“Bild” berichtet heute über den Fußballer Charles Takyi, der gerade zum FC St. Pauli gewechselt ist, und gerät dabei ein wenig ins Schwafeln:
Klar, dass auch er den Aufstieg im Visier hat. Dennoch lockt noch ein ganz großes Ding: Möglich, dass der Spielmacher Paulis erster WM-Kicker wird…
Auch wenn “Bild” die Behauptung wiederholt (“Noch nie hat ein aktiver Pauli-Spieler bei einem WM-Turnier gespielt.”): Es ist ganz und gar unmöglich, dass Takyi “Paulis” erster WM-Kicker wird — und auch der zweite wird er nicht mehr werden können.
Es gab da nämlich schon Ján Kocian und Ivo Knoflíček, die beide für die Nationalmannschaft der Tschechoslowakei bei der Fußball-WM 1990 in Italien spielten (sogar im Viertelfinale gegen Deutschland) — und die beide zu dieser Zeit beim FC St. Pauli unter Vertrag standen.
Es gibt Überschriften, die im Kopf bestimmte Bilder entstehen lassen:
Da hat man sofort vor Augen, wie die Militärpolizisten der Bundeswehr im Offroader auf einen abgelegenen Fußballplatz brausen und den Spieler von Eintracht Frankfurt, der seinen Zivildienst “vergessen” hat, einsacken.
Und wer das nicht vor Augen hat, dem hilft “Bild” mit dieser Fotomontage gerne nach:
Gut, im Artikel liest sich das mit dem “Besuch” schon ein bisschen anders:
Eintrachts Faton Toski (22) vergaß seinen Zivildienst. Erst als die Feldjäger ihn aus dem Trainingslager holen wollten, reagierte der Mittelfeldspieler (27 Bundesliga-Einsätze, drei Tore). Jetzt muss er das Trainingslager in Kärnten abbrechen.
Am Montag beginnt sein Kurs beim Roten Kreuz in Frankfurt. Eigentlich hätte sich der talentierte Deutsch-Kosovare schon im Juni melden sollen. Als er im Juli noch immer nicht aufgetaucht war, drohte die Behörde mit den Feldjägern, die unwillige Wehrdienst- und Zivildienstleistende aufspüren.
Da ist “Bild” wohl vollends die Phantasie durchgegangen, denn Feldjäger sind gegenüber Zivildienstleistenden gar nicht weisungsbefugt, wie uns das Bundesverteidigungsministerium auf Anfrage mitteilte. Auch das Bundesamt für den Zivildienst sagte uns: “Feldjäger haben wir hier nicht.”
Den beiden norddeutschen Stadtstaaten, den Freien (und) Hansestädten Hamburg und Bremen wird ja gerne eine gewisse Konkurrenz untereinander nachgesagt. Wenn der Hamburger SV und Werder Bremen gegeneinander spielen, hat das immer eine gewisse Brisanz.
Dabei hätten die Bürger beider Städte gute Chancen, in einem Synchronsprechwettbewerb weit vorne zu landen:
So schön es auch riechen mag, den Hamburgern stinkt’s! Die Linden haben wieder ihre Hochblüte, und alles klebt, alles pappt. Ob Autos, Fahrräder oder Gehweg: An dem ekligen Blütenschleim kommt keiner vorbei, über allem liegt dieser klebrige Film. Doch was ist das überhaupt?
Schön sehen sie ja aus und toll riechen tun sie auch. Doch was die Linden so von sich geben, ist einfach nur eklig. Im Moment stehen sie in Hochblüte und alles klebt.
Autos, Mopeds, Fahrräder oder Gehwege – über allem liegt dieser klebrige Blütenschleim.
“Bei diesem Schleim handelt es sich um die Ausscheidung von Blattläusen”, erklärt Hans-Werner Münster, Geschäftsführer der Euro-Baumschule Rudolf Schmidt. “Jetzt im Juli haben die Läuse ihre höchste Population erreicht. Dementsprechend viel scheiden sie aus.”
Heidrun Nolte (40) vom NABU erklärt. “Bei dem Schleim handelt es sich um die Ausscheidungen von Blattläusen. Sie haben im Juli ihre höchste Population erreicht, dementsprechend viel scheiden sie aus.”
Genannt wird diese klebrige Masse von den Biologen “Honigtau” – und genau so fühlt sie sich auch an!
Von Biologen wird diese klebrige Masse auch “Honigtau” genannt.
Aneka Wollny (24) aus Ottensen ist nur noch angewidert, wenn sie in ihr Auto steigt. “Alles ist schmierig, man müsste es ja fast jeden Tag waschen!”
