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BILDblog-LeserbefragungLiebe BILDblog-Leser,

wir wissen jetzt alles über Euch! (Also nicht wirklich alles, aber deutlich mehr als noch vor unserer großen “BILDblog-Leserbefragung”, die wir hier im Herbst 2007 zusammen mit den Kommunikationswissenschaftlern der Uni Bamberg durchgeführt haben.) Und nun wissen wir zumindest: Ihr seid mehrheitlich keine Frauen, jünger als 40 Jahre, gebildet und täglich länger als drei Stunden online. Jeder Fünfte von Euch kommt aus NRW, viele aus Bayern und Baden-Württemberg. Aber gelesen werden wir (natürlich nur vereinzelt) von Euch auch in China, Burkina-Faso, Israel und überall sonst auf der Welt. Seit Euch Eure Freunde und Bekannten von BILDblog erzählt haben oder Ihr einen Link im Internet entdeckt habt, schaut Ihr schon seit über einem Jahr täglich mindestens einmal bei uns vorbei — und empfehlt uns fleißig weiter. Ungefähr jeder Fünfte hat uns freundlicherweise schon mal einen “sachdienlichen Hinweis” geschickt. Außerdem redet Ihr mit anderen über uns und das, was “Bild” so alles falsch macht — auch wenn gerade mal jeder Dritte von Euch überhaupt “Bild” und Bild.de liest (und selbst das nur selten). Und fast jeder Zweite ist auch auf die komplette Axel Springer AG nicht gut zu sprechen.

Erfreulicherweise findet Ihr BILDblog mehrheitlich aktuell, verständlich, informativ, überzeugend und unterhaltsam, eher zu kurz als zu lang und manchmal zu kleinlich. Dass wir “letztlich nicht besser als die BILD-Zeitung” seien, findet glücklicherweise kaum jemand. Werbung auf BILDblog findet Ihr nicht nur okay, Ihr fändet es sogar nicht mal schlimm, wenn’s ein bisschen mehr wäre — vor allem, solange wir uns von den Erlösen keine schnittigen Cabriolets kaufen, sondern unsere Arbeit finanzieren.

Ihr glaubt zwar nicht daran, dass unsere Arbeit tatsächlich zu einer Qualitätsverbesserung der “Bild”-Zeitung beitragen kann. Aber dass BILDblog ein kritisches Bewusstsein für journalistische Qualität im Allgemeinen und im Bezug auf “Bild” im Speziellen weckt, das glaubt Ihr schon. Irgendjemand unter Euch hat sich offenbar sogar von seiner Freundin getrennt, “weil sie immer noch ‘Bild’ liest”.

Übrigens habt Ihr die Kollegen von der Uni Bamberg echt verblüfft: Schon 15 Minuten nach dem Start war unser Fragebogen fast 200-mal, nach den ersten neun Stunden rund 5.500-mal und insgesamt beachtliche 19.666-mal ausgefüllt worden. Das macht die Ergebnisse immer noch nicht repräsentativ, aber aufschlussreich.

Ach ja, unsere schön schlichte WAP-Version fürs Handy ist Euch leider ziemlich egal. Ihr lest BILDblog lieber am Computer, stimmt’s? Und wenn wir Mails von Euch beantworten, seid Ihr zufrieden, wenn nicht (was leider viel zu häufig vorkommt), überhaupt nicht. Wir arbeiten dran, versprochen!

Mit großem Dank an Florian L. Mayer sowie an Gabriele Mehling, Johannes Raabe, Kristina Wied, Tom Binder, Oda Riehmer und Jan Schmidt! Und für die Zeichnungen danken wir natürlich Beetlebum.

“Bild” berichtigt Charakterlosigkeit

Erinnern Sie sich an diese “Bild” Geschichte von vor einem Vierteljahr?

