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Symbolfoto XXXIX

Nun denn. Nachdem am Mittwoch offiziell bekannt wurde, dass das Bundesverkehrsministerium den Bau der Hamburger U-Bahnlinie U4 mit 113,5 Millionen Euro fördern wird, berichtete natürlich auch “Bild”-Hamburg. Man könnte auch sagen, “Bild” hatte aus einer Pressemitteilung eine kleine “Bild”-Meldung gemacht. Warum auch nicht? Schließlich war und ist der Bau der U-Bahn ebenso umstritten wie die Streckenführung.

In der Pressemitteilung allerdings, aus der “Bild” die kleine Meldung gemacht hat, heißt es zum geplanten Trassenverlauf:

“Die U4 fädelt sich unterirdisch aus der U2 an der Haltestelle Jungfernstieg aus und schwenkt dann nach Süden bis zum Überseequartier und weiter in die Versmannstraße.”
(Hervorhebung und Link von uns.)

Doch “Bild” hat (anders als etwa ihre Schwesterzeitung “Die Welt”) auf diesen Satz verzichtet und die kleine Meldung stattdessen lieber hübsch bebildert — und zwar so:

Und das, obwohl sich der Hamburger Senat doch schon im Jahr 2004 die Mühe gemacht hatte, die “Ausschlusskriterien für eine oberirdische Ausfädelung” näher zu erläutern.

Mit Dank an den Hinweisgeber (auch für den Scan).

Mit Rommel in den Kongo

Auf den ersten Blick erscheint es wie ein Lapsus, wenn die “Bild am Sonntag” schreibt:

Von ihren 90 Dingos wird die Afghanistan-Schutztruppe ISAF eine noch nicht bekannte Anzahl ans Afrika-Korps abgeben müssen.

(Hervorhebung von uns.)

Denn es gibt kein neues Afrika-Korps. Es gibt lediglich einen deutschen Beitrag für die von der Europäischen Union geführte Operation EUFOR RD Congo — also für die “Streitkraft der Europäischen Union in der Demokratischen Republik Kongo”. Auch beträgt das deutsche Kontingent lediglich 780 Soldaten. Ein Korps besteht heutzutage aus 40.000 bis 80.000 Mann.

Soviel zum Formalen. Darüber hinaus aber ist der Gebrauch des Begriffes “Afrika-Korps” als Synonym für den aktuellen Einsatz im Kongo unsensibel, unsinnig und dumm:

Die Aufgabe der EUFOR Congo ist es, im Rahmen einer multinationalen und vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen autorisierten Schutztruppe die ersten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen seit mehr als vierzig Jahren in dem afrikanischen Land zu sichern.

Die Aufgabe des Deutschen Afrikakorps unter seinem Befehlshaber Erwin Rommel war es, während des Zweiten Weltkriegs die Italiener dabei zu unterstützen, das britisch kontrollierte Ägypten zu überfallen und zu erobern. Bis zur Kapitulation im Mai 1943 kämpfte die Truppe in Ägypten, Libyen und Tunesien. Dabei starben mehr als 80.000 Soldaten, davon 18.600 Deutsche.

Vielen Dank an Tobias R.!

  

Die Todsünde der Zornlosigkeit

Bei den Damen dominiert die Tropfenform bei der Wahl ihrer Ohrringe. Die Männer haben zu senfgelben Bundfaltenhosen gegriffen, kombiniert mit einem beigen Pulli. Das Publikum, das Kai Diekmann bei seinem Vortrag “der Zorn” vorfindet, sieht aus, als besuche es gern auch mal Jürgen-Fliege-Veranstaltungen oder einen gelungenen Orgelabend. Auf jeden Fall, man ist sich einig: “manchmal, da habe ich selbst einen richtigen Zorn. Aber auf die ‘Bild’-Zeitung und ihre schlimmen, schlimmen Zeilen”, wie ein Tropfenohrring ihrer Bundfalte zuflüstert.

Für ihre Vortragsreihe “Die 7 Todsünden” hat die St. Katharinen-Gemeinde in Hamburg am Dienstagabend den Chefredakteur der “Bild”-Zeitung geladen. Der Ort: die Kirche. Am Rand des Mittelschiffes stehen Apfelschorle und Mineralwasser zum Verkauf. Vorn neben dem Mikrophon massiert sich der Organist die Finger Bach-bereit. Und gleich in der ersten Reihe: Kai Diekmann mit Schimmer-Krawatte und dunklem Anzug.

“Ich könnte sagen, die St. Katharinen-Kirche ist die ehemalige Kirche der Bierbrauer und mir deshalb besonders sympathisch”, flötet er seinen Vortrag an, “oder: es ist mir eine Ehre, ausgerechnet meine subjektive Wahrheit in der Nähe einer Kanzel verbreiten zu können.” Captatio Benevolentiae nennt man das: Das Wohlwollen der Zuhörers einsacken.

Was folgt, ist ein Diskurs über den Zorn, bzw. über den Nicht-Zorn, der Deutschland seit etlichen Jahren mehltauartig befallen hätte. “Der Mangel an Empörungswillen ist weit verbreitet”, klagt Diekmann. Große Journalisten wie Henri Nannen, Gerd Bucerius oder, natürlich, Axel Springer seien stets zornig gewesen. Heute dagegen? “Wir machen es uns gemütlich, und statt zu demonstrieren, lesen wir Wohnzeitschriften und kaufen in schwedischen Möbelhäusern ein.” Diekmann wettert, schimpft und kanzelt — und tatsächlich: sein Ich-bin-so-sauer-auf-Sie-Herr-Diekmann-Publikum nickt beifällig den Kopf. Denn natürlich hält sich hier keiner für “zornlos”, nö, nie, Zorn gehört doch zum Leben, oder? Allgemeines Konsensgenicke. Die Apfelschorle schmeckt. Keiner regt sich auf, keiner ist zornig, dass er so mir nichts, dir nichts, mit den Praktiken der “Bild”-Zeitung verglichen wird. Komisches Paradox. Kann man einverstanden zornig sein?

Diekmann jedenfalls webt eine spinnwebendünne Allianz zwischen Zuhörern und Bild: “Wir sind eine Zorn-Zeitung”, sagt er und schließt kurz danach: “Zorn ist auch die Voraussetzung von Mut, sagt Thomas von Aquin.” Aha, große Denker können nicht irren, wir, die “Bild” und Thomas von Aquin sind einer Meinung: Zorn ist nötig. Und, warte mal, war da nicht auch was mit Jesus?

“Vielleicht muss man nicht immer so laut wie die ‘Bild’ sein, aber immerhin ist es Jesus selbst gewesen, der die Peitsche in die Hand genommen hat”, zieht Diekmann eine Parallele, gegen die sich zumindest Jesus verwahrt hätte. “Er hat damit die Händler aus dem Tempel getrieben.” Spätestens jetzt wird auch dem letzten Bundfaltenhosenträger in der St. Katarinen-Kirche klar: “Bild” hat im Sinne Jesus einen “brennenden, erfrischenden Zorn”.

Es fehlt nur noch, dass Diekmann seinen Vortrag mit “Passen Sie gut auf sich auf” beendet. Applausgeklatsche in der Kirche.

Die Fragen der Hauptpastorin Ulrike Murmann nach dem Vortrag (“Spielt ihr Gewissen bei der Arbeit eine Rolle?”) beantwortet er routiniert und auf der linken, pardon, rechten Pobacke. So richtig in die Ecke treiben lässt er sich nicht von Fragen, die eingeleitet werden mit: “Ich kenn’ mich ja in den Medien nicht so aus.” Auf die Frage, wie das denn sei, mit dem Presserat und den vielen Beschwerden, antwortet er mit der Beschwerde eines Lehrers im vergangenen Jahr nach der “Wir sind Papst”-Schlagzeile. Diese Behauptung sei grammatisch und inhaltlich falsch und deshalb ein Verstoß gegen das Wahrheitsgebot. Amüsiertes Geschmunzel auf den Korbflechtstühlen. Haha, nein, mit was für Kinkerlitzchen sich der Chef da rumschlagen muss.
Und erst die Fragen des Publikums — “Ich bin auch manchmal zornig. Zornig über die Auswahl der kirchlichen Losungen zum Beispiel”, “Finden Sie nicht auch, dass die Zornlosigkeit in Deutschland erst mit Einführung des Privatfernsehens stattfand?” — ach, geschenkt.

“Ein schöner Abend”, befindet eine Besucherin beim Hinausgehen. “Nur die letzte Frage der Pastorin, die fand ich zu indiskret für den Herrn Diekmann.” Hauptpastorin Murmann hatte gefragt, wie sein katholischer Alltag aussehe. Wirklich, das war ziemlich kontrovers.

Katrin Wilkens

Anderswo zum selben Thema:

“Chrismopolitan”: Todsünde ist keine, wenn man sie begeht
“Süddeutsche Zeitung”: Kai Diekmann zürnt beruflich
“Hamburger Abendblatt”: Zornlosigkeit ist eine Todsünde

Verwirrt im Regierungsviertel

Tja, schwer zu sagen, ob “Bild” den Mann nun anonymisieren wollte, der am Freitagabend gemeinsam mit seiner Schwiegermutter von dem Amokläufer im Regierungsviertel angegriffen wurde, oder nicht. Im Artikel ist sein Nachname abgekürzt, in der daneben stehenden Karte ausgeschrieben:

Aber die Karte ist ohnehin falsch. Denn das, was da als “Bundeskanzleramt” bezeichnet wird, sind in Wahrheit Parlamentsgebäude: das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus und das Paul-Löbe-Haus. Das Bundeskanzleramt befindet sich links außerhalb der Karte.

Nachtrag, 29. Mai. Nein, die Leute von Bild.de haben da noch nichts korrigiert. Dabei könnten sie sich die richtige Grafik einfach aus der “Bild am Sonntag” kopieren. Die hat es gestern (zumindest in einigen Ausgaben) geschafft, die Karte korrekt zu beschriften.

Nachtrag, 29. Mai, 21.30 Uhr. Nach fast zwei Tagen hat jemand bei Bild.de endlich den Nachnamen des Opfers entfernt. Nur wo das Bundeskanzleramt liegt, hat Bild.de immer noch nicht begriffen.

Nachtrag, 5. Juni. Irgendwann hat Bild.de dann auch einen Weg gefunden, den Fehler aus dem Bild zu entfernen: Es wurde einfach das ganze Bild entfernt.

Danke an Christoph L., Hendrik B., Frank F. und Martin S. sowie Dirk E. und Bastian V.!

“Bild”-Artikel sind Anzeigen

Ist es vorstellbar, dass sich Unternehmen ganze Artikel in der “Bild”-Zeitung kaufen können? Schwerlich, oder?

Die “Bild”-Zeitung sah in dem Film “Da Vinci Code”, der von der Kritik sonst heftig verrissen wurde, “die Kino-Sensation des Jahres”. Das könnte daran liegen, dass “Bild”-Autor Norbert Körzdörfer der Film einfach gefiel. Oder daran, dass er “als einziger Reporter weltweit” die “Hollywood-Legende Tom Hanks” “exklusiv in Los Angeles” treffen durfte. Oder daran, dass die “Bild”-Zeitung von der Produktionsfirma Sony für die Lobeshymmne bezahlt wurde.

Insgesamt drei Artikel hat Körzdörfer, laut Impressum “Berater des Chefredakteurs”, in der “Bild”-Zeitung über den Film geschrieben. Am 12. und 13. April 2006 erschienen zwei jeweils fast ganzseitige Artikel über das Treffen mit Tom Hanks. Am 18. Mai 2006 brachte “Bild” eine Filmkritik unter Körzdörfers Pseudonym “Blieswood”.

