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Kurz korrigiert (258)

Gut, wir können verstehen, dass die Leute von Bild.de zögern, Inhalte von “Bild” einfach zu übernehmen. Und doch: Manchmal wäre es die bessere Entscheidung.

Denn der Mann, in dessen Londoner Penthouse bei einer wilden Party in dieser Woche ein Mann zu Tode stürzte, heißt zwar Gottfried von Bismarck. Es handelt sich aber nicht um den gleichnamigen Ehrensenator der Technischen Universität Hamburg-Harburg, den Bild.de dazu abbildet (Ausriss links). Sondern um den über zwanzig Jahre jüngeren Playboy, der in der gedruckten “Bild” zu sehen ist (Ausriss rechts).

Danke an Axel L., Frank S., Friedrich G. und Arne für die Hinweise!

Nachtrag, 27. August. Bild.de zeigt nun sicherheitshalber gar keinen Gottfried von Bismarck mehr.

Nachtrag, 29. August. Auf Bild.de findet sich heute eine “Richtigstellung”.

  

“Ich bin der von Wir sind Papst”

Gute PR verschweigt die eigenen Schwächen, betont die Fehler der anderen und erklärt alles zur eigenen Stärke, was kein eindeutiger Fehler ist. Insofern war der gestrige Vortrag des “Bild”-Chefredakteurs Kai Diekmann über den “Erfolg der Marke BILD” beim PR Club Hamburg perfekt. 170 “angemeldete Gäste” lauschten, davon locker 80 Prozent junge Frauen sowie ein Diekmann-Jünger (gleiches rosa Hemd, gleiche Brille — nur die Haare wirkten gewaschen).

“Ich bin ausgesprochen froh”, beginnt Diekmann, “heute Abend etwas für das Image der ‘Bild’-Zeitung tun zu können, denn das ist in der Tat dringend notwendig. Sie wissen alle: Die ‘Bild’-Zeitung ist eine wirklich schlimme Zeitung.” (Erstes leises Kichern im Publikum.) “Das kann man schon daran erkennen, dass ich Hauptarbeitgeber für den deutschen Presserat bin, wenn es darum geht, Beschwerden zu verteilen.”

Ja: Ehrlichkeit kommt immer gut. Schmerzhafte, selbstzerfleischende Ehrlichkeit. Packt Papst-Buddy Diekmann gleich die Geißel aus? Nein. “Als Angela Merkel zur ersten deutschen Bundeskanzlerin gewählt wurde, haben wir sie mit der Schlagzeile begrüßt: Miss Germany. Prompt hat ein Leser den Presserat aufgefordert, uns dafür zu rügen. Jeder wisse, bei der Bundestagswahl sei es gar nicht um eine Miss-Wahl gegangen”, (leises Kichern) “und deswegen hätten wir mit unserer Schlagzeile gegen den Grundsatz der wahrheitsgemäßen Berichterstattung verstoßen.”

Kichern, Lachen, Ho Ho Ho

Bei der Headline “Wir sind Papst” habe sich “ein Deutschlehrer” (weiteres Kichern) “beschwert, die Zeile sei nicht nur grammatikalisch falsch, sondern auch inhaltlich, weil eben nicht alle Deutschen zum Papst gewählt wurden.” (Lachen.) “So geht das übrigens den meisten Eingaben, über 90 Prozent werden zurückgewiesen.”

Wir lernen: Der Presserat ist dazu da, sich mit Lächerlichkeiten zu befassen.

Denn Fehler? Fehler macht “Bild” ja keine. Na gut, keine schwerwiegenden. “Wo gearbeitet wird, werden Fehler gemacht. Macht ‘Bild’ mal einen Fehler, ist es gleich eine bösartige Kampagne, wenn nicht gleich eine Fälschung. Fehler passieren allen.” Nur in der Sportberichterstattung “darf nicht passieren, dass wir einen Fehler haben, darunter würden wir leiden.”

Der einzige “schwere handwerkliche Fehler”, den Diekmann zugibt, sei damals die Trittin-Geschichte gewesen. “Da hat jemand aufs Foto ‘Bolzenschneider’ und ‘Schlagstock’ geschrieben und das an den Texter geschickt. Der Texter dachte sich, dann muss das wohl stimmen und es in den Text übernommen, worauf sich der erste gedacht hat: Ah, hab ich also recht gehabt, steht ja auch im Text.” Onkel Kai hält Märchenstunde, und die Kinderlein lachen ganz brav. So harmlos war das also alles, wie nett!

Fehler machen immer die anderen: “Sport ist nicht die Kernkompetenz der SZ. Ich sehe es ihr nach, wenn sie bei Victoria Beckham nur von zwei Kindern spricht.“ Wo doch Frau Beckham eine so berühmte Sportlerin ist. “Ich nehme es aber der FAS übel, wenn sie beispielsweise den Kanzleramtsminister von Angela Merkel Lothar de Maizière nennt.” Sogar der “New York Times” sei doch vor kurzem wieder ein Fehler unterlaufen, das Foto mit dem “berühmten Mann im Gefängnis im Abu Ghraib”. Da sei ja auch der Spiegel drauf reingefallen.

Mit den Fingern in der Keksdose

Ablenkung ist ein wunderbares PR-Instrument. Auch mit den Fingern in der Keksdose hat man immer noch eine Hand frei, um damit auf jemand anderen zu zeigen. Und wenn einmal jemand anderer die gleichen Fehler macht, die einem selbst regelmäßig passieren, darf man umso lauter davon erzählen. Von diesem Tsunami-Foto vor zwei Jahren, nämlich, das von einem Leser angeboten worden war. Ein “gigantisches Foto von einer Flutwelle mit Menschen, die davonliefen.” Lange und aufwändig recherchiert habe man, bis man das Bild endlich im Internet gefunden habe: “Es war drei Jahre alt. Die Münchner tz ist am nächsten Tag damit erschienen, die haben das nicht erkannt.” Das Internet sei eben “kein journalistisches Medium, sondern ein Medium, in dem zuallererst Gerüchte verbreitet werden, unsortierte, ungeprüfte Informationen. Selbstverständlich müssen Leserinformationen genauso überprüft werden wie alle anderen Informationen auch.” Außer, man gefährdet damit eine tolle Schlagzeile. Die gestrige Headline über “Gerhard Schröders neues Russenbaby war nicht abgesichert”, gesteht Diekmann. “Das kam über einen Leser. Da habe ich lange gezittert.”

Da zeigt der Chefredakteur der drittgrößten Zeitung der Welt (“Ich kann Ihnen nicht sagen, ob Nummer 1 und Nummer 2 die Schlagzeilen noch besser formulieren, dabei handelt es sich um zwei japanische Zeitungen”) also doch auch ein wenig Menschlichkeit. Es sei eben auch ein harter Job. Von Franz Müntefering wurde er während der Bonusmeilen-Affäre angezeigt, “nur wer anstößig ist, kann gegebenenfalls Anstöße geben. Dafür werden wir attackiert, beschimpft, verdammt – aber das muss man aushalten, wenn man Marktführer ist. Wir steigen einer Menge Leute auf die Füße.” Sauerei bleibt Sauerei, bei den Großen wie bei den Kleinen. Die ‘Bild’-Zeitung sei der “Anwalt des Lesers”, und wenn eines der eigenen “Volks”-Produkte Scheiße ist, “dann schreiben wir auch das.”

Nein, es gebe auch Grenzen. Die aktuelle Affäre um Günter Grass hätte man dann doch nicht mit “Gestatten: Grass — mit SS” betitelt. (“Ho ho ho” im Publikum.) Den Ausriss mit dem Diana-Unfallfoto habe man aber sehr wohl gedruckt, “das war ein überaus ästhetisches Bild.”

Pulsmesser und Gemeinschaftserlebnis

Als es nach knapp 50 Minuten Vortrag zur Fragerunde kommt, nimmt Diekmann schon vorab die “Mir doch egal”-Abwehrhaltung ein: Arme verschränkt, leicht schmollend, herumtrippelnd, als ob er ja eigentlich schon viel lieber ganz woanders wäre. Doch er muss sich nicht fürchten. Die Fragen sind mehr als freundlich.

