Archiv für Vermischtes

Jungbrunnen “Bild”

In der Online-Redaktion von “Bild” wird sehr, sehr verlässlich gearbeitet: Kaum haben die Kollegen der Printausgabe eine brandheiße Geschichte im Blatt, steht der Aufreger auch schon online.

Heute zum Beispiel der “Krieg der Schumis”, den “Bild” ausruft, weil sich die Schumacher-Brüder beim Formel-1-Rennen in Monaco am vergangenen Sonntag in die Quere kamen und nun Ralf Schumachers Frau Cora der “Bild”-Zeitung ein paar halbwegs druckfähige Zitate dazu geliefert hat (“lebensgefährlich…”, “unnötig und gefährlich…”).

Dabei sind sie bei “Bild” womöglich mit dem Alter der “starken Frau” etwas durcheinander geraten. Auf der Titelseite steht:
...Cora (29)...

Im Text schreibt “Bild” hingegen:
...Cora (28)...

Und im Beitrag neben Coras Foto steht:
...Cora (27)...

Und weil in der Online-Redaktion von “Bild” so unglaublich verlässlich gearbeitet wird, haben die Redakteure bei Bild.de ohne mit der Wimper zu zucken einfach alle drei Altersangaben in die Internetversion des Beitrags übernommen: eine in den Teaser, eine in den Text, eine in die Bildunterschrift.

Dank an Mischa B. für den sachdienlichen Hinweis.

Nachtrag, 12.25 Uhr: Inzwischen hat man sich bei Bild.de für die goldene Mitte entschieden, die Altersangabe im Teaser korrigiert und sie in der Bildunterschrift herausgenommen. Cora Schumacher ist 28.

Trapattoni fliegt nicht

Es ist seltsam: Der Fußballtrainer Giovanni Trapattoni ist gerade mit seiner Mannschaft Benfica Lissabon portugiesischer Meister geworden und jetzt “fliegt” er. So steht’s jedenfalls bei Bild.de:

Trap feiert – und fliegt!

Und im Text heißt es dann:

Trotzdem hat Trap fertig. Fans und Presse lästern über seinen Mauer-Fußball.

Wir wissen natürlich nicht, welche Presse und welche Fans da gemeint sind, wundern uns aber doch etwas, dass hier zum Beispiel dieses steht:

Die Fans von Benfica Lissabon liegen “Maestro” Giovanni Trapattoni zu Füßen. (…) Auch die Gazetten stimmten in den Jubel-Chor um “Trap” ein. “Er kam, sah, triumphierte und sagt jetzt auf Wiedersehen”, titelte die Zeitung “A Bola”. “Die Großen sind unter Trapattoni wieder auferstanden”, schrieb Zeitung “Record”, “Danke, Trap, Benfica ist wieder da”, meinte “A Capital”.

Entsprechend ist auch die Überschrift bei Bild.de natürlich völliger Unsinn. Trapattoni “fliegt” nicht, er denkt lediglich über seinen Rücktritt nach, weil er seine Familie vermisst. Und das weiß sogar “Sport Bild”.

Mit Dank für den sachdienlichen Hinweis an Schon M.

Traurige Fakten

Schwer zu sagen, ob das “brutale Grand-Prix-Debakel” (also die Tatsache, dass der deutsche Beitrag beim Eurovision Song Contest in Kiew am vergangenen Samstag auf dem letzten Platz landete) “jetzt” tatsächlich “Konsequenzen” hat, wie es heute in der “Bild”-Zeitung steht, ob es also irgendwie gerechtfertigt ist, wenn “Bild” behauptet:

0 points! ARD feuert Grand-Prix-Chef

Tatsache ist, dass der für den Grand Prix zuständige NDR bereits gestern bekannt gab, der bisherige Grand-Prix-Verantwortliche Jürgen Meier-Beer höre “auf eigenen Wunsch” auf.

