerken eine beachtliche Reichweite aufgebaut. Wie sie diese nutzt, ist mitunter diskussionswürdig, beispielsweise wenn sie die Herkunft von Straftätern nennt. Alexander Fanta schreibt: “Mit immer stärkerem Selbstbewusstsein nutzt die Exekutive ihre amtliche Informationshoheit dazu, selbst ins Rampenlicht zu treten. Dabei zeigt die Exekutive wenig Rücksicht auf die ethische Frage, die durch ihr neues Sendungsbewusstsein aufgeworfen wird. Denn die Polizei entscheidet in der Auswahl der Straftaten, die sie an die Öffentlichkeit trägt, und auch in den Detailinformationen, die sie preisgibt, viel über die öffentliche Wahrnehmung der Fälle mit. Mit der Nennung von Herkunftsländern von Tatverdächtigen macht die Polizei Politik.”
6. Wir haben die Kontrolle über unser Gesicht und unsere Stimme verloren (medienwoche.ch, Adrian Lobe)
Dass sich mit Photoshop Bilder manipulieren lassen, dürfte sich inzwischen rumgesprochen und Menschen beim Betrachten von Fotos vielleicht etwas misstrauischer gemacht haben. Adrian Lobe berichtet nun vom nächsten Schritt: dem Manipulieren von Video- und Audiomaterial. Er befürchtet weitreichende Folgen, sollte dadurch die “Integrität der Information” nachhaltig korrumpiert werden: “An der Integrität der Information hängt auch die Integrität einer funktionierenden Öffentlichkeit. Ist Journalismus unter den Bedingungen der totalen Manipulation überhaupt noch möglich?”
Bei der von vielenTiefpunktengeprägten “Bild”-Berichterstattung zu den G20-Ausschreitungen gibt es seit drei Tagen einen neuen Tiefpunkt: Nun (vor)verurteilen die “Bild”-Richter schon jemanden, bei dem einiges dafür spricht, dass er unschuldig ist, und stellen ihn an den Pranger.
Derzeit läuft in Hamburg der Prozess gegen den 30-jährigen Dimitri K.:
Als G20-Chaoten am 7. Juli einen Supermarkt im Schanzenviertel plünderten (Schaden: 1,7 Mio. Euro), soll er mittendrin gewesen sein. Anklage: besonders schwerer Landfriedensbruch.
K. sagt, er sei nicht vor Ort gewesen. Stattdessen sei er am fraglichen Tag mit Schmerzen zu Hause geblieben, schließlich hätten ihn am Vortag Polizisten angegriffen. Die Verlobte von K. bezeugte dessen Aussage.
Doch, so die “Bild”-Medien …
Doch ein verknackter G20-Plünderer identifizierte ihn. Sven B. (19) ist sich sicher: K. war dabei. Die Hals-Tattoos erkenne er wieder, hundertprozentig!
Für den Prozess zwar unerheblich, für die “Bild”-Redaktion aber bemerkenswert: Dimitri K. hat nicht nur ein Hals-Tattoo. Unter seinem rechten Auge hat er das Wort “Fuck” tätowiert und unter dem linken das Wort “Cops”. Was jetzt schon nach einer Folge “Richterin Barbara Salesch” klingt, wird noch besser:
Als der Angeklagte dann aber seine linke Hand zeigte, war plötzlich alles anders. Statt des von B. beschriebenen “187”-Tattoos stehen dort arabische Schriftzeichen. Irritiert änderte der Zeuge seine Aussage: “Ich bin mir sicher, dass er es nicht ist.”
Fassen wir mal zusammen: Ein Angeklagter, der ein Alibi für die Tatzeit zu haben scheint. Ein Zeuge, der den Angeklagten erst schwer belastet und dann komplett umkippt. Eine Tätowierung, die den Angeklagten belasten könnte, die es aber gar nicht gibt. Es sieht aktuell nicht gerade so aus, dass Dimitri K. während des G20-Gipfels “einen Supermarkt im Schanzenviertel” geplündert hat.
Und was machen die “Bild”-Medien? Trotz dieser Entwicklung im Prozess zeigen sie K. vor drei Tagen bei Bild.de unverpixelt ganz oben auf der Startseite und nennen ihn “G20-Plünderer” …
(Alle Unkenntlichmachungen in diesem Beitrag durch uns.)
