Fakt ist jedenfalls: Bild.de braucht uns nicht — zumindest nicht immer.
Im Fall des Artikels über Detlef D! Soost und seine neue Freundin wurde Bild.de jedenfalls frühzeitig von den eigenen Lesern darauf aufmerksam gemacht, dass die Grafik nicht Soosts Partnerin Kate Hall zeige, sondern die Schauspielerin Kate Beckinsale:
Nur Folgen hatten die Kommentare der aufmerksamen Leser bisher keine. Das Foto zeigt immer noch Kate Beckinsale bei der Premiere des Films “Nothing But The Truth”:
Mit Dank an die vielen, vielen Hinweisgeber!
Nachtrag, 21:40 Uhr: Bild.de hat das Foto von Kate Beckinsale gegen eines von Kate Hall ausgetauscht und alle Leserkommentare gelöscht.
Wir haben lange kein falsches Alter mehr korrigiert …
Also: Marion “Mimi” Fahnestock, die Bild.de heute als “60-jährige Mitarbeiterin einer Kirche” bezeichnet, ist in Wirklichkeit schon 66 Jahre alt.
Das hätte man auch ganz leicht selbst überschlagen können, denn Bild.de berichtet über sie, weil sie als 19-jährige Praktikantin im Weißen Haus eine Affäre mit John F. Kennedy hatte, die “im Juni 1962” begonnen haben soll. Wenn Fahnestock also tatsächlich erst 60 wäre, wäre sie zum Zeitpunkt der Affäre maximal 14 Jahre alt gewesen, was wirklich mal eine Meldung wäre.
So ist die Meldung nicht ganz so sensationell und wie folgt überschrieben:
41 Jahre lang hat Marion “Mimi” Fahnestock ihre Liebesbeziehung im Weißen Haus für sich behalten. Weder ihre Ehemänner, noch ihre Töchter wussten bis jetzt, dass Mimi über ein Jahr die Geliebte des US-Präsidenten John F. Kennedy war!
Das mit den 41 Jahren stimmt, aber es ist eher unwahrscheinlich, dass Ehemänner und Töchter “bis jetzt” nicht wussten, dass Marion Fahnestock als 19-jährige Praktikantin im Weißen Haus eine Affäre mit John F. Kennedy hatte. Denn das Buch “John F. Kennedy, 1917-1963”
von Robert Dallek, in dem die Affäre erstmals erwähnt wurde, ist bereits im Jahr 2003 erschienen. Zufälligerweise zu einer Zeit, als Fahnestock tatsächlich 60 Jahre alt war.
Insofern ist natürlich das ganze Bild.de-Gerede von “jetzt” und “nun” ziemlicher Quatsch:
Nun bekennt sich die 60-jährige Mitarbeiterin einer Kirche öffentlich zu dem Sex-Geheimnis: “Ja, ich hatte eine sexuelle Beziehung mit dem Präsidenten. Ich bin froh, dass ich meinen erwachsenen Kindern endlich die ganze Wahrheit sagen kann.”
Dass Bild.de über den Fall jetzt noch einmal berichtet, lässt sich leicht erklären: Die ehemalige Praktikantin und Geliebte hat vergangene Woche angekündigt, ein Buch über ihre Zeit im Weißen Haus zu schreiben.
Die Mimi-Ur-Enthüllung in “Bild”:
“Auch Kennedy liebte Praktikantin
Der Ur-Clinton …”
15. Mai 2003
“Kirchenfrau gesteht Affäre mit Kennedy”
16. Mai 2003
“Sie kam 17 Monate zu Kennedy ins Bett. Amerika staunt! Immer neue Details über den ersten Praktikanten-Sex im Weißen Haus”
17. Mai 2003
“Die Sex-Akte Kennedy …”
19. Mai 2003
“Mimi vergaß den Slip in Kennedys Bett”
24. Mai 2003
Warum Bild.de sich so sehr zwischen Gegenwart und Vergangenheit verheddert, lässt sich nicht ganz so leicht erklären. Vielleicht war der Redaktions-Praktikant einfach überfordert mit der Aufgabe, die Sache als sensationelle Neuigkeit darzustellen, nachdem er die fünf Artikel im Archiv entdeckt hatte, die “Bild” dem Thema im Mai 2003 gewidmet hat (siehe Kasten rechts).
Gegen halb sieben gestern Abend haben RTL, n-tv und Bild.de Patrick Swayze sterben lassen. RTL berichtete in seinem Magazin “Exclusiv” vom Tod des krebskranken Schauspielers und sendete gleich einen Nachruf:
Der Schwestersender n-tv hatte zuvor ins laufende Programm die Breaking News eingeblendet: “US-Medien: Patrick Swayze stirbt an Krebs”, meldete auf Twitter: “Der amerikanische Schauspieler stirbt nach langer schwerer Krankheit” und ließ sich den Tod von seiner Korrespondentin in New York bestätigen. Bild.de brachte die Meldung (“US-Schauspieler Patrick Swayze ist an Bauchspeicheldrüsenkrebs gestorben”) unter Bezug auf n-tv, n-tv nannte daraufhin “Bild” als Quelle.
Eine echte, verlässliche Quelle hatten sie alle nicht. Die Nachrichtenagentur dpa meldete um 18.54 Uhr, sie bemühe sich um eine Bestätigung, aber: “Zur Zeit gibt es dafür keine Quellen in den USA”. Um 19.10 Uhr MESZ veröffentlichte die amerikanische Zeitschrift “People” auf ihrer Homepage das Dementi einer Sprecherin Swayzes, um 19.29 Uhr berichtete dpa darüber.
Die Falschmeldung haben in Deutschland unter anderem auch die Online-Auftritte von “B.Z.” (“Patrick Swayze ist tot”), “Express” (“Patrick Swayze ist tot”), RTL (“Patrick Swayze ist tot”) und “Rheinischer Post” (“Patrick Swayze offenbar gestorben”) verbreitet.
Es war kein guter Tag für Eintracht Frankfurt: Erst verlor man 0:2 in Bochum und dann hatte man auch noch versehentlich Patrick Ochs (hier im Vordergrund) aufgestellt, der nach einer roten Karte eigentlich für ein Spiel gesperrt war.
Entschuldigung: Ich höre gerade, Patrick Ochs war am Samstag gar nicht aufgestellt.
Das Foto, das Bild.de als Dokument vom 16. Mai 2009 ausgibt, entstand in Wirklichkeit am 20. September 2008 beim Spiel “auf Schalke”, wie man der Website des Fotografen entnehmen kann:
Das Spiel hatte Frankfurt damals zwar auch 0:1 verloren, aber trotzdem passt die Bildunterschrift “Mutlos ging Eintracht in Bochum unter. Am liebsten wären die Profis anschließend im Boden versunken” natürlich nur so mittelgut zu dem Archivfoto.
Passender wäre vielleicht:
“Mutlos ging Eintracht in Bochum unter. Wenn Patrick Ochs dabei gewesen wäre, hätte er bestimmt genau so traurig ausgesehen wie auf diesem Foto vom Spiel gegen einen anderen blau-weißen Ruhrgebietsverein im letzten Jahr.”
Man könnte es positiv formulieren und sagen: Die bei Bild.de machen Dinge halt nicht auf den letzten Drücker. So einen Text für den Reiseteil über die Taufe eines umgebauten Kreuzfahrtschiffes zum Beispiel, den kann man gepflegt im Voraus schreiben und einfach so programmieren, dass er später automatisch publiziert wird. Kein Grund, Überstunden zu machen. Was soll bei so einer Schiffstaufe schließlich schon Unvorhergesehenes passieren?
Ach ja. Dies:
Schon um 13.56 Uhr hatte das “Hamburger Abendblatt” gestern berichtet, dass der Opern-Weltstar nicht singen werde; eine halbe Stunde später meldete das auch die Nachrichtenagentur dpa. Der zuständige Bild.de-Redakteur muss also richtig früh ins Wochenende gegangen sein — oder geschlafen haben.
Und er kann nicht sagen, dass er nicht gewarnt gewesen wäre:
Nachtrag, 12.05 Uhr. Bild.de hat Überschrift und Artikel geändert und schreibt darin nun nicht mehr, das Netrebko zur Taufe “sang”, sondern “kam” (was stimmt).
Vermutlich weil es sonst zu konsequent wäre, behauptet Bild.de nun aber in einem Bildtext: “Opern-Star Anna Netrebko sang die feierliche Hymne ‘Ocean of Love'”. Denselben Fehler machten bis vor wenigen Minuten auch die Kollegen von “Spiegel Online”, denen es außerdem gelungen war, in eine korrekte dpa-Meldung den falschen Satz zu redigieren, dass Netrebko “für die musikalische Unterhaltung der Gäste” gesorgt hätte (inzwischen korrigiert).
Es ist ein aufsehenerregendes Foto: Ein dunkelgraues Ungetüm, das einem Fisch ähnelt, eingehüllt in eine neblige Wolke, donnert über die Wüste Kaliforniens bei Los Angeles. Das Bild zeigt einen Stealth B-2-Bomber kurz vor dem Erreichen der Schallmauer.
Lassen Sie sich nicht irritieren: Eine B-2 (Top Speed: High Subsonic) wird die Schallmauer nie erreichen — aber darum soll es auch gar nicht gehen.
Bild.de zeigt dieses Foto vermutlich, weil Agenturen und verschiedene britischeMedien es in den letzten Tagen verbreitet hatten. Die “Daily Mail”, die unter den Ersten war, schreibt dazu:
[Das Bild] wurde passend zur Ankündigung verbesserter militärischer Software für die Flotte veröffentlicht und zeigt eine B-2, die während eines Flugs über Palmdale, nahe Los Angeles, eine hohe Unterschallgeschwindigkeit erreicht.
Auch das ist so nicht falsch. Tatsächlich hatte Semantic Designs, eine Firma, die an neuer Software für die B-2 arbeitet, das Bild selbst in seine Pressemitteilung eingebaut. Nur “veröffentlicht” hatten sie es damit nicht — allenfalls als Symbolfoto “wieder-veröffentlicht”. Das Bild selbst ist nämlich schon mindestens zwei Jahre alt.
Ungeachtet dieser Tatsache trat das Foto eine Reise durch die Medien dieser Welt an, zunehmend losgelöst von der eigentlichen Nachricht (neue Software für die B-2-Flotte). Aber es ist ja immer noch “ein aufsehenerregendes Foto” — und aktuell der zweitmeistgelesene “News”-Artikel bei Bild.de:
Nachtrag, 11.40 Uhr (obwohl am Anfang stehend): Mittlerweile ist Klinsi geflogen.
Also, nur für den Fall, dass Sie gerade etwas irritiert sein sollten: Jürgen Klinsmann ist unverändert Trainer bei Bayern München. Diese (banale) Feststellung nur für den Fall, dass Sie sich an einer Umfrage beteiligen wollen, die “Bild.de” gerade durchführt:
Dabei ist die Frage der Nachfolge eines Trainers, der noch nicht einmal entlassen worden ist, schon brisant; so brisant sogar, dass man des Lesers Rat durchaus gebrauchen kann. Schließlich hatte man erst unlängst ein paar Kandidaten durchgenudelt, von Matthias Sammer bis hin zu irgendwelchen Italienern, über die sich angeblich Luca Toni sehr freuen soll.
Gekommen ist bisher keiner von denen, so dass Bild.de jetzt die zweite Kandidatenrunde aufmacht, mit dem Manko, dass der eine oder andere etwas, nunja, unerfahren als Trainer ist. Beispielsweise kommen die von Bild.de genannten Nachfolgekandidaten Paul Breitner und Mehmet Scholl auf zusammen genau null Spiele als Trainer (sieht man von Scholls Tätigkeit als Trainer der U-13 des FC Bayern ab). Und auch Stefan Effenberg und Oliver Kahn, von Bild.de ins Gespräch gebracht, haben bisher noch nie irgendwo eine Mannschaft gecoacht. (Damit die Sammlung dann doch noch wenigstens halbwegs ernstzunehmen ist, fügt Bild.de außerdem hinzu: Ottmar Hitzfeld und Arsène Wenger, die sich immer gut machen, sowie den unvermeidlichen “Bild”-Darling Lothar Matthäus, der aktuell Trainer in Israel ist und angeblich sogar schon beim Lokalrivalen 1860 im Gespräch war).
Über Oliver Kahn schreibt übrigens heute auch die “Abendzeitung”, die von einem “Not-Konzept mit Scholl” wissen will, was sich aber ziemlich schnell als einfach mal dahinspekuliert erweist. Allerdings bleibt der AZ nicht sehr viel anderes übrig, als sich an der Scholl-Variante festzuklammern, weil die anderen beiden Kandidaten, die auch von “Bild” diskutiert werden, das eine oder andere Manko haben:
Paul Breitner: Zu sehr soll sich der Vorstandsberater ins Spiel gebracht haben – und Manager Uli Hoeneß einem Trainer Breitner skeptisch gegenüber stehen.
Oliver Kahn: Hat ein Traineramt immer ausgeschlossen, will Manager werden.
Dass Kahn gar nicht Trainer werden will (und das eigentlich auch gar kein Geheimnis ist), macht die Geschichte mit den Kandidaten natürlich ziemlich schwierig. Aber irgendwie muss man diesen Klinsmann ja loswerden können, auch ganz ohne Nachfolger. Das DSF ließ die Frage nach dem Nachfolger deswegen außen vor, zeigte sich am Sonntag in einem Beitrag für den “Doppelpass” ziemlich sicher: Es gehe nur noch um “die 3 W’s: Wann wird er rausgeworfen, wer wird ihn rauswerfen und wie wird man es ihm sagen”.
Was übrigens weder “Bild”, noch DSF, noch “Abendzeitung” einer weiteren Erwähnung wert fanden: Tabellenführer Wolfsburg verlor am Sonntag in Cottbus 2:0, der Abstand zwischen Bayern und Wolfsburg ist unverändert. Bei Bild.de heißt es dennoch unbeirrt: “Der Titel ist so gut wie weg.”
Mit Dank an Stefan H.
Nachtrag, Montag 10 Uhr: Der Einwand einiger unserer Leser, das DSF habe ja die Niederlage Wolfsburgs gar nicht erwähnen können, weil der “Doppelpass” schon am Morgen gesendet wird, ist natürlich korrekt.
Sechs Spieltage hat die Saison der Fußballbundesliga noch, da kann man natürlich schon mal anfangen aufzuschreiben, wer wohin wechselt — und wer vielleicht. Den angeblichen Wechsel von Nationalspieler Marko Marin nimmt Bild.de heute zum Anlass, in einer etwas unübersichtlichen Klickstrecke den Transfermarkt aufzuschlüsseln.
Allerdings wird wohl jeder Verein von einem eigenen Mitarbeiter betreut, die alle nicht miteinander reden dürfen:
So wechselt Ivica Olic ablösefrei zu Bayern München …
… während der HSV für ihn noch elf Millionen bekommen soll (von wem auch immer):
Was tun, wenn es mal wieder nur “TUUT, TUUT, TUUT” (“Bild”-Aufmacher von heute) im Telefon macht? Wenn mal wieder ein Provider total ausfällt?
Bild.de weiß eine kluge Antwort: Man besorgt sich ein sogenanntes Dual-SIM-Handy; ein Gerät also, das das Telefonieren mit Karten von zwei Providern erlaubt. Man hätte also dann gestern, als “Millionen Handys tot” waren, einfach umschalten können auf einen Konkurrenzanbieter — und schon kurz darauf munter weiter quasseln können.
Es gehört eine gewisse Kunstfertigkeit dazu, über den Bericht des Bundesinnenministeriums über die Zunahme politisch motivierter Straftaten zu berichten, ohne rechte Gewalt zu erwähnen — aber Bild.de hat es geschafft. Die schlechten Zahlen, die Wolfgang Schäuble gestern vorstellte, rückt das Online-Angebot der “Bild”-Zeitung vollständig in den Zusammenhang mit der Serie von (womöglich linksextrem motivierten) Brandstiftungen in Berlin und der bevorstehenden Demonstrationen zum 1. Mai, von denen Bild.de jetzt schon weiß, dass sie den “Höhepunkt der Gewalt” darstellen werden.
Liest man den Bericht von Bild.de, scheint politisch motivierte Gewalt in Deutschland vor allem ein Problem mit linken Chaoten und Kriminellen zu sein. Bild.de erwähnt nicht, dass sowohl rechte Kriminalität insgesamt, als auch rechte Gewalttaten im vergangenen Jahr am stärksten zugenommen haben. Und Bild.de erwähnt nicht, dass die Polizei dreimal so viele rechte wie linke Straftaten zählte.
Warum Bild.de sich ausschließlich auf die Gewalt von links konzentriert, darüber darf man spekulieren. Tatsache ist, dass “Bild” nicht zum ersten Mal ein Problem damit hat, die Zunahme rechter Gewalt zur Kenntnis zu nehmen. 2006 behauptete das Blatt exklusiv und vorab, die Zahl der Gewalttaten mit einem rechtsextremen bzw. fremdenfeindlichen Hintergrund sei im Vorjahr “offenbar zurückgegangen”. Tatsächlich hatte sie deutlich zugenommen.