Tatsache ist auch, dass die Nachrichtenagentur ddp daraufhin schrieb:

“Meier-Beer unterstrich, sein Abgang habe nichts mit dem Grand-Prix-Debakel (…) zu tun (…). Die Gespräche über eine neue Aufgabe für ihn hätten bereits vor einem halben Jahr begonnen.”

Und der NDR legte heute, nach den “ARD feuert Grand-Prix-Chef”-Behauptungen, mit einer zweiten Pressemitteilung nach, in der es heißt:

“Spekulationen in Teilen der Presse, der NDR habe seinen Grand-Prix-Verantwortlichen strafversetzt oder gar gefeuert, entbehren jeder Grundlage (…). Tatsächlich hat Herr Dr. Meier-Beer bereits vor sechs Monaten darum gebeten, nach zehn Jahren mit einer neuen Aufgabe betraut zu werden. Zu diesem Zeitpunkt haben wir gemeinsam begonnen, seinen Wechsel vorzubereiten (…)”

Und wenn sich der NDR nun abermals (und derart ausdrücklich) an die Öffentlichkeit wendet und betont, die Personalie stehe “in keinem Zusammenhang mit dem Abschneiden der Sängerin Gracia beim ‘Eurovision Song Contest'”, dann sollte man sich den “Bild”-Text vielleicht doch noch einmal genauer anschauen. Schließlich findet man dort zwar jede Menge Ausrufezeichen (“Gracia Letzte! Miese Quote! Falsches Konzept!”, “Das brutale Grand-Prix-Debakel in Kiew, jetzt hat es Konsequenzen!”, “Die ARD feuert Grand-Prix-Chef Jürgen Meier-Beer (53)!”, “Null Punkte für den Ex-Unterhaltungs-Chef!”, “Sinkende Einschaltquote!”, “Katastrophales Ergebnis!”, “Hohe Kosten!”, “Falsches Auswahlsystem!”) — aber kein einziges Indiz für die Behauptung, Meier-Beer sei gefeuert worden.

Stattdessen findet man unter dem Stichwort “Traurige Fakten” den Satz:

2000 schauten noch 12 Millionen zu, dieses Jahr nur rund 7 Millionen.

Und das ist in der Tat traurig, weil es nämlich 2000 nicht “12 Millionen”, sondern 10,03 Millionen Zuschauer waren, was hier nur deshalb Erwähnung finden soll, weil “Bild” nicht einmal dort, wo sie ausdrücklich mit “Fakten” aufwartet, mit Fakten aufwartet.

Nachtrag, 18.6.2005:
Bild.de muss eine Gegendarstellung des NDR-Intendanten Jobst Plog u.a. veröffentlichen, in der es heißt, “daß Herr Dr. Meier-Beer bereits vor mehreren Monaten darum gebeten hat, mit einer neuen Aufgabe betraut zu werden und bereits vor Durchführung des ‘Eurovison Song Contest’ feststand, daß Herr Dr. Meier-Beer den Posten des „Grand-Prix-Chefs“ abgeben würde.” Der “Bild”-Artikel selbst ist online nicht mehr verfügbar.

Jede Menge schräge Vögel (1)

Unser Kanzler ist Putins Kumpel, seine Frau wirbt so lieb für Hundefutter und unser Konsulat in der Ukraine läßt jede Menge schräge Vögel rein.

BILD-Autor Hauke BrostAnlässlich des Eurovision Song Contest widmet sich “Bild”-Kolumnist Hauke Brost heute Grundsätzlichem. Und wir widmen uns “Bild”-Kolumnist Hauke Brost. Denn das Leben ist eine Achterbahn, nur ungerechter.

Hintergrund: Wer ist Hauke Brost?

“Bild” weiß Russland nicht

Heute reden wir mal über Inkompetenz. Die “Bild”-Zeitung fordert nämlich heute ihre Leser auf, sich ihre Fernsehgebühren von der ARD “zurückzuholen”, weil der Grand Prix so schlecht war:

Was Ihr Peter Urban uns am Sonnabend zugemutet hat, war eine an Langeweile und Inkompetenz nicht zu überbietende TV-Katastrophe.

Der Hauptvorwurf, der fast die Hälfte des zugehörigen “Bild”-Artikels ausmacht, lautet wie folgt:

Hätten Sie gewußt, was “Belrus” bedeutet?

Nein? Macht nichts! 7,01 Millionen TV-Zuschauer wußten es bei der Übertragung des “European Song Contest” auch nicht. Weil die ARD nicht mal in der Lage war, die eingeblendeten Untertitel des ukrainischen Fernsehens zu übersetzen. BILD hilft: “Belrus” ist englisch und heißt übersetzt: Weißrußland …

Daran ist ungefähr alles falsch.

Der Wettbewerb heißt nichtEuropean Song Contest”, sondern “Eurovision Song Contest”. “Belrus” ist kein englisches Wort. Das Wort, das “Bild” meint, heißt “Belarus”. Das ukrainische Fernsehen hat auch “Belrus” nicht als “Untertitel” eingeblendet. Eingeblendet war “Belarus”, das englische Wort für Weißrussland.

Und an exakt dieser Stelle, an der das ukrainische Fernsehen “Belarus” einblendet, weil die weißrussische Punktevergabe zu sehen ist, sagt der “inkompetente” ARD-Moderator Peter Urban wörtlich dies:

Nun nach Weißrussland.

Jetzt können Sie natürlich immer noch den Vordruck von “Bild” benutzen, an die ARD schreiben und versuchen, sich Ihre TV-Gebühren zurückzuholen. Aber wenn Sie sich schon über Inkompetenz beschweren wollen, vielleicht schreiben Sie lieber woanders hin?

Nachtrag, 20.6.2005:
Am 16.6.2005 musste “Bild” eine entsprechende Gegendarstellung des NDR-Intendanten Jobst Plog abdrucken.

Da pimpt was nicht

Es gibt “Pimp Daddy”-T-Shirts, “Pimp Daddy”-Zigarettenpapiere und “Pimp Daddy”-Zigarettendrehmaschinen, “Pimp Daddy”-Goldkettchen, “Pimp Daddy”-Hüte, “Pimp Daddy”-Puppen, andere “Pimp Daddy”-Puppen und andere “Pimp Daddy”-T-Shirts – und es gibt (jedenfalls laut Bild.de) einen “neuen Trend aus Amerika”: das “Pimpen”!

Lesen wir doch mal rein, was Bild.de so schreibt:

(…) Der neue Protz-Trend kommt – logisch – aus den USA. Dort haben Rap-Ikonen wie Snoop Dogg, 50 Cent oder Namensgeber Pimp Daddy eine Pimp-Mania ausgelöst. (…)

Aha, möchte man da sagen. Oder doch lieber: Ach ja?

Denn selbst, wenn wir den Trendscouts von Bild.de nicht unterstellen wollten, dass sie womöglich was verwechselt und peinlicherweise nicht “Pimp Daddy” sondern Puff Daddy bzw. P. Diddy gemeint haben könnten (ja, sogar, wenn man nach längerem Suchen tatsächlich einen irrelevanten Rap-Musiker gleichen Namens ausfindig zu machen vermag), geht die angebliche “Pimp-Mania” natürlich mitnichten auf irgendeine namensgebende Rap-Ikone zurück, sondern – wie die “Pimpen”-Experten von Bild.de leider verschweigen – bloß auf die ursprüngliche Bedeutung des Wortes pimp, also “Zuhälter”, weshalb dann auch der Begriff Pimp Daddy nichts anderes bezeichnet als ein dazugehöriges (nicht nur in Rapper-Kreisen beliebtes) Klischee, das in den letzten Jahren durch Lieder wie dieses, TV-Sendungen wie diese und diese oder sowas noch populärer wurde.

Mit anderen Worten: Die Bild.de-Mär vom “Namensgeber Pimp Daddy” ist ebenso dumm wie dreist (insbesondere dort, wo dann auch noch von “weiblichen Pimps” und dem “Pimp-Doc” die Rede ist), wäre aber kaum der Rede wert, zeigte sie nicht, wie man im Hause “Bild” sogar bei unreif zusammengeschusterten Artikelchen ungeniert drauflosfantasiert.

Mit Dank an Perry für die Anregung.

Nachsitzen!

In der vergangenen Woche rief ein Redakteur der “Bild am Sonntag” in der Programmdirektion der ARD an. Zahlreiche Leser hätten sich beschwert, sagte er, dass die Harald-Schmidt-Sendung nur so selten im Fernsehen komme. Ein Pressesprecher erklärte ihm, dass das von vornherein so geplant gewesen sei; nur am vergangenen Donnerstag habe die Sendung relativ kurzfristig für “Speer und Er” den Platz räumen müssen. Die “Bild am Sonntag” könne ihren unzufriedenen Lesern aber eine frohe Botschaft mitteilen: Harald Schmidt werde in diesem Jahr häufiger als geplant auf Sendung gehen, nämlich 71 statt 64 mal. Eine Handvoll Shows, die eigentlich im Umfeld der Fußball-WM stattfinden sollten, habe man von 2006 auf 2005 vorgezogen, als man feststellte, dass an vielen Terminen abends gar keine Übertragungen von Spielen stattfanden. Deshalb werde Harald Schmidt in diesem Jahr schon früher als geplant aus der Sommerpause zurückkehren.

Im Klartext: An der Gesamtzahl der mit Schmidt in den nächsten Jahren vereinbarten Shows ändert sich laut ARD nichts, und mit der dünnen Präsenz der vergangenen Wochen hat das nichts zu tun.

Vielleicht hat der “Bild am Sonntag”-Redakteur das nicht verstanden. Vielleicht hat er sich auch nicht besonders viel Mühe gegeben, es richtig zu verstehen. Jedenfalls erschien in der Zeitung und im Online-Auftritt dann ein Artikel mit folgenden Aussagen:

Zu wenig gearbeitet!
ARD kürzt Harald Schmidt den Urlaub

Nachsitzen für Harald Schmidt (47)! Weil der TV-Satiriker in den letzten Wochen so selten auf dem Bildschirm zu sehen war, muß er in der zweiten Jahreshälfte mehr Sendungen produzieren als geplant. (…) 71 Sendungen muß der Ex-SAT.1-Star in diesem Jahr abliefern, doch das ist mit der ursprünglichen Programmplanung nicht zu schaffen.

Das ist in dieser Form, nun ja: falsch.

Wäre aber vielleicht nicht so schlimm, denn die “Bild am Sonntag” schreibt häufiger mal Dinge, die nicht stimmen. Schlimm ist, dass diese Dinge von anderen Zeitungen abgeschrieben werden, auch solchen, die sich als seriös ausgeben. Dass an der Meldung der “Bild am Sonntag” etwas faul ist, hätte jeder aufmerksame Redakteur auch ohne weitere Recherche und durch einen Blick ins eigene Archiv wissen können: Bislang war nämlich immer davon die Rede gewesen, dass Schmidt jährlich 64 Sendungen für die ARD produzieren muss, und nicht 71. Warum sollten es plötzlich mehr sein? Und warum sollte die ARD im Mai feststellen, dass diese 71 nach der bisherigen Planung nicht unterzubringen sind? Und wieso sollte es die Schuld von Harald Schmidt sein, dass er u.a. “Speer und Er” weichen musste?

Genug offene Fragen, sollte man denken, um die “Bild am Sonntag”-Geschichte nicht ohne weitere Recherche einfach zu übernehmen. Stattdessen stand sie in den folgenden Tagen fast überall, oft mit den wortgleichen — falschen — Formulierungen: in “Spiegel Online”, bei der “Süddeutschen Zeitung” sowohl Online als auch heute noch einmal in anderer Form in der Druckausgabe, bei “Focus Online”, im Kölner “Express”, in der Österreichischen “Krone”, bei den Nachrichtenagenturen AFP am Sonntag um 12.09 Uhr, AP am Sonntag um 13.47 Uhr, dpa am Sonntag um 13.55 Uhr, dpa am Sonntag um 16.31 Uhr, AP am Montag um 16.25 Uhr, dpa am Montag um 10.40 Uhr und und und.

Keine der genannten Agenturen oder Zeitungen hat den offensichtlichen Widerspruch zwischen den 64 geplanten und 71 von “Bild am Sonntag” behaupteten jährlich zu produzierenden Sendungen erwähnt. Keine fand es nötig, in irgendeiner Form selbst zu recherchieren. Alle haben sich blind auf die ExklusivFalsch-Meldung von “Bild am Sonntag” verlassen.

Nachtrag, 12.45 Uhr: Die ARD hat noch einmal nachgezählt und kommt auf 70 Sendungen in diesem Jahr.

“Büld” kennt sich aus

Es gibt Leute, die halten die morgige “Wetten, dass”-Sendung aus der Türkei für ein Zeichen der Integration und Verständigung und für eine wunderbare Möglichkeit, Vorurteile abzubauen. Andererseits ist Partner der Sendung die “Bild”-Zeitung und für die ist das Wundbare an Vorurteilen nicht ihre Abbaubarkeit, sondern ihre endlose Wiederaufwärmbarkeit.

“Bild” also macht heute anlässlich der Veranstaltung ganz viele lustige Witze über “Thümüs Güttschylük” und “getürkte” Sendungen und zeigt den Moderator in einer Fotomontage mit schwarzem Schnurrbart, fiesem Goldzahn und einem Fes, der traditionellen Kopfbedeckung der Türken…

…oder genauer: der in der Türkei seit 1925 verbotenen traditionellen Kopfbedeckung der Türken. Kemal Atatürk untersagte das Tragen. Er sah in ihm ein Zeichen der Rückständigkeit und des Feudalismus. Die Abschaffung des Fes ist ein Symbol für den Laizismus und die Modernität des türkischen Staates. Und die “Bild”-Zeitung schreibt in ihrer Ahnungslosigkeit unter den Gottschalk mit Fes: “Nie war er soviel Türke!”

“Bild” hat “für Thomas Gottschalk” dann noch einen “Kanakisch-Kurs” organisiert, den “Kult-Autor” Michael Freidank “extra für BILD” geschrieben hat. Das ist nett, und vielleicht hebt Gottschalk ihn sich für die nächste Sendung in Essen, Berlin oder München auf. Denn in der Türkei spricht man selbstverständlich nicht “kanakisch”. In den Worten des “Kult”-Autors selbst:

Diese Sprache ist eine Art Dialekt, die sich in den letzten Jahren rasant ausgebreitet hat und es auch in Zukunft noch tun wird. Er wird in Deutschland gesprochen — und zwar unabhängig von Religionen oder Staatsangehörigkeiten.

Mit Dank an Jörg B. für den sachdienlichen Hinweis.

“Bild” mischt heimlich Diesel mit Benzin

Diese ziemlich dämliche Frage stellt “Bild” heute auf Seite eins:

Und auch davon abgesehen verwirrt der Text dazu ein wenig. Dort heißt es nämlich eingangs:

Die Mineralöl-Multis Aral, Shell und Total mischen heimlich Bio-Kraftstoff aus Raps und Weizen in ihren Sprit: Bei Diesel und Normalbenzin sind es bis zu 5 Prozent pro Liter!

Und etwas später wird dann ein Sprecher von Total zitiert:

“Wir haben erhebliche Qualitätsprobleme, da sich in den Transport- und Lagertanks Wasser absetzt.”

Da wundert man sich schon, dass sich Total so offen zur heimlichen Rapsöl-Beimischung bekennt. Außerdem fragt man sich, warum die überhaupt Rapsöl verwenden, wenn sie doch finden, dass es damit Probleme gibt. Und eine Antwort könnte diese Pressemitteilung von Total geben, die die Überschrift trägt, “Richtigstellung zu fehlerhaftem Bericht der BILD Zeitung”. Da steht u.a. dies hier:

An keiner der rund 1200 Tankstellen von TOTAL in Deutschland wird Benzin mit Ethanol-Beimischung verkauft. (…) Insofern ist das Zitat in der BILD Zeitung zwar formal richtig, aber im falschen Zusammenhang: Es ist die Begründung, weshalb TOTAL kein Ethanol beimischt.

Und wer will, mag sich auch noch diese Pressemitteilung des Mineralölwirtschaftsverbands durchlesen, oder diese des Deutschen Bauernverbands. In allen Mitteilungen kann man auch erfahren, dass die Mineralölgesellschaften gar keinen Hehl daraus machen, dass sie dem Diesel, anders als dem Ottokraftstoff, durchaus Bioethanol Biokomponenten beimischen.

Natürlich muss man das nicht glauben, aber immerhin ergibt es Sinn — im Gegensatz zum “Bild”-Artikel.

Mit Dank für die sachdienlichen Hinweise an Jan M. und Stefan.

Die bittere Rache III

Faustregel 1: Wenn die “Bild”-Zeitung gegen jemanden eine Kampagne fährt, hört sie nicht nach zwei Tagen auf.

Faustregel 2: Je länger die Kampagne andauert, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass in den Artikeln noch Dinge stehen, die stimmen.

Heute ist der dritte Tag der aktuellen “Bild”-Kampagne gegen Alexandra Neldel, und die Zeitung hat sich Folgendes einfallen lassen:

Riesen-Zoff um Sexszenen! Schmeißt Alexandra Neldel bei "Verliebt in Berlin" hin?

“Bild” schreibt: Weil RTL im Juli den Film “Miststück” mit ihr wiederhole, in dem “heiße Sexszenen” mit ihr zu sehen seien, sei Neldel “stinksauer” und wolle vielleicht sogar bei “Verliebt in Berlin” aussteigen.

Nun kann man sich fragen, ob das denn stimmt. Vorher aber noch kann man sich fragen, ob das überhaupt einen Sinn ergibt: Neldel ist bei Sat.1 so erfolgreich, dass RTL sich ärgert. RTL will Neldel zurückärgern und wiederholt deshalb einen alten Film mit ihr. Neldel ärgert sich so sehr über RTL, dass sie daraufhin bei Sat.1 kündigt.

Oder, anders gesagt: Hä?

“Bild” behauptet weiter, Christian Popp, der Produzent von “Verliebt in Berlin”, habe “Bild” gegenüber gesagt:

“Ob Frau Neldel auch in einer weiteren Staffel mitwirkt, ist derzeit noch unklar.”

Mal abgesehen davon, dass auch “noch unklar” ist, ob es eine weitere Staffel geben wird (Telenovelas wie “Verliebt in Berlin” sind eigentlich nicht auf Unendlichkeit angelegt), hat sich Alexandra Neldel schon vor einem Monat festgelegt. Bei “Beckmann” sagte sie am 18. April 2005:

“Ich fände es traurig, weiterzumachen. Dann müssen sie jemand anderes suchen. Nach 225 Folgen ist die Geschichte erzählt.”

Damals war von dem angeblichen Wirbel um die RTL-“Miststück”-Wiederholung noch nichts zu ahnen; der von “Bild” hergestellte Zusammenhang ist offenkundig falsch.

Dass der eigentliche “Zoff um Sexszenen”, von dem “Bild” schreibt, nicht zwischen RTL und Sat.1 stattfindet, sondern zwischen Neldel und dem Springer-Verlag, in dem “Bild” erscheint, verheimlicht die Zeitung. Neldel geht (wie gesagt) dagegen vor, dass Springer mehrmals rechtswidrig ein altes “Playboy”-Foto von ihr veröffentlicht hat. Wenn man das weiß, erkennt man auch den “Bild”-Humor, der sich in diesem Text unter einem Foto von Neldel ausdrückt:

Die gebürtige Berlinerin Alexandra Neldel liebt es, sich erotisch fotografieren zu lassen

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