Als scheinbaren Beweis dafür, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages nichts so sehr interessiert wie ihre eigenen Bezüge, zeigte “Bild” eine Aufnahme des vollen Plenarsaales (oben links). Das Foto war aber, anders als “Bild” behauptete, gar nicht während einer Debatte über höhere Diäten und Pensionen entstanden (wir berichteten).

Zwei Tage später demonstrierte die “Bild”-Zeitung, wie üblich, wie erfolgreich sie die Leser in die Irre geführt hatte. Bei der Abstimmung über eine Diätenerhöhung “kämen die Volksvertreter sogar an einem Feiertag”, hieß es in einem Leserbrief, den “Bild” veröffentlichte. “Wie viel Charakterlosigkeit und Raffgier muss man haben, um Bundestagsabgeordneter zu werden?”

Die Bild-Manipulation löste im Bundestag — verständlicherweise — erheblichen Ärger aus. Nach guter Zurede durch das Parlament stellte “Bild” die Sache heute, mit drei Monaten Verspätung, aber ohne dass juristischer Druck notwendig gewesen wäre, richtig (Ausriss rechts).

Womöglich wird es nun nur noch wenige Wochen dauern, bis auch Bild.de nicht mehr auf der Unwahrheit beharrt.

neu  

Eisbär Flocke wird zur Ente

Haben Sie das auch beim Branchendienst “Kontakter” gelesen?

Schlagersänger Patrick Lindner könnte an der Vermarktung des Nürnberger Eisbärbabys “Flocke” mitverdienen. Der 47-jährige Volksmusikstar lässt seine Anwälte derzeit prüfen, ob er Ansprüche auf die Vermarktungserlöse mit dem Jungbären erheben kann. Lindners Anwalt Alexander Unverzagt bestätigte gegenüber dem Branchendienst Kontakter, “sich mit dem Thema Flocke intensiv zu beschäftigen”.

Dies berichtet der Kontakter in seiner am Montag erscheinenden Ausgabe.

Die Ansprüche des Musikers gründen auf einem bereits 14 Jahre alten Eintrag beim Deutschen Patent- und Markenamt. Lindners damaliger Manager und Lebensgefährte Michael Link ließ dort im April 1994 die Marke “Flocke” schützen. Link und Lindner sicherten sich damit die Nutzung für Musikaufzeichnungen, Tonträger sowie Verlagsprodukte. Nach der privaten wie beruflichen Trennung des Duos im März 2005 gingen die Rechte an Lindner über.

Nein? Haben Sie nicht gelesen? Auch nicht bei Spiegel Online? Auf RP-Online vielleicht? Bei Tagesspiegel.de, Zeit.de, Frankenpost.de, beim Branchendienst W&V? Oder gar auf Bild.de bzw. in “Bild”?

Da steht die bereits gestern veröffentlichte Exklusiv-Meldung aus dem “Kontakter” heute nämlich auch:

"Schlagersänger besitzt Namens-Recht fürs Eisbären-Baby -- Patrick Lindner will mit Flocke abkassieren!"

Jetzt kam heraus: Der Name “Flocke” ist schon seit Jahren geschützt. Die Rechte dafür hat der Münchner Schlagersänger Patrick Lindner (47)! (…)

Lindner und sein damaliger Lebensgefährte Michael Link (41) hatten sich bereits vor 14 Jahren “Flocke” beim Deutschen Patent- und Markenamt schützen lassen. Damit sicherte sich das Paar die Nutzung für Musikaufzeichnungen, Tonträger und Verlagsprodukte. Lindners Manager Joachim Hendel zu BILD: “Patrick Lindners Verlag heißt schon lange ‘Flocke’.”

Allerdings hat “Bild” nicht nur “Kontakter”-Formulierungen und “Kontakter”-O-Töne übernommen (ohne jedoch den “Kontakter” als Quelle zu nennen), sondern offenbar auch noch selbst recherchiert.

Genutzt hat es jedoch wenig. Im Gegenteil.

