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Der öffentliche Tod einer “Nymphomanin”

Anfang Dezember 2012 wurde eine 47-jährige Frau tot in ihrem Bett aufgefunden. Die Frau war nicht das, was man gemeinhin als “prominent” bezeichnet, Hinweise auf Fremdverschulden gab es keine — dennoch berichteten “Bild” und Bild.de groß über den Fall:

Wie starb Nymphomanin ***?

Ein bisschen prominent war die Frau laut “Bild” nämlich schon:

Sonnenbrille, Kette, tiefes Dekolleté – und ein verruchtes Lächeln: Wir sehen […] († 47), die Frau, die im Frühjahr als “Nymphomanin von München” Schlagzeilen machte.

Damals schloss sie einen Discjockey (43) in ihrer Wohnung ein, wollte immer wieder Sex mit ihm – bis der Mann aus ihrem Bett auf den Balkon floh, die Polizei rief.

JETZT IST DIE FRAU TOT.

Ihr letzter Liebhaber (31, ein Nachbar) wachte am Freitag gegen 6.30 Uhr neben ihrem leblosen Körper auf.

Er versuchte noch Mund-zu-Mund-Beatmung, rief den Notarzt. Dieser konnte aber nichts mehr tun.

Fremdverschulden schließt die Polizei aus. Doch wie starb […]? Kann Dauer-Sex die Ursache sein?

Ein Leser sah in der Berichterstattung einen Verstoß gegen den Pressekodex, da sie massiv Opfer- und Persönlichkeitsrechte verletze, und beschwerte sich über Bild.de beim Deutschen Presserat. Es bestehe kein öffentliches Interesse an der Veröffentlichung des Fotos der Frau.

Die Rechtsabteilung der BILD digital GmbH & Co. KG sah das wieder mal anders: Die Betroffene habe in den vergangenen Monaten häufig mit ihrer Nymphomanie für Aufstehen gesorgt und sei bundesweit Thema in den Medien gewesen. Sie sei erstmals aufgefallen, weil sie einen ihrer Liebhaber im April 2012 acht Mal zum Liebesakt getrieben habe, bis dieser auf den Balkon geflohen sei, um die Polizei zu rufen. Über den “ausgesprochen kuriosen Fall” hätten damals zahlreiche Medien berichtet, darunter auch “Bild”, die sich auf die entsprechende Pressemitteilung der Polizei bezogen habe. Obwohl die Redaktion auch damals im Besitz eines Fotos der Betroffenen gewesen sei, habe sie sich bewusst gegen eine Veröffentlichung dieses Fotos entschieden.

Das stimmt. Die Berichterstattung von “Bild” sah im April 2012 so aus:

Nymphomanin* lockte Discjockey in Sex-Falle

Die Zeitung hatte ihren Lesern damals sogar erklärt, was so eine “Nymphomanin” überhaupt ist:

* Bezeichnung für eine Frau mit übermäßigem Verlangen nach Geschlechtsverkehr

Danach habe sich noch ein weiterer Vorfall ereignet, über den wieder zahlreiche Medien aus der gesamten Republik berichtet hätten: Die Betroffene habe einen Mann eineinhalb Tage lang eingesperrt, ihm das Handy abgenommen und ihn zum Geschlechtsverkehr gezwungen. Auch hier habe “Bild” wieder bewusst auf die Veröffentlichung des Fotos verzichtet.

Erst als die Betroffene in Folge ihres Rauschmittelkonsums gestorben sei, hätten “Bild” und Bild.de das Foto nach sorgsamer Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht der Verstorbenen und dem öffentlichen lnteresse veröffentlicht.

Die Rechtsabteilung baute sich zu diesem Zweck ein argumentatives Perpetuum Mobile: Zum Zeitpunkt ihres Todes sei die Betroffene nämlich bereits durch ihre monatelange exzessive Sexsucht in der Öffentlichkeit bekannt gewesen. Aufgrund der aufsehenerregenden Vorgeschichte habe ein hohes Interesse der Öffentlichkeit bestanden, zu erfahren, was aus der Betroffenen geworden sei.

Die Frau sei auf dem Foto* aufgrund einer Sonnenbrille nicht für Außenstehende erkennbar, ihr Name sei immer abgekürzt worden. Im Text habe die Redaktion nicht abwertend berichtet, weil Drogenkonsum und Sexsucht mit einer Krankheit zu tun haben könnten.

Vielleicht nicht “abwertend”, aber so:

In der Bar, so berichtet ein Bekannter, trinken die beiden ein paar Bier, zwei Wodka und etwas Wein. Auch “weißes Zeug” sollen sie geschnupft haben.

Dann nimmt […] den Heizungsmonteur mit nach Hause. Doch anders als sonst geht es nicht gleich zur Sache. Stattdessen sitzen die beiden zusammen und reden – und plötzlich schläft die Blondine ein.

Der Beschwerdeausschuss des Deutschen Presserats sah in der Berichterstattung von Bild.de einen Verstoß gegen Ziffer 8 des Pressekodex.

Die Betroffene sei durch die Angaben zu ihrer Person und das Foto für einen großen Personenkreis erkennbar geworden. Für das Verständnis des Unfallgeschehens sei das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich. Über den Todesfall hätte daher nur in vollständig anonymisierter Form berichtet werden dürfen, da es sich weder um ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung gehandelt habe, noch besondere Begleitumstände vorgelegen hätten. Vielmehr habe die Redaktion über Ereignisse aus der lntimsphäre berichtet, deren Schutz von besonderer Bedeutung sei.

Einstimmig sprach der Ausschuss eine öffentliche Rüge aus und bat die Redaktion darum, die Rüge “zeitnah zu veröffentlichen und in dem Online-Beitrag eine Anonymisierung vorzunehmen”.

Bild.de kam dieser Bitte nach, wies auf die Rüge hin und ersetzte den Vor- und den abgekürzten Nachnamen der Verstorbenen an den meisten Stellen der Berichterstattung.

*) Übrigens haben auch die Münchener Boulevardzeitung “tz” und diverse ausländische Medien das Foto verwendet. Die “Daily Mail” gibt als Quelle “BILD-Zeitung/privat” an.
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“Endlösungs”-Parolen

Lange keinen Nazi-Skandal mehr gehabt?

“Bild” hat da was für Sie:

Blockupy wirbt mit NS-Ausdruck

Der “Skandal um Blockupy!” sieht dabei angeblich so aus:

Das linke Kapitalismus-Kritikbündnis bedient sich rechter “Endlösungs”-Parolen, nennt unseren Flughafen einen Ort der “Deportation”, wo Menschen nach “Nationalität und Verwertbarkeit sortiert” werden. Verkehrsminister Florian Rentsch ist entsetzt.

Sie wollen aufrütteln und sind dabei übers Ziel hinausgeschossen: Ja, am Flughafen werden viele illegal ins Land Eingereiste und eingeschleuste Wirtschaftsflüchtlinge von den Behörden wieder in ihre Heimatländer zurückgeflogen.

Doch Blockupy vergleicht das rechtsstaatliche Abschieben der Illegalen mit der Deportation von Millionen Juden durch die Nationalsozialisten in Konzentrationslager während des Holocausts.

Tatsächlich bezeichnet die Blockupy-Bewegung auf ihrer Website Frankfurt als “zentrale[n] Knotenpunkt des rassistischen Grenz- und Abschieberegimes der EU”, doch daran scheint sich “Bild” gar nicht zu stören.

Konkret geht es um ein Wort, das in der Aktionsbeschreibung selbst gar nicht vorkommt, sondern nur auf den Plakaten zu lesen ist:

Hessens Verkehrsminister Florian Rentsch (38, FDP), der auch Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft ist: “Man kann sich dafür nur schämen, dass der Begriff ‘Deportation’ so geschichtsvergessen verwendet wird. Dass sich die Linken der Ausdrucksweise des NS-Regimes bedienen, ist ein Skandal.”

Nun ist es nicht so, dass der Begriff “Deportation” ausschließlich von Vertretern des NS-Regimes und von Linken verwendet wird: Auch Medien wie die “Welt”, das “Handelsblatt” oder die DPA verwenden ihn synonym zu “Abschiebung”, was auch der Duden vorschlägt.

Zum anderen bedeutet “deportation” im Englischen schlicht “Abschiebung”, die auf dem Plakat enthaltene Formulierung “Blockupy deportation airport” könnte man also mit etwas weniger bösem Willen auch schlicht als international gehaltene Aufforderung verstehen, einen “Abschiebeflughafen” zu besetzen.

Wir haben deshalb beim Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung nachgefragt, ob Minister Florian Rentsch eigentlich um den Kontext gewusst habe, in dem das Wort “Deportation” bzw. “deportation” steht.

Die Antwort des Sprechers Marco Krause fiel wie folgt aus:

Die Verwendung des Wortes “Deportation” wird in diesem Kontext nicht weniger verantwortungslos dadurch, dass zwei englische Wörter auf dem Plakat stehen. Hier sollten offensichtlich Assoziationen geweckt werden, die entschieden zurückgewiesen werden müssen. Die Plakatmacher haben das sensible Wort offenbar bewusst gewählt, um einseitig Stimmung zu machen. Dies ist geschmacklos gegenüber den Opfern und geschichtsvergessen. Eine Entschuldigung und die Entfernung der Plakate ist das Mindeste, was von den Verantwortlichen verlangt werden kann.

Unsere Frage, ob sich Herr Rentsch vor dem Hintergrund, dass es hier offensichtlich um den englischen Begriff ging, erneut so äußern würde, erschien der Pressestelle als “Suggestivfrage”, schließlich sei es nicht offensichtlich, dass es hier um einen englischen Begriff ging. Herr Rentsch halte die Kritik zu dem Plakat aufrecht, denn das Plakat “spricht leider für sich und spielt mit dem Begriff ‘Deportation’ im Gesamtkontext völlig verantwortungslos”.

Die Verwendung des Begriffs “Deportation” in anderen Medien würde der Minister aber nicht kritisieren, weil diese Medien “anders als das Plakat den Begriff ‘Deportation’ im Gesamtkontext nicht verantwortungslos verwenden”.

Die Antwort des Pressesprechers schließt mit einem bemerkenswerten Satz:

Ich gehe davon aus, dass Sie diese Anfrage parallel an die BILD-Zeitung richten und stelle daher unsere Antworten auf Ihre Anfrage auch der BILD als Quelle des Artikels zur Verfügung.

Mit Dank an Marcus, Martin und Egal.

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Sah ein Kai ‘nen Rösler stehn

Treffen sich zwei Männer. Was anfängt wie ein schlechter Witz, ist auch einer — aber einer, der viel über das Verhältnis von Politik und “Bild”-Zeitung auszusagen scheint.

Überraschend herzlich nahmen sich Philipp Rösler, FDP-Vorsitzender, Wirtschaftsminister und Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland, und Kai Diekmann, Chefredakteur von “Bild”, Gesamtherausgeber der “Bild”-Gruppe und seit neuestem Doppelgänger von Russel Crowe in “Gladiator”, im Silicon Valley in die Arme.

Eine Begegnung, die Thorsten Denkler auf süddeutsche.de so kommentiert:

Das sind eigentlich zwei Positionen, die innige Umarmungen zumindest in der Öffentlichkeit ausschließen sollten, wenn beide nicht irgendwann einmal zusammen in irgendeinem Krieg gekämpft und sich gegenseitig mehrfach das Leben gerettet haben. Das würde fürwahr eine solche Umarmung anlässlich Röslers Besuch im Silicon Valley durchaus rechtfertigen. Doch derartige Harte-Kerls-Geschichten sind von beiden nicht überliefert.

Laura Himmelreich berichtete bei stern.de:

Philipp Rösler hat zahlreiche Gründe, Diekmann dankbar zu sein. Im Febraur dieses Jahres, lobpreiste die “Bild” den Wirtschaftsminister unter der Überschrift “Mr. Cool”: “So souverän hat in der Politik schon lange keiner mehr auf fiese Attacken reagiert … Cool, cooler, Rösler!” Flankiert wurde der Text mit einem fast ganzseitigen Foto von Rösler wie er dynamisch geht und sich lässig die Krawatte zurechtrückt. Nachdem Rösler im März wieder zum Parteichef gewählt wurde schrieb “Bild”: “Mr. Cool ganz happy”. Und auch in den letzten beiden Tagen ließ das Boulevardblatt keine Gelegenheit aus, um darauf hinzuweisen, dass Rösler der “Minister Cool” sei.

Philipp Rösler hört gerne Udo Jürgens und mag Filme mit Meg Ryan. Auf die Idee, dass er für “Coolness” steht, kam bisher nur die “Bild”-Zeitung. Fragt man “Bild”-Mitarbeiter, geben die zu, dass der Auftrag für positive Rösler-Artikel “von oben” komme. Denn für die “Bild” ist Rösler immer dann besonders “cool”, wenn er dem Axel Springer Verlag hilft.