Studentin Larissa (20) aus Oberneuland ist angewidert: “Mein ganzes Auto ist schmierig, ich müsste es fast jeden Tag waschen!” (…)
Das sieht auch Olaf Höricke (46) so. Und zwar aus einem ganz anderen Grund: Er ist Geschäftsführer der Waschanlage Mr. Wash an der Stresemannstraße. Bei ihm hat sich der Kundenandrang in den letzten Wochen um zehn Prozent erhöht! Denn bei verklebten Autos ist Autofahrern die Wirtschaftskrise schnuppe.
Höricke: “Nicht nur für uns ist es besser, wenn die Leute ihre Autos waschen. Vor allem der Lack wird es ihnen danken!” Lässt man den Honigtau nämlich zu lange drauf, greift er den Lack an, hinterlässt Schäden. (…)
Einer der sich freut, ist Götz Hildebrand (37), Geschäftsführer der Waschanlage Mr. Wash an der Stresemannstraße.”Bei uns hat sich der Kundenandrang in den letzten Wochen um zehn Prozent erhöht!” Denn bei verklebten Autos ist Autofahrern die Wirtschaftskrise schnuppe. Hildebrand: “Der Lack wird es ihnen danken! Lässt man den Honigtau nämlich zu lange drauf, hinterlässt er Schäden.” (…)
Und jetzt sagen Sie nicht, das könne doch alles gar nicht sein: Einen “Mr. Wash” an der Stresemannstraße gibt es sowohl in Hamburg als auch in Bremen.
Vergessen Sie ehrliche Arbeit — verkostümieren Sie sich als Bettler, bevorzugt als “Roma-Frau” und nerven dann unschuldige Passanten (und “Bild”-Reporter) so lange, bis die mal eben einen Euro rausrücken. Tagesverdienst: stramme 1200 Euro bei einem lockeren 8-Stunden-Tag, nicht steuerpflichtig. Macht bei einer Fünf-Tage-Woche im Monat: 24.000 Euro!
Das hat “Bild-Reporter” Thomas Hoffmann, der jetzt im Selbstversuch in Berlin herausgefunden hat, dass “Bettler nerven”, flugs errechnet:
Wenn nur jeder Zwanzigste einen Euro gibt, verdient eine Roma-Bettlerin in einer Stunde 150 Euro…
Und tatsächlich, da hat die gute Frau (aber vermutlich nur, wenn sie eine “Roma-Bettlerin” ist) wirklich gute Chancen: Wenn sie in den 3600 Sekunden einer Stunde alle 24 Sekunden einen Euro bekommt, schafft sie das. Wenn man dann noch voraussetzt, dass jeder Zwanzigste spendet, dann muss sie lediglich alle 1,2 Sekunden jemanden nerven ansprechen, um am Monatsende eine einigermaßen reiche Frau zu sein.
“Bild” war wirklich besorgt: Mit der etwas hämischen Schlagzeile “Hosen runter, Horst!” hatte im Juni der “Berliner Kurier” die Gerüchte um das Liebesleben des Bayerischen Ministerpräsidenten kommentiert. Worauf die “Bild”-Kollegendie Grundsatzfrage aufwarfen, ob man das überhaupt dürfe, einen Ministerpräsidenten derart zu “verhöhnen”:
Nein, diese Chinesen, wie originell: Während man bei uns in Deutschland einem Flughafen einen ordentlichen Namen gibt und ihn beispielsweise nach Kanzlern und Beinahe-Kanzlern benennt, machen sich diese Asiaten einen rechten Spaß aus der Namensgebung, lächeln vermutlich dabei unergründlich vor sich hin — und nennen ihre Flughäfen beispielsweise: Wuhu. Was “Bild” in einer lustigen Geschichte über “lustige Flughafen-Namen” zum Anlass nimmt, kurzerhand festzustellen: “Manche Namen haben gar keine tiefere Bedeutung und klingen einfach nur absolut bescheuert.”
Was “Bild” nicht schrieb, aber hier nicht unerwähnt bleiben darf: Die lustigen Chinesen gehen sogar noch weiter. Sie geben sogar Städten “bescheuerte” Namen. Eine Stadt beispielsweise, Sie ahnen es, heißt doch glatt: Wuhu! Und als Gipfel der Impertinenz, so “bescheuert” sind die da in China manchmal, nennen sie den Flughafen von Wuhu: Wuhu Airport! Wuhu, das glauben Sie jetzt nicht? Ist aber so, steht sogar auf Karten so vermerkt.