Abgesehen von der positiven Bewertung und der mangelnden Distanz, die aber so etwas wie ein Markenzeichen Körzdörfers ist, deutete für “Bild”-Leser nichts darauf hin, dass es sich hier um Texte handeln könnte, für die die Produktionsfirma Geld gezahlt hat.

Anders bei Bild.de. Das “Bild”-Interview, das Körzdörfer geführt hat, ist hier unter einer Adresse veröffentlicht, die bei Bild.de normalerweise für “Partner” (im Klartext: Werbekunden) reserviert ist und Sony als Auftraggeber nennt:

Das könnte man noch für ein Versehen halten. Aber nur, bis man die Ressortseite “Kino & TV” von Bild.de besucht hat. Dort gibt es einen als “Anzeige” gekennzeichneten Teaser für ein “Da Vinci Code”-Special (siehe Ausriss rechts, Hervorhebung von uns).

Der Teaser führt zu einer Bild.de-Seite, die komplett als Sony-Anzeige gekennzeichnet ist und den Copyright-Hinweis “© 2006 CTMG, Inc.” trägt. Hier sind nicht nur Videoclips und Werbespiele zum Film verlinkt — sondern auch das Interview Körzdörfers und seine Filmkritik. Und alle sind pauschal und eindeutig als Werbung ausgewiesen:

Ist es also vorstellbar, dass sich Unternehmen ganze Artikel in der “Bild”-Zeitung kaufen können?

(Danke an Franzi für die Inspiration!)

Werbedurchfall bei Bild.de (4)

Wir haben dann doch einfach mal beim Unternehmenssprecher von Bild.T-Online, Tobias Fröhlich, nachgefragt, warum das “Spiele”-Ressort erst monatelang nicht, dann (nachdem wir darüber berichtet haben) doch, dann wieder nicht als Werbung gekennzeichnet war. Im zweiten Versuch bekamen wir von ihm auch so etwas wie eine Stellungnahme. Sie lautet (ungekürzt):

Wenn ich richtig gesehen habe, ist der besagte Bereich als Anzeige gekennzeichnet.

Nachdem wir ihn daraufhin noch einmal baten, uns das vorausgehende Hin und Her zu erklären, haben wir nichts mehr von Herrn Fröhlich gehört.

Interessantere Antworten hat der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Er wies uns darauf hin, dass ein von ihm erstrittenes Urteil des Landgerichts Berlin aus dem vergangenen Jahr inzwischen rechtskräftig sei. Bild.T-Online habe auf Rechtsmittel verzichtet.

Das Gericht untersagte damals Bild.de, für den “Volks-Seat” mit Teasern zu werben, die wie redaktionelle Hinweise aussahen, und erst auf der folgenden Seiten das Wort “Anzeige” quasi nachzureichen. Es urteilte:

Ein Hyperlink, der aus einem redaktionellen Zusammenhang auf eine Werbeseite führt, muss so gestaltet sein, dass dem Nutzer irgendwie erkennbar wird, dass auf eine Werbeseite verwiesen wird.

Bild.T-Online habe gegen den Trennungsgrundsatz verstoßen und damit gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, urteilte das Gericht.

Die Verbraucherschützer sagen: Sollte Bild.T-Online erneut in gleicher Weise vorgehen, könnte das Gericht ein Ordnungsgeld festsetzen.

Gut zu wissen.

(Fortsetzung hier.)

Werbedurchfall bei Bild.de

Im vergangenen Herbst wurde die Arbeitsstruktur bei Bild.T-Online geändert. Damit sollte, wie der Vorstandsvorsitzende scherzte, die “konsequente Trennung von Redaktion und werblichen Inhalten noch stärker” im Unternehmen verankert werden. Seitdem weiß jeder Mitarbeiter exakt, ob er für Werbung oder Redaktion zuständig ist.

Schön wäre es, wenn man das auch als Leser wüsste. Zum Beispiel bei Marion Helmes. Sie hat u.a. diesen Artikel im Ressort “Spiele” von Bild.de verfasst:

Der Artikel ist erstaunlich euphorisch verfasst, was vielleicht kein Wunder ist — er ist über weite Strecken fast identisch mit der Pressemitteilung, die das Unternehmen herausgegeben hat, von der das Spiel stammt. Nichts deutet darauf hin, dass Frau Helmes das Spiel, das sie so begeistert bewertet (“auf keinen Fall entgehen lassen”), selbst gespielt hat.

Die Redaktion von Bild.de war offenbar so beeindruckt von dem “Flitzkacke”-Spiel, dass sie es sogar direkt von ihrer Seite zum Download anbietet — nicht ohne vorher 14,95 Euro vom Bild.de-Leser zu kassieren, von denen mutmaßlich ein Teil an den Lizenzgeber “Bluefish Media” geht und ein anderer in die Kassen von Bild.T-Online.de fließt.

An keiner Stelle wird der Bild.de-Leser auf dem Weg von der Homepage zum Kauf des Produktes durch ein Wort wie “Anzeige” gebremst. Bis zuletzt erfährt er nicht, ob er ein Spiel von Bild.de oder von jemand anderem kauft, geschweige denn, ob die Euphorie bei der redaktionellen Ankündigung tatsächlicher journalistischer Begeisterung geschuldet ist oder schnöden Geschäftsmodellen.

Im gesamten “Spiele”-Ressort von Bild.de gibt es keinerlei Trennung zwischen redaktionellen und werblichen Inhalten. Möglicherweise ist jeder einzelne “Artikel” in diesem Ressort (ähnlich wie beim “Erotik”-Ressort) in irgendeiner Form gekauft — doch zu erkennen ist das entweder gar nicht oder sehr unvermittelt, wenn der Besucher nach einem Klick auf einen scheinbar redaktionellen Link plötzlich mitten in einer Anzeige steht.

Ein Beispiel von Dutzenden: Über das Spieleportal “Deutschland spielt” berichtet Bild.de einerseits scheinbar redaktionell und verzichtet bei Teasern auf der “Spiele”-Startseite auf das sonst übliche Wörtchen “Anzeige”. Wer aber in der (redaktionellen) Menuleiste auf “Deutschland spielt” klickt, kommt auf eine Seite, in der die gleichen Teaser und Artikel plötzlich vollständig als “Anzeige” markiert sind.

Diese Praxis ist rechtswidrig. Und sie verstößt gegen die angeblich sowohl bei Springer als auch bei Bild.T-Online geltenden “Leitlinien”.

Und obwohl niemand von Bild.T-Online auf unsere Mails oder unsere Briefe antwortet und obwohl BILDblog nach Angaben des Unternehmenssprechers “unterhalb der Wahrnehmungsschwelle” von Bild.T-Online liegt, werden innerhalb weniger Tage nach Veröffentlichung dieses Eintrags bestimmt wieder einmal viele kleine “Anzeigen”-Schildchen bei Bild.de auftauchen.

Danke an Jörg für den Hinweis!

Nachtrag, 16.30 Uhr. Marion Helmes, von der die meisten scheinbar redaktionellen Spielebesprechungen auf Bild.de stammen, arbeitete übrigens zuvor bei der Firma Intenium, die das Portal “Deutschland spielt” betreibt, für das Bild.de so eifrig (und oft ungekennzeichnet) wirbt. Auf ihrer Seite im Business-Netzwerk openbc.com hat sie unter “Ich suche” unter anderem angegeben: “hochmotivierte Praktikanten für eine Online-Redaktion (Standort Berlin)”.

(Fortsetzung hier.)

Im Zweifel gegen den Angeklagten

Im Oktober 2004 wurde eine Bank in Siegelsbach überfallen. Der Täter tötete dabei eine Person und verletzte zwei lebensgefährlich. Angeklagt wurde ein Bäcker aus dem Ort. Vergangenen Freitag wurde er freigesprochen.

Bei Bild.de wird daraus “Deutschlands merkwürdigster Freispruch”. Eine Einschätzung, die durchaus nachvollziehbar ist — zumindest, wenn man nur das liest, was Bild.de dazu schreibt. Denn Bild.de ignoriert fast alles, was den Bäcker entlastet.

