Nach der Affäre um Partys mit Prostituierten in historischen Thermen steht der Versicherung Hamburg-Mannheimer der nächste Skandal ins Haus:
Nach BILD-Informationen ist es mindestens zwei Mal zu Drogen-Exzessen gekommen.
“Bild” möchte das mit einem Video belegen, das einen hochrangigen Mitarbeiter der Hamburg-Mannheimer und “eine Begleiterin” auf Mallorca zeigt, angeblich “beim Koksen”. Vor den beiden gut sichtbar auf dem Tisch: zwei gefüllte Schnapsgläser, Zitronenscheiben und ein Koksstreuer.
Man braucht keine eigenen Drogenerfahrungen, um zu denken: “Hä? Koksstreuer? In Filmen ist das doch immer in so kleinen Tütchen. Und bei mir zuhause ist in dem Streuer … Salz drin.”
Nun: Womöglich war da auch Salz drin, wie die Ergo-Gruppe, zu der die Hamburg-Mannheimer heute gehört, in einer eilig veröffentlichten Pressemitteilung erläutert:
Die Berichterstattung in der heutigen Ausgabe der BILD-Zeitung, wonach Handelsvertreter der Hamburg-Mannheimer auf sog. Top 5 Reisen Kokain konsumiert hätten, ist unwahr. Die von der BILD-Zeitung veröffentlichten Fotos zeigen ein Trinkspiel mit Salz, Tequila und Zitronensaft. Dazu gehört das Einschnupfen von Salz durch die Nase. Bei den Handlungen der Akteure auf den von der BILD-Zeitung veröffentlichten Fotos handelt es sich nicht um den Konsum von Kokain. Der ERGO liegen dazu inzwischen auch eidesstattliche Versicherungen von auf den Lichtbildern abgebildeten Personen vor.
Bei dem “Trinkspiel” handelt es sich offenbar um den “Tequila Stuntman”, bei dem man zunächst das Salz schnupft, dann den Tequila stürzt und sich anschließend Zitronensaft ins Auge träufelt.
Die Internationalen Filmfestspiele von Cannes sind seit Sonntag vorbei. Und während die Goldene Palme für den besten Film an “The Tree of Life” verliehen wurde, sind wir von BILDblog der Meinung, dass “Bild” und Bild.de mindestens einen Preis in der Sonderkategorie “Konsequentester Einsatz ein und desselben abgedroschenen Wortspiels” verdient hätten:
Sie ist “Deutschlands modernste Chefin”: Nicola Leibinger-Kammüller, Vorsitzende der Geschäftsführung beim Maschinenbauer Trumpf, “revolutioniert die Arbeitswelt”. Grund genug für “Bild” und Bild.de, die “innovative Konzern-Lenkerin” umfassend vorzustellen.
Am Freitag beschrieb Bild.de ihren Führungsstil mit den Stichworten “Vertrauen und Stolz”, am Samstag erklärte “Bild” das “revolutionäre Trumpf-Modell” und Oliver Santen, der MannfürsZarte im “Bild”-Wirtschaftsressort, durfte “Deutschlands modernste Chefin” für Bild.de interviewen.
Nicola Leibinger-Kammüller, Vorsitzende der Geschäftsführung bei Trumpf, Deutschlands modernste Chefin, Mitglied im Aufsichtsrat der Axel-Springer-AG. (Nicht jede dieser Informationen hat es in die “Bild”-Zeitung geschafft.)
Rolf Kleine ist ein Mann, der sich auskennt: Er leitet das Parlamentsbüro bei “Bild”.
Das hielt ihn offenbar trotzdem nicht davon ab, im heutigen Leitartikel über die Bremen-Wahl seine Ahnungslosigkeit unter Beweis zu stellen:
Besonders bitter für CDU-Herausforderin Rita Mohr-Lüllmann: Zum ersten Mal seit 1949 sind die Christdemokraten bei einer deutschen Landtagswahl nur noch drittstärkste Kraft – 20,1 %, 5,5 % weniger als 2007.
Wie man es dreht und wendet: Das ist völliger Unfug.
Und wird nicht richtiger, wenn man es auf die Titelseite schreibt:
1950 wurde die CDU bei den Landtagswahlen in Hessen drittstärkste Kraft hinter SPD und FDP.
Ebenfalls 1950 erreichte die CDU bei den Wahlen in Schleswig-Holstein nur die drittmeisten Stimmen hinter der SPD und dem Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten, verfügte wegen der Direktmandate im Landtag aber über ebenso viele Sitze wie die SPD (16) und stellte mit Walter Bartram den Ministerpräsidenten.
Bei der Bürgerschaftswahl in Bremen 1951 wurde die CDU sogar Vierter hinter der SPD, der Deutschen Partei (DP) und der FDP.
In Brandenburg kam die CDU bei der Landtagswahl im Jahr 2004 hinter SPD und PDS nur auf Platz 3.
Fünf Jahre später hieß die PDS nun Linkspartei, aber die CDU landete in Brandenburg erneut hinter ihr und der SPD.
Interessant auch diese Formulierung von Kleine:
Übrigens: Bei der Bremen-Wahl durften erstmals in Deutschland auch Jugendliche ab 16 Jahren mitstimmen – trotzdem sank die Wahlbeteiligung auf 54 %, den niedrigsten Wert aller Zeiten. Das Endergebnis wird erst Mitte der Woche vorliegen.
Wenn mehr Leute abstimmen dürfen als beim letzten Mal, diese aber vermutlich nicht sehr engagiert von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, dann ist die Wahlbeteiligung nicht “trotzdem” gesunken, sondern “deshalb”.
Nachdem BILDblog vor einem Jahr aufgezeigt hatte, wie man erfolgreich gegen ein Land aufhetzt, ist es nun Zeit für die Königsdisziplin: Der ultimative Leitfaden für das Herausdrängen eines Landes aus der Eurozone — veranschaulicht anhand einiger ausgesuchter Artikel von “Bild” und Bild.de aus den vergangenen vier Wochen:
1. Stellen Sie rhetorische Fragen, die entweder nicht zu beantworten sind oder deren Antworten eigentlich schon klar sind. Wichtig: Bereits die Fragestellung muss eine Provokation beinhalten.
Sorgen Sie außerdem mit Fragen wie “Was machen die anderen Euro-Versager?” dafür, dass klar ist, dass Sie Griechen für Versager halten, auch wenn Sie es nicht konkret ansprechen.
2. Damit sind wir auch schon beim zweiten Punkt: Verwenden Sie möglichst symbolische Bilder. Hier: Ein Foto der alten griechischen Währung neben einer griechischen Euromünze unterstreicht Ihre Forderung nach der Rückkehr der Griechen zur Drachme.
3. Heizen Sie Spekulationen, dass Griechenland aus dem Euro austreten wolle, fleißigselbst mit an:
Verschweigen Sie anschließend unbedingt, dass es sich bei den “Gerüchten” um eine unbestätigte Falschmeldung von “Spiegel Online” gehandelt hatte.
4. Natürlich gilt wieder: Lassen Sie fast ausschließlich “Top-Ökonomen” zu Wort kommen, die sich negativ über Griechenland äußern — oder in anderen Worten: Lassen Sie fast ausschließlich Hans-WernerSinn zu Wort kommen:
Ignorieren Sie dabei völlig, wenn Ihr Experte seine Position anderswo später relativiert:
Er fordere nicht den Austritt Griechenlands aus der Eurozone. Gerade erst hat Sinn gegenüber der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” einen Austritt Griechenlands als “das kleinere Übel” bezeichnet. Dies sei aber keine Empfehlung gewesen, präzisiert er nun, er habe lediglich die Möglichkeiten aufgezählt; die Journalisten neigten dazu, Dinge zu überspitzen.
Sollte doch einmal ein Verteidiger zu Wort kommen, dann kompensieren Sie diesem Umstand am besten mit einer krawalligen Überschrift:
5. Als flankierende Maßnahme empfiehlt es sich, den Austritt Griechenlands aus der Eurozone auch ganz unverblümt und direkt in Kommentaren zu fordern. Etwa so:
6. Lassen Sie Ihre bereits aufgehetzten Leser zwischendurch auch gerne über eine Frage abstimmen, bei der das Ergebnis dank Ihrer einseitigen Berichterstattung ohnehin schon klar ist: “Soll Griechenland raus aus der Euro-Zone?”
Fühlen Sie sich in Ihrer Kampagne bestätigt, wenn 84 Prozent diese Frage mit “Ja” beantworten!
7. Geben Sie Aussagen von Experten wie dem Ökonom Thomas Straubhaar möglichst verzerrt wieder, sodass es aussieht, als müsste Griechenland austreten, um nicht so unterzugehen wie seinerzeit die DDR:
Man beachte das harmonische Zusammenspiel von rhetorischer Frage (siehe 1.) und Symbolbild (siehe 2.).
Ignorieren Sie, dass Straubhaar in Wahrheit das exakte Gegenteil dessen gesagt hatte — nämlich dass ein Austritt für Griechenland einen ähnlichen Niedergangseffekt haben könnte, wie er in der Endphase der hochverschuldeten DDR zu beobachten war.
8. Sie können den Niedergang der Wirtschaft des Landes, das Sie loswerden wollen, sogar selbst beschleunigen. Berichten Sie einfach darüber, dass Griechen ihr Geld auf deutschen Konten in Sicherheit bringen, damit noch mehr Griechen ihr Geld auf deutschen Konten in Sicherheit bringen:
9. Berichten Sie über die durch die Sparmaßnahmen hervorgerufenen Streiks stets so, als wären die Griechen zu faul zu arbeiten:
Europa stützt Griechenland mit Milliarden Euro, die nächste Hilfsaktion ist in Vorbereitung – doch die Griechen weigern sich weiter, den Gürtel richtig eng zu schnallen. Stattdessen gehen sie wieder auf die Straße.
10. Nutzen Sie überhaupt jede Gelegenheit, um Missstände unter Verwendung wenig repräsentativer Extrembeispiele anzuprangern. Wichtig: Ignorieren Sie dabei alle bisher gemachten Fortschritte und scheuen Sie sich nicht vor schalen Wortspielen!
11. Berichten Sie groß darüber, wenn sich ein Politiker dazu hinreißen lässt, etwas zu sagen, was auch von Ihnen stammen könnte:
Berichten Sie stattdessen über die Reaktion im betroffenen Land. Denken Sie dabei immer daran, dass alle Aussagen, die Ihnen nicht passen, als “Pöbelei” bezeichnet werden müssen:
Viel Erfolg! Ihre Leser werden die bemitleidenswerten Opfer Ihrer Kampagne so schnell wie möglich loswerden wollen, die Politik wird sich Ihnen womöglich anschließen.
Seit Samstag sitzt Dominique Strauss-Kahn, inzwischen ehemaliger Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) in New York in Untersuchungshaft. Die Informationslage ist unübersichtlich: Die Staatsanwaltschaft wirft ihm die Vergewaltigung eines Zimmermädchens vor, Strauss-Kahn beteuert seine Unschuld, die wildesten Verschwörungs–Theorien machen die Runde.
Da ist es beruhigend, wenn inmitten dieser Spekulationen und Mutmaßungen eine Zeitung klar Position bezieht — und eine Meldung bringt, die garantiert falsch ist:
Schock-Nachricht für Dominique Strauss-Kahn in seiner Gefängniszelle (13 Quadratmeter): Dem mächtigsten Banker der Welt droht nicht nur eine langjährige Haftstrafe wegen Vergewaltigung eines Zimmermädchens – sein mutmaßliches Sex-Opfer hat möglicherweise Aids und könnte ihn angesteckt haben!
Selbst wenn das Zimmermädchen HIV-positiv sein sollte (oder gar an Aids erkrankt, was für “Bild” nach wie vor dasselbe ist) und Strauss-Kahn sie zum Oralverkehr gezwungen haben sollte, wie “Bild” schreibt: Eine Ansteckung über Speichel ist ausgeschlossen.
Speichel ist keine infektiöse Flüssigkeit. Geringes Risiko bestünde bei Zahnfleischbluten. Selbst dann wird aber das Blut durch Speichel verdünnt und außerdem befinden sich virushemmende Enzyme im Speichel.
Im Unterschied zu Blut, Sperma und Vaginalsekret enthält Speichel von HIV-Trägern erheblich geringere und für eine HIV-Ansteckung nicht ausreichende Menge an HI-Viren. Außerdem ist im Speichel von Natur aus ein Virus-hemmender Stoff enthalten.
