Die kommende Fußballweltmeisterschaft findet bekanntermaßen in Katar statt. Weil dort recht hohe Temperaturen herrschen, hat die FIFA entschieden, nicht, wie sonst üblich, im Juni und Juli spielen zu lassen, sondern vom 21. November bis 18. Dezember 2022. Das hat Folgen für die nationalen Ligen, auch die Bundesliga, schließlich sind zu dieser Zeit des Jahres normalerweise Spieltage angesetzt. Für die Deutsche Fußball Liga (DFL) stellt sich daher die Frage: Soll sie die Bundesligasaison im Winter 2022 während der Weltmeisterschaft in Katar unterbrechen, weil bei vielen Teams Spieler fehlen werden, die bei der WM für ihre Länder auflaufen? Oder andersrum:
Das fragt die “Sport Bild”-Redaktion in ihrer aktuellen Ausgabe. Sie schreibt dazu:
Bei der DFL wird deshalb ein Plan diskutiert: Die Bundesliga soll auch während der WM weiterspielen!
Werder-Manager Frank Baumann, der in der zuständigen DFL-Kommission Fußball sitzt, bestätigt den Plan. “Wir werden unsere Spieler ganz sicher nicht zehn Wochen in den Urlaub schicken, sofern sie nicht bei der WM sind. Denkbar ist, dass sie ein oder zwei Wochen Zeit zur Regeneration erhalten”, sagt Baumann: “Möglich ist, dass es parallel zur WM Spielrunden der Bundesligisten gibt. Wie die geartet sein könnten, wird in den nächsten Wochen erarbeitet.”
Das ist eine ziemliche Überraschung, vor allem für den zitierten Frank Baumann. “Mit großer Verwunderung” habe er “die Berichterstattung der ‘Sport Bild’ zur Kenntnis genommen”, schreibt sein Verein Werder Bremen auf der eigenen Website. Baumann stellt dort klar:
Ich wurde im Rahmen einer Umfrage danach gefragt, wie Werder Bremen die Bundesligapause während der WM nutzen wird. Ich habe geantwortet, dass die Spieler sicherlich ein bis zwei Wochen frei bekommen werden. Dass es für die Vereine dann aber auch darum gehen wird, in der zehnwöchigen Pause Test- und Freundschaftsspiele auszutragen. Ob das internationale Vergleiche werden, da dieses Problem ja alle Verbände haben, oder Turniere, Spielrunden oder einzelne Partien, ist noch völlig unklar. Bundesligaspieltage werden aber sicherlich nicht ausgetragen. Ich wurde nicht zu Plänen der DFL bezüglich weiterer Spieltage der Bundesliga während der WM befragt und habe somit auch nichts bestätigt.
Mit Dank an den Hinweisgeber!
Nachtrag, 16:12 Uhr: Ein BILDblog-Leser weist uns darauf hin, dass unsere Aussage “hat die FIFA entschieden, nicht, wie sonst üblich, im Sommer spielen zu lassen, sondern im Winter” nicht ganz korrekt ist: Die WM 2010 beispielsweise fand in Südafrika statt, als dort Winter war. Wir haben die Stelle angepasst.
Beim FC Schalke 04 läuft es in dieser Saison nicht besonders gut. Die Mannschaft steht in der Bundesliga nach 26 von 34 Spieltagen auf Rang 15, mit nur drei Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz, der einen möglichen Abstieg in die 2. Bundesliga bedeuten könnte. Und jetzt das:
… schreibt die “Sport Bild”-Redaktion auf der Titelseite ihrer gestern erschienenen Ausgabe. Im Heft hat sie die Nachricht ähnlich wirksam platziert:
Man muss ein “Bild plus”-Abo haben, um lesen zu können, wer “dieser Schalke-Star” ist:
Nach SPORT BILD-Informationen hat Sebastian Rudy (29) jedoch keinen Vertrag für die 2. Liga. Der Nationalspieler (27 Einsätze), der vor einem Jahr für 16 Mio Euro Ablöse vom FC Bayern gekommen war, wäre im Sommer ablösefrei. Sein bis 2022 laufender Kontrakt ist nur für die Bundesliga gültig!
Für solche exklusiven Geschichten zahlt man doch gern. Laut Sebastian Rudys Verein ist sie aber vor allem exklusiv erfunden:
Zu heute in der “Sport-Bild” verbreiteten Behauptungen stellt der FC Schalke 04 klar: Der Arbeitsvertrag von Sebastian Rudy, datiert bis zum 30. Juni 2022, ist unabhängig von der Zugehörigkeit zur 1. oder 2. Bundesliga gültig.
Er beinhaltet keinerlei Klausel, die einen ablösefreien Wechsel zu irgendeinem Zeitpunkt vor dessen Ablauf ermöglicht. Alle anders lautenden Aussagen sind falsch. Der FC Schalke 04 geht davon aus, dass diese falschen Behauptungen ebenso öffentlichkeitswirksam von deren Urhebern richtiggestellt werden.
Ja, davon sollte man eigentlich ausgehen. Bei Bild.de ist der Artikel allerdings auch heute noch unverändert online.
Mit Dank an UtahJazz45, @athloni und @mika84 für die Hinweise!
Der Junge ist richtig gut. Zu gut für den HSV? Hamburgs Sturm-Juwel Fiete Arp (17) dreht bei der U17-WM in Indien auf.
(“Bild”, 17.10.2017)
Jann-Fiete Arp heißt der Stürmer, mit dessen Talent Hamburg seit vielen Jahren niemand Vergleichbaren mehr gesehen hat. Experten sagen ihm eine ganz große Karriere voraus.
(“Bild”, 06.11.2017)
HSV-Idol über Sturm-Juwel – Hrubesch adelt Arp: „Fiete wird ganz oben ankommen“
(“Sport Bild”, 02.01.2018)
Ein Bubi als Hoffnungstäger – Nur Trainer Gisdol lässt sich nicht vom Arp-Hype anstecken
(“Sport Bild”, 18.11.2017)
(“Bild”, 17.05.2017)
Noch in dieser Woche soll geklärt werden, ob HSV-Sturmjuwel Fiete Arp (18) zu den Bayern wechselt.
(“Bild”, 18.7.2018)
Nach seinem spektakulären Einstand im Herbst 2017 mit zwei Toren in den ersten drei Spielen entwickelte sich ein Mega-Hype um das HSV-Eigengewächs
(“Bild”, 27.2.2018)
(“Sport Bild”, 19.10.2017)
Wende beim größten HSV-Juwel!
(“Bild”, 20.7.2018)
18-jähriges Supertalent – Für den HSV: Arp verzichtete auf 8,5 Mio.
(“Sport Bild”, 23.8.2018)
(“Sport Bild”, 12.05.2017)
Für das HSV-Sturmjuwel ist die Partie eine ganz besondere.
(“Bild”, 13.8.2018)
Verliert der HSV nach dem Abstieg sein größtes Juwel an Bayern München?
(“Bild”, 8.3.2018)
(“Bild”, 4.11.2017)
Warum das HSV-Juwel Chelsea absagt
(“Bild”, 2.8.2017)
Hamburgs Sturm-Juwel wird seinen bis 2019 laufenden Kontrakt beim HSV nicht verlängern.
Ich sage dies, weil es teilweise bekannt ist, weil es Fotos gibt — und dass ich “Vetternwirtschaft” oder Beeinflussung bei dieser Recherche trotzdem komplett ausgeschlossen habe.
Das versprach “Bild”-Kolumnist Alfred Draxler im Oktober 2015. Sein Text zur Sommermärchen-Affäre, zur möglicherweise gekauften Fußball-WM 2006 in Deutschland, war laut Draxler das Ergebnis einer “Intensiv-Recherche”:
Draxlers Unabhängigkeitserklärung, die Betonung, er habe “Beeinflussung bei dieser Recherche” komplett ausgeschlossen, wirkte damals bereits ziemlich lächerlich, schließlich beruhte sein Freispruch für seine Kumpels beim Deutschen Fußball-Bund einzig auf “langen und intensiven” Gesprächen mit seinen Kumpels beim Deutschen Fußball-Bund. Jetzt scheint sich Draxlers Beteuerung als glatte Lüge zu entpuppen.
Ein Text im aktuellen “Spiegel” zu einem Gerichtsurteil rund um das Sommermärchen beginnt mit dieser Geschichte:
Das Arbeitsprinzip des Sportjournalisten Alfred Draxler ist das eines Unterziehleibchens: Keiner klebt so eng am Deutschen Fußball-Bund wie der Chefkolumnist der “Bild”, keiner umgarnt die großen Namen so hautfreundlich wie Draxler.
Das war schon so, als er 2015 den Verband nach einer angeblichen “Intensiv-Recherche” in Schutz nahm. Nein, das Sommermärchen, die deutsche WM 2006, sei nicht gekauft gewesen, schrieb er in einer Kolumne. Was der Leser damals nicht erfuhr: dass Draxler seinen Artikel zuvor noch dem amtierenden DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach zum Gegenlesen geschickt hatte, mit der devoten Betreffzeile “Ich kann noch alles ändern.”
Genauso ging das Stück vorab auch an Elvira Netzer, Ehefrau von Altstar Günter Netzer, der ebenfalls in jenen dubiosen Deal um 6,7 Millionen Euro aus der deutschen WM-Kasse verwickelt war: “Ich kann noch alles ändern.”
Alfred Draxler soll seinen Text also den Leuten, über die er berichtet hat, zum Gegenlesen geschickt und ihnen versprochen haben, er könne “noch alles ändern” — und hat dann in genau diesen Text geschrieben, dass er “bei dieser Recherche” Beeinflussung “komplett ausgeschlossen” habe.
Ein anderer Satz in Draxlers DFB-Verteidigungsschrift lautete:
ICH BIN MIR BEWUSST, DASS ICH MIT DIESEM ARTIKEL MEINE REPUTATION ALS JOURNALIST UND REPORTER AUFS SPIEL SETZE.
Kai Diekmann, damals noch “Bild”-Chefredakteur, fand das wohl so überzeugend, dass er in gleich zweiTweets jubelte, was für eine vermeintliche “Hammer!!!”-Enthüllung seinem Kolumnisten Draxler da gelungen sei. Und auch für die “Zeit” wurde es etwas peinlich: Den redaktionellen Twitter-Account hatte auf Einladung “Bild am Sonntag”-Chefredakteurin Marion Horn übernommen, die im Namen der “Zeit” ihrem “Bild”-Kollegen zur Seite sprang und schrieb, dass sie “keinen Grund” habe, “an den Recherchen von Alfred Draxler zu zweifeln”. Zu diesem Zeitpunkt war schon recht offensichtlich, dass es sich nicht um eine Recherche handelte, sondern lediglich um einen Kniefall vor DFB-Buddys.
Alfred Draxler schreibt auch heute noch über die Sommermärchen-Affäre. Am Dienstag erschien in “Bild” ein Artikel von ihm mit der Überschrift “Kein Stimmenkauf!”. Auch dazu finden die “Spiegel”-Redakteure Rafael Buschmann, Jürgen Dahlkamp, Gunther Latsch und Jörg Schmitt sehr treffende Worte:
So gesehen war es keine Überraschung, dass Draxler in dieser Woche wieder für den DFB jubelte. Hintergrund: Das Landgericht Frankfurt hatte die Sommermärchen-Anklage gegen drei Ex-Funktionäre des DFB verworfen, darunter Niersbach. Den Beschluss legte Draxler gewohnt verbandsnah aus: “Der schwere Vorwurf des Stimmenkaufs wurde entscheidend entkräftet.” Eine Lesart, die mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun hat.
Die Frage, ob das Sommermärchen gekauft war oder nicht, war nämlich zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der zweieinhalb Jahre währenden Ermittlungen.
Mehr zu Alfred Draxlers Tätigkeit als inoffizieller DFB-Pressesprecher:
Am späten Freitagabend schien Henning Feindt, der stellvertretende “Sport Bild”-Chefredakteur, mächtig stolz zu sein:
Thomas Tuchel, bis zur vergangenen Bundesligasaison noch Trainer bei Borussia Dortmund, wurde am Düsseldorfer Flughafen fotografiert, unterwegs nach München. Der FC Bayern München hat gerade erst seinen Trainer Carlo Ancelotti entlassen und sucht derzeit nach einem Nachfolger — was Tuchels München-Trip zumindest für den Sport-Boulevard interessant macht (wobei man auch erwähnen muss, dass Thomas Tuchel schon seit längerer Zeit eine Wohnung in München hat). Die “exklusiv-fotos”, die Henning Feindt in seinem Tweet — retweetet von “Bild”-Sportchef Walter M. Straten, geliket von “Sport Bild”-Chefredakteur Alfred Draxler sowie von “Sport Bild”-Fußballchef Chrisitan Falk — beklatscht und die er seinem “Sport Bild”-Kollegen Sven Westerschulze zuschreibt, sind aber alles andere als ein “Great Job”. Sie sind geklaut.
Simon Schlenke war am Freitag gerade auf dem Weg nach Prag, als er und sein Bruder am Flughafen in Düsseldorf Thomas Tuchel sahen. Schlenke machte ein Foto und postete es um 14:28 Uhr bei Twitter:
Nach eigener Aussage schickte er das Bild auch per WhatsApp an Freunde.
Am Freitagabend tauchte ein Ausschnitt von Schlenkes Foto bei Bild.de auf:
Einer der drei Autoren des dazugehörigen Textes: Sven Westerschulze. Am Samstag erschien “Fußball Bild” mit diesem Titelfoto …
… und mit dieser Aufmachung auf den Seiten 2 und 3:
Am selben Tag sah die erste der Sportseiten in der “Bild”-Bundesausgabe so aus:
Überall war das Foto zu sehen, das Simon Schlenke gemacht hatte (und in “Fußball Bild” und “Bild” auch noch ein Foto, das laut Schlenke sein Bruder aufgenommen hatte). Und überall stand als Fotocredit “Exklusiv-Foto SPORT BILD”. Eine Erlaubnis, das Foto zu benutzen, hatten offenbar weder Bild.de noch sportbild.de noch “Fußball Bild” noch “Bild”. Auf Nachfrage erklärte Schlenke bei Twitter:
Alfred Draxler. Sie wissen schon: Der Chefredakteur der “Sport Bild”, der einst seine “REPUTATION ALS JOURNALIST UND REPORTER AUFS SPIEL” setzte und dieses Spiel verlor, hat ein großes Interview mit Dietmar Hopp, dem Mäzen des Bundesligaklubs TSG Hoffenheim, geführt. In der aktuellen Ausgabe der “Sport Bild” präsentiert er es auf vier Seiten und obendrauf gibt es auch noch einen Kommentar von Alfred Draxler zu Hopp:
Draxler schreibt:
Den Unterschied zwischen RB Leipzig und der TSG Hoffenheim nennt Dietmar Hopp im Interview mit SPORT BILD selbst: “Bei Leipzig steckt ein wirtschaftliches Interesse dahinter.”
Das kann der “Sport Bild”-Chef nur bestätigen:
Damit man mich nicht falsch versteht: Ich habe nichts gegen Leipzig und freue mich über die Erfolge des Klubs. Aber in der Tat hat Hopp über den Fußball niemals Werbung für sich selbst oder für das DAX-Unternehmen SAP, dessen Mitbegründer er ist, betreiben wollen.
Stattdessen habe Dietmar Hopp “seinen enormen Reichtum stets für die Region und für soziale Aufgaben eingesetzt.”
Und wenn man draufklickt, landet man auf der Homepage von SAP. Wenn man dort schon ist, kann man auch mal im SAP-Fanshop (gibt es wirklich — für wen auch immer SAP-Fanartikel interessant sein sollen) vorbeischauen. Dort gibt es eine SAP-Mütze mit dem Vereinswappen der TSG Hoffeneheim zu kaufen.
Vielleicht stimmt es ja, was Alfred Draxler schreibt: Der “absolute Ehrenmann” Dietmar Hopp hat “über den Fußball niemals Werbung für sich selbst oder für das DAX-Unternehmen SAP, dessen Mitbegründer er ist, betreiben wollen”. Gemacht hat er es aber durchaus.
Alfred Draxler hat eine Meinung. Immer wieder und zu vielen Themen. Diese Woche hat der “Sport Bild”-Chefredakteur eine Meinung zu “ARD”, “ZDF” und der Vergabe der Übertragungsrechte für Olympia. Bei sportbild.de fordert er:
In der gedruckten “Sport Bild” ist er etwas zurückhaltender:
Dass die Olympischen Winter- und Sommerspiele 2018 bis 2024 nicht, wie bisher, live bei den öffentlich-rechtlichen TV-Sendern zu sehen sein werden, sondern bei “Eurosport”, nutzt Draxler für eine Abrechnung mit “ARD”, “ZDF” und den “17,50-Euro-GEZ-Zwangsgebühren”:
Als Sport-Fan frage ich mich auf der anderen Seite aber mehr und mehr, warum man mir unverändert die 17,50-Euro-GEZ-Zwangsgebühr abverlangt.
Dass es die GEZ seit vier Jahren nicht mehr gibt — geschenkt.
Was Alfred Draxler seinen Lesern nicht verrät: Welcher Anteil des monatlichen Rundfunkbeitrags von 17,50 Euro überhaupt in die TV-Sportberichterstattung fließt. Nehmen wir als Beispiel die “ARD”, die mit 12,37 Euro den größeren Part dieser Summe bekommt. Davon gehen 8,41 Euro an die “ARD”-Landesrundfunkanstalten wie WDR und NDR, und 3,96 Euro an die “‘ARD’-Gemeinschaftsaufgaben”, zu denen auch “Das Erste” zählt. Bei den Landesrundfunkanstalten sind 14 Cent für Sport vorgesehen, beim “Ersten” 70 Cent. Insgesamt also 84 Cent pro Monat (PDF). Zusammen mit dem “ZDF”-Anteil dürfte die Sportberichterstattung jeden Gebührenzahler monatlich knapp einen Euro kosten. Wohlgemerkt: für Sport allgemein auf allen “ARD”-Sendern und im “ZDF”, nicht nur für die Olympischen Spiele im “Ersten” und “Zweiten””.
Das ist also der Grund, warum der “Sport Bild”-Chef gegen die “Zwangsgebühren” der Öffentlich-Rechtlichen wettert: ein Bruchteil von einem Euro pro Monat.
Das einzige inhaltliche Argument, das Draxler in seinem Kommentar zum seiner Meinung nach zu hohen Rundfunkbeitrag bringt:
Schon immer ärgere ich mich zum Beispiel darüber, dass ARD und ZDF bei Olympischen Spielen beide in Mannschaftsstärke angerückt sind und sich täglich mit der Berichterstattung abwechselten. Ein Tag Arbeit, ein Tag frei! Das nenne ich Gebühren-Verschwendung!
Nun kann man es sicher kritisch sehen, dass zwei Sender zweimal den gleichen großen Aufwand betreiben, um über dieselbe Sportveranstaltung zu berichten. Mit “Ein Tag Arbeit, ein Tag frei!” liegt Intensiv-Rechercheur Alfred Draxler aber schlicht daneben. Wenn beispielsweise “Das Erste” in diesem Sommer Olympia aus Rio im TV übertragen hat, hat das “ZDF” im Internet viele kommentierte Livestreams angeboten — und umgekehrt:
Was kümmern einen schon Fakten, wenn man eine richtig starke Meinung hat?
Nachtrag, 7. Dezember: In der aktuellen “Sport Bild”-Ausgabe hat sich Alfred Draxler für seinen Irrtum entschuldigt:
In den vergangenen Tagen haben sich gleich mehrere Fußballvereine und ein Handballer gegen die Berichterstattung der „Bild“-Medien gewehrt. Ein kleiner Überblick.
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Schon vor anderthalb Wochen hatte der FC Bayern erklärt, die vor allem von der „Sport Bild“ verbreiteten „Alkohol-Gerüchte“ um Bayern-Spieler Arturo Vidal und die Behauptung, er verdiene acht Millionen Euro netto im Jahr, seien „frei erfunden“, „böswillig und falsch“ (BILDblog berichtete). Am vergangenen Donnerstag teilte der Verein schließlich mit:
Der FC Bayern München hat von den Zeitschriften „SPORT BILD“ und „Kicker“ die Unterlassung falscher Behauptungen verlangt. Beide hatten geschrieben, der „Netto-Jahresverdienst von Arturo Vidal“ liege bei rund „acht Millionen Euro“. „SPORT BILD“ wie „Kicker“ haben jeweils eine so genannte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben und damit eingeräumt, dass ihre Behauptung nicht der Wahrheit entspricht.
„SPORT BILD“ hatte weiter behauptet, Arturo Vidal solle „das Mannschaftsquartier während des Trainingslagers mehrmals verlassen und bei seiner Rückkehr alkoholisiert gewirkt haben.“ Der FC Bayern München wie Arturo Vidal haben auch hier Unterlassung der falschen Behauptung verlangt und von „SPORT BILD“ eine strafbewehrte Unterlassungserklärung bekommen. Damit hat „SPORT BILD“ auch hier eingeräumt, dass diese Behauptung nicht der Wahrheit entspricht.