Richtig schlimm muss man dabei auch finden, dass diese Marotte, “bescheuerte” Namen zu vergeben, inzwischen um sich greift. Die Kanadier fangen jetzt auch schon damit an. Nennen eine Stadt “Flin Flon”, einen Flughafen “Flin Flon”, packen die geographisch auch noch zusammen, also wenn das jetzt nicht mal völlig sinnfrei ist. Von der australischen Stadt “Woodie Woodie” und dem gleichnamigen Flughafen mal ganz zu schweigen…
Wie “Bild” darauf gekommen ist, dass die Namen “keinen tieferen Sinn” hätten, ist allerdings offen: Im von ihr einigermaßen schlecht abgeschriebenen Original-Artikel ist jedenfalls keine Rede davon…
Als Laie glaubt man vielleicht, dass es bei “Bild”-Geschichten wie “7 Wahrheiten über unsere Energie” darauf ankommt, dass es sich um Wahrheiten handelt. Tatsächlich scheint es wichtiger zu sein, dass es sieben sind.
Der Pro-Atomenergie-Artikel rechts ist fast genau ein Jahr alt. Er erschien am Tag, nachdem aus einem Atomkraftwerk in Südfrankreich radioaktive Uranlösung ausgetreten und in zwei Flüsse gelangt war. “Bild” fragte damals beim RWE-freundlichen Institut RWI nach.
Der Pro-Atomenergie-Artikel links ist von heute. Er erschien am Tag, nachdem der Chef des Atomkraftwerkes Krümmel wegen eines erneuten Störfalls gehen musste. “Bild” fragte diesmal bei der RWE direkt nach. Die Frage, wie sicher “unsere Atom-Meiler” sind, können deren Betreiber ja auch am besten beantworten. (Das Gespräch führte in bewährter Art der “Bild”-PR-Mann Oliver Santen.)
Der Arbeitsaufwand beim Recyclen der sieben “Wahrheiten” scheint überschaubar gewesen zu sein:
Aber was damals richtig falsch war, muss ja heute nicht falsch richtig sein.
In Köln ist diese Woche ein Mann festgenommen worden, der offenbar den Unternehmer Franjo Pooth und andere Prominente mit gefälschten Unterlagen über angebliche Schwarzgeldkonten erpressen wollte.
Er muss dabei ziemlich schlampig vorgegangen sein, wie “Bild” heute berichtet:
Nun kann man natürlich nur vermuten, wie der mutmaßliche Täter auf die Idee gekommen ist, Franjo Pooth könne “Franz Josef” heißen:
Er könnte sich auf die rund 300 Google-Treffer zu “Franz Josef Pooth” verlassen haben — darunter Artikel im “Kölner Stadtanzeiger” und Programmhinweise der ARD. (“Franjo Michael” liefert außer den “Bild”-Artikeln übrigens keine Treffer im Zusammenhang mit Pooth.)
Er könnte im “Bild”-Archiv nachgesehen haben:
Ihr Dauerbegleiter Franz-Josef (“Franjo”) Pooth (32) ist gar kein Architekt – obwohl Verona und Franjo das immer wieder stolz behauptet hatten.
(“Bild” vom 16.03.2002)
Franz-Josef Pooth – so heißt der Ehemann von Verona Pooth (40) mit richtigem Namen – erschien nicht beim Millionenprozess um seine Pleite-Firma “Maxfield”.
(“Bild” vom 24.09.2008)
Mit Dank an Micha B. und Moritz D.
Nachtrag, 5. Juli 2009: Bild.de hat die Behauptung “in Wirklichkeit heißt Veronas Mann Franjo Michael” inzwischen aus dem Artikel entfernt.
In der Bildergalerie aber findet sich noch das hier:
Man kann nicht sagen, dass “Bild” dieser Geschichte nicht genug Platz eingeräumt hätte:
Im Innenteil widmet “Bild” Jackson drei Seiten, zeigt “die letzten Fotos” und wagt weitreichende Interpretationen:
Vor vier Tagen starb der “King of Pop” mit nur 50 Jahren. Nur wenige Stunden zuvor probte er noch in Los Angeles für seine neue Show. Jacko trägt schwarze Klamotten, er tanzt, er wirkt gelöst, zufrieden, er spricht mit den Komparsen. Es sind Fotos der letzten Probe, die das Drama um Michael Jackson in einem noch mysteriöseren Licht erscheinen lassen. Denn der Jackson, den wir auf den Fotos sehen, sieht nicht totkrank [sic] aus.
Dass Jackson auf den Fotos so vital wirkt, könnte natürlich auch damit zusammenhängen, dass sie nicht am “vergangenen Mittwoch” entstanden sind, sondern schon etwas früher: im November 2003, bei den Dreharbeiten zum Musikvideo “One More Chance”, das nie fertiggestellt wurde, weil zeitgleich die Ermittlungen gegen den Popstar wegen Kindesmissbrauchs begannen.
Ein Kalender für 2006 zeigt Jackson im gleichen Aufzug und mit der gleichen Frisur an dem Tisch sitzen, auf dem er angeblich am Mittwoch tanzte.