Einen interessanten Einblick in die Arbeitsweise von “Bild” gewährt die Vereinswebsite von Hansa Rostock:
Peter Vollmann in Bild-Zeitung falsch zitiert
Hansa-Trainer Peter Vollmann wird in der Ausgabe der Bild-Zeitung vom 18. Mai in einem Artikel unter der Überschrift “Landespokal holen wir im Vorbeigehen” wie folgt zitiert: “Bei allem Respekt für den Gegner, aber wir machen das im Vorbeigehen.” Diese Aussage hat Peter Vollmann nicht getroffen. “Ich bin mehr als verärgert. Wer mich kennt, weiß, dass ich mich über den sportlichen Gegner niemals so respektlos äußern würde”, erklärte Peter Vollmann.
Inzwischen hat sich der Autor des Artikels bei Peter Vollmann für die Verwendung des falschen Zitats entschuldigt.
Erst am Montag hatte “Bild” fälschlicherweise berichtet, der Fanbeauftragte von Hansa Rostock habe sein Amt nach Vorkommnissen im Stadion niedergelegt, und den Fehler bei Bild.de erst nach Intervention des Vereins korrigiert.
Nachdem sich “Bild” die letzten Wochen über große Mühe gegeben hatte, Lena Meyer-Landrut als eingebildeteZicke darzustellen, ist die Sängerin seit Samstag wieder “unsere Lena”. Und die ist beim Eurovision Song Contest am Wochenende Zehnte geworden.
Es ist für “Bild” nachgerade unvorstellbar, dass bei einem Gesangswettbewerb Geschmäcker und kulturelle Gemeinsamkeiten eine Rolle im Abstimmverhalten spielen könnten. Deshalb muss eine andere Erklärung her:
In diesem Wahl-Krimi steckte ALLES drin! Vor allem viel Nachbarschaftshilfe …
Nur 20 von 42 Ländern gaben Lena überhaupt Punkte. Von allen anderen gab‘s NULL.
Wie injedem Jahr, in dem es für Deutschland nicht zum Sieg reicht, wittert “Bild” ein “Stimmen-Geschacher”:
Immer verrückter (und schlimmer) wird aber die Punkte-Schieberei bei den Balkan-Staaten und den ehemaligen Sowjetrepubliken.
Beispiel Georgien: Litauen gibt 10 Punkte – und bekommt 12 Punkte aus Georgien zurück. An die Ukraine verteilt Georgien 10 Punkte – und sackt 12 Punkte ein. Eine Hand wäscht die andere …
Georgien und Litauen sind jetzt ein eher schlechtes Beispiel, da die beiden Länder weder geographisch noch kulturell viel gemein haben — bis auf die Tatsache vielleicht, dass beide Länder bis vor 20 Jahren zwangsweise zur Sowjetunion gehörten.
Aber apropos “eine Hand wäscht die andere”:
Unsere Höchstwertung: Zehn! Kaum zu glauben: von Österreich.
… wofür Österreich 12 Punkte aus Deutschland “zurück bekam”, wie “Bild” sich ausdrücken würde.
Aber Nachbarschaftshilfe ist offenbar eh nichts Schlimmes, wenn sie einem selbst nützt:
Damit sind die Österreicher unsere besten Grand-Prix-Freunde geworden. Die BILD-Statistik beweist: In den letzten zehn Jahren gaben sie uns im Schnitt 4,8 Punkte – mehr als alle anderen europäischen Länder.
DANKE, ÖSTERREICH!
In den vergangenen zehn Jahren ist Österreich sechs Mal beim Grand Prix angetreten, wodurch es deutlich einfacher ist, einen höheren Durchschnittswert zu erreichen, als Länder wie Großbritannien oder Frankreich, die in den vergangenen zehn Jahren zehn Mal Punkte vergeben haben. Noch dazu hat Österreich dieses Jahr und 2004 zehn Punkte an Deutschland gegeben — beide Male traten mit Lena und Max Mutzke Kandidaten an, die durch Stefan Raabs Sendungen populär wurden, die auch in Österreich im Fernsehen laufen.
Alle deutschen Nachbarländer im Wettbewerb haben Lena Punkte gegeben: Niederlande (7), Dänemark (8), Österreich (10), Polen (4), Schweiz (8), Frankreich (3) und Belgien (5). Aber auch im vermeintlichen Ostblock kam Lena so schlecht nicht an: Fast ein Drittel ihrer Punkte kamen aus Slowenien (7), Kroatien (1), Weißrussland (8), Litauen (2), Bosnien und Herzegowina (3) und Lettland (8).