… und drucken vorgestern in der Hamburg-Ausgabe der “Bild”-Zeitung das Foto des angeblichen “Plünderers” ebenfalls ohne jegliche Unkenntlichmachung:
Persönlichkeitsrechte eines möglicherweise Unschuldigen? Sind der “Bild”-Redaktion doch egal. Und sowieso: Unschuldsvermutung? Ist der “Bild”-Redaktion doch egal. Julian Reichelt und sein Team treten elementare Prinzipien eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens mit den Füßen. Für sie, die sich als Deutschlands oberste Ankläger und Richter sehen, reicht es offenbar, dass jemand angeklagt ist, um diese Person einem Millionenpublikum als Verbrecher zu präsentieren.
1. Nach SPD-Posse der Titanic: Reichelt entschuldigt sich beim Bild-Team (wuv.de, Lisa Priller-Gebhardt)
Während es im Netz in der Sache #miomiogate Hohn und Spott für “Bild”-Chef Julian Reichelt gibt, versucht dieser wenigstens seinem Team per Rundbrief weiszumachen, man habe alles richtig gemacht.
Ganz zum Schluss beschwört der ehemalige Kriegsreporter und Militarismusfan nochmal seine virtuellen Truppen: “(…) zusammenzustehen, wenn wir Anfeindungen ausgesetzt sind, geht auf uns alle” — und man sieht ihn dabei förmlich im Büro auf dem Feldbett sitzen. Wenn er nicht längst einen Architekten damit beauftragt hat, im Axel-Springer-Hochhaus Schützengräben auszuheben.
2. Die Lüge von der „Sex-Broschüre für Kita-Kinder“ (uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Sobald es um Themen wie Intersexualität und Transsexualität geht, scheinen bei Boulevardmedien die Sicherungen durchzubrennen. So auch bei einer von “Bild” und “BZ” zum Skandal hochgejazzten Broschüre für pädagogische Fachkräfte. Stefan Niggemeier kommentiert den traurigen Vorgang: “(…) was hier passiert, ist keine Diskussion über die Inhalte der Broschüre. Es ist eine Schmutz- und Desinformationskampagne. Sie verbreitet erneut die Mär von der “Frühsexualisierung” und vielen damit verbundenen Unterstellungen wie der, dass linke Pädagoginnen und Pädagogen heimlich daran arbeiten, die ganze Welt transsexuell oder wenigstens schwul zu machen, und „normale“ Kinder verachten und vernachlässigen.”
3. Änderungen in der Google-Bildsuche – Probleme bleiben (djv.de, Michael Hirschler)
Die Fotobranche hat schon seit Längerem Probleme mit Google und dabei wird es wohl auch bleiben. Mittlerweile hat der Suchmaschinengigant zwar die sogenannte Einzelbildpräsentation abgeschafft. Dies erfolgte jedoch nicht aus Einsicht oder Wohlwollen, sondern ist auf einen Deal mit der Firma Getty Images zurückzuführen. Michael Hirschler kommentiert: “Ein kritischer Beobachter könnte auch meinen: der Firma Getty Images wurde ihre Beschwerde wohl eher abgekauft. Das erinnert an die Praxis der Firma Microsoft, als die EU-Kommission wegen Wettbewerbsverletzungen gegen sie vorging. Firmen, die eine Beschwerde eingelegt hatten, wurden von Microsoft einfach aufgekauft. Auch wenn Getty Images jetzt (noch) nicht direkt von Google aufgekauft wurde, sieht es ziemlich ähnlich aus.”
4. Kenntnisfreie „Fakten-Checker“ bei „Hart aber fair“: Plasberg und Bild strapazieren das „gesunde Volksempfinden“ (meedia.de, Thomas Fischer)
Die vergangene “Hart aber Fair”-Sendung mit Frank Plasberg wurde in den Medien vielfach kritisiert. Hans Hütt fand in der “FAZ”, dass die Sendung ihren Informationsauftrag verfehlt hätte und macht dafür auch die Fragen von Gastgeber Plasberg verantwortlich. Christoph Kammenhuber sah es in der „taz“ ähnlich: Dem Moderator habe es an juristischem Fingerspitzengefühl gefühlt und er habe als Vertreter des „gesunden Volksempfindens“ Stimmung gegen die Justiz gemacht. Nun nimmt sich mit Bundesrichter a.D. Thomas Fischer jemand vom Fach der Sendung an. Sein Befund: “Fünf Viertelstunden kenntnisfreier Panikmache und rechtspolitischer Scharfmacherei auf sehr niedrigem Niveau“.
5. Hass-Reden gegen Menschenrechte (taz.de)
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat ihren Jahresbericht vorgestellt. „Das Schreckgespenst von Angst und Hass macht sich in der Weltpolitik breit und es gibt wenige Regierungen, die sich in diesen unruhigen Zeiten für Menschenrechte einsetzen“, beklagt der Vorsitzende Salil Shetty. Negativ hervorgehoben hätten sich die Staatschefs von Ägypten, Venezuela und der Philippinen, aber auch der russischen Präsidenten Wladimir Putin, der chinesischen Staatschef Xi Jinping und US-Präsident Donald Trump.
Es ist alles noch viel schlimmer und trauriger und lustiger.
Die vermeintlichen E-Mails von Kevin Kühnert, die die “Bild”-Redaktion vergangene Woche dazu veranlasst haben, eine große Titelgeschichte über eine “Neue Schmutz-Kampagne bei der SPD” zu veröffentlichen, stammen gar nicht von einem Russen namens “Juri”. Sie stammen auch nicht — wie wir vermutet haben — von einem Jugendlichen, der dank dreieinhalb Minuten Microsoft-Outlook-Gefummel “Bild” mit einer plumpen Fälschung reingelegt hat. Die E-Mails stammen von der “Titanic”-Redaktion:
Die “Bild”-Zeitung ist einem Fake der TITANIC aufgesessen. Am Freitag hatte “Bild” unter der Schlagzeile “Neue Schmutzkampagne bei der SPD” einen Mailverkehr veröffentlicht, der belegen soll, daß Juso-Chef Kevin Kühnert bei seiner NoGroKo-Initiative Hilfe eines russischen Internettrolls namens Juri in Erwägung gezogen hat. Dieser Schriftverkehr wurde aber u.a. von TITANIC-Internetredakteur Moritz Hürtgen an “Bild” lanciert: “Eine anonyme Mail, zwei, drei Anrufe – und ‘Bild’ druckt alles, was ihnen in die Agenda paßt.”
Stimmt das denn nun? Oder handelt es sich nach Jan Böhmermanns “Varoufake” um den nächsten Fake-Fake? Wir waren auch erst skeptisch. Inzwischen glauben wir der “Titanic” aber voll und ganz. Vor allem aus zwei Gründen:
1) Auf der “Titanic”-Seite kann man sich den angeblichen Mail-Verkehr zwischen Kühnert und “Juri” runterladen. Diese Unterhaltung enthält deutlich mehr Mails als von “Bild” bisher veröffentlicht. Soll heißen: Hätte sich die “Titanic”-Redaktion zusätzliche Mails zwischen dem falschen Kühnert und “Juri” erfunden, wäre es für die “Bild”-Redaktion ein Leichtes, die “Titanic”-Version zu widerlegen. Das hat sie bisher nicht getan.
2) Bereits am Freitag haben wir aus “Bild”-Kreisen erfahren, dass der “anonyme Informant” die “Bild”-Redaktion besuchen wird, um seine Geschichte weiter zu verifizieren. In einem Telefonat hat uns “Titanic”-Chefredakteur Tim Wolff heute erzählt, dass Moritz Hürtgen als Informant bei “Bild” zu Gast war — ohne dass Wolff wusste, dass wir von dem Besuch bereits wissen. Es wäre ein sehr großer Zufall, wenn Tim Wolff sich diesen Besuch nur ausgedacht und damit exakt unsere Informationen bestätigt hat.
Und dann gibt es noch einen dritten Punkt. Diesen Rechtfertigungsversuch bei Twitter von “Bild”-Oberchef Julian Reichelt:
Das ist der Julian Reichelt, der von sich selbst gern behauptet, dass es ihm “grundsätzlich leicht” falle, “mich zu entschuldigen, wenn wir Fehler gemacht haben.” Das ist der Julian Reichelt, der nach dem Flüchtlings-“Sex-Mob”-Reinfall in Aussicht gestellt hat, bei “Geschichten, die für ‘Fake News’ anfällig sind”, eine “Bild”-Spezialtruppe mit “noch mehr gestandenen Nachrichtenleuten” einzusetzen, damit es solche Reinfälle nicht wieder gibt. Das ist der Julian Reichelt, der in seinen Worten stets so groß ist und in seinen Taten stets so klein. Das ist der Julian Reichelt, dem man nichts glauben kann.