Dabei lässt sich doch leicht herausfinden, dass die Sache so gar nicht stimmen kann: Auf der Website des Deutschen Patentamts lassen sich geschützte Marken ohne großes Vorwissen ausfindig machen. (Tipp: Einfach nach Flocke suchen!) Und tatsächlich findet sich dort ein entsprechender “Flocke”-Eintrag aus dem Jahr 1994.

Vor allem aber findet sich dort zur Nummer 2076997 der Hinweis:

"Marke gelöscht am: 08.04.2004"

Interessiert hat das aber offenbar weder den “Kontakter” noch “Bild” (und die Medienlemminge schon gar nicht) – obwohl doch der “Kontakter” selbst mit Lindners Anwalt gesprochen hat. Und “Bild” immerhin mit Lindners Manager.

Und Lindners Anwalt, Alexander Unverzagt, erzählt uns die Geschichte zudem auch deutlich anders. “Es geht nicht ums ‘Abkassieren'”, so Unverzagt. Das habe er auch schon dem “Kontakter” gesagt — und seit Erscheinen des “Bild”-Artikels auch vielen anderen Medien. (“Bild” selbst habe ihn vorab nicht kontaktiert.) Dass die Markenrechte 2004 nicht verlängert wurden, stehe außer Frage. Aber Lindner nutze nach wie vor die Geschäftsbezeichnung “Flocke” für eine CD-Edition. Die Prüfung durch seine Kanzlei sei deshalb auch “primär keine markenrechtliche, sondern eine bezeichnungsrechtliche”. Lindner gehe es vor allem darum, dass ihm durch den Wirbel um Eisbär Flocke und die damit verbundenen vielen neuen markenrechtlichen “Flocke”-Anmeldungen beim Patentamt kein Schaden entstehe. Rechtliche Schritte gegen den Nürnberger Zoo seien momentan “nicht geplant”.

Den “Bild”-Artikel nennt Anwalt Unverzagt, der ohnehin nicht gut auf “Bild” zu sprechen scheint, kurz “eine Unverschämtheit”.

Mit Dank an Sven P. für die Anregung.

“Bild” macht das Große Anglerlatinum

Auf der Grafik links sehen Sie einen Mann, der ungefähr 1,80 Meter groß ist und daneben einen 3,50 Meter langen Carcharodon carcharias, besser bekannt als Weißer Hai. Ein Weißer Hai dieser Größe dürfte wohl so um die 500 Kilogramm wiegen. Er ist ein Raubtier, und auf seinem Speiseplan stehen u.a. Thunfische, Rochen, kleinere Haie, Seehunde oder Seelöwen.

Jetzt stellen Sie sich mal vor, ein solcher 3,5-Meter-Fisch attackiert ein Ausflugsboot mit 16 Touristen an Bord, springt mit einem Satz aufs Vorderdeck, verfängt sich in der Anker-Winde und zappelt in Panik umher, bevor er sich befreien kann und zurück ins Meer rutscht. Schwer vorstellbar?

Genau das soll einem Paar aus Dortmund in Südafrika passiert sein. Aber die beiden blieben locker, filmten das Ganze und schickten das Video an die “Bild”-Zeitung, die heute darüber berichtet:

"Weißer Hai greift deutsche Urlauber an"

Was würden Sie tun, wenn plötzlich ein Weißer Hai in Ihr Boot springt?

Die BILD-Leser-Reporter Thomas Clemens (47) und seine Frau Cornelia (45) zückten ihre Kamera …

(…) Cornelia: “(…) Plötzlich knallte es am Bug. Ein 3,5-Meter-Hai sprang aus dem Wasser und landete auf dem Vordeck!”

Und wenn Sie sich jetzt immer noch kein Bild davon machen können, wie es ist, wenn sich eine halbe Tonne Hai auf dem Vorderdeck eines Ausflugsboots windet, dann hilft ihnen bestimmt das Video, das man sich auf Bild.de anschauen kann…

…ähm, auch nicht wirklich weiter.

Mit Dank an Benjamin h., Ulf H., Rene K., Christian, Jochen S., B.H. und Matthias von S. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 8.2.2008: MadeMyDay.de will “nach kurzer wissenschaftlich total fundierter Analyse unter Hinzunahme von hochgezüchteten Räumlickeits-Berechnungsmodellen inklusive 3D-Morphing-Funktionen” herausgefunden haben: “Das Ding ist nur 1,67 Meter groß!”

Bild.de: So schlecht ist der Service für Leser

"Umweltplakette: So schlecht ist der Service für touristen"

Unter dieser Überschrift berichtet Bild.de darüber, wie Berlin-Touristen an eine Umweltplakette für ihr Auto kommen. Bild.de kommt zu folgendem Ergebnis:

Also haben Besucher einfach nur Pech gehabt, wenn sie am Wochenende anreisen?
Zwei Möglichkeiten gibt es: Viele Hotels besorgen ihren Gäste eine Plakette. Außerdem können die Aufkleber im Internet bestellt werden (www.umwelt-plakette.de). Dort ist die Plakette allerdings teuer – sie kostet knapp 30 Euro statt 5 Euro…
(Umwelt-plakette.de wird von Bild.de direkt verlinkt.)

Informiert man sich indes beim ADAC (oder auch bei Autobild.de) über die Problematik, erfährt man, dass es durchaus noch eine andere, kostengünstigere Möglichkeit gibt. Bei der Stadt Köln etwa kann man die bundesweit gültige Umweltplakette schriftlich beantragen und in Berlin geht das sogar per E-Mail.

Und der ADAC rät übrigens:

Internetanbieter, die die Plakette zu Mondpreisen anbieten, sollte man lieber meiden. Die ganze Prozedur darf nicht mehr als sechs bis zehn Euro kosten.

Mit Dank an A.J. für den sachdienlichen Hinweis.

“Bild” macht den Koch zum Gärtner

Die Menschen in Hessen haben sich verwählt.

Die Folgen der Landtagswahl, des Stimmengewinns für die SPD und des Einbruchs für die CDU, für die Wirtschaft und den Wohlstand werden verheerend sein, da sind sich ausnahmslos alle Experten einig. Also, alle Experten, die in “Bild” zum Thema Wort kommen:

  • Klaus Zimmermann vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung fürchtet eine “gefährliche Politik”, die “dauerhaft nicht zu mehr Wohlstand führt”, “negative Folgen für die Verbraucher” und “weiter steigende Energiepreise”,
  • Michael Heise, Chefsvolkswirt der Allianz, erwartet, dass es Arbeitslose “noch schwerer haben werden, Jobs zu finden”,
  • Anton Börner, Präsident des Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels, geht davon aus, dass sich ausländische Firmen “mit Investitionen in Deutschland stärker zurückhalten” werden,
  • und Jürgen Thumann, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, ist schlicht in “allergrößter Sorge”.

Es geht nun, kurz gesagt, alles den Bach runter, weil nicht genug Menschen die CDU gewählt haben.

Wahlempfehlungen

Als Wolfgang Clement sich gegen die Wahl der SPD aussprach, urteilte “Bild”-Autor Hugo Müller-Vogg (der seinen 60. Geburtstag mit Koch feierte) über Clement: “Ihm ist das Land wichtiger als die Partei.”

Und als die CDU in den Meinungsumfragen abrutschte, erklärte Müller-Vogg, dass wer SPD wähle, quasi automatisch die Linke an die Macht bringe: “Für die SPD geht’s nur mit Links.”

