Archiv für Merkwürdiges

Altbekanntes “Sex-Geheimnis”

Das wird Sie jetzt vielleicht nicht gerade über alle Maßen begeistern: Ellen Kessler ist heute Abend zu Gast bei Reinhold Beckmann. Das berichtet “Bild” auf Seite vier.

Warum Sie sich das anschauen sollten?

Heute (…) verrät Ellen Kessler (…) eine heiße Affäre, die sie 50 Jahre verschwiegen hatte. Sie genoss eine heiße Nacht mit Weltstar Burt Lancaster!

OK, ganz so “heiß” war die Nacht offenbar nicht, wie sich auch in “Bild” nachlesen lässt:

“Ich habe es einfach über mich ergehen lassen. Es war nicht prickelnd. Ich war wie eine… Forelle. Ja!”

Na ja, und ganz so lange verschwiegen hatte sie diese “verschwiegene Liebessensation”, das “Sex-Geheimnis” (“Bild”) auch wieder nicht, z.B. hatte sie 1999 Bettina Böttinger davon erzählt, in der “Berliner Zeitung” stand es auch schon, und Ellen Kessler hatte 1996 (nicht etwa vor 45 Jahren, wie es in “Bild” heißt) in ihrer Autobiographie darüber berichtet, aus der “Bild” sogar zitiert:

“Burt tat, was er konnte, um mich in Fahrt zu bringen. Aber ich war wie gelähmt (…). Ich blieb dabei steif wie ein Klotz.”

Aber immerhin, die Überschrift passt:

ARD inkonsequent, “Bild” nur ein bisschen

Bei der ARD spinnen sie alle. Erinnern Sie sich?

“Als ARD-Moderator wurde Max Schautzer (64) gefeuert – zu alt!“,

stand Ende August in “Bild am Sonntag”, nachdem die ARD Schautzers Langweiler-Show “Immer wieder Sonntags” an den 26-jährigen Sebastian Deyle abgegeben und Schautzer ein Buch mit dem merkwürdigen Titel “Rock’n’Roll im Kopf, Walzer in den Beinen” geschrieben hatte, siehe Google-Cache). Einen Tag später legte “Bild” empört nach (siehe noch mal Google-Cache und Bildblog):

“Bei ARD und ZDF sitzen die Alten in der letzten Reihe.”

Zwei Monate später nun der nächste Rausschmiss bei der altenfeindlichen ARD: Der Sender wird bei der Show “Wenn das kein Grund zum Feiern ist” künftig ohne Schlagersänger Patrick Lindner (44) feiern. Die Sensation: Lindner wird “ersetzt durch den 13 Jahre älteren Michael Schanze”. Übel, übel. Und was titelt “Bild” dazu? Etwa:

“ARD feuert Patrick Lindner (44) – weil er zu jung ist“?

Nein, nein. Sondern:

“Flog Patrick Lindner bei der ARD, weil er schwul ist?

Muss ein ganz schöner Sauhaufen sein, diese ARD.
Glauben Sie nicht?

Sehtest

Prinz Philip ist ein Malheur passiert: Im Oreanda Hotel in Jalta ist er offiziellen Angaben zufolge in der Badewanne ausgerutscht und hat dabei ein blaues Auge bekommen.

Viele Medien in Großbritannien (aber auch beispielsweise in Deutschland) berichteten darüber. Und weil Prinz Philip am Montag nach seinem Missgeschick in der Ukraine noch einen öffentlichen Auftritt hatte, gibt es davon natürlich auch Fotos.

Die “Kronenzeitung” aus Österreich etwa entschied sich für dieses Bild:
 
 
 
 
 
Der Schweizer “Blick” druckte dasselbe Foto. Da sah’s dann so aus:
 
 
 
 
 
Aber natürlich mochte auch Bild.de auf die Meldung vom blauen Auge nicht verzichten und illustrierte die offenbar witzig gemeinten (und nach dem Vorbild des “Blick” bzw. der britischen “Sun” verfassten) Zeilen am Mittwoch ebenfalls mit nämlichem Foto, nur dass hier das Gesicht von Prinz Philip eigenartigerweise irgendwie käsiger und das “Veilchen” irgendwie viel, viel schlimmer aussieht…
 
 
 
 

Ich brauche mehr Details!

Wir waren zwar nicht dabei, können uns aber lebhaft vorstellen, wie bei “Bild” hektische Betriebsamkeit ausbrach, als am Sonntag die folgende Meldung der Nachrichtenagentur dpa einging:

Ein 26 Jahre alter Mann hat vermutlich aus Eifersucht (…) seine 23-jährige Freundin (…) getötet. Er soll in der Nacht zu Sonntag seine Lebensgefährtin geschlagen, gewürgt und mit einem Messer auf sie eingestochen haben. (…) Nachdem die Frau eine Kurznachricht über Handy erhalten hatte, kam es zu der Auseinandersetzung. Der 26-Jährige vermutete als Absender einen heimlichen Liebhaber.

Bis in den Wortlaut hinein können wir uns ausmalen, wie bei “Bild” Aufträge erteilt werden, wie jemand beispielsweise ruft, “Besorgt das Handy!”

Na, egal. “Bild” kann heute jedenfalls mit Einzelheiten aufwarten, die sich nicht mal eben problemlos in einer Agenturmeldung nachlesen lassen. Zum Beispiel kennt man bei “Bild” den Text der Kurzmitteilung (“Schlaf gut. Träum von mir (Scherz). Bussi, hab’ dich lieb!”) und den Zeitpunkt (“Es war 0.01 Uhr”), die Print-Ausgabe kennt außerdem das SMS-Signal (“Viermal piepste es”), während online wiederum aufgeschrieben steht, wie es genau weiter ging (“Daniel K. (26) griff nach dem Handy, las den Text und tobte vor Eifersucht”). Und nachdem “Bild” am Montag schon nacherzählen konnte, was die Frau kurz vor ihrem Tod gesagt hatte (“Bianca verteidigte sich, sagte, sie habe sich nur austoben wollen”), kennt Bild.de mittlerweile sogar den Wortlaut (“Stell dich nicht so an. Ich will mich einfach ein bißchen austoben”).

Dumm nur, dass trotz so viel Detailwissen lediglich in einem der drei Artikel die Todesursache stimmt. So hieß es gestern, der Mann “erwürgte” seine Freundin. In dem Artikel auf “Bild”-Online mit heutigem Datum steht, sie sei “erschlagen” worden und in der heutigen Druckausgabe endlich, dass sie “erstochen” wurde.

Mehr als dumm, dass der Beschuldigte in der Online-Ausgabe kurzerhand als “Mörder” vorverurteilt wird, (“Während Bianca M. starb, verging sich ihr Mörder noch an ihr”), obwohl doch, wie sich auch in der gedruckten “Bild” nachlesen lässt, bislang lediglich Haftbefehl wegen Totschlags erlassen wurde.

Aber wen interessieren schon solche Details?

Nachtrag, 27.10., 0.30 Uhr: Obiger Satz, der besagt, dass “in der heutigen Druckausgabe endlich” stünde, die junge Frau sei “erstochen” worden, stimmt so nicht. Tatsächlich hat die wahre Todesursache, die seit Montagnachmittag bekannt ist, es nämlich nur in die Dienstags-Ausgabe von “Bild” Berlin/Brandenburg geschafft. In der überregionalen Ausgabe hieß es, genau wie auf Bild.de, die Frau sei “erschlagen” worden.

Warum lassen so viele Fans “Bild” im Stich?

“Warum lassen so viele Fans Raab total im Stich?” fragt “Bild” heute in einer Schlagzeile auf Seite 4 und schreibt:

“TV-Lästermaul Stefan Raab (38) laufen die Zuschauer weg.”

Und vielleicht ist es sinnvoll, an dieser Stelle zunächst an einen “Bild”-Artikel vom April diesen Jahres zu erinnern, der mit dem Satz begann:

“TV-Lästermaul Stefan Raab (37) leidet mit seiner Pro7-Show ‘TV total’ an akutem Quotenschwund.”

Ja, und vielleicht sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass die “Bild”-Berichterstattung damals von ProSieben als “Quatsch” bezeichnet wurde. (Womöglich schadet es auch nicht, jetzt mal eben einen “FAS”-Text vom Mai diesen Jahres – Überschrift: “Raab gegen ‘Bild'” – zu verlinken.)

Aber zurück zur heutigen “Bild”-Ausgabe:

“Droht ihm das gleiche Schicksal wie seiner TV-Kollegin Anke Engelke (38), die wegen schlechter Quoten vergangene Woche aus dem Programm gekippt wurde? (…) Läuten die bedrohlich niedrigen Zahlen sein TV-Ende ein?”

Solche Fragen stellt “Bild” sich und ihren Lesern. Stellt man sie einer ProSieben-Sprecherin, lautet die Antwort (wie im April) schlicht: “Nein.”

Und mag sein, das heißt noch gar nichts. Es mag auch sein, dass “TV total” am “vergangenen Mittwoch”, wie “Bild” schreibt, tatsächlich “nur 1,15 Millionen” Zuschauer fand (jedenfalls ungefähr: ProSieben sagt “1,2 Millionen”). Dass die Quoten nach Senderangaben jedoch am vergangenen Montag mit 1,47 Millionen oder am Donnerstag mit 1,57 Millionen (und am Dienstag trotz “Chamions League” bei 1,25 Millonen) zum Teil deutlich über dem Mittwochswert lagen, bleibt bei “Bild” unerwähnt. Und dass für ProSieben letztlich sowieso nicht alle, nur die 14- bis 49-jährigen Zuschauer zählen, auch.

Suggestiver und sinnentstellender ist da wohl nur noch die “Bild”-Grafik zum angeblichen “Quotensturz bei ‘TV total'”. Denn – mal abgesehen davon, dass die dort fürs Jahr 2000 verzeichnete Zuschauerzahl von 3,71 Millionen keine relevante Größe ist, weil “TV total” damals nicht vier- sondern nur einmal wöchentlich ausgestrahlt wurde – zeigt die Kurve mitnichten einen “Quotensturz”, sondern, nun ja, eine Konsolidierung. Schließlich hat sich der Zuschauerschwund von vormals jährlich weit über 200.000 auf zuletzt gerade mal 30.000 reduziert, so dass es durchaus angebracht wäre zu schreiben:

TV-Lästermaul Stefan Raab (38) laufen immer weniger Zuschauer weg.

Wie hingegen ein wirklicher “Quotensturz” aussähe, veranschaulicht die von uns angefertigte Vergleichsgrafik zur Auflagenentwickung der “Bild” im selben Zeitraum.
 
 
 

Alles nur Zufall?

Da ist der Entdecker der sog. “Ötzi”-Mumie ausgerechnet bei einer Bergtour tödlich verunglückt. Und “Bild” fragt:

“Ist der Mann, der Ötzi fand, jetzt einem Fluch der Eis-Mumie erlegen?” Bzw.: “War es der unheimliche Fluch?”

Unheimlich, oder? Außerdem hatten drei inzwischen verstorbene Fußballer vor über zehn Jahren mal beim selben Verein gespielt. Ausgerechnet! Und “Bild” fragt:

“Liegt ein Fluch auf dieser Mannschaft?”

Anders gesagt: Ausgerechnet seit Kai Diekmann Chefredakteur der “Bild”-Zeitung wurde, ist deren täglich verkaufte Auflage um ungefähr eine halbe Million gesunken. Und wir?

Haben keine weiteren Fragen, nur weitere Links

Mit Dank an Matthias A. für den Hinweis.

Drogenmafia immer dreister!


Was? Jetzt entführen sie schon Hunde? Kann nicht sein!
Doch, doch:

“Die Polizei Darmstadt fahndet nach Spürhund Gismo, der schärfsten Drogen-Nase. Der Schäferhund verschwand gestern nacht spurlos”,

schrieb “Bild” am Freitag in einem halbseitigen Bericht.
Und weiter:

Entführte ihn am Ende die Drogenmafia? (…) Für eine Entführung des Rauschgifthundes spricht: Die Zwinger-Tür war zu. Wäre Gismo abgehauen, hätte er sie wohl kaum hinter sich zugeschlagen.”

Keine Panik, liebe Hundefreunde. Dem Vierbeiner ist nichts passiert. Heute gibt “Bild” Entwarnung (auf 14 Zeilen): Gismo ist wieder zuhause.

“Das Tier hatte sich wohl am Morgen selbst aus seinem Zwinger befreit und war in das offen stehende Auto eines Metzgers gesprungen. Der Mann hatte es erst am Mittag bemerkt, brachte den Hund zurück.”

Ganz ohne Lösegeldforderung übrigens.

Danke an Sapperlot für den sachdienlichen Hinweis.

Erfolg über Nacht

Am Donnerstag lief zum letzten Mal “Anke Late Night” auf Sat.1. Und “Bild” wusste auch, warum:

“Zuletzt hatten nur noch 700.000 Zuschauer eingeschaltet.

Am Freitag fragt das Blatt:

“Hat SAT 1 Anke Engelke zu früh gekippt? (…) Zuletzt schauten sogar mehr als 1 Million Zuschauer zu.

Völlig unverständlich, oder? Das Aus für Engelke natürlich, nicht etwa die “Bild”-Berichterstattung.

Nachtrag 23.10., 9.59 Uhr. Inzwischen ist Samstag.
Und “Bild” schreibt:

Nach nur 78 Folgen verabschiedete sich die Ladykracherin von ihrem Late-Night-Publikum. Leider sahen wieder nur eine Million Menschen zu.

Keinen Kontakt, nie gehabt

Schauspieler Karsten Speck sitzt in Untersuchungshaft und “Bild” ist “das Drama” täglich einen Bericht wert. Jetzt kommt die Schreckensmeldung:

“Seit fünf Tagen hat Mutter Ellen keinen Kontakt mehr zu ihrem Sohn. Jetzt sagte Ellen Speck gegenüber der Tageszeitung B.Z.: ‘Wir dürfen nicht mit ihm sprechen!'”

Und außerdem:

“Das ist eine schreckliche Geschichte. Nur sein Anwalt hat noch Kontakt zu ihm. Er hält uns auf dem Laufenden.”

In der “B.Z.” steht dazu:

“Seit sechs Tagen sitzt ihr [Ellen Specks] Sohn in Untersuchungshaft (BZ berichtete). Seitdem hat die Familie keinen Kontakt zu ihm.

So? Na ja, gut.

Bloß zur Erinnerung: “Karsten Speck weint hinter Gittern”, hatte “Bild” wenige Stunden zuvor gemeldet:

“Seit fünf Tagen sitzt der TV-Star in Haft. Die Mutter zu BILD: ‘Als ich ihn im Gefängnis anrief, hat er geweint.’

Vermutlich darf man sich jetzt raussuchen, ob man — wenn überhaupt — lieber der “Bild” oder doch der “B.Z.” glauben möchte. “Bild” jedenfalls glaubt offenbar lieber den Kollegen.

Der Tod ist nicht genug II

Noch am vergangenen Donnerstag hätte man tatsächlich denken können, dass Christopher Reeve doch an einem Super-Virus starb, wie “Bild” zwei Tage zuvor berichtet hatte.

Superman aufgeschnitten – Ärzte wollen jetzt den Super-Virus entschlüsseln, der Hollywood-Schauspieler Christopher Reeve getötet hat

Das war auf Seite 8 zu lesen. Und außerdem das:

Wie BILD aus Familienkreisen erfuhr, wurde die Leiche von Christopher Reeve († 52) im Northern Westchester Hospital (New York) aufgeschnitten, sein Körper obduziert – auf der Suche nach dem Supervirus.

Ob die Information über den vermeintlichen Supervirus tatsächlich von der Familie kam, lässt sich anhand der Formulierung nicht mit Sicherheit sagen. Fakt ist, dass wer wollte schon am Dienstag aus allgemein zugänglichen Quellen erfahren konnte, was vermutlich die Ursachen für Reeves Tod waren. So wurde der langjährige Arzt von Reeve, Dr. John McDonald, von der “New York Daily News” wie folgt zitiert:

We don’t know exactly why he died yet. But we know that it was the accumulation of complications (…). That immobility and lack of movement and then just repeated infections, complications – it takes its toll. (Wir wissen nicht genau, warum er starb. Aber wir wissen, dass es eine Anhäufung von Komplikationen war (…). Die Immobilität und mangelnde Bewegung und dann wiederholte Infektionen, Komplikationen – das fordert seinen Tribut)

Und was schreibt “Bild” nun, fünf Tage später, ohne den “Super-Virus” zu erwähnen?

Erst jetzt wurde bekannt, wie schlecht es wirklich um Reeve stand: Immer mehr Infektionen fraßen sich zuletzt in seinen kaputten Körper.

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