Was Reichelt offenbar nicht versteht: Die “Titanic”-Redaktion hat mit dieser Aktion nicht versucht, “journalistische Arbeit bewusst zu diskreditieren”. Sie hat es geschafft, das nicht-journalistische Arbeiten von “Bild” zu verdeutlichen. Denn es bleibt trotz der längeren Erklärung bei Bild.de, wie es “zu dieser Schlagzeile” kam, dabei: Die “Schmutz-Kampagne” wurde erst in dem Moment zur “Schmutz-Kampagne”, als die auflagenstärkste Zeitung Deutschlands aus der ganzen Sache eine große Titelgeschichte gemacht hat. Die “Schmutz-Kampagne” ist bei “Bild” entstanden. Vorher war es lediglich ein Spinner (beziehungsweise “Titanic”-Redakteur Moritz Hürtgen) mit offensichtlich gefälschten E-Mails, für den sich niemand interessiert hätte. Es bleibt auch dabei, dass stets mehr gegen die Echtheit der Mails gesprochen hat als dafür. Warum greift “Bild” die Story überhaupt auf, wenn sie von Anfang an mindestens merkwürdig ist? Warum in dieser großen Aufmachung? Warum bringen “Bild” und Reichelt gerade diese Titelzeile, wenn sie doch die ganze Zeit so skeptisch waren? Warum “Schmutz-Kampagne bei der SPD” und nicht “Schmutz-Kampagne gegen die SPD”? Und natürlich bleibt bei dieser Schlagzeile, die “Bild” gewählt hat, bei vielen Leuten hängen: “Der Kühnert? Das war doch der, der mit den Russen gemeinsame Sache gemacht hat!” — auch wenn “Bild”-Autor Filipp Piatov ganz am Ende auflöst, dass es “für die Echtheit der E-Mails” “keinen Beweis” gebe. Das alles nun als die große Skepsis “von Beginn an” darzustellen, zeugt nur davon, was für ein schlechter Verlierer Julian Reichelt ist.
Und nur nebenbei: Dieser Tweet, den Piatov vorgestern noch gepostet hat, sieht nun nicht nach massivem Misstrauen aus:
Nein, es war anscheinend keine “plumpe Fälschung”, auf die Piatov und “Bild” reingefallen sind und die sie zur Titelgeschichte aufgeplustert haben, sondern eine filigrane Fälschung.
Die “Titanic”-Aktion zeigt, dass man bei Julian Reichelt, Filipp Piatov und der gesamten “Bild”-Redaktion sehr gute Chancen hat, mit Desinformationen ins Blatt zu gelangen, wenn man nur die richtigen Knöpfe drückt. Im aktuellen Fall hat die “Titanic”-Redaktion sehr geschickt eine Mischung aus SPD (bei “Bild” nicht sehr beliebt) und dem bösen Russen (bei “Bild” nicht sehr beliebt) gewählt.
Zum Schluss bleibt uns nur, uns vor Moritz Hürtgen, Dax Werner und der “Titanic”-Redaktion zu verneigen. Und alle BILDblog-Leser aufzufordern, sofort ein “Titanic”-Abo abzuschließen, um die Redaktion in ihrer wichtigen Aufklärungsarbeit zu Deutschlands größter Satire-Zeitung “Bild” und zu “Bild”-Oberwitz Julian Reichelt zu unterstützen.
Mit Dank an die vielen Hinweisgeber!
Nachtrag, 8. September: “Bild” hat für die falsche SPD-“Schmutz-Kampagne” bereits im März eine Rüge vom Presserat kassiert. Das Gremium sehe “einen schweren Verstoß gegen das Wahrhaftigkeitsgebot in Ziffer 1 des Pressekodex. Diese Irreführung der Leser beschädigt Ansehen und Glaubwürdigkeit der Presse”.