Eine Art Doppelpass spielte die hessische CDU mit “Bild” mit dem Berliner Staatsanwalt Roman Reusch. Nachdem “Bild” den Mann, der im vergangenen Jahr nach einem Disziplinarverfahren “ermahnt” wurde, als “Deutschlands mutigsten Staatsanwalt” bezeichnet hatte, wollte der hessische Justizminister ihn in eine “länderübergreifende Expertengruppe” holen, was “Bild” mit der Traumwahlkampf-Überschrift vermeldete: “Hessen holt Deutschlands mutigsten Staatsanwalt.”

Womöglich hat sich auch nur der Ehrgeiz der “Bild”-Zeitung in Grenzen gehalten, andere Stimmen zu finden. Schon vor der Wahl stand sie treu an der Seite von CDU-Ministerpräsident Roland Koch (siehe Kasten). Und “Bild” war (wie mehrfach berichtet) Kochs Medienpartner bei seiner spektakulären Kampagne gegen Ausländer in den vergangenen Wochen. Insofern ist das Debakel für Roland Koch auch eine Niederlage für die “Bild”-Zeitung. “Spiegel Online” kommentiert es so:

Koch konnte mit seinen xenophoben Attacken niemanden mobilisieren außer seinen Kellner in Springers Boulevard.

Wenn “Bild”-Kommentator Jörg Quoos heute den Absturz Kochs erklären muss, muss er also indirekt erklären, warum die “Bild”-Kampagne so wenig gegriffen hat. Ein Fehler war sie natürlich nicht, deshalb kann auch Koch nichts falsch gemacht haben, und Quoos analysiert:

(…) Die Bürger haben es einfach gespürt: Roland Koch war schon lange vor der harten Wahlschlacht der letzte CDU-Kämpfer für die Werte, die die Partei groß gemacht haben. Streitlustig, unerschütterlich, aber ohne echte Deckung.

Im Reservat für Konservative reitet er wie der einsame Sheriff Richtung Sonnenuntergang. Am Ende hat der Wähler Roland Koch nicht mehr abgenommen, dass er allein die CDU auf altem Kurs halten kann.

Das schlechte Abschneiden in Hessen ist der Preis für das populistische Streben der CDU-Führung Richtung links, weg von der Mitte. (…)

Die Menschen haben Roland Koch nicht gewählt, weil sie genau seiner Meinung sind? Sie wollten ihm, der für den richtigen, rechten Kurs stand, keine Stimme geben, weil die anderen in der CDU längst auf einem anderen, linken Kurs sind?

Die Argumentation dehnt die Grenzen der Logik, aber vermutlich funktioniert sie auch, um zu erklären, warum die “Bild”-Zeitung seit Jahren alles richtig macht und trotzdem immer seltener gekauft wird.

Bruchlandung

Manchmal ist es schwer, als Journalist den Überblick zu behalten. Beispielsweise, wenn nach einer Bruchlandung widersprüchliche Fakten in der Redaktion eintrudeln und ein ziemliches Chaos vorherrscht.

Manchmal machen es einem die Beteiligten aber leichter, indem sie zum Beispiel eine Pressekonferenz einberufen und der Pilot eine auch für Laien verständliche Erklärung abgibt.

Aber für “Bild” ist nichts leicht genug.

Doch der Reihe nach:

Am Donnerstag ist eine Boeing 777 von British Airways beim Landeanflug auf den Londoner Flughafen Heathrow plötzlich abgesackt und hat auf einer Wiese vor der Landebahn aufgesetzt.

Gestern berichteten britische Medien über die Bruchlandung:

Both engines on the British Airways jet which crash-landed at Heathrow failed to respond to both automatic and manual demands for more thrust two miles short of the airport, investigators have said.

(Alle Hervorhebungen von uns.)

Heißt: Die Turbinen erhöhten die Leistung nicht wie erforderlich, es fehlte an zusätzlichem Schub für die Landung. Dass beide Triebwerke vollständig ausgefallen sind, steht keineswegs fest und ist sogar eher unwahrscheinlich.

Und “Bild” titelt:

TRIEBWERKSAUSFALL!