Er hat gewirkt, der Bombenhagel aus Überheblichkeit (“Auf nationaler Ebene ist nur noch ‘Bild’ in der Lage, die großen Themen wirklich zu setzen. Wir sind das letzte mediale Gemeinschaftserlebnis in einer Welt, die immer unübersichtlicher wird”; “Politiker messen mit ‘Bild’ den Puls Deutschlands”), Anekdötchen (“Ich habe zum Papst gesagt: ‘Ich bin der von Wir sind Papst'”) und Gags (“taz — die andere Boulevardzeitung in Deutschland”).

Als Belohnung, weil doch keine kritischen Fragen mehr kommen, wird dann noch eine Einladung ausgesprochen, doch mal eine Redaktionskonferenz zu besuchen. Das Publikum applaudiert dankbar, Diekmann wirkt erleichtert, verschwindet mit Kollegen in der Bar…

… und fast ist man versucht, noch ein wenig Leser-Reporter zu spielen.

Sigrid Neudecker
Die Autorin ist Redakteurin bei “Zeit Wissen” und Bloggerin

(Alle Links von uns.)

6 vor 9

“Diese Geschichte haben alle überblättert” (telepolis.de)
Versäumnisse von Biografen und Kulturredakteuren bei der Berichterstattung über die Vergangenheit von Günter Grass.

“Man entscheidet einsam” – “So ist es” (weltwoche.ch)
Seit 50 Jahren ist er nun tot, dieser linkspathetische Jahrhundertdramatiker. Und? Was wird bleiben von Bertolt Brecht? Ein Gespräch mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und dem österreichischen Schauspielkünstler Klaus Maria Brandauer.

Planspiel Libanon (jungewelt.de)
US-Enthüllungsjournalist: Israels Krieg war von langer Hand vorbereitet und von Washington abgesegnet (der betreffende Text von Seymour M. Hersh im New Yorker hier)

Ernest Hemingway on Writing (turi-2.blog.de)
Ein guter Text ist wahr, relevant, knapp, präzise, einfach, emotional und eine Einladung zum Gespräch.

Blogs als Standard (wortfeld.de)
Zeitungs-Websites im Ländervergleich. Im Wortfeld-Wiki werden die Features von Zeitungs-Websites in Deutschland gesammelt.

Vergiss die blöde Lust! (woz.ch)
Wenn frau nicht grad frisch oder halbfrisch verliebt ist, das Alter, in dem alles neu und spannend war, auch schon glücklich oder unglücklich hinter sich gebracht hat, muss sie gelegentlich anfangen, sich zu überlegen, aus welchen Gründen sie den leiblichen Genüssen eigentlich noch huldigt. Die Qualität der Gründe wie der Genüsse ist doch sehr unterschiedlich. (siehe auch: 1993 hatte die WOZ noch ein Sexleben)

6 vor 9

Die Verwandlung der höflichen jungen Männer (faz.net)
Die meisten Verdächtigen der vereitelten Londoner Anschläge haben pakistanische Eltern. Sie waren unauffällige Briten mit normalen Jobs und interessierten sich für Fußball und Kricket. Doch dann geschah etwas in ihrem Leben.

“Die Macht der Massen” (ftd.de)
Internet war gestern, heute ist Web 2.0: Wer nicht vom Geldfluss für Onlinewerbung abgeschnitten werden will, muss akzeptieren, dass künftig die Nutzer die Inhalte der Internetangebote bestimmen.

Brüssel will Online-Zeitungen stärker kontrollieren (welt.de)
Verleger und Internet-Wirtschaft protestieren gegen die geplante EU-Fernsehrichtlinie, die auch für redaktionelle Webseiten gelten soll.

Auf Knopfdruck nach rechts oder links (diepresse.at)
Hirnforschung. Mit elektrischen Signalen an den Vestibular-Apparat kann man Menschen fernsteuern.

Werbe-Models auf Abwegen (spiegel.de)
Großflächige Werbebanner sind nicht mehr sicher in Berlin. Unbekannte entführen nachts Models und Produkte von den Plakatplanen. Markenhersteller und Polizei tappen im Dunkeln. Den konsumkritischen Kidnappern geht es um die Rückeroberung des öffentlichen Raumes.

Poesie auf der Parkbank (tagesspiegel.de)
Manuela Mechtel kümmert sich um die Problemkinder vom Neuköllner Reuterplatz. Die Autorin lässt sie Gedichte schreiben.

Der heißeste Spaziergang der Welt

Ground control to major tom
Take your protein pills and put your helmet on

— “Space Oddity”, David Bowie, 1969

"Der coolste Spaziergang der Welt"

Die “Bild”-Zeitung schreibt heute über den deutschen Astronauten Thomas Reiter und dessen Einsatz außerhalb der ISS. Sie findet, das sei “der coolste Spaziergang der Welt” (siehe Ausriss). Und wir fragen uns, wie “Bild” darauf kommt, dass Reiter ausgerechnet bei “-250 Grad im All” rumschwebt. Wusste etwa jemand, dass die Temperatur im Weltraum minus 270 Grad Celsius beträgt und hat sich dann gedacht, “na, ganz so kalt kann’s ja gerade nicht sein, weil der Mars so weit weg ist”? Oder hat eine Umfrage in der Redaktion einen Durchschnittswert von minus 250 Grad ergeben?

Auf der Internetseite des Fernsehsenders Phoenix jedenfalls wird die Temperatur auf der Schattenseite der ISS mit minus 70 Grad angegeben, während auf der Sonnenseite “eine Temperatur von mehr als 150 Grad” herrsche. Und die NASA, die es ja eigentlich wissen müsste, spricht in etwas allgemeinerem Zusammenhang von Temperaturen zwischen minus 148 und plus 248 Grad Fahrenheit. Das entspricht minus 100 bis plus 120 Grad Celsius.

Aber vielleicht meint “Bild” die “gefühlte Temperatur”. Schließlich schreibt sie ja auch:

Eisige minus 250 Grad umwehen die Männer im All.

Hervorhebung und Link von uns.

Major Tom denkt sich
“Wenn die wüssten,
mich führt hier ein Licht
durch das All.
Das kennt ihr noch nicht.
Ich komme bald;
Mir wird kalt …”

— “Major Tom (Völlig losgelöst)”, Peter Schilling, 1982

Mit Dank an Stephan M., Christoph O., Malte K., Michael K., Max K. und Hubert E. für die sachdienlichen Hinweise.

Nachtrag, 23.15 Uhr. “Bild” hat den eigenen Fehler korrigiert: “Auf der Schattenseite der ISS herrschen ‘nur’ etwa minus 70 Grad Celsius.” Und auch bei Bild.de stieg die Temperatur inzwischen unauffällig um 180 Grad.

Kein Ende der Schleichwerbung bei Bild.de

Der Satz im aktuellen Urteil des Berliner Kammergerichts über Schleichwerbung bei Bild.T-Online (pdf) ist sogar für Laien unmissverständlich:

Ein Link, der aus einem redaktionellen Zusammenhang auf eine Werbeseite führt, muss so gestaltet sein, dass dem Nutzer erkennbar ist, dass auf eine Werbeseite verwiesen wird.

Der Link “Sind Sie der ‘Soccer Star’?” im folgenden Ausriss steht aktuell im redaktionellen Zusammenhang auf der Startseite von Bild.de. Er verweist auf eine Werbeseite. Nichts an seiner Gestaltung macht dies für den Nutzer erkennbar.

Bild.de weigert sich also weiterhin, Werbung wie vorgeschrieben “eindeutig” vom übrigen Inhalt zu trennen und verstößt gegen geltendes Recht.

Liegt ein Fluch über dem Sommer?

Es ist Sommer. Ein Sommer der Wiederwiederwiederholungen. Und heute fragt “Bild” anlässlich Elisabeth Volkmanns Tod:

Liegt ein Fluch über der Klimbim-Familie?

Und wir zitieren auszugsweise:

“Sie machten die Menschen glücklich — und wurden selbst so unglücklich.”

“Regisseur Michael Pfleghar († 58) erschoß sich 1991 in der Badewanne seiner Düsseldorfer Wohnung – er war des Lebens überdrüssig.”

“Im November 2005 erlitt Peer Augustinski einen schweren Schlaganfall – 14 Tage Intensivstation, Schädel-Akupunktur. Seitdem ist er halbseitig gelähmt, kämpft sich mit harter Therapie zurück ins Leben.”

“Ingrid Steeger hatte nie Glück mit den Männern. Sie war mit Michael Pfleghar liiert, der sie ausnutzte – wie alle anderen auch. Heute lebt sie mit ihrem Dackel zurückgezogen in einer Zweizimmerwohnung in München.”

Und jetzt? Jetzt zitieren wir auszugsweise aus einem Artikel der “Bild am Sonntag”, erschienen vor fast genau zehn Wochen:

"Der Klimbim-Fluch"

“Muß man selber unglücklich werden, wenn man Millionen andere glücklich macht?”

“Am 23. Juni 1991 erschoß sich der lebensüberdrüssige Pfleghar in der Badewanne seiner Düsseldorfer Wohnung.”

“Peer Augustinski hat immer sehr gesund gelebt. (…) Im November vergangenen Jahres dann ein Schlaganfall, einer von der schweren Sorte. 14 Tage Intensivstation, linksseitige Lähmung, Schädel-Akupunktur. Augustinski kämpft sich durch. Beißt sich durch die Therapie:”

“Und dann ist da noch immer Ingrid Steeger, heute 59. (…) War mit dem genialischen Michael Pfleghar liiert – der hat sie ausgenutzt wie alle ihre anderen Männer auch. Lebt jetzt mit einer alten Dackelhündin in einer Münchner Zweizimmerwohnung, die sie kaum verläßt.”

Und nur zum Vergleich wiederholen wir nun noch ein paar “Bild”- und “BamS”-Aufregersätze der vergangenen zehn Jahre:

“Das ist der Gipfel aller TV-Unverschämtheiten! Erst im April wurden die Gebühren fürs öffentlich-rechtliche Fernsehen (…) erhöht. Und jetzt bekommen wir von ARD und ZDF trotzdem einen TV-Sommer voller Wiederholungen.”
(“Bild” vom 30.7.2005)

“Der TV-Sommer der Wiederwiederwiederholungen: TV-GÄHN! Egal, wohin man zappt – fast nur noch Wiederholungen. Gähnende TV-Langeweile. (…) Wofür zahlen wir eigentlich noch TV-Gebühren!”
(“Bild” vom 16.7.2003)

“(…) jeden Sommer der gleiche Ärger über Wiederholungen im TV. (…) Deshalb fordert jetzt Hans-Joachim Otto, medienpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion: Runter mit den TV-Gebühren während der Sommermonate!”
(“BamS” vom 14.7.2002)

“Gähn-TV immer schlimmer: Das Sommer-Gähn-TV. Nur Wiederholungen, fast alle Show- und Talkmaster im Urlaub.”
(“Bild” vom 3.8.2001)

“Wofür zahlen wir im Sommer eigentlich Gebühren? Politiker fordern weniger Gebühren wegen Gähn-TV”
(“Bild” vom 28.7.2001)

“Noch nie sendete das Fernsehen so viele Wiederholungen wie im kommenden Sommer: Der trostlose TV-Sommer”
(“BamS” vom 2.7.2000)

“Ab Juni fast nur noch Wiederholungen: Das Fernsehen fällt in den Sommerschlaf”
(“BamS” vom 30.5.1999)

“Nur noch Wiederholungen: Frechheit: Fernsehen fällt drei Monate in Sommerschlaf”
(“BamS” vom 1.6.1997)

Schleichwerbung: Bild.de verliert vor Gericht

“Bild” und Bild.de haben mit der Art, wie sie für das “Volks-Sparen”-Angebot der Deutschen Bank geworben haben, unzulässige Schleichwerbung betrieben. Das Kammergericht Berlin erließ in zweiter Instanz eine einstweilige Verfügung (pdf), die es Bild.T-Online untersagt, in gleicher Weise in redaktionell gestalteten Beiträgen für einzelne Unternehmen zu werben. Andernfalls muss Bild.T-Online Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro zahlen. Geklagt hatte ein Journalist, der Internet-Seiten mit Verbraucherinformationen betreibt und sich als Wettbewerber von Bild.de sieht.

Für das “Volks-Sparen” wurde im Februar 2005, wie bei diesen Aktionen üblich, in einer Beilage in der “Bild”-Zeitung und auf Bild.de geworben. Auf der Internetseite war neben der Überschrift “Dieser Zins bringt’s” ein Sparschwein mit dem “Volks-Sparen”-Logo zu sehen — sauber durch das Wort “Anzeige” als Anzeige gekennzeichnet. Unter diesem Werbelink stand — wie als Trenner — eine Leiste, die zu anderen Bild.de-Seiten führte. Danach folgten redaktionelle oder scheinbar redaktionelle Artikel (“Umfrage: Für welchen Traum sparen Sie?”, “Wissenswertes rund um den Zaster” …) sowie die Ankündigung: “Prominente Sparfüchse nehmen das Volks-Sparen unter die Lupe” (statt Prominenten waren Max Schautzer und Jochen Sattler abgebildet).

Dieser vermeintliche Test war (wie weitere “Artikel”) Teil der Anzeige — aber nach Ansicht des Gerichtes “nicht hinreichend eindeutig als Werbung erkennbar”. Die Deutsche Bank als werbendes Unternehmen werde nicht einmal genannt. Und der schwarze Balken mit dem Wort “Anzeige”, der über dem Sparschein-Teaser steht, könnte “von einem unbefangenen Durchschnittsleser ohne weiteres” nur auf diesen bezogen werden.

Auch die Bild.T-Online-Werbebeilage der “Bild”-Zeitung enthielt nach Meinung des Gerichts “unerlaubte Schleichwerbung”. Die Aufmacherseite gebe sich zum Beispiel “den Anschein einer redaktionellen Zeitungsseite”. Dass ganz oben auf der Seite sehr klein “Sonderveröffentlichung” stand, helfe auch nicht, im Gegenteil: Das verstärke eher den Eindruck einer objektiven Sonderberichterstattung.

Bereits im Juli 2005 hatte das Landgericht Berlin in einem Fall die Praxis der Trennung (oder genauer: Vermischung) von Werbung und Redaktion bei Bild.de für unzulässig erklärt. Das Kammergericht bestätigte jetzt, dass im Internet zwar bei einem werblichen Inhalt nicht zwingend das Wort “Anzeige” stehen muss. Der Nutzer muss aber in jedem Fall klar erkennen können, welche Inhalte werblicher Natur sind. Und er muss vor jedem einzelnen Klick wissen, ob er auf eine Anzeigenseite kommt oder auf redaktionelle Inhalte.

Diese Vorgabe erfüllt Bild.de von sich aus nach wie vor nicht. Die samstags erscheinende Bild.T-Online-Beilage in “Bild” ist allerdings inzwischen (klein) als “Anzeige” gekennzeichnet.

Die “Bild”-Zeitung hat sich bislang nicht entschieden, ob sie sich uns gegenüber zu dem Gerichtsbeschluss äußern will. Auch ob sie Rechtsmittel einlegen wird, konnte oder wollte uns der “Bild”-Sprecher noch nicht sagen.

Nachtrag, 30. Juli. Inzwischen hat sich “Bild” entschieden: Man werde sich nicht zu dem Urteil äußern.

Es muss nicht immer Apfelsaftschorle sein

Nichts als Ärger, und wir fassen zusammen:

  • “Bild” veröffentlicht von “BILD-Leser-Reportern” eingesandte Fotos von Prominenten, die durch die Veröffentlichung ihre Persönlichkeitsrechte verletzt sehen.
  • “Bild” veröffentlicht von “BILD-Leser-Reportern” eingesandt Fotos von Nicht-Prominenten, die gar nicht das zeigen, was “Bild” behauptet.
  • Und heute veröffentlicht “Bild” von “BILD-Leser-Reportern” eingesandte Fotos wie dieses:

    [Am 1. Mai 2010 entfernt.]

    In “Bild” heißt es dazu:

    [Der “Bild”-Leser] aus Düsseldorf entdeckte dieses Sonderangebot…

    Wo der “Bild”-Leser es “entdeckte”, lässt “Bild” offen. Entdecken können hätte er es beispielsweise im Februar bei Spiegel Online, im Oktober 2005 hier, im September 2005 hier oder bereits im Februar 2005 hier.

AUFGEMERKT! “Bild” zahlt für lustige Internetfotos 500 Euro.

    Ach ja, angekündigt werden den “Bild”-Lesern die heutigen “Bild”-Leserfotos übrigens mit den Worten:

    "Laß dich nicht verar..."

Mit Dank an die vielen Hinweisgeber.

Nachtrag, 22.17 Uhr: Die “Süddeutsche Zeitung” berichtet heute, dass “Bild” wegen der Veröffentlichung eines Laienpaparazzifotos von David Odonkor eine Unterlassungserklärung abgegeben habe.

Nachtrag, 1.5.2010: Wir haben das Foto, das in diesem Eintrag zu sehen war, auf Wunsch des Urhebers entfernt. Auch von allen der oben verlinkten Seiten ist es verschwunden.

Jetzt XIII

Schon mit einfachen technischen Mitteln ließe sich die journalistische Qualität von Bild.de erhöhen. Jedesmal, wenn ein Mitarbeiter das Wort “jetzt” ins Redaktionssystem eingibt, müsste ein Warnton erklingen. Und jedesmal, wenn einer das Wort “enthüllt” eintippt, müsste eine Warnlampe angehen. Dann hätte es bei dieser Zeile heute schon mächtig geblinkt und gehupt:

Nach 37 Jahren jetzt enthüllt

Und das wäre ein guter Anlass gewesen, kurz nachzuprüfen, ob das wirklich “jetzt” “enthüllt” wurde, was Bild.de da schreibt:

Schreibstift rettete Apollo-Astronauten

Gut, das steht zwar anlässlich einer TV-Dokumentation ähnlich auch in der britischen Boulevardzeitung “Daily Mirror”. Aber schon ein Blick ins Archiv der “Bild”-Zeitung hätte die Behauptung widerlegt: Dort stand die erstaunliche Geschichte von dem Stift, mit dem die Mondlandefähre der Apollo-11-Mission repariert wurde, schon vor fünf Jahren — unter Verweis auf einen Artikel in der Zeitschrift “P.M.”, die um die Stift-Geschichte allerdings gar nicht viel Wind machte.

Warum auch. Schon 1999 hatte sich das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum die Sache von Apollo-11-Raumfahrer Buzz Aldrin direkt erklären lassen (pdf). Und 1998 hatte Aldrin in einem Interview von Studenten darüber berichtet. Und laut Nasa steht die Episode, wie ein Stift die Apollo-11-Mission rettete, schon in Aldrins Buch “Men From Earth”, das er vor ziemlich genau 17 Jahren veröffentlichte.

Ach ja, und anders als Bild.de schreibt, landete Michael Collins nie mit Aldrin und Armstrong auf dem Mond, sondern blieb brav an Bord der Raumkapsel.

Danke an Steffen F. und Daniel S. für den Hinweis!

Nachtrag, 17.30 Uhr. Die Nachrichtenagentur AFP ist offenbar der Urheber der Geschichte — sie verbreitet sie unter der nicht ganz falschen, aber schwer irreführenden Überschrift “Astronaut berichtet nach 37 Jahren über Missgeschick”. Und außer Bild.de hat auch Spiegel Online die Agenturmeldung offenbar ohne jede Recherche zugespitzt: “Makaber und 37 Jahre lang geheim gehalten ist die Geschichte der ersten Rückkehrer vom Mond”, heißt es dort.

Nachtrag, 25.7.2006: Spiegel Online hat die Meldung inzwischen korrigiert und ergänzt.

Bild.de hingegen bleibt bislang bei seiner Darstellung.

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