Gestern wurden alle Profis sowie die Geschäftsführung nach nur einem Jahr schon wieder mit neuen Dienstfahrzeugen von Sponsor Volkswagen ausgerüstet.
Ach so.
Betrachtet man die Bildergalerie aber genauer, in der Bild.de gleich 37 Dienstwagen der Spieler und Funktionäre von Werder Bremen präsentiert, dürfte sich der Neid in Grenzen halten.
Man muss sich nur mal ansehen, wie viele Personen sich offenbar ein und denselben Wagen teilen müssen:
Und damit nicht genug — für manche Kollegen muss das Fahrzeug auch noch jedes Mal umlackiert werden:
Aber auch, wer sich gegen einen Touareg entschied, hatte irgendwie Pech:
Zahlen mit mehr als zehn Stellen können schnell zum Problem werden. Nicht nur für achtstellige Taschenrechner, sondern auch für Leute, die diese Zahlen aussprechen müssen.
Eine Eins mit neun Nullen ist für uns eine “Milliarde”, während sie in den meisten englischsprachigen Ländern als “billion” bekannt ist. Eine “Billion” im Deutschen ist hingegen eine Eins mit zwölf Nullen, die auf Englisch “trillion” heißt, was im Deutschen eine Eins mit achtzehn Nullen wäre …
Da ist es (theoretisch) hilfreich, wenn man eine Zahl in ihrer vollen Schönheit vor sich hat. So zum Beispiel die Summe, die eine Kreditkartenfirma angeblich von Josh Muszynski für eine Schachtel Zigaretten haben wollte:
23 148 855 308 184 500 Dollar
Waschen Sie Ihren Finger und zählen Sie die Zahl am Bildschirm von hinten nach vorne ab. Es sind 23 Billiarden, 148 Billionen, 855 Milliarden, 308 Millionen, 184 Tausend 500 Dollar. Oder der Einfachheit halber “23 Billiarden Dollar”, wie dpa heute tickerte.
Bild.de kam überraschenderweise zu einer Zahl, die – entgegen der sonstigen Veranlagung des Mediums – deutlich niedriger ausfällt:
Quasi als Ausgleich zur Tiefstapelei von Bild.de hat sich der österreichische “Standard” in seiner Online-Ausgabe für eine andere Richtung entschieden:
Nachdem sich Leser in den Kommentaren beschwert hatten, entschied man sich für eine etwas exotische Form der Korrektur und ergänzte den Artikel um einen lehrreichen Satz:
US-amerikanische “Quadrillionen” werden aufgrund der unterschiedlichen Systeme im Deutschen eigentlich mit “Billiarden” bezeichnet.
Denn wenn CNN “quadrillion” schreibt, kann man’s ja auch machen.
Mit Dank an Maria, Andreas W. und Markus S.
Nachtrag, 19:20 Uhr: Bild.de hat den “Billionen”-Artikel gelöscht und einen neuen “Billiarden”-Artikel online gestellt.
Der enthält nur noch einen klitzekleinen Schönheitsfehler:
2. Nachtrag, 22:03 Uhr: Jetzt sind’s auch in der Bildunterschrift Billiarden.
3. Nachtrag, 17. Juli: Auch der “Standard” hat seinen Artikel überarbeitet. Offenbar wollte man dort auf Nummer Sicher gehen, denn die Überschrift lautet nun vollständig:
Bild.de erklärt heute, dass man den Neu-Gladbacher Marko Marco Reus leicht mit dem Ex-Gladbacher Marko Marin verwechseln kann:
Reus, der für 1 Mio von Zweitligist Rot-Weiß Ahlen kam, wirbelte in der Tat wie Marin. Er tauchte überall in der Offensive auf und war ständig in Bewegung. Dazu hat er die gleiche Frisur, ist zwar 11 Zentimeter größer als sein Vorgänger, sieht aber aus wie sein Zwilling.
Und wie leicht die beiden zu verwechseln sind, zeigt Bild.de dann auch noch gleich:
Irgendeinen Grund wird Bild.de sicherlich gehabt haben, ausgