Aber angesichts der Abwegigkeit des restlichen Artikels über die “schlechten Verkaufszahlen des jüngsten Werkes von Bruni” ist das womöglich ein angemessener Einstieg.
P.S.(mit Dank an Niels D.): Anderntags wusste die gedruckte “Bild” die, ähm, “schlechten Verkaufszahlen” auf ihre Art zu, ähm, würdigen.
Naja. Anders als Bild.de stellen wir uns ja, ehrlich gesagt, unter enthüllen eigentlich etwas anderes vor als irgendwelche abwegigen Behauptungen aufstellen.
Aber wir würden ja auch nicht behaupten, Mitchell habe das mit den Außerirdischen “in der britischen Zeitung ‘The Sun’ enthüllt”. Denn “enthüllt” hat’s der für seine UFO–Behauptungen bekannte Mitchell in einem unbedarften Interview mit dem Radiosender des britischen Rockmusik-Magazins “Kerrang”. Die “Sun” hat nur (anders als verschiedeneandereMedien, die ebenfalls über Mitchells “Enthüllungen” berichten) die Quelle unterschlagen.
“Bild” druckt ja angeblich Gegendarstellungen, bei denen “das Recht der Gegendarstellung im Kern mißbraucht wird”, gerne. Noch lieber als Gegendarstellungen zu drucken, sucht “Bild” sie jedoch zu vermeiden – insbesondere dann, wenn durch sie das Recht der Gegendarstellung im Kern nicht mißbraucht würde.
Am 5. Juli hatte “Bild” in einem großen Artikel über Sterbehilfe in Deutschland auch ein wenig über Sterbehilfe in der Schweiz berichtet.
Genauer gesagt: “Bild” hatte implizit behauptet, die Schweizerische Sterbehilfe-Organisation Dignitas leiste “AKTIVE” Sterbehilfe. Und “Bild” hatte geschrieben, eine Krebspatientin aus Deutschland, die sich von Dignitas beim Sterben helfen ließ, sei “erst nach 38 Minuten Höllenqualen” gestorben und habe immer wieder geschrien “Ich verbrenne! Ich verbrenne!” Das ist gänzlich unbewiesen und wird vom Dignitas-Chef Ludwig A. Minelli seit langem bestritten (wir berichteten).
Darin antwortet Minelli auf die “Bild”-Frage, “Was ist aktive Sterbehilfe, was passive Sterbehilfe?”:
“(…) Dignitas assistiert Menschen lediglich bei ihrem frei gewählten Suizid. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass der Mensch schmerzfrei und in Würde sterben kann. Deswegen wehren wir uns auch gegen Behauptungen, eine Krebspatientin habe beim von uns begleiteten Suizid geschrien, sie würde verbrennen. Bei uns ist jeder der bisher mehr als 900 Suizide völlig schmerzfrei und in Würde erfolgt.”
Das klingt nicht nur wie eine Richtigstellung des “Bild”-Artikels vom 5. Juli, im Prinzip ist es das auch.
Minelli sagt uns auf Anfrage:
“Wir haben nach der ‘Bild’-Berichterstattung unseren Anwalt in Berlin eingeschaltet. Der hat verlangt, dass sie richtiggestellt wird. ‘Bild’ hat daraufhin das Angebot gemacht, das als Interview in einem Kasten neben der Oswalt-Kolle-Geschichte zu machen. Damit war ich einverstanden.”
Mit Richtigstellungen und Korrekturen hat es “Bild” nicht so: Erweist sich ein Artikel als so offensichtlich falsch, dass man ihn eigentlich korrigieren müsste, wird einfach die Wirklichkeit so zurechtgebogen, bis alles wieder stimmt, irgendwie.
Und nachdem “Bild”-Hamburg gestern (wie berichtet) fälschlicherweise behauptet hatte, am Hamburger Rathaus werde eine zum CSD gehisste Regenbogenfahne zeitweilig eingeholt, damit sie auf (Hetero-)Hochzeitsfotos nicht, äh, störe, berichtet “Bild”-Hamburg heute wieder:
Das “jetzt doch” klingt, als habe die Stadt überraschend (und gegen die Stimmungsmache des “Bild”-Artikels) entschieden, die Fahne durchgängig hängen zu lassen. Dabei stand das die ganze Zeit fest.
Und die Frage “Ob das den Hochzeitspaaren gefallen wird?” ist natürlich eine rhetorische, denn wie man uns in Rathaus und Standesamt sagte, hat der “Bild”-Zeitung noch immer kein einziges Hochzeitspaar den Gefallen getan, sich über die Regenbogenfahne zu beschweren.