Der Vollständigkeit halber die restlichen Punkte für Deutschland: Italien (6), Norwegen (5), Island (6), Schweden (6), Türkei (3), Griechenland (4), Spanien (3).
Als Bastian Schweinsteiger vor knapp einem Monat bei einer Pressekonferenz aus der Haut fuhr und einen Journalisten von “Sport Bild” beschimpfte, da war “Bild” empört (BILDblog berichtete):
Es gab auch klare Vorstellungen von den Konsequenzen:
BILD MEINT: ER MUSS SICH ENTSCHULDIGEN!
In einem Kommentar in “Bild am Sonntag” hieß es:
Für viele Kinder ist er ein Idol. Aber verhält er sich auch vorbildlich? Leider nein. Der Pöbel-Auftritt ist der Beweis.
Sicher darf sich Schweini gegen Kritiker wehren. Ob er schon “Chef” oder nur “Chefchen” ist, ist Ansichtssache. Wer andere als “Pisser” beleidigt, ist auf jeden Fall eines: ein Schweinchen.
Und wie reagiert “Bild” heute auf eine Disziplinlosigkeit des Wolfsburger Spielers Diego? Ungefähr so wie ein beleidigter junger Mann Mitte 20, der seinen Zorn nur noch mithilfe von Schimpfwörtern artikulieren kann:
Beim Giro d’Italia, einem der wichtigsten Radsport-Etappenrennen der Welt, kam es am Montag zu einem schweren Unfall, bei dem einer der Teilnehmer tödlich verunglückte. Und weil bei großen Events jede Menge Kameras laufen und deshalb auch das passende Bildmaterial vorhanden ist, treten mit Bild.de und dem Online-Auftritt der “Hamburger Morgenpost” zwei der üblichenVerdächtigen den Pressekodex mit Füßen.
Richtlinie 11.1:
Unangemessen sensationell ist eine Darstellung, wenn in der Berichterstattung der Mensch zum Objekt, zu einem bloßen Mittel, herabgewürdigt wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn über einen sterbenden oder körperlich oder seelisch leidenden Menschen in einer über das öffentliche Interesse und das Informationsinteresse der Leser hinausgehenden Art und Weise berichtet wird.
Bei der Platzierung bildlicher Darstellungen von Gewalttaten und Unglücksfällen auf Titelseiten beachtet die Presse die möglichen Wirkungen auf Kinder und Jugendliche.
Unter der Überschrift “Tod beim Giro” zeigt Bild.de eine Bildergalerie mit insgesamt drei Fotos, auf denen Rettungskräfte letztlich vergeblich versuchen, den sterbenden Radprofi wiederzubeleben.
Dazu schreiben die beiden Autoren:
Weylandt (…) soll auf der Abfahrt vom Passo del Bocco (957 m) etwa 25 km vor dem Ziel mit der rechten Pedale an der Felswand hängengeblieben und danach 20 m durch die Luft geflogen sein.
Weylandt knallte brutal auf das Pflaster, blutete stark aus Mund und Nase. “Wouter Weylandt war schon bewusstlos, als wir eintrafen. Wir haben 40 Minuten versucht, ihn zu reanimieren. Aber es war nichts mehr zu machen”, teilte Giro-Arzt Dr. Giovani Tredici mit.
Und von wegen Jugendschutz — heute schaffte es eines der Fotos des sterbenden oder bereits gestorbenen Radprofi sogar auf die Startseite von Bild.de:
(Unkenntlichmachung von uns)
Auch mopo.de hat keine Skrupel, ein Foto des Verunglückten zu zeigen — inklusive Lupensymbol, damit man sich den Sterbenden per Klick noch ein wenig genauer ansehen kann.
In einem zweiten Artikel auf mopo.de — ebenfalls mit Foto — heißt es ironischerweise sogar:
Aus Rücksicht auf die Hinterbliebenen und die Teamkollegen hatte das italienische Fernsehen RAI keine Bilder vom direkten Unfallhergang gezeigt.
Soviel Feingefühl kann man leider nicht von jedem erwarten.