Heute ist die Redaktion ihrer Verpflichtung nachgekommen und hat die Rüge im Blatt versteckt veröffentlicht:
1. Ein Fall für den Presserat (faz.net, Hans Hütt)
Sowohl „FAZ“ als auch „taz“ sind sich einig in ihrer Kritik der letzten Ausgabe von „Hart aber Fair“ (ARD). Die Fälle, über die Frank Plasberg in seiner Sendung über eine überlastete Justiz diskutierte, seien schrecklich. Noch schrecklicher aber sei es, dem „gesunden Rechtsempfinden“ Vorschub zu leisten. Die Sendung hätte ihren Informationsauftrag verfehlt, was auch an den mitunter suggestiven Fragen des Gastgebers gelegen hätte. Die Aussagen von „Bild“-Chef Julian Reichelt hält “FAZ”-Autor Hans Hütt gar für einen Fall für den Presserat. Christoph Kammenhuber sieht es in der „taz“ ähnlich: Dem Moderator Frank Plasberg fehle es an juristischem Fingerspitzengefühl, er agiere als Vertreter des „gesunden Volksempfindens“ und mache Stimmung gegen die Justiz.
2. SPD wendet sich wegen “Bild”-Bericht an Presserat (dwdl.de, Uwe Mantel)
Die SPD geht juristisch gegen die Behauptung der „Bild“ vor, ein Hund könne über die GroKo abstimmen. „Bild“ hatte das Tier als SPD-Mitglied angemeldet, die Abstimmungsunterlagen für den Mitgliederentscheid über den Eintritt in die Große Koalition bekommen und das Ganze publizistisch ausgeschlachtet. Was „Bild“ verschwieg: Für eine gültige Stimmabgabe muss dem Wahlzettel eine unterschriebene eidesstattliche Erklärung beigefügt werden.
3. Newsletter statt Blog? (1ppm.de, Johannes Mirus)
Johannes Mirus hat sich auf Twitter umgehört, warum viele Menschen lieber persönliche Newsletter versenden, statt ein Blog zu führen. Die Antworten hat er in einem Blogartikel zusammengefasst. Manche Newsletterversender folgen einfach nur dem allgemeinen Trend, andere schätzen das ausgesuchte Zielpublikum. An möglichen Gründen wurde auch die Bequemlichkeit der Empfänger genannt und das Gefühl, Teil einer “elitären Gruppe” zu sein.
4. Ralf Höcker kritisiert PR-Profis: Warum Homestorys tabu sein sollten (kress.de, Marc Bartl)
Wenn ein Vorstandsvorsitzender einem Magazin verrät, dass er im Winter fast jedes Wochenende zum Skifahren in die Berge fährt und ein passendes Foto beisteuert, hält Medienanwalt Ralf Höcker das aus presserechtlicher Sicht für „maximal dumm“. Höcker weiter: „Wer sich selbst öffnet, opfert einen Teil seiner Persönlichkeitsrechte. Homestorys sind deshalb tabu. Diese bescheuerten Fragebögen, in denen man erklärt, welche Bücher man mit auf eine einsame Insel nimmt, sind tabu. Man redet auch nicht über seine Familie. Wenn ein CEO sich mit seinem Auto, seiner Frau und seinen Haustieren fotografieren lässt und erzählt, wie toll sein Familienleben ist, und er drei Monate später besoffen aus dem Puff kommt und einen Hund tot fährt, kann er den Bericht darüber in der “Bild” natürlich nicht mehr verhindern. Ansonsten wäre ein solcher Artikel durchaus verbietbar gewesen.“
5. Auf dem Weg zum Blockbuster-Journalismus (medienwoche.ch, Adrian Lobe)
In Amerika experimentieren große Medienhäuser wie die „New York Times“ und „Washington Post“ mit Augmented- und Virtuality-Reality-Lösungen. Adrian Lobe schreibt in der „Medienwoche“ über Chancen und Risiken der neuen Technologien.