Immerhin kann “Bild” heute ganz nebenbei das Datum korrigieren, das in der gestrigen Bildunterschrift mit “24. Juli” angegeben war.
Zudem ist Farid Müller heute sogar korrekt zitiert – sein Satz stammt aus seiner gestrigen Pressemitteilung zum Thema. Die gestern von “Bild” zitierte Äußerung, wonach Müller das mutmaßliche kurzfristige Einholen der Fahne als “praktikable Lösung” bezeichnet haben soll, hatte er nämlich so nie getätigt, wie er auch auf unsere Nachfrage noch einmal bestätigte.
Man kennt das. Die Fotos von der Hochzeit sind endlich entwickelt, man hat schon einen Bilderrahmen besorgt, und dann das: Hinter dem glücklichen Brautpaar ein Regenbogen. Ein verdammter Regenbogen. Kein echter, sondern so ein … ein … widernatürlicher: eine Schwulen-Fahne! Die passt einfach nicht zu Renates Brautkleid. Und zum Anlass schon gar nicht. Tränen, Hysterie, und was wird Tante Gertrud sagen. Es sollte doch der schönste Tag im Leben sein – und Renates Vater hatte extra eine neue Digitalkamera … Na, schöne Scheiße!
Es ist der Alptraum von Kristin Breuer, die für die gestrige Hamburg-Ausgabe von “Bild” groß schrieb:
Wie kann es bei den sonst so steifen Hanseaten zu solchen Peinlichkeiten kommen, wie kann man unbescholtene Frischvermählte derart in Schwulitäten bringen?
Nun: Am übernächsten Wochenende findet in Hamburg der Christopher Street Day statt. Aus diesem Anlass soll am Rathaus eine Regenbogenfahne, das Symbol der Lesben- und Schwulenbewegung hängen. Ausgerechnet an dem Wochenende, an dem im Hamburger Rathaus geheiratet werden darf.
Allein: Nach unseren Informationen hat sich bis heute kein Brautpaar, das am 1. August im Hamburger Rathaus heiraten will, über die Fahne beschwert.
Der Vorstand von Hamburg Pride e.V. kommentierte das auf unsere Anfrage wie folgt:
Liebe “Bild”, bitte zeigt uns ein Brautpaar, das sich beschwert hat, wir laden die Frischvermählten gerne am 2. August auf den Hamburg Pride Wagen ein.
Und auch das, was “Bild” weiter schreibt, stimmt nicht:
Nun wird zwar Donnerstagabend die Regenbogenflagge zunächst mit einer kleinen Zeremonie und anschließendem Empfang gehisst, Freitag wird sie dann bis nachmittags aber mit Rücksicht auf die Hochzeitspaare wieder heruntergenommen.
Wie man uns auf Anfrage im Hamburger Rathaus bestätigte, wird die Fahne am Donnerstag aufgehängt und am Sonntag eingeholt. Dazwischen wird sie die ganze Zeit hängen bleiben.
Die Behauptung …
… ist somit doppelter Blödsinn, weil die Flagge auch nicht am 24. Juli gehisst wird, sondern erst am 31. Juli.
Deshalb ist es auch merkwürdig, dass Farid Müller, der schwulen- und lesbenpolitische Sprecher der GAL-Fraktion, das kurzfristige Einholen der Fahne laut “Bild” eine “praktikable Lösung” genannt haben soll — und tatsächlich bestreitet sein Sprecher laut Queer.de auch, dass es sich um ein autorisiertes Zitat handele.
Wenn man also alles, was faktisch falsch oder diffus schwulenfeindlich ist, aus dem “Bild”-Artikel rausstreicht, bleibt noch ungefähr so viel übrig:
Ich weiß, dass auf dem Schreibtisch des Papstes, der zurzeit in der Wohnung im Cathedral House des Kardinals von Sydney steht, ein Zettel mit folgender Telefonnummer liegt: Sie beginnt mit den Ziffern 02645… Mehr kann ich nicht verraten.
Es ist die Telefonnummer von Steffie B. (81), Kusine von Papst Benedikt XVI. (…) Sie lebte bis zum Jahr 1956 in Weilheim in Oberbayern, dann emigrierte sie nach Cooma bei Canberra in Australien. Ich habe diese Nummer schon einmal angerufen.
„Ja, mei“, sagt sie. „Nach so langer Zeit ruft mich ein deutscher Journalist an. Ich kann es gar nicht glauben“, sagt sie auf Deutsch (…).
Und fünf Absätze später schreibt Englisch:
Doch abgesehen davon, dass man sich fragt, was daran eigentlich ein “Problem” sein soll, ist es nicht das einzige. Denn vor und nach diesem Absatz nennt Englisch die Papstkusine bloß “Steffie B.”. Und wenn man also annimmt, dass Englisch die Frau hat anonymisieren wollen, ist es ihm nicht nur nicht gelungen — es ist zudem auch überflüssig:
Dass Steffie B. Steffie Brzakovic heißt, ist schließlich kein Geheimnis. Bereits 2005 berichtete die “Canberra Times” über sie* und – was die Überraschung der Kusine über Englischs Anruf ein wenig irritierend wirken lässt – am vergangenen Donnerstag (also zwei Tage vor Erscheinen der Englisch-Kolumne) auch die italienische Zeitung “Il Giornale”, was anschließend weltweit und u.a. durch eine dpa-Meldung weiterverbreitet wurde.
*) Die “Canberra Times” berichtete damals übrigens (wie jetzt auch “Il Giornale” und dpa, nicht aber “Bild”), dass der Papst die Kusine schon mal angerufen hat. Kein Wunder also, dass er ihre Nummer kennt. Und wenn nicht: “Il Giornale” nennt nicht nur Brzakovics Namen, sondern auch Straße und Hausnummer. Der Rest steht im Telefonbuch.
Es geht um Paul Potts, der 2007 durch die Show “Britain’s Got Talent” bekannt wurde. Eigentlich eine leichte Aufgabe. Potts’ Leben ist gut dokumentiert. Zum Beispiel auf seiner eigenen Internetseite oder, falls man des Englischen nicht so mächtig ist, als Übersetzung bei seiner Plattenfirma Sony BMG.
“Bild”-Autor Sven Kuschel hätte also nur abschreiben müssen, was dort über Potts geschrieben steht, und es in eine für “Bild”-Leser angemessene Form bringen können. Und womöglich ist das sogar genau das, was Kuschel getan zu haben meint.
Sony BMG über Potts:
“Im Sommer des Jahres 2000 investierte Paul einige Ersparnisse und etwas Geld, dass er in einer Quizshow gewonnen hatte, um drei Monate lang eine Sommerschule in Italien zu besuchen, um italienisch zu lernen und seiner Leidenschaft noch intensiver nachkommen zu können. Er erhielt sogar die Gelegenheit, vor seinem Idol Pavarotti zu singen.”
Dass er schreibt, Potts habe sich von einem Quizshowgewinn “eine dreimonatige Gesangsausbildung” finanziert, obwohl davon in Potts’ Biografie nicht die Rede ist, kann man vielleicht noch durchgehen lassen. Immerhin steht da so etwas ähnliches (siehe Kasten).
Wo es allerdings um das Thema “SCHICKSALSSCHLÄGE” geht, quasi die Kernkompetenz von “Bild”, da schreibt Kuschel:
2003 erlitt Potts einen Blinddarmdurchbruch. Im Krankenhaus entdeckten Ärzte einen Tumor in der Nebenniere. Krebs! Er wurde geheilt, hatte kurz darauf einen schweren Motorradunfall.
Das ist dann doch ziemlich übertrieben. Zum einen hatte Potts keinen “schweren Motorradunfall”, sondern er stürzte vom Fahrrad und brach sich das Schlüsselbein. Vor allem aber hatte Potts keinen Krebs – und schon gar nicht “Krebs!” Bei Sony BMG heißt es dazu:
Doch schon bald sollte er einen herben Rückschlag erleben: 2003 wurde ein Blinddarmbruch bei ihm diagnostiziert. Während der Behandlung stellten die Ärzte einen gutartigen Tumor an der Nebenniere fest. (Link von uns)
Mit Dank an Nico W. für den sachdienlichen Hinweis.
Nachtrag, 21.7.2008: Bei Bild.de wurde der “Krebs!” inzwischen aus dem Text entfernt und der “Motorradunfall” zum “Verkehrsunfall”.
Das Foto, mit dem Bild.de einen Artikel über die Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim illustriert, ist (wenn wir ehrlich sind) nicht sonderlich originell, kein wirklicher Hingucker, aber groß – so groß, dass es hier in Originalgröße kaum auf die Seite passt (siehe Screenshot). Bereits seit gestern nachmittag online, sehen wir darauf vor allem ein Schild, auf dem “Popakademie Baden-Württemberg” steht – so wie auch im ersten Absatz des Bild.de Artikels und im zugehörigen Teaser, wo es der Bild.de-Autor unmittelbar hinter das Wort “Ruhrpott” geschrieben hat.
Mit Dank an den Mannheimer N. für den Hinweis.
Nachtrag, 17.56 Uhr:Bild.de hat jetzt vorsichtshalber den Ruhrpott und Baden-Württemberg aus dem Text gestrichen. Der Mitarbeiter indes, der für die Korrektur des Teasers zuständig war, hat diese “Sicher-ist-sicher”-Strategie offenbar noch nicht so verinnerlicht und aus der Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim die “Popakademie Mannheim in Baden-Württemberg” gemacht.
“Bild”-Chefredakteur und Bild-Digital-Geschäftsführer Kai Diekmann hat dem “kress report” erklärt, worauf es bei Online-Videos ankommt:
“Online-Videos erfordern eine ganz neue Form des Storytelling — schnell, emotional, subjektiv, selbst produziert, nicht zu akkurat.”
Zumindest der letzte Punkt ist für Bild.de nun wirklich eine Leichtigkeit. Geradezu vorbildlich ist da der aktuelle Bild.de-Video-Bericht von der Spielemesse E3, die heute in Los Angeles zuende geht, in dem es heißt:
Auch bei Sony gibt es viel Neues. Bald wird es die PlayStation 3 mit eingebautem Modem geben.
Wir wollen der hörbar erregten Bild.de-Sprecherin nicht die Vorfreude nehmen, aber “bald” ist hier im Sinne von “seit 16 Monaten” zu verstehen. Die Playstation 3 kam im März 2007 auf den europäischen Markt, und einen Internetanschluss hatte sie damals auch schon.
Aber was ist schon ein Jahr in der schnelllebigen Computerspielwelt? Gut: sehr viel, richtig. Aber doch immerhin weniger als vier Jahre. Der Bild.de-Bericht endet nämlich mit den Worten:
Ob nun “Halo 2”, “Half Life 2” oder “Doom 3” — Spielfans aus Deutschland dürfen schon mal gespannt sein, mit welchen Games sie bald die Nächte durchzocken können.
Halo 2, Half Life 2 und Doom 3 sind 2004 erschienen. Das könnte der Spannung ein bisschen Abbruch tun.
Nachtrag, 16:05 Uhr. Das neue Geschwindigkeits-Postulat bedeutet offenbar, dass alles work in progress ist bei den Bild.de-Videos. Kurz vor der Veröffentlichung dieses Eintrages hat Bild.de den Text geändert. Nun heißt es:
Auch bei Sony gibt es viel Neues. Bald wird es die PlayStation 3 mit 80 Gigabyte Festplatte geben.
Und:
Ob nun “God of War 3”, “Wii Sports Resort” oder “Final Fantasy 13” — Spielfans aus Deutschland dürfen schon mal gespannt sein, mit welchen Games sie bald die Nächte durchzocken können.
In einer ersten Version des Videos, die bis heute Mittag online war, hatte Bild.de sogar noch eine “PlayStation 4 mit eingebautem Modem” angekündigt.
Mit Dank an Marvin S., Matthias L., André L., Martin K., Florian R., Gilbert S., Matthias W., Matthias N., Roman, Andreas K. und Christoph A.
Da hat der Ex-Bundesverkehrsminister Krause aber noch mal Glück gehabt. Denn ebenso gut hätte über ihn in der heutigen Berlin-Brandenburg-Ausgabe der “Bild”-Zeitung Folgendes stehen können:
Stattdessen steht heute über Krause in “Bild” jedoch bloß:
Wobei auch das nichts heißen muss. Denn vor ein paar Jahren berichtete “Bild” ja schon einmal über einen Mann, der offensichtlich mit einer überaus ähnlichen Technik arbeitet wie Günther Krause. “Bild” entschied sich damals, sie bundesweit dahingehend, ähm, zusammenzufassen, dass er “aus Katzen Benzin” mache. In einer “Bild”-Regionalausgabe aber hatte die Sache zunächst auch ganz harmlos angefangen:
Erstaunlich an dem heutigen “Bild”-Bericht ist aber auch, dass Krause dort über sein Erdöl-Rohöl-aus-Müll-Projekt behaupten darf, er sei “der Erste, der das schafft!” — und dafür kein Moment mal! oder Mal sachte! von “Bild” erntet, sondern bloß ein aufmunterndes: