Archiv für Privates

Was “Bild”-Leser nicht wissen müssen

Aha, bei “Bild” liest man also auch die “taz”.

Und wenn es sein muss, wird aus der “taz”-Lektüre bei “Bild” sogar eine Schlagzeile für die Seite 1 (siehe Ausriss).

In der Tageszeitung “taz” offenbarte die Schauspielerin, woran die Liebe zerbrach: “Ganz einfach. Ich hab mich neu verliebt – ausgerechnet, als ich Pierre [Besson] beim Dreh zu ‘Afrika, mon amour’ in Kenia besucht habe.” (…)
Vier Jahre lang waren Baumeister und Besson ein Paar (…). Jetzt die Trennung!
(hervorhebung von uns.)

So. Und jetzt (Hervorhebung von uns) zitieren wir mal, was sonst noch in dem Interview stand, aus dem “Bild” heute eine Seite-1-Schlagzeile macht und das die “taz” gestern unter der Überschrift Verweigerung macht Medien scharf — Die Schauspieler Muriel Baumeister und Pierre Besson über ihren Ärger mit den Boulevardmedien und die Schwierigkeit, ein ungestörtes Privatleben zu führen” veröffentlichte:

taz: Frau Baumeister, seit Wochen rätseln die Boulevardmedien darüber, ob Sie sich von Ihrem Lebensgefährten Pierre Besson getrennt haben. Wie fühlt sich das an?
Muriel Baumeister: Beschissen, weil das niemanden was angeht. (…) Weil nicht alle Kollegen so denken, meinen die Boulevardjournalisten aber, sie hätten ein Recht darauf, ungefragt in unsere Privatsphäre einzudringen.

Wie gehen die dabei vor?
Baumeister: Neulich hat mich die Bunte auf dem Handy angerufen und mich unter Druck gesetzt, mich zu meiner Trennung zu äußern – eine absolute Farce, es immer wieder zu probieren, obwohl man mich kennt und weiß, dass ich über mein Privatleben in der Öffentlichkeit keine Auskunft gebe. (…)

Wo wir schon mal beim Thema sind: Sie haben sich also tatsächlich getrennt?
Baumeister: Ja, allerdings schon vor einem knappen halben Jahr. Und die Wahrheit ist so langweilig …
Besson: … dass der Boulevard damit nichts anfangen kann.(…)

Warum verbeißen sich die Boulevardjournalisten so in Sie?
Baumeister: Weil ich nicht mit denen rede. Das ist eine Art Journalismus, an der ich mich nicht beteilige. Diese Verweigerungshaltung scheint die Leute allerdings auf eine fast schon sexuelle Art scharf zu machen.(…)

Es ist doch absurd: Wir reden öffentlich darüber, warum Sie sich sonst aus der Öffentlichkeit raushalten.
Baumeister: Stimmt, aber durch dieses Gespräch möchten wir zeigen, dass wir die Deutungshoheit über unser Leben nicht dem Boulevard überlassen. (…)

Waren die Reaktionen auf den Selbstmord Ihres Vaters vor zwei Jahren der Gipfel der Zudringlichkeiten?
Baumeister: Dass die Bild-Zeitung* versucht hat, meine Putzfrau mit 1.000 Euro zu bestechen, war eine Unverschämtheit, die mir in dieser Lebensphase besonders wehgetan hat. Da war das Maß dessen, was man als öffentliche Person einstecken können muss, eindeutig voll. (…)

*) “Bild” berichtete am 29.6.2004 unter der Seite-1-Schlagzeile “TV-Star Muriel Baumeister — Vater erschießt sich” detailliert über den Selbstmord von Edwin Noël Baumeister.

Wenn “Bild” mitfühlend berichtet

Am 10. September vergangenen Jahres nahm die Polizei am Münchner Flughafen einen 36 Jahre alten Türken fest, dem vorgeworfen wurde, gut elf Jahre zuvor seine Ex-Freundin ermordet und sich danach in die Türkei abgesetzt zu haben.

Die Nachrichtenagentur dpa berichtete am Tag der Festnahme, dass der Verdächtige in München seine Lebensgefährtin besuchen wollte, eine Deutsche, die er vor einiger Zeit geheiratet hatte.

Und dass ein Mitarbeiter der Polizei die bereits vorbereitete Pressemeldung von der Festnahme dummerweise einen Tag zu früh an die Öffentlichkeit gegeben hatte, machte die Sache damals interessant — außer natürlich für “Bild”.

Denn “Bild” berichtete unter der Überschrift:

“Münchnerin heiratete diesen eiskalten Killer”

Und nicht nur das. “Bild” nannte den wegen seiner ungewöhnlichen Schreibweise leicht identifizierbaren, echten Vornamen und den echten Anfangsbuchstaben ihres Nachnamens, ihren Beruf und das Wohnviertel, in dem sie lebte. Und nicht nur das: “Bild” behauptete zudem, die Heirat mit dem Verdächtigen sei für die Mittvierzigerin, die “noch mal einen zehn Jahre jüngeren Mann abgreifen” konnte, “wie ein Hauptgewinn im Lotto” gewesen.

Wie die “Süddeutsche Zeitung” heute schreibt, hatte der “Bild”-Bericht für die Frau, die ihren Mann “völlig ahnungslos” geheiratet habe, weitreichende Konsequenzen, weswegen sie auf Schadenersatz und Schmerzensgeld geklagt hat. Und über den ersten Verhandlungstag vorm Münchner Landgericht heißt es:

Die Richter der 9. Kammer machten gestern keinen Hehl daraus, dass sie der Klägerin auf jeden Fall Schmerzensgeld zusprechen werden — und zwar mindestens 50 000 Euro, doppelt so viel, wie bisher gefordert. Denn der Betrag sei nicht nur als Genugtuung für die Betroffene zu verstehen, sondern auch als Prävention: Das Blatt habe mit seiner Berichterstattung “ohne Not jemanden individualisierbar gemacht” und obendrein beleidigt – “Medien sollen davon abgehalten werden, so etwas zu tun”.

“Wenn jemand einen Tiefschlag erhalten hat und dann noch eins übergebraten bekommt, ist das besonders gemein”, sagte der Vorsitzende Thomas Steiner. Die Pressekammer legte Bild-Anwalt Kai Fickert nahe, die Chefredaktion zur freiwilligen Schmerzensgeldzahlung zu bewegen. Denn je länger man über den Fall nachdenke, desto teurer werde es: Der Betrag könne sich — “je nach Verhalten von Bild” — noch erhöhen. Bis Mitte Januar wurden den Parteien Bedenkzeit eingeräumt.

Nach unseren Informationen hat “Bild” sich mit der Behauptung zu verteidigen versucht, die Frau sei nicht erkennbar und die Berichterstattung mitfühlend gemeint gewesen.

Fotografiert Kai Diekmann!

Dies ist ein Experiment.

Denn nachdem das Landgericht Berlin vor ein paar Jahren entschieden hat, dass “Bild”-Chef Kai Diekmann “bewusst seinen wirtschaftlichen Vorteil aus der Persönlichkeitsrechtsverletzung anderer sucht” und deshalb “weniger schwer durch die Verletzung seines eigenen Persönlichkeitsrechtes belastet wird”, wollen wir Diekmanns Persönlichkeitsrecht erneut einer Belastungsprobe aussetzen.

Ab sofort sucht BILDblog die besten Diekmann-Fotos.

Kai Diekmann (42), wohnhaft in Hamburg. Kai Diekmann, in Badehose am Strand oder in einer Bäckerei oder auf dem Parkplatz oder am Flughafen oder im Flugzeug oder eingenickt im Flugzeug oder beim Shopping oder beim Nase-Bohren nachdenklich oder frischverliebt auf Sylt oder mit seiner Familie aus einem Nobel-Restaurant kommend oder in einer Tankstelle oder beim Italiener oder bei der Arbeit oder ganz ungeschminkt oder ganz entspannt mit einem Bierchen in einer Bar oder beim Pinkeln beim Pinkeln oder oder

Schließlich ist Kai Diekmann Chefredakteur der “Bild”-Zeitung. Unter seiner Verantwortung ruft seit einiger Zeit auch “Bild” die Leser dazu auf, Fotos zu machen: von Unfällen, Naturereignissen und Beamten, vor allem aber von Prominenten und Nicht-Prominenten in kompromittierenden oder privaten Situationen. “Bild” verspricht den Laienpaparazzi viel Geld (zwischen 100 und 5000 Euro), damit sie ihre Fotos an die Redaktion schicken — und “Bild” sie anschließend abdrucken kann. In einigen Fällen gingen die Fotografierten bereits mit Erfolg juristisch gegen die Veröffentlichungen vor oder beklagten sich — z.T. sogar öffentlich — über die Zudringlichkeit der “BILD-Leser-Reporter”, wie “Bild” die Laienpaparazzi nennt.

BILD-Chef-Reporter: 4141Deshalb unser Aufruf: Werdet BILD-Chef-Reporter, fotografiert Kai Diekmann — egal, ob am Nebentisch oder auf der anderen Straßenseite. Sagt’s Euren Freunden und Bekannten weiter (insbesondere denen, die auch Freunde und Bekannte von Kai Diekmann sind oder Freunde und Bekannte von Kai Diekmann kennen), schickt die Schnappschüsse an [email protected]* — und denkt bitte immer daran: Die Arbeit von Rettungsdiensten oder Polizei darf nicht behindert werden.

*) Wer ein Diekmann-Foto an BILDblog schickt, erklärt, sämtliche Rechte hieran zu besitzen und überträgt der B-blog GbR alle Rechte zur Veröffentlichung in allen Medien — zur Bearbeitung, Archivierung und Weiterveräußerung. Bei Weiterveräußerung erhält der Urheber von der B-blog GbR 50% der erzielten Nettoverkaufserlöse. Wenn Ihr Diekmann-Foto in der “Bild”-Zeitung (bundesweit) erscheint, erhalten Sie 500 Euro Belohnung. Außerdem veröffentlichen wir eine Auswahl der besten Fotos honorarfrei hier.

Hinweis: Der Hinweis, dass der Fotografierte mit der Veröffentlichung des Fotos einverstanden sein müsse, wurde bei “Bild” übrigens ersatzlos aus dem Kleingedruckten gestrichen.

Wie “Bild” die Interessen der Opfer wahrt

Am 29. Dezember 2004 machte die “Bild”-Zeitung groß auf mit den verwundeten Gesichtern der zehnjährigen Sophia und des neunjährigen Kevin, deren Eltern nach dem Tsunami in Thailand verschollen waren. “Bild” fragte:

Mama, Papa, wo seid ihr?

Im Inneren zeigte “Bild” weitere Kindergesichter, fotografiert von Till Budde, darunter das eines 13-jährigen Mädchens, das verletzt in einem Krankenhaus schläft.

BILD war im Vachiar-Hospital von Phuket. Auf der Station der traurigen deutschen Kinder.

Unter anderem von der 13-jährigen ließ sich “Bild”-Reporter Julian Reichelt schildern, wie sie das Unglück erlebt hatte, wie sie um ihr Leben kämpfte, wie sie von ihren Eltern getrennt wurde, die seitdem vermisst wurden. Er schrieb alles ausführlich auf.

“Bild” hat mit dieser Berichterstattung damals massiv gegen den Pressekodex verstoßen. Der Presserat urteilte nach einer Beschwerde des Onkels des Mädchens:

In Richtlinie 4.2 ist festgehalten, dass bei der Recherche gegenüber schutzbedürftigen Personen besondere Zurückhaltung geboten ist. Explizit genannt werden (…) u.a. Menschen, die sich nicht im Vollbesitz ihrer geistigen oder körperlichen Kräfte befinden oder einer seelischen Extremsituation ausgesetzt sind, sowie Kinder und Jugendliche. Jedes dieser Merkmale trifft auf das betroffene 13-jährige Mädchen zu. Das Foto wurde zudem unstreitig ohne die Einwilligung eines Erziehungsberechtigten gemacht. (…)

Die Zeitung untermauert die rechtmäßige Beschaffung ihrer Informationen damit, dass der Redakteur mit der 13-Jährigen und mit anderen Kindern gesprochen habe. Alle seien froh gewesen, sich in ihrer Heimatsprache mitteilen zu könne. Diese Schilderung bestärkt die Kammer in der Überzeugung, dass die Kinder und insbesondere die 13-Jährige hier durch die Extremsituation überfordert waren. Dies spricht ebenfalls dafür, dass die besondere Situation der Kinder zur Beschaffung von Informationen ausgenutzt worden ist. (…)

In beiden Veröffentlichungen werden die Persönlichkeitsrechte des 13-jährigen Mädchens verletzt. Es wird jeweils ohne jegliche Unkenntlichmachung und mit voller Nennung seines Vornamens abgebildet. Es wird — verletzt, schlafend und dadurch besonders wehrlos — für einen breiten Leserkreis erkennbar. Diese Abbildung widerspricht nicht nur dem Grundsatz von Richtlinie 8.1, wonach die Nennung der Namen und die Abbildung von Opfern in der Berichterstattung über Unglücksfälle in der Regel nicht gerechtfertigt ist. Auch der in Richtlinie 8.2 geforderte Schutz von Orten der privaten Niederlassung, wie z.B. Krankenhäusern, wird durch diese Veröffentlichung nicht beachtet.

Die Beschwerdekammer sprach “Bild” eine Missbilligung aus.

Das war praktisch für “Bild”, denn eine Missbilligung ist für die Zeitung folgenlos. Insbesondere werden Missbilligungen — anders als Rügen — vom Presserat nicht veröffentlicht. Sie erscheinen nur (im Fall der 13-Jährigen jetzt, also mit eineinhalbjähriger Verspätung) in dessen “Jahrbuch”, allerdings ohne Angabe der jeweiligen Zeitung. Wer nicht weiß, dass die Geschichte der “traurigen deutschen Kinder” von Phuket in “Bild” stand, kann die Missbilligung nicht der Zeitung zuordnen.

Kenner könnten es allenfalls schließen aus der unbeirrten Art, in der die Rechtsabteilung der Axel Springer AG die Berichterstattung von “Bild” gegenüber dem Presserat zu rechtfertigen suchte. Im konkreten Fall gab sie an, “Bild” habe “im allgemeinen Informationsinteresse” gehandelt und den Behörden beim Versuch der Familienzusammenführung geholfen. (Der Presserat stellte dagegen fest, dass “keines der Bilder etwa mit einem Suchaufruf oder ähnlichem verbunden wurde”.)

Das Springer-Justiziariat erklärte weiter:

Dass die Zeitung in diesem Rahmen die berechtigten Interessen der Opfer gewahrt habe, zeige sich u.a. darin, dass auf den Abdruck von Anzeigen neben den Berichten von der Flutkatastrophe verzichtet worden sei, um die menschliche Dimension dieses Ereignisses nicht durch banale Werbetexte zu relativieren.

Auf den Abdruck von Anzeigen “verzichtet”? Der Artikel mit dem Foto, um das es in der Beschwerde ging, erschien auf Seite 2 der “Bild”-Zeitung. Die zweite Seite der “Bild”-Zeitung ist grundsätzlich werbefrei. Jeden Tag.

Und die Bilder der neunjährigen Sophia und des zehnjährigen Kevin standen am selben Tag auf Seite 1 in “Bild”. Unmittelbar links davon war eine Anzeige für Schmerztabletten von “Neuralgin” (“Äußerst günstig!”). Rechts unten auf derselben Seite warb die Firma Quelle für eine Espresso-Maschine im neuen Quelle-Katalog.

Unsere Übersicht über die Presserats-Rügen für “Bild” enthält jetzt auch das Jahr 2005.

“Spiegel”: “BamS”-Reporter angeklagt

Zwei Jahre nachdem die “Bild am Sonntag” unter der Schlagzeile “So reich ist Günther Jauch” über dessen privates Immobilienvermögen berichtet hatte, ermittelt* nun offenbar die Staatsanwaltschaft Potsdam gegen den Reporter, der die Geschichte damals für die “BamS” recherchierte. In einer “Spiegel”-Vorabmeldung heißt es dazu:

Der Vorwurf ist gravierend: Es geht um Verleumdung. (…) Dem Reporter wird vorgeworfen, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Einsicht in die Grundbücher der Stadt Potsdam erschlichen zu haben, um Auskünfte über Jauchs Immobilienbesitz zu bekommen.

Dem Magazin zufolge habe der “BamS”-Reporter im Gespräch mit der Amtsgerichtspräsidentin “ehrenrührige Behauptungen über Jauch” gemacht — was der Reporter bestreite.

*) Nachtrag, 25.9.2006: Anders als von uns behauptet, hatte die Staatsanwaltschaft offenbar ermittelt und hat (laut “Spiegel”) Anklage erhoben.

Nachtrag, 29.9.2006:
Mehr dazu beim NDR-Medienmagazin “Zapp”.

Nachtrag, 22.3.2007: Der “BamS”-Reporter Guido Brandenburg wurde heute vom Vorwurf der Verleumdung freigesprochen. Zwar hatte sich in einem Schriftsatz des Amtsgerichts Potsdam aus dem Jahr 2005 die explizite Behauptung gefunden, der Reporter hätte bei einer Recherche von dem Verdacht der Vorteilsgewährung im Zusammenhang mit Grundstücksgeschäften Jauchs gesprochen — woraufhin Jauchs Anwalt Anzeige gegen den Reporter erstattet hatte. Die heutige Hauptverhandlung ergab jedoch, dass diese Behauptung offenbar nicht zutraf.

Das neue Leben der Natascha Kampusch

Der heutige “Bild”-Aufmacher beginnt mit den Worten:

Sie macht die ersten Schritte in ein neues Leben — und sie ist nicht allein! Entführungsopfer Natascha Kampusch (18) schaute sich in Wien Wohnungen an, ihre Mutter Brigitta begleitete sie.

Und noch jemand begleitete sie, wenn auch offenbar nur in größerer Entfernung, so unscharf wie die Fotos sind, die er geschossen hat, und so viele Leute, wie zwischen ihm und den Fotografierten zu stehen scheinen: ein Paparazzo. Ihm verdanken wir Fotos von dieser privaten Szene; das große auf Seite 1 nennt “Bild” ein “BILD-Exklusiv-Foto”. Die Bilder, deren Urheber “Bild” verschweigt, machen den Eindruck, als wären sich die junge Frau und ihre Mutter nicht bewußt, dass sie fotografiert werden.

Es stimmt schon, was “Bild” über Natascha Kampusch schreibt: Sie macht die ersten Schritte in ein neues Leben — und sie ist nicht allein!

“Bild” vernachlässigt “Medieninteresse”

Meldung 1513 der Müncher Polizei vom gestrigen Mittwoch ist nicht besonders lang, die Überschrift sachdienlich:

Polizeimeldung zum Selbsmord von Gregor Bruner: "

Wie viele andere Medien berichtet deshalb auch “Bild” über den Selbstmord des Fleischhändlers Gregor Bruner:

Viele andere Medien berichten aber auch, was bereits in der kurzen Polizeimeldung Erwähnung fand:

Obwohl kein Abschiedsbrief vorhanden ist, bestehen keine Zweifel daran, dass der Suizid im Zusammenhang mit den Ereignissen der Firmenschließung steht, da laut der Ehefrau ihr Mann stark unter dem Medieninteresse in den letzten Tagen gelitten hat.

Die “Süddeutsche Zeitung” beispielsweise präzisiert:

“[Bruner] hat mehrfach solche Andeutungen gemacht”, berichtet Josef Wilfling (…), Leiter der Sonderkommission “Kühlhaus”. Er habe “keinen Zweifel”, dass der Selbstmord in Zusammenhang mit dem Skandal stehe, der Mediendruck habe Bruner “stark belastet”.

Und die Nachrichtenagentur Reuters meldet gar:

Die Vorverurteilung in der Berichterstattung habe ihn mit zu dem Selbstmord bewogen, erklärte Verteidiger Daniel Amelung.

In “Bild” steht davon (anders übrigens als bei Bild.de) kein Wort.

Blöde Frage

Heute zeigt “Bild” im Raum Berlin-Brandenburg mal wieder große Fotos zweier Angeklagter “auf dem Weg ins Gericht”. “Bild” hatte über die beiden bereits im April berichtet und sich damals vorverurteilende Sätze ausgedacht wie “Baby von den Eltern halbtot gefoltert!” oder “(…) ein so junges Leben, geprägt von "Was haben diese Eltern zu verbergen?"
Schlägen, Tritten, Folter!”
— obwohl inzwischen (nicht nur, aber) auch “Bild” weiß: “Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden keine Quälerei vor.” Dennoch fragt “Bild” heute scheinheilig naiv:

“Was haben diese Eltern zu verbergen?”

Denn: “Sie verstecken ihre Gesichter (…). Was haben sie jetzt zu verbergen?” Ja, was nur? Ihr Gesicht etwa? “Mutter Janine E. (17) versteckt sich hinter einer Zeitung”, schreibt “Bild”, “Vater Thomas P. (19) zieht sich voller Scham seinen Pullover über den Kopf.”

Voller Scham? Vielleicht. Auf die Idee, dass E. und P. andernfalls ihr Gesicht womöglich ohne jede Unkenntlichmachung in der Zeitung wiedergefunden hätten, ist “Bild” offensichtlich nicht gekommen. Wieso auch? Schließlich wäre das ja wohl laut Pressekodex mit Rücksicht auf das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen “nicht gerechtfertigt”, oder?

Erwischt! (Nachtrag)

Wie berichtet, druckte “Bild” ja kürzlich (und damit bereits zum zweiten Mal) ein “BILD-Leser-Reporter”-Foto von Gerhard Schröder am Strand, zu dessen Veröffentlichung er keine Einwilligung gegeben hatte, obwohl es doch in den “So werden Sie Leser-Reporter”-Hinweisen ausdrücklich hieß, dass die Fotografierten mit einer Veröffentlichung einverstanden sein müssen. Das ZDF-Magazin “Frontal21” hat den 12-jährigen “Leser-Reporter” ausfindig gemacht und lässt ihn erzählen, wie es zu dem Foto kam:

“Dann bin ich da hingegangen, und dann war’n da auch schon welche, und dann hat er da auch’n Autogramm gegeben. Und dann hab’ ich das sogar von weiter hinten gesehen: Der ist so genervt, der will ja auch Urlaub haben, dass ich das dann lieber lasse. Und dann bin ich nochmal zurück gegangen, hab’ meinen Fotoapparat geholt, und dann hab’ ich mir gedacht: Na, wenigstens noch’n Foto — weil, der Mann hat ja auch Urlaub. Ja, und dann hab’ ich mich hinter so’n Klettergerüst gestellt, und ja, dann hab ich’n Foto geschossen.”

Mehr dazu bei “drehscheibe deutschland” bzw. “Frontal21”.

Blättern:  1 ... 9 10 11 ... 21