Überhaupt ist in “Bild” alles ganz besonders dramatisch:

Alle zwölf Fahrwerkräder sind abgerissen. Die Tragflächen haben sich in die Kabinenwand gebohrt.

Nun ja, das linke Hauptfahrwerk wurde schon mal nicht abgerissen, sondern in den Flügel gedrückt, und von der Kabine heißt es in einem Bericht explizit, dass sie nicht beschädigt wurde:

It skidded sideways and debris was thrown around as a wing became detached from the fuselage, but the passenger cabin stayed intact.

Aber es kommt noch besser. In seiner gestern verlesenen Erklärung erklärte Peter Burkill, der Pilot des Flugzeugs, sein Co-Pilot John Coward habe beim Landeanflug die Maschine geflogen:

As captain of the aircraft I am proud to say that every member of my team played their part expertly yesterday, displaying the highest standards of skill and professionalism, no-one more so than my Senior First Officer John Coward who was the handling pilot on the final approach and did the most remarkable job.

Entsprechend sahen die Überschriften in Großbritannien aus:

“Captain reveals co-pilot landed BA crash flight”

“Co-pilot controlled crash-landing”

“Captain Cool lauds heroic Coward”

Die “Bild”-Zeitung aber schreibt:

Der Held: Peter Burkill (43) verhinderte die Katastrophe

Dieser Bruchpilot ist ein echter Held! Peter Burkill (43), Kapitän der Crash-Boeing von London, verhinderte mit kühler Besonnenheit ein Inferno am Flughafen Heathrow. (…)

Pilot Burkill reißt den Bug hoch, versucht, wie ein Segelflieger den Kurs gerade zu halten, schafft es noch über den Flughafenzaun. (…)

Pilot Burkill, der gefeierte Held, gibt sich bescheiden, sagte nur: “Die ganze Crew hat perfekt funktioniert. Die größte Leistung hat mein Co-Pilot vollbracht.”

Dass der Pilot “den Bug hochreißt”, ist gleich doppelt falsch. Denn das tat nicht nur Burkill nicht, sondern auch Co-Pilot Coward nicht; es wäre auch fatal gewesen. Er musste die Nase des Flugzeugs herunterdrücken — und genau das tat er offenbar auch:

He pushed the nose down to gain speed (…).

Aber Ahnungslosigkeit muss nicht auf Kosten von Detailfreude gehen, lehrt uns “Bild” und berichtet:

Während der Jet aus 150 Meter Höhe über Wohnvierteln absackt, funkt Burkill seelenruhig an den Tower: “Gehe auf Gleitflug!”

Seelenruhig, soso. Laut anderer Medien hatten die Piloten nicht einmal die Zeit, überhaupt einen Funkspruch abzusetzen.

Mit Dank an Klaus, Manuel, Renke B. und Tobias R. für die Hinweise.

6 vor 9

Im Reich der Freiheit
(message-online.com/blog, Michael Haller)
“Die Verantwortlichen in den Mainstreammedien haben das Lebensgefühl und die Weltsicht der Unter-30-Jährigen wirklich nicht begriffen; dass sie mit aufgeblasenen Belanglosigkeiten (Knut, Britney, Dschungelcamp) ihre Titelblätter und Nachrichtensendungen füllen – und zeitgleich mit geschwellter Brust über ihre ?öffentliche Aufgabe? schwadronieren: Das kotzt die an Sinnfragen interessierten jungen Leute definitiv an.”

“Google News ist unser Feind?
(sueddeutsche.de, Leif Kramp und Stephan Weichert)
Mehr Einsparungen, weniger Qualitätsberichterstattung? Medien-Experte John Lloyd aus Oxford spricht über die Personalisierung des Journalismus und erklärt, wie die Tageszeitung den Kampf um den Leser gewinnen kann. Der Start unserer neuen Serie “Zeitenwechsel”.

Die Medien haben schon verloren
(fr-online.de, Sebastian Moll)
Die Berichterstattung über den Wahlkampf in den USA wird als fragwürdig kritisiert.

Mein Soundcheck auf Radio 1
(peterwalt.ch)
“Stolz drückte gestern um 10 Uhr Roger Schawinski vor versammelten Journalisten auf den Knopf. ‘Ein historischer Moment’, wie Roger in gewohnter Bescheidenheit dazu bemerkte. Mehrere zu einem Herz geformte Leuchtdioden begannen zu blinken und der neue Sender Radio 1 begann zu senden.”

“Facts 2.0”: Newsnetzwerk mit hohem Niveau
(medien-news.blog.de, Ernst Probst)
Interview mit Christoph Lüscher, verantwortlicher Projektleiter für das schweizerische Newsnetzwerk “Facts 2.0“.

Schüsse auf Massiv wurden Minuten später im Internet vermeldet
(spiegel.de, Matthias Gebauer und Barbara Hans)
Drei Schüsse, ein Rapper, ein Kapuzenmann – und viele Fragen: In der Plattenfirma No Limit Music heißt es, Massiv habe bei dem bewaffneten Überfall in Berlin viel Blut verloren, sei dem “Tod sehr nahe” gewesen. Doch die Polizei zweifelt an der Version des Opfers, verfolgt eine mysteriöse Spur.

6 vor 9

“Schon unser Vokabular ist parteiisch”
(taz.de, Annette Brüggemann)
Die Nachrichtenindustrie schafft eine künstliche Medienwelt, die nichts mit der realten Welt gemeinsam hat, meint der holländische Auslandsreporter Joris Luyendijk.

Internet: Klick die Clique!
(news.at/profil, Angelika Hager und Sebastian Hofer)
Für Teenies zählt das soziale Online-Netzwerk Facebook heute zum überlebensnotwendigen Kommunikationsmittel. Wie die Freundschaftsbörse das soziale Verhalten und die Zukunft des Netzes beeinflussen wird.

Schleichende Papierlosigkeit
(medienkonvergenz.com, Andreas Göldi)
Als ich neulich die Koffer für die übliche weihnachtliche Verwandtenbesuch-Rundreise packte, fiel mir plötzlich etwas auf: Ich packte keine papierbasierten Informationsträger ein. Gar keine. Null.

Neu-alte Herausforderer bedrängen mediale Platzhirsche
(nzz.ch, ras.)
Bundesrat Leuenberger steht vor heiklen medienpolitischen Entscheiden: Soll er die alten Herrschaften im lokalen Radio- und Fernsehsektor bestätigen, oder sollen neue Akteure eine Chance erhalten? 72 Bewerber interessieren sich für 54 Radio- und Fernsehkonzessionen.

Oktoberrevolution: Wie der SPIEGEL fälscht
(linkezeitung.de, Frederik Haber)
Das Nachrichtenmagazin mit dem seriösen Image stellt sich an die Spitze der antirevolutionären Propaganda: Mit einem SPIEGEL-SPECIAL, einem Film in Zusammenarbeit mit dem ZDF und zusätzlichen Artikeln soll demonstriert werden, dass der Oktober 1917 der Auftakt zum Terror war und die Revolution eigentlich keine war.

Eine Nummer kleiner
(sueddeutsche.de, Caspar Busse und Christopher Keil)
Springer plant eine Kompakt-Version der Bild am Sonntag. Sie könnte billiger und dünner werden als die BamS. Die besten Leute des Konzerns sollen das Projekt vorantreiben – und schnell soll alles gehen.

Woher bei “Bild” der Wind in die Segel weht

Ein 21-jähriger Türke hat am vergangenen Mittwoch versehentlich ein jahrzehntelang von linken Gutmenschen kunstvoll aufgeschichtetes Lügengebäude zum Einsturz gebracht, indem er in der Gesprächssendung “Hart aber fair” nicht “Deutschland” die Schuld daran gab, dass er kriminell wurde. Dass er sich so offen und wahrheitsgemäß äußerte, war nämlich ein dramatischer Fehler: SPD, Grüne oder der WDR hatten versäumt, den Gast vor der Show zu “briefen”, wie es sonst immer üblich ist: den Türken also zu sagen, dass sie in den Medien gefälligst die mangelnden Möglichkeiten in diesem Land anprangern müssen.

Das klingt nicht sehr plausibel, meinen Sie? Das ist aber, leicht zugespitzt, der “schlimme Verdacht”, den die “Bild”-Zeitung heute äußert:

Es geht um Alaattin Kaymak, einen 21-jährigen Türken, der früher gewalttätig war. Moderator Frank Plasberg fragte ihn in seiner Sendung, was “der Staat Deutschland” für ihn persönlich hätte besser machen können. Kaymak musste lange überlegen, offenbar war er auf die Frage nicht vorbereitet. Es entstand eine Pause, dann sagte er:

“Da fällt mir jetzt eigentlich nicht viel zu ein, weil es ist hier eigentlich alles gegeben an Möglichkeiten — man muss sie auch ein bisschen selber suchen.”

Unmittelbar darauf flüsterte der Grünen-Politiker Özcan Mutlu der neben ihm sitzenden Justizministerin Brigitte Zypries zu: “Wurde der gar nicht gebrieft?”, worauf sie antwortete: “Doch!”

“Bild” fragt:

Hat Zypries und Mutlu diese Antwort nicht gefallen? (…)

Gibt es bei Plasberg Absprachen mit Gästen über ihre Antworten? Einen Tag nach der Sendung gab es Riesenwirbel. So gab es bei “FAZ-online” und anderen Internetforen den Verdacht, dass hinter dem Rücken der Zuschauer manipuliert wurde.

FAZ.net hat diesen Verdacht keineswegs. Der “FAZ”-Redakteur nennt ihn im Gegenteil eine “Verschwörungstheorie”, denn “die Erklärung” für den Vorfall sei, wie Özcan Mutlu der “FAZ” gesagt habe, “ganz einfach”:

Weil er erst in letzter Sekunde ins Studio gekommen war und die Gespräche, die Plasberg vor Sendebeginn mit den einzelnen führte, nicht mitbekam, habe ihn gewundert, warum der junge Mann bei dieser Frage so ins Stottern kam.

Es gibt aber tatsächlich ein “Internetforum”, das den Verdacht der Manipulation verbreitet: die Seite “Politically Incorrect”, ein erfolgreiches islamfeindliches Blog, das immer wieder durch Falschinformationen und rassistische Kommentare bis hin zu Morddrohungen auffällt. Es verbreitete bereits gestern Vormittag die Behauptung, bei dem “Flüsterdialog” handele es sich um einen “unfassbaren Skandal im deutschen Fernsehen und der deutschen Politik”.

Der anonyme Autor von “Politically Incorrect” behauptet, die Tatsache, dass einem jungen Türken keine Antwort auf die Frage einfiel, was Deutschland denn besser hätte machen können, sei von wegweisender Bedeutung und nennt Kaymaks Satz:

Eine Aussage, die gerade der üblichen Argumentation, Deutschland würde den Migrantenkindern nicht genug bieten und sich nicht genügend um Integration bemühen, vollkommen den Wind aus den Segeln nimmt.

Das klingt doch arg überinterpretiert, würde bedeuten, dass wir fortan nicht einmal mehr über Mängel bei der Integration reden müssten, sondern wirklich nur noch übers Wegsperren und Ausweisen, aber es handelt sich ja auch um ein für diese und andere extremen Meinungen bekanntes Blog. “Bild” dagegen nennt Kaymaks Satz:

Eine Ansicht, die der häufigen Argumentation, dass mehr für die Integration von Migrantenkindern getan werden muss, den Wind aus den Segeln nahm.

Na sowas.

Vielen Dank an Sven D.!

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