6. Dichotom-Energie (dirkhansen.net)
Dirk Hansen philosophiert über die Gründe einer zunehmend aggressiver werdenden Mediengesellschaft: „Wir streiten weit unter unserem Skalen-Niveau. Weil wir die Debatten quasi mit Dichotom-Energie anheizen. Und das ist gefährlich dumm. Denn die Verhältnisse werden schwer kalkulierbar, wenn wir nur mit „gleich/ungleich“ rechnen können.“
1. Der Feind in meinem Turnschuh (zeit.de, Eike Kühl)
Die Betreiber der Fitnesstracking-App „Strava“ haben eine globale Heatmap mit Daten von User-Läufen der letzten drei Jahre veröffentlich. Was da grafisch so eindrucksvoll daherkommt, betrachten Sicherheitsforscher und Militärexperten als mögliches Sicherheitsrisiko. So hat sich Nathan Ruser, Student der Internationalen Sicherheit im australischen Canberra, die Gebiete wie Syrien, Irak und Afghanistan näher angeschaut und dabei viele Einträge entdeckt, die auf Camps von Hilfsorganisationen und bekannte und weniger bekannte Militärstützpunkte hinweisen. Doch damit nicht genug: „Schnell begannen weitere Nutzer auf Twitter, die Heatmap zu analysieren. Sie fanden einen einzelnen Radfahrer in der als Area 51 bekannten US-Air-Force-Basis in Nevada. Sie fanden Jogger in der Nähe eines Staudamms in Syrien, wo die USA mutmaßlich einen Stützpunkt aufbaut. Der Journalist Jeffrey Lewis vom Onlinemagazin The Daily Beast entdeckte Strava-Nutzer auf dem Gebiet eines lange Zeit geheim gehaltenen Raketenkommandos in Taiwan.“
2. Der geheime Hass im Netz (faz.net, Alexander Davydov)
Hass und Hetze sind ein ernstes Problem bei Facebook, doch wenn dies öffentlich sichtbar geschieht, kann wenigstens reagiert werden: Sei es durch Gegenrede, dem Melden von Äußerungen oder gar einer Strafanzeige. Die Konsequenz daraus: Viele Rechte haben zum wechselseitigen Austausch geschlossene Facebook-Gruppen gegründet. Dort hetzen sie dann ungeniert gegen Flüchtlinge und Juden, leugnen den Holocaust, warnen vor einer „muslimischen Invasion“ oder rufen zum Mord an Politikern auf. Alexander Davydov hat sich in die Welt der Hetzgruppen begeben, in denen auch die Namen von AfD-Politikern auftauchen.
3. Pressekodex reloaded Warum der alte besser war. (fair-radio.net, Sandra Müller)
Wann soll man die Herkunft von Tatverdächtigen nennen? Zu dieser Frage existierte im Pressekodex eine eigene Richtlinie. Danach sollten Herkunft und Nationalität von Tatverdächtigen nur genannt werden, wenn dies bei der Tat eine Rolle gespielt hat. Im Kodex-Deutsch: „wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht“. Letztes Jahr hat der Presserat diesen „Sachbezug“ gestrichen. Entscheidend ist jetzt, ob „öffentliches Interesse“ besteht. Einige JournalistInnen und WissenschaftlerInnen haben ihre Bedenken gegen die Formulierung in einem Offenen Brief geäußert. „Fair Radio“ hat daraus eine Petition bei change.org gemacht, in der die Rückkehr zur alten Fassung gefordert wird.
4. “Wenn man einen Staatstrojaner hat, dann ist alles verloren” (deutschlandfunk.de, Stefan Koldehoff, Audio, 8:47 Minuten)
Dank „Staatstrojaner“ können heimlich Inhalte aus Mobiltelefonen oder Computern ausgelesen werden. Der „Deutschlandfunk“ hat sich mit dem freien Journalisten und Referenten für Informationsfreiheit bei den „Reportern ohne Grenzen“ Daniel Moßbrucker darüber unterhalten, was der offenbar schon stattfindende Einsatz des “Staatstrojaners” konkret für Journalistinnen und Journalisten bedeutet.
5. Solidarität mit dem Kika! (taz.de, Jürn Kruse)
Jörn Kruse fordert in der „taz“ Solidarität mit dem Kinderkanal „Kika“. Aus einem „Kika“-Beitrag zum Thema Brüste hätten „Bild“ und „B.Z.“ eine plumpe Anti-ARD-ZDF-Kampagne gemacht: „Liebe KollegInnen, ich habe einen schlimmen, schlimmen Verdacht: Kann es sein, dass es euch gar nicht um das Wohlergehen unserer lieben kleinen Kinder geht, sondern nur darum, gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu schießen?“
6. „Goldene Blogger“: Preise für Journalist Gutjahr und Bloggerin Hingst (tagesspiegel.de)
In Berlin wurden die besten Blogs mit dem „Goldenen Blogger“ ausgezeichnet. Jury-Mitglied Daniel Fiene: „Wenn man sich näher mit dem Netz beschäftigt, bekommt man eine Art Depression. Man hat den Eindruck, überall gibt es nur Fake News und Hate Speech. Wir zeigen, dass es auch gute Seiten gibt.“