Möglicherweise ist das auch der Grund, warum der Artikel bei Bild.de — ohne jede Erklärung — plötzlich nicht mehr verfügbar ist.
Aber “Bild” ist nicht als einziges Medium auf die umetikettierten Fotos hereingefallen. Auch “Welt” und “Berliner Morgenpost” und viele andere internationale Medien berichteten über die Bilder vom “Tag vor seinem Tod”. Auch der Internetdienst TMZ.com, der am Donnerstag als erstes Medium über Jacksons Tod berichtet hatte, zeigte zwischenzeitlich die Fotos und präsentierte sie als neu.
“Focus Online” hat inzwischen recherchiert, wie es zu dem Vorfall kommen konnte:
Des Rätsels Lösung: Die “Bild”-Zeitung ist einem dreisten Betrug aufgesessen, denn die Aufnahmen schienen zwar exklusiv und noch nie veröffentlicht worden zu sein, doch sie entstanden bereits 2003. “Es stimmt, die Bilder sind sechs Jahre alt”, erklärte Michael Symanowski von der Potsdamer Agentur Reflex im Gespräch mit FOCUS Online. […]
“Wir sind den Tränen nah”, sagt Michael Symanowski. Für die “Bild”-Redaktion gilt heute sicher das Gleiche.
Was “Focus Online” dabei elegant verschweigt: In einem eigenen Artikel, auf den sich wiederum max.de und tvspielfilm.de bezogen, prangten bis vor kurzem noch diese Bilder:
PS: Einigermaßen bemerkenswert ist übrigens die selektive Wahrnehmung der “Focus Online”-Redaktion:
Die Verwunderung war groß, als der Blick in die Montagausgabe der “Bild”-Zeitung fiel. Stolz präsentierte das Blatt die angeblich letzten Fotos von Michael Jackson. […]
Doch schnell kamen Zweifel an der Echtheit der Bilder auf.
Mit Dank auch an die vielen Hinweisgeber.
Nachtrag, 16:15 Uhr: “Focus Online” hat seinen Artikel noch mal ein bisschen nachbearbeitet. Plötzlich finden sich darin auch Bezugnahmen aufs eigene Medium:
Auch FOCUS Online war den falschen Bildern zunächst aufgesessen und hatte einige davon für die Berichterstattung zum Tod von Michael Jackson übernommen. […]
Die “Bild”-Zeitung und andere Medien, darunter auch FOCUS Online, sind einem dreisten Betrug aufgesessen […]
Über die Tränen der “Bild”-Redaktion wird dafür nicht mehr gemutmaßt.
2. Nachtrag, 17:15 Uhr: Bild.de erklärt in einem eigenen Artikel, wo die falschen Bilder herkamen, und schließt ungewohnt offen:
Ausdrücklich bedankt sich BILD bei den zahlreichen Michael-Jackson-Fans, die uns auf den Schwindel aufmerksam gemacht haben. Dass auch wir darauf reingefallen sind, bedauern wir.
Verehrter Ex-Tennisstar Michael Stich, mit Verlaub… — Sie sind ein Macho! Da beginnt das wichtigste Tennisturnier der ganzen Hemisphäre und Sie, Stich, Sie mosern rum, dass es zumindest im Damenwettbewerb doch wieder nur um das Eine (nein, nicht um Sport) gehe.
Wundern Sie sich da noch, dass die Sport-Gleichstellungsbeauftragten von Bild.de daraus sogleich eine dicke Schlagzeile machen?
Und wer könnte Stich berechtigter zum “Macho” erklären als das Tennis-Fachorgan “Bild”, das den Stich-Artikel online mit zwei Fotogalerien (“Sexy Fotos: So schön ist Ana Ivanovic” und “Sexy Kalenderfotos: Maria Scharapowa in Bademode”) illustriert und die Dinge im Damen-Tennis ohnehin erst kürzlich auf den Punkt brachte?
… um sich anschließend in kreativer Namensgebung für Sportlerinnen (Sportart + Vorname + Körbchengröße) zu betätigen:
Ach ja: Nach Bild.de hat sich dann übrigens auch die gedruckte “Bild” Stichs “Macho-Attacke” angenommen — neben den Brüsten von Simona Halep (“Lässt tief blicken”) und unter dem Titel:
Was nun insofern in die Irre führt, als Stich in der Geschichte ebenfalls zu Wort kommt. Allerdings wie folgt:
Michael Stich zu BILD: “Die Zitate sind aus dem Zusammenhang gerissen. (…)” Das mit dem Sex-Appeal habe er so nie gesagt, es sei doch allen klar, dass die Tennisspielerinnen Wert auf ihr Äußeres legen.