Nach der ersten Stellungnahme des Vereins hatte die „Sport Bild“-Redaktion zuerst noch bekräftigt, sie bleibe bei ihrer Darstellung. Inzwischen sind die Artikel aber aus den Onlineauftritten von „Bild“ und „Sport Bild“ verschwunden.
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Gestern äußerte sich Hannover 96 zu einem “Bild”-Artikel. Das Blatt hatte am Samstag behauptet:
Der gesamte Bericht erweckt den Anschein, dass es sich ausschließlich um aktuelle Geschehnisse rund um den Nachwuchsbereich von Hannover 96 handelt. Das ist schlichtweg falsch. Dem Klub sind die Vorfälle im Bezug auf die meisten geschilderten Vorkommnisse bekannt. Allerdings resultieren diese überwiegend aus der Saison 2013/14, wurden bereits aufgearbeitet und teilweise sanktioniert. Einige damals handelnde Personen stehen bereits nicht mehr im Angestelltenverhältnis zu Hannover 96. Auch haben Spieler, die damals angeblich “gemobbt” wurden, aktuell die Möglichkeit nach einer Rückkehr zu Hannover 96 angefragt.
Dem Klub liegen keine Erkenntnisse über “Damenbesuch” sowie eine angeblich größere Anzahl an Spielern mit Spielsucht vor. Hannover 96 wird sich aber noch intensiver mit dieser Thematik beschäftigen.
Wir möchten betonen, dass alle handelnden Personen im Rahmen der Möglichkeiten zielgerichtet und qualifiziert ihren Verpflichtungen nachgehen. Auf dieser Basis wird zudem eine Weiterentwicklung stattfinden. Der Klub hat erkannt, dass er die infrastrukturellen Bedingungen ändern muss und investiert einen zweistelligen Millionenbetrag in ein hochfunktionelles Nachwuchsleistungszentrum, das mit fachkundigem Personal besetzt sein wird.
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Auch Ewald Lienen, Trainer des von der “Bild”-Zeitung soinniggeliebten FC St. Pauli, wehrt sich aktuell gegen eine “Bild”-Geschichte.
Hintergrund war ein Zitat von ihm von einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche, auf der ein Sondertrikot für das Spiel gegen RB Leipzig vorgestellt wurde. Aufdruck: „Kein Fußball den Faschisten“. Anlass dafür war der Abschluss der Holocaust-Gedenktage.
Auf dieser Pressekonferenz wurde Lienen von „Bild“ gefragt, „ob Bedingungen wie in Leipzig, also Geld ohne Ende“, nicht auch für ihn „das Paradies“ seien. Darauf Lienen:
“Wenn die Alternative wäre, den Fußball den Faschisten und dem Kommerz zu überlassen, verzichte ich gerne auf diese Möglichkeit.”
Eine merkwürdige Antwort, doch St. Paulis Pressesprecher erklärte den „Bild“-Reportern im Anschluss:
„Das sollte kein Angriff auf Leipzig sein. Das war von Ewald Lienen unglücklich formuliert.“
Auch der Sprecher des RB Leipzig sagte „Bild“:
„St. Pauli hat sich umgehend gemeldet und versichert, dass Ewald Lienen mit seiner Aussage insgesamt die Zusammenhänge so nicht herstellen wollte sowie die explizite Wortwahl nicht uns galt. Und damit ist zwischen den Vereinen alles geregelt.“
Und auch Lienen selbst erklärte den “Bild”-Leuten laut eigenen Angaben, dass er die Aussage nicht so gemeint habe, wie sie sie verstanden hatten.
Doch das alles hielt sie nicht davon ab, am nächsten Tag zu schreiben:
So sah sich auch Ewald Lienen gezwungen, die Sache öffentlich klarzustellen:
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Um welche Sportart es in ihren Märchen geht, ist den “Bild”-Mitarbeitern übrigens Latte. Am Freitag titelten sie online:
Im Artikel heißt es:
Wiede: „Ich hatte ihn Donnerstag vor dem 10-Uhr-Training auf dem Parkplatz vor dem Welli im Sportforum Hohenschönhausen abgestellt. Als ich um 11.30 Uhr raus kam, war die Scheibe an der Fahrerseite eingeschlagen. Sehr ärgerlich, wenn man auf dem Handy und dem Computer sein halbes Leben gespeichert hat.