Wir haben unsere Leser via Facebook und Twitter aufgefordert, passende Bildunterschriften einzureichen. Hier unsere Favoriten:

  • “Philip Rösler auf kalifornischem Flughafen von Grizzly attackiert!” (Jan B.)
  • “Herzliche Begrüßung: Philipp Rösler trifft seinen Gag-Schreiber.” (Lars)
  • “Nach der Trennung von Wulff: Diekmanns Neuer. (Kathy)
  • “Waschen & Rasieren Sie sich, dann klappt’s mit einem Job!” – “Danke für den Tip!” (David Sch.)
  • “Der Rubikon ist noch weit.” (Rafael S.)
  • “Vater holt vermissten Sohn aus dem Spielparadies ab.” (Freddi)

Ex-BILDblogger Daniel Erk hat auf Storify zusammengefasst, welche Folgen diese Umarmung in den Sozialen und den Online-Medien hatte:

Der Grafiker und Musiker Friedemann Weise hatte auf Facebook diese Erklärung parat, die wir mit seiner freundlichen Genehmigung zeigen:

Und als ob die Distanzlosigkeit seiner Umarmung mit Kai Diekmann nicht eindrucksvoll genug wäre, ließ sich Philipp Rösler in Kalifornien auch noch im Arm des Beauftragten für Regierungsbeziehungen der Axel Springer AG, Dietrich von Klaeden, fotografieren.

Das Killervideo von der Wursttheke

In einem Berliner Supermarkt ist gestern ein Mann erstochen worden.

Zum Glück war aber jemand mit einer Kamera in der Nähe und konnte die Aufnahmen, wie der Mann stirbt und wie Kunden und Angestellte Erste Hilfe leisten, zeitnah Bild.de zur Verfügung stellen.

Und so gibt es jetzt auf Bild.de ein Video aus diesem Supermarkt, und die Sprecherin schildert aus dem Off, was man sieht:

Beängstigende Bilder aus einem Supermarkt in Berlin-Gesundbrunnen vom Dienstagabend: Vor der Wursttheke liegt ein 82-jähriger Rentner auf den Fliesen — niedergestochen! Geschockt beobachtet die Wurstverkäuferin, wie Kunden und Angestellte Erste Hilfe leisten. Andere überwältigen den mutmaßlichen Täter, halten ihn fest. Zeugen berichten, der 30-Jährige soll unvermittelt auf den älteren Mann zugegangen sein und habe dann mehrmals auf ihn eingestochen. Für das Opfer kommt jede Hilfe zu spät, es stirbt noch am Tatort.

Immerhin: Die Köpfe der einzelnen Menschen, die helfen statt zu filmen, sind unscharf gemacht worden. Auch das Blut ist eher zu erahnen als zu sehen.

In der gedruckten “Bild”-Zeitung ist beides anders.

[via Absolut Obsolet]

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Multipler Journalismus

Eine Reporterin der “Welt” hat vor zwei Jahren einen erotischen Selbstversuch gestartet: Sie ist zu einer Tantra-Massage gegangen. Darüber hat sie dann im Mai 2011 in der “Welt” geschrieben.

Gestern ist erneut ein Tantra-Massagen-Selbstversuch-Artikel der Reporterin erschienen. Diesmal aber in der “Bild”-Zeitung:Ist Tantra eigentlich auch gut für Frauen? - Geht es um Erleuchtung? Um Sex? Um beides? Ein Selbstversuch

Hier mal ein kleiner Vergleich:

“Welt”, 6. Mai 2011 “Bild”, 17. Mai 2013
Von Frau zu Frau – Unsere Autorin hat die tantrische Yoni-Massage in Berlin getestet Ist Tantra eigentlich auch gut für Frauen? Geht es um Erleuchtung? Um Sex? Um beides? Ein Selbstversuch
Die blonden Haare umspielen ihr Gesicht, sie atmet tief ein, das über ihre Brust zusammen geknotete curryfarbene Seidentuch bedeckt ihren zierlichen Körper. Blonde lange Haare umspielen ihr Gesicht, ein über ihre Brust zusammengeknotetes curryfarbenes Seidentuch bedeckt ihren zierlichen Körper.

Wir stehen im “Grünen Zimmer”. Goldene Seidentücher hängen an den gras-grünen Wänden. Ich stecke 200 Euro in eine perlenbestickte Schmuckdose (…).

Sie führt mich rüber ins „Grüne Zimmer“. Ich stecke 200 Euro in eine perlenbestickte Schmuckdose.

Tracy sagt mir, ich solle mich hinlegen, auf eine weich gepolsterte Matte, die von orange-roten Tüchern bedeckt ist. Sie spricht einen starken amerikanischen Akzent. Im Hintergrund dudelt Meditationsmusik, das Zimmer ist warm, Ölflaschen liegen in gläsernen Schüsseln, die gefüllt sind mit heißem Wasser. Durch den Rauch eines Räucherstäbchens blinzele ich hoch zu Tracy. „Leg dich hin“, sagt sie sanft. Die weich gepolsterte Matte ist von orange-roten Tüchern bedeckt. Im Hintergrund dudelt Meditationsmusik, das Zimmer ist warm, Ölflaschen liegen in gläsernen Schüsseln, die mit heißem Wasser gefüllt sind. Durch den Rauch eines Räucherstäbchens blinzele ich hoch zu Tracy.

Sie hat ihr Tuch abgelegt und ist nackt, so wie ich auch. Sie schenkt mir ein Lächeln. Ihre Hand liegt zwischen meinen Brüsten als sie sagt: “Viel Spaß auf deiner Reise.”

Sie hat ihr Tuch abgelegt – sie ist NACKT. Auch mein Tuch ist futsch – mit geschickten Händen hat sie es entknotet. Zwei Mädels, nackt auf einer Matte – also doch eine Art Puff? Vor meinem inneren Auge sehe ich den lockigen Tantra-Chef schon an die Tür klopfen und fragen, ob er hier richtig ist zum Rohrverlegen. Oh Gott, bitte nicht! Doch dann lächelt Tracy mich beruhigend an, legt ihre Hände zwischen meine Brüste und sagt, „Viel Spaß auf deiner Reise.“
Sie massiert mich mit dem heißen Öl, reibt meine Zehen, schüttelt meine Arme aus und krault meinen Kopf. Sie massiert mich mit dem heißen Öl, reibt meine Zehen, schüttelt meine Arme aus und krault meinen Kopf.
Schon setzt sich Tracy im Schneidersitz zwischen meine Beine, das Gesicht mir zugewandt. Meine Beine legt sie über ihre und ich bin ihren Berührungen ausgeliefert. Plötzlich steht Tracy auf, um sich im Schneidersitz zwischen meine gespreizten Beine zu setzen. HOPPLA! Sie schaut mich an. Ich liege auf dem Rücken, sie nimmt behutsam meine Beine und legt sie über ihre. Breitbeinig liegend bin ich ihren Berührungen ausgeliefert.

Wie es sich nach einem Orgasmus gehört, nicke ich ein. Tracy weckt mich nach 15 Minuten und schickt mich unter die Dusche. Das Bad ist in warmes Licht getaucht, hinten in der Sonne funkelt der Fernsehturm. Ich blicke in den Spiegel und sehe entspannt aus.

Wie es sich nach einem Orgasmus gehört, nicke ich ein. Tracy weckt mich nach 15 Minuten, schickt mich unter die Dusche. Das Bad ist in warmes Licht getaucht, hinten in der Sonne funkelt der Fernsehturm. Entspannt bin ich, aber auch irgendwie erschöpft.
Ich frage sie, was denn für sie der Unterschied zur Prostitution sei. Tracy reißt ihre braunen Augen auf: “Jeder der zu uns kommt sucht eine tiefe Erfahrung. Sonst könnte man ja auch für 100 Euro in ein Bordell gehen.” Beim Abschied frage ich Tracy, was denn der Unterschied zwischen so einer Massage und Prostitution sei. Sie sagt: „Jeder, der zu uns kommt, sucht eine tiefe Erfahrung. Sonst könnte man ja auch für 100 Euro in ein Bordell gehen.“

Ein Orgasmus, zwei Artikel — Reporterbefriedigung deluxe.

Mit Dank an Marcus B., Ron und Sascha S.

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Eine moralische Pflicht

Heute mal ein kleines Ratespiel. Wir suchen ein Unternehmen, über das gestern in einem Zeitungskommentar berichtet wurde.

Und zwar ein Unternehmen, …

das in der Lage ist, ganze Karrieren, Firmen und Existenzen zu zerstören.

das für manche Menschen ein regelrechter Fluch sein kann.

das immer erklärt, es habe nichts mit Gesetzesverstößen zu tun, was jedoch bereits juristisch widerlegt wurde.

das dafür Sorge tragen muss, dass Persönlichkeitsrechte nicht durch Verleumdung, üble Nachrede oder Beleidigung verletzt werden.

das sich gefälligst an die Gesetze zu halten hat – so wie alle anderen auch.

Und? Haben Sie’s? Genau: Wir suchen … die “Bild”-Zeitung!

Oh, pardon. Stimmt gar nicht. Das alles stand in der “Bild”-Zeitung. Gemeint war ein ganz anderes Unternehmen – Google.

Redakteurin Christin Martens freut sich in ihrem Kommentar nämlich über das BGH-Urteil zu den Google-Suchvorschlägen. Und schreibt darin Sätze, für die man wohl kein ironischeres Umfeld finden könnte als die “Bild”-Zeitung. Der Schluss ist besonders schön:Der Suchmaschinen-Gigant hat eine moralische Pflicht, wenn Persönlichkeitsrechte durch Verleumdung, üble Nachrede oder Beleidigungen verletzt werden. Auch für Google gelten die Gesetze.

Danke, Frau Martens. Wäre das also geklärt. Dann können Sie ja jetzt anfangen, im eigenen Laden aufzuräumen.

Mit Dank auch an Krabbel.

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Vim Vomlands Finderwahnsinn

Seit vergangenem August läuft in “Bild” die Serie “50 Jahre Bundesliga”, in der die Sportredaktion jede Woche zurückblickt: Bunte Anekdoten, “legendäre Fotos” und die jeweilige Abschlusstabelle sollen den Leser an längst vergangene Bundesligaspielzeiten erinnern.

Die gestrige Rückschau auf die Saison 2000/2001 fiel ein bisschen ausführlicher aus als sonst, was damit zusammenhängen könnte, dass es eigentlich nur am Rande um Fußball ging — und hauptsächlich um “Bild”:

BILD-Reporter Vim Vomland: So jagte ich Daum durch Amerika

Detailliert beschreibt Vim Vomland, über viele Jahre der ganz persönliche Christoph-Daum-Beauftragte von “Bild”, wie das damals war, als Christoph Daum das Land verließ, nachdem seine Haarprobe positiv auf Kokain getestet worden war.

Und mit “detailliert” meinen wir so was:

21. Oktober: Ich, der BILD-Reporter, telefoniere gegen 13 Uhr mit Daums Lebensgefährtin Angelika. Sie sagt einen ungeheuerlichen Satz:

“Der Test bei Christoph ist so, als hätte er eine Lkw-Ladung genommen.” Ihre Worte dröhnen in meinen Ohren.

Um 13.45 Uhr fliegt Daum mit dem Lufthansa-Jumbo in der First-Class auf Platz 83 C von Frankfurt nach Miami.

Vomland flog damals hinterher (“Nur mit einem grauen Anzug, ohne Gepäck, aber mit BILD-Fotograf Andreas Pohl”) und versuchte alles, um den frisch entlassenen Trainer von Bayer Leverkusen zu finden.

Doch erst hatte er kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu:

24. Oktober: Daum feiert seinen traurigsten Geburtstag (den 47.). Wir spüren sein Versteck auf. Das Privat-Resort “Windstar”. Ich bekomme Einlass in die Anlage unter dem Vorwand, eine Mitgliedschaft im Golf-Club kaufen zu wollen. Doch in der Villa eines Freundes ist von Daum nichts zu sehen. Wir mieten uns im “Hilton” auf Marco Island, 30 Kilometer südlich von Naples, ein.

Was wir nicht ahnen konnten: Daum wohnt in dem Augenblick nur 100 Meter in einer Strand-Villa entfernt. Als Calmund erfährt, wo die BILD-Reporter absteigen, lässt er Daum durch die Hotel-Tiefgarage vom gemeinsamen Freund Mark Dillon wegbringen. Von Naples ins neue Versteck nach Orlando Altamonte Springs.

Und so beschreibt Vomland, wie tagelang erst nichts und dann wenig passierte:

2. November: Bei mir klingelt um 11.18 Uhr das Handy. “What’s up Maria? – Was gibt es Maria?” Es ist Christoph Daum! Er gehört zu den wenigen, die meinen Taufnamen kennen. Daum: “Mir geht es gut, mich findet keiner.” Auf meinen Vorschlag (“Lass uns treffen!”) antwortet er: “Ich weiß nicht. Mach es gut. Kopf hoch.”

Vomlands hyperaktive Berichterstattung über den “flüchtigen” Daum sorgte schon damals für Erheiterung bei anderen Journalisten, wie zeitgenössische Texte von “Spiegel Online” und der “Berliner Zeitung” zeigen.

Es gab dann aber doch noch ein Happy End:

3. November: [“Daum-Freund” Mark] Dillon ruft an: “Christoph will dich sehen. Aber allein. Halte dich in der Church Street in Downtown Orlando bereit.”

In dem Vergnügungsviertel tippt mir Dillon um 12.47 Uhr auf die Schulter. Durch den Hinterausgang eines Irish Pub geht es über Feuerleiter, Treppen, Hinterhöfe, Parkplätze zu Dillons Auto. Dort werden mir die Augen verbunden. 25 Minuten später halten wir.
Über eine Hintertreppe landen wir in einem Büro im 1. Stock. Da sitzt Daum und lacht: “Mensch, Maria, wo ist dein Problem?”
BILD hat Daum gefunden!