Etwas anders sieht es aus, wenn man in die “Heilbronner Stimme”* schaut. Sie berichtet ausführlich über den Fall und zitiert aus der Urteilsbegründung des Gerichts. Dabei erwähnt sie, anders als Bild.de, belastende und entlastende Momente.

Wer will, kann also nach Lektüre der “Heilbronner Stimme” den Freispruch “merkwürdig” finden oder nicht. Vor allem aber kann er das Urteil deswegen merkwürdig finden, weil es so klar ausfiel. Das Gericht hat den Angeklagten nämlich, wie uns das Landgericht Heilbronn bestätigt, wegen “erwiesener Unschuld” freigesprochen — und nicht, wie Bild.de fälschlich schreibt, “nach dem Grundsatz: im Zweifel für den Angeklagten”.

Mit Dank an Jörn W. auch für die vielen Links.

*) Die “Heilbronner Stimme” ist übrigens bei weitem nicht das einzige Medium, das ausgewogen berichtet, sie berichtet lediglich am ausführlichsten.

“Bild” verzählt sich bei Rechtsextremen

Die “Bild”-Zeitung ist stolz darauf, die meistzitierte deutsche Tageszeitung zu sein. Am vergangenen Wochenende konnte sie die entsprechende Statistik wieder in die Höhe treiben.

Unter Berufung auf die “Bild”-Zeitung meldeten die Nachrichtenagentur dpa, AP, AFP und Reuters, die Zahl der Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund sei 2005 zurückgegangen, die Zahl der Gewaltverbrechen sogar deutlich. Beides hatte der “Bild”-Chefkorrespondent Einar Koch am Samstag in einem großen Artikel unter der Überschrift “Wie gefährlich sind die Rechten in Deutschland?” behauptet.

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschuss, Sebastian Edathy (SPD), widersprach der “Bild”-Zeitung: Die Zahl rechter Delikte habe im vergangenen Jahr “nach vorliegenden, zuverlässigen Informationen” nicht abgenommen, sondern sogar deutlich zugenommen: um 27,5 Prozent die Straftaten insgesamt, um 23,6 Prozent die darin enthaltenen Gewalttaten.

Und wer hat Recht? Die offiziellen Zahlen will das Innenministerium erst mit dem Verfassungsschutzbericht Ende Mai bekanntgeben. Und doch ist schon heute klar, dass “Bild” eine Falschmeldung verbreitet hat. Es ist nämlich offenkundig, woher “Bild”-Redakteur Koch seine Zahlen von 10.271 rechten Straftaten insgesamt und 588 Gewaltverbrechen hat: Aus den Anfragen, die Petra Pau, Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, monatlich an die Bundesregierung stellt. Die “Bild”-Zahlen entsprechen exakt Paus Übersicht “Rechtsextreme Straftaten 2005” [pdf].

Nur steht in dieser Übersicht auch folgender Satz: “Die Zahlen (…) gelten als vorläufig und liegen unter den endgültigen.” In ihren eigenen monatlichen Erklärungen schreibt Pau zum Beispiel, die “realen Zahlen sind — erfahrungsgemäß — doppelt so hoch”. Und auch in den Antworten der Bundesregierung [pdf] stehen Warnungen wie: “Die im Folgenden aufgeführten Zahlen stellen keine abschließende Statistik dar, sondern können sich aufgrund von Nachmeldungen noch (teilweise erheblich) verändern.”

Wir wissen nicht, ob der Chefkorrespondent von “Bild” das nicht verstanden oder in der Eile überlesen hat, ob er selbst schlecht recherchierte oder schlecht informiert wurde. Die “Bild”-Zeitung hat am heutigen Montag ihren Fehler weder korrigiert, noch über das Dementi ihrer Zahlen durch den Chef des Innenausschusses berichtet.

(Fortsetzung hier.)

Trotz Gerichtsurteil: Bild.de führt Leser in die Irre

Vor zwei Monaten hat Bild.T-Online sein Internetangebot komplett überarbeitet. Seitdem befindet sich auf jeder Seite oben eine Reihe kleiner grauer Laschen:

Fährt man mit der Maus über diese Flächen, bewegt sich die jeweilige Lasche nach oben und gibt ein buntes Feld darunter frei — etwa wie Reiter auf Karteikarten. Aktuell sehen die so aus:

Hinter diesen Reitern verbergen sich Links. Und jetzt kommt die Preisfrage: Führen diese Reiter zu redaktionellen Angeboten von Bild.de? Oder zu Werbung?

Die erstaunliche Auflösung: Sowohl als auch.

Die Reiter “WM 2006” und “Wir sind Fußball” führen zu nicht-werblichen Inhalten von Bild.de. Wer aber nun glaubt, dass das für alles gilt, auf dem das “Wir sind Fußball”-Logo steht, irrt. Wenn man auf “LCD-Fernseher” klickt, kommt man keineswegs (wie vielleicht zu vermuten) zu einem redaktionellen Test von Großbildschirmen anlässlich der WM. Sondern zu einer Anzeige, die für ein Angebot von Fujitsu-Siemens wirbt. Und der “Fan-Caddy” ist ein Produkt, das Volkswagen auf Bild.T-Online verkauft. Und natürlich ist auch der “Volks-Kredit” kein redaktionelles, sondern ein werbliches Angebot: dahinter verbirgt sich easyCredit.

Vor dem Klicken ist nicht zu unterscheiden, welches dieser Bild.de-Standardelemente zu einer reinen Werbeseite führt und welches nicht. Und damit verstößt Bild.de gegen ein Urteil des Berliner Landgerichtes vom 26. Juli 2005. Damals untersagte das Gericht Bild.de, auf eine Werbeseite für den “Volks-Seat” mit einem Teaser zu verweisen, der sich von Teasern für redaktionelle Inhalte nicht unterscheiden lässt (wir berichteten). Das Gericht urteilte:

Ein Hyperlink, der aus einem redaktionellen Zusammenhang auf eine Werbeseite führt, muss so gestaltet sein, dass dem Nutzer irgendwie erkennbar wird, dass auf eine Werbeseite verwiesen wird. (…)

Hier ist der Hyperlink, der auf die Werbeseite führt, genau so gestaltet, wie die Hinweise, die zu redaktionell gestalteten Seiten führen. Das Erscheinungsbild und die Platzierung sind identisch. Es kann daher selbst bei einer großzügigen Betrachtung nicht mehr davon ausgegangen werden, dass dem Nutzer ein klar erkennbarer Hinweis auf den werbenden Inhalt der Seite erteilt wird, auf die er weitergeleitet wird.

Genau dasselbe System, das Bild.T-Online damals untersagt wurde, hat das Unternehmen in der Gestaltung der neuen Seiten-Köpfe zum Prinzip gemacht: Eine Unterscheidung, welche Reiter zu Anzeigen führen und welche nicht, ist vor dem Klicken unmöglich.

In der Verhandlung 2005 hatte Bild.T-Online noch geltend gemacht, man könne davon ausgehen, dass die “Volks-Produkte” durch die breite Werbung so bekannt seien, dass niemand hinter einem Teaser mit dem entsprechenden Begriff etwas anderes als Werbung erwarte. Dieses Argument hatte das Gericht zurückgewiesen. Heute wäre die Position von Bild.T-Online noch schwächer, weil in den Reitern nicht nur die bekannten “Volks-Produkte” beworben werden, sondern auch Produkte, die ohne diesen Markennamen auskommen (“Fan-Caddy”) oder sogar mit einem redaktionellen Bild.de-Label versehen sind (“Wir sind Fußball! LCD-Fernseher”).

Und wir ersparen es uns, an dieser Stelle noch einmal all die Selbstverpflichtungen und Ankündigungen aufzuzählen, gegen die diese Bild.de-Praxis außerdem verstößt.

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