Wiede rief die Polizei, aber die kam nicht.
Wo hier das Zitat von Wiede endet, ist unklar, weil die schließenden Anführungszeichen fehlen. Ob also der Satz …
Sehr ärgerlich, wenn man auf dem Handy und dem Computer sein halbes Leben gespeichert hat.
… von Wiede stammt oder von der „Bild“-Redaktion, ist nicht zu erkennen. Falsch sei er aber so oder so, erklärt Wiede in einem Interview mit „Sport 1“:
“Das Iphone war eh kaputt und der Laptop war noch gut, aber es waren jetzt auch keine wertvollen Sachen darauf. Die ‘Bild’ hat da irgendwas geschrieben, dass irgendwelche Super-Dateien darauf waren, aber das ist alles Quatsch. Die haben sich irgendetwas ausgedacht.”
***
Da dürfen sich die Reporter von „Bild“ nicht wundern, wenn in Zukunft auch andere Sportler und Funktionäre soreagieren wie Gertjan Verbeek, der Trainer des VfL Bochum — kleiner Ausschnitt aus der Pressekonferenz nach dem letzten Spiel:
Wie VfL Bochum 1848-Trainer Gertjan Verbeek auf Fragen des "Bild"-Reporters reagiert. (Danke an Philip! Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=k28kZLk4q8k)
Posted by BILDblog on Donnerstag, 11. Februar 2016
Mit Dank an Philip W., Alexander B., Chris H. und Julius A.
Jetzt, wo sich “Sport Bild”-Chef Alfred Draxler ohnehin keine Sorgen mehr um seine “REPUTATION ALS JOURNALIST” machen muss, geben sich er und sein Blatt beim Skandalbasteln wieder mit weit weniger zufrieden als einer Intensivrecherche.
das Mannschaftsquartier mehrmals verlassen und bei seiner Rückkehr alkoholisiert gewirkt haben.
Die Zeitschrift beruft sich dabei auf einen „anonymen Spieler“, der jetzt “ausgepackt” habe.
Gestern erklärte FC-Bayern-Sportvorstand Matthias Sammer auf einer Pressekonferenz, die Geschichte sei „frei erfunden“.
Ich war sehr überrascht über das, was ich jetzt gelesen habe. Das stimmt nicht und ist die Unwahrheit – dass das klar ist. Wir haben mit Arturo [Vidal] ein absolut enges Verhältnis. Natürlich sprechen wir ihn auch auf gewisse Themen an. Er selbst hat gesagt, dass da nichts dran ist – unabhängig von Katar, sondern insgesamt. Dagegen werden wir als Klub auch vorgehen – das ist ganz klar. Man versucht vielleicht mit allen Mitteln gegenüber dem FC Bayern, die Liga spannend zu machen. Aber ich kann nur sagen: Sie erreichen das Gegenteil. Wir werden noch enger zusammenrücken, das werden wir nicht zulassen. Im Fall Vidal werden wir mit allen rechtlichen Mitteln vorgehen.
Auch Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern, erklärte in einer Stellungnahme im Namen des Vereins:
„Beide Behauptungen sind ebenso böswillig wie falsch.”
(Er meint die Alkohol-Geschichte und das ebenfalls von der “Sport Bild” verbreitete Gerücht, Vidal beziehe 8 Mio. Euro netto im Jahr.)
Und Arturo Vidal selbst teilte auf seiner Instagram-Seite mit:
Die “Sport Bild” erklärte auf Anfrage der dpa, sie bleibe bei ihrer Darstellung.
Erinnern Sie sich noch an #BILDnotwelcome? Kleine Hilfe: Im September wollte die “Bild”-Zeitung die Profiklubs der 1. und 2. Fußballbundesliga für ihre “Wir helfen”-Werbekampagne vereinnahmen. Der FC St. Pauli weigerte sich, daraufhin polterte “Bild”-Chef Kai Diekmann bei Twitter los. Zahlreiche Zweitligavereine schlossen sich St. Pauli an, am folgenden Bundesligaspieltag positionierten sich auch viele Fans mit Bannern auf den Tribünen gegen “Bild”.
Damit könnte die Sache erledigt gewesen sein. Scheint sie für führende “Bild”-Mitarbeiter aber nicht. Denn der Mann, der sich beim FC St. Pauli damals zum Boykott der “Bild”-Aktion äußerte, Geschäftsführer Andreas Rettig, bekommt seitdem auf die Mütze.
Die erste Gelegenheit zur Revanche bot sich für Kai Diekmann Anfang Oktober (also gut drei Wochen nach #BILDnotwelcome). Rettig war als Gast zum “Sport-Stammtisch” der Hamburger “Bild”-Redaktion gekommen. Ein Foto seines Besuchs landete in “Bild”. Und Diekmann twitterte los:
Kurze Zeit später meldete sich auch Intensivrechercheur und “Sport Bild”-Chef Alfred Draxler mit einer Erinnerung aus dem August (also einige Wochen vor #BILDnotwelcome) zu Wort, als Rettig beim “‘Sport Bild’ Award” war:
Andreas Rettig reagierte mit einem Schreiben und einer Salat-und-Getränke-Spende, wiederum bei Twitter dokumentiert durch Diekmann:
Und Alfred Draxler wollte auch noch mal was sagen:
Es war dann eine Weile Ruhe — bis sich die Fans des FC St. Pauli zur Olympiabewerbung der Stadt Hamburg äußerten. Die “Bild”-Zeitung, “überparteilich”, wie sie ist, war große Unterstützerin der Bewerbung. Sie hat mit Blick auf das Referendum unter anderem eine Gratis-Olympia-“Bild” an 950.000 Hamburger Haushalte verteilt. Der unvoreingenommene Titel: “Moin moin, Olympia”.
Die Pauli-Fans hingegen waren gegen Olympia in Hamburg. Vereinspräsident Oke Göttlich und Geschäftsführer Andreas Rettig waren damit d’accord, schließlich gelte Meinungsfreiheit und -pluralität. Göttlich sagte:
“So wenig wie wir Pro-Olympia-Aktionen verbieten würden, so wenig werden wir das auch bei Aktionen tun, die sich gegen Olympia aussprechen. Wir als Verein werden weiterhin keine Empfehlung für das Referendum abgeben.”
Das fanden die Olympiafans der “Bild”-Zeitung nicht so lustig:
Damit war mit dem Anti-Andreas-Rettig-Kurs aber noch lange nicht Schluss. St. Paulis Geschäftsführer geriet vergangene Woche mit einem Vorschlag zur Vermarktung der TV-Rechte ins Visier. Rettigs Idee zusammengefasst: Bundesligaklubs, die große Geldgeber hinter sich haben (zum Beispiel der VfL Wolfsburg mit VW, Bayer Leverkusen mit Bayer, die TSG Hoffenheim mit SAP), sollten von der zentralen Vermarktung ausgeschlossen werden. Das stieß nicht nur bei den betroffenen Vereinen auf Gegenwind, aber vor allem dort. Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler sagte:
“Das ist ein typischer Rettig. Er macht das, was er gerne tut: Er gibt ein bisschen Schweinchen Schlau.”
Den derzeitigen Höhepunkt der Rettig-Serie gab es aber vorgestern in “Bild”. Seit einiger Zeit hat die Sportredaktion die wöchentliche Serie “Jetzt kann ich es ja erzählen” im Programm. Fußballer, Trainer und Manager plaudern dort darüber, dass sie trotz 1:6-Niederlagen ordentlich feiern gegangen sind oder dass sie beim Training mal verhaftet wurden.
Am Mittwoch durfte der frühere Nationalspieler Carsten Ramelow eine Anekdote erzählen. Und er entschied sich für die Geschichte, wie er mal in Leverkusen auf Wohnungssuche war. Mit dabei damals: Ramelows Frau und Andreas Rettig, der zu der Zeit für Bayer Leverkusen tätig war.
Ein Objekt ist in Leverkusen-Opladen, fünf Autominuten vom Stadion entfernt. Ramelow: “Herr Rettig drückte auf eine Klingel. Es tat sich nichts. Er klingelte erneut. Dann machte plötzlich eine leicht bekleidete Frau auf.” (…) Und weiter: “Da war uns klar: Wir waren hier falsch — wir waren in einem Puff gelandet. Die eigentliche Wohnung befand sich um die Ecke des Hauses, traf dann aber auch nicht unseren Geschmack.”
Und was macht “Bild” aus dieser Geschichte, in der rein gar nichts passiert?
Bei Bild.de wurde überigens aus dieser Überschrift …