“Gefunden”, so so.

Man kann sich das gut vorstellen, wie Vim Vomland bei einer Treibjagd durch den Wald pflügt, haufenweise unwichtige Details an die Redaktion durchgibt und am Ende dann mit verbundenen Augen von einem Eichhörnchen zum Hirschen geführt wird. Der Hirsch sagt: “Ich habe auf Dich gewartet”, und Vomland ruft: “Ha! Gefunden!”

Alternativ wäre man gerne dabei gewesen, in der Kindheit von Vim Vomland, als er mit den Nachbarskindern Verstecken gespielt hat und immer “Hab dich”, gerufen hat, wenn die anderen Kinder nach Stunden aus ihrem Versteck krochen.

Wirklich ergiebig war das Interview nicht, wie Vomland auch zwölfeinhalb Jahre später noch andeutet:

30 Minuten reden wir über Calmund, seine Kinder, seine US-Zeit, seine nächtliche Hotel-Flucht. Daum: “Vim, sage allen, dass es mir gut geht. Ich hoffe, wir sehen uns unter erfreulicheren Bedingungen wieder.”

Tatsächlich hat Daum damals offenbar so wenig gesagt, dass Vomland seinen Text in “Bild” vom 4. November 2000 mit banalen Details strecken musste. Aber das konnte er damals schon gut:

Der verschollene Daum. Hockt da, hinter einem Holztisch auf einem der sechs grauen Stühle. Füllt irgendwie den ganzen beigefarbenen Neun-Quadratmeter-Raum. Hinter ihm ein Fenster mit Markise. Daum trägt ein hellblaues Hemd (Button down), eine pinkfarbene Krawatte, eine dunkelblaue Sommerhose, graue Slipper. Sein Gesicht ist gebräunt. Und: Sein Haar ist um etwa die Hälfte kürzer als zuletzt in Leverkusen.

Die tatsächlichen Antworten Daums damals lassen sich in etwa so zusammenfassen: “Dazu sage ich nichts”, “Mehr dazu nicht”, “Du kannst mit mir reden, aber dazu kein Kommentar.”

Dafür erklärte “Bild” damals das besondere Verhältnis zwischen Daum und Vomland:

Christoph Daum (47) und Vim Vomland (45) – der Trainer und der BILD-Reporter aus Köln. Sie kennen sich schon seit dem Winter ’76. Damals waren sie beide Studenten der Sporthochschule Köln. In der Mensa kamen sie erstmals ins Gespräch. Als Daum Jugendtrainer beim 1. FC Köln war, berichtete Vomland als junger BILD- Mitarbeiter über diese Spiele. Und später über Daums Aufstieg. Intensiv wurde der Kontakt ab Juli 1996: Daum wechselt zu Bayer Leverkusen. Den Klub, über den Vomland fast täglich berichtet. Der Reporter war dabei, als Daum am Tag vor seinem 45. Geburtstag bekannte: “Vim, ich verlasse meine Familie.” Der Reporter erlebte Daum nach dem Unterhaching-Desaster: “Er fiel in sich zusammen. Er tat mir leid.” Jetzt war Vomland der erste Journalist, der Daum nach seiner überstürzten Abreise nach Florida gesprochen hat.

Sogar die “Welt” bezeichnete Vomland damals als Daums “zu Berühmtheit gelangten Spezi”.

Heute schreibt Vim Vomland noch immer für den Sportteil von “Bild”, nur Christoph Daum scheint er seit 2011 nicht mehr gefunden zu haben.

Mit Dank auch an Matthias M.

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Gerüchte mit erstaunlicher Haltbarkeit

Die BVB-Profis Neven Subotic und Mats Hummels haben der “Bild”-Zeitung ein Exklusiv-Interview gegeben. Darin kommen die Fußballer unter anderem darauf zu sprechen, dass “manche Leute bei Facebook, Twitter und Co. es mittlerweile echt schaffen, aus total wilden Phantasien Gerüchte mit erstaunlicher Haltbarkeit zu machen!” Da muss ein “Bild”-Redakteur natürlich sofort nachhaken:

BILD: Welche [Geschichten] gab’s denn noch?​

Hummels (lacht): “Inzwischen erzählt sich ja die halbe Fußball-Republik, dass Neven ein Verhältnis mit meiner Freundin Cathy hat. Aber pssst..!”

Subotic (lacht): “Ich wollt’s dir noch erzählen, Mats. Aber jetzt mal im Ernst: Das ist natürlich totaler Quatsch! Mats und ich sind miteinander befreundet und beide glücklich vergeben.”​

Es folgt eine klassische Sportreporter-Frage:

BILD: Wie sehr nervt Sie das Gerede?​

Hummels: “Es ist schon befremdlich, wenn man sieht, wie leicht sich so eine Lüge verselbstständigt und die Leute meinen, über dein Privatleben Bescheid zu wissen. Aber wir kennen uns so gut, dass wir alle echt darüber schmunzeln können.”

Subotic (grinst): “Müssen wir ja auch. Inzwischen spricht uns doch jeder Taxifahrer und jeder Friseur drauf an. Na ja, nach diesem Interview vielleicht nicht mehr. (…)”

Da sind wir uns ehrlich gesagt nicht so sicher.

Denn das haben die Leute von “Bild” aus diesem Interview auf der Titelseite gemacht:
BVB-Stars wehren sich gegen Fremdgeh-Gerüchte - Es geht um Subotic, Hummels und dessen Freundin Cathy

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Auf links gedreht

Anfang der Woche hat das Bundesinnenministerium neue Zahlen zur “politisch motivierten Kriminalität” (PDF) in Deutschland veröffentlicht.

So berichteten deutsche Medien über die Studie:

epd:
Zahl rechtsextremer Straftaten steigt

“Focus Online”:
Zentralrat der Juden besorgt - Rechte Gewalt nimmt in Deutschland zu

Die Welt:
Extremismus - Mehr rechtsextreme Gewalttaten in Deutschland

Auch die Texte von dpa und AFP sowie die Online-Auftritte von “taz”, “Stern”, der “Augsburger Allgemeinen” oder dem “Tagesspiegel” haben ähnliche Überschriften.

Nur die “Bild”-Zeitung setzt einen etwas anderen Schwerpunkt:

Linke Gewalt - Weniger Fälle, aber immer brutaler

Die Zahl links motivierter Straftaten ist 2012 im Vergleich zum Vorjahr (2011) deutlich gesunken. Aber mehr als jede zweite Straftat richtete sich mittlerweile gegen “Leib und Leben” der Betroffenen. Zugleich hat die politisch rechts motivierte Kriminalität 2012 zugenommen, von 16 873 (2011) auf 17 616 Straftaten (plus 4,4 %). (…)

Die Zahl links motivierter Straftaten ist demnach von 8687 (2011) auf 6191 gesunken (minus 28,7 %).

“Bild” schreibt also, “mehr als jede zweite” von diesen knapp 6.000 linksmotivierten Straftaten habe sich gegen “Leib und Leben” von jemandem gerichtet. Das würde bedeuten: Im vergangenen Jahr haben linke Gewalttäter mehr als 3.000 Mal Menschen attackiert oder umgebracht. Doch damit liegt “Bild” ein ganzes Stück daneben: Es waren nicht 3.000 solcher Taten, sondern “nur” etwa 700.

Der Fehler ist simpel: Das Blatt hat die Straftaten mit den Gewalttaten verwechselt. Von den 6.000 Straftaten der Linken werden nämlich “nur” knapp 1.200 als “Gewalttaten” eingestuft — und davon etwa die Hälfte als Angriffe auf Leib und Leben. Der Rest besteht hauptsächlich aus Propagandadelikten (“d.h. Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen”) und Sachbeschädigungen.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Leute von “Bild” bei der Analyse einer solchen Studie fast ausschließlich nach links schauen. Aber wenigstens haben sie die Gewalt der Rechten diesmal nicht komplett verschwiegen.

Mit Dank an Matthias P.

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“Bild” holt alles für sich raus

Seit Beginn der Woche hat “Bild” neue Werbegesichter. Unter anderem ein schwer verletztes dreijähriges Mädchen aus dem syrischen Aleppo wirbt jetzt für die Zeitung.

Oder, wie “Bild” es selbst formuliert:

Das Bild, mit dem BILD aufrütteln will!

Andere Motive der neuen Kampagne aus dem Hause Jung von Matt zeigen etwa eine Frau mit Gesichtsschleier und die Aktivistinnen von “Pussy Riot”. Der Slogan lautet jedes Mal: “Wir haben 500 Reporter und ein einziges Versprechen: Wir holen alles für Sie raus.”

Wir finden: Wer über “Bild” spricht, darf vor allem einen dieser 500 Reporter nicht vergessen: Paul Ronzheimer, Träger des Herbert Quandt Medien-Preises und der Mann, der “den Pleite-Griechen die Drachmen zurück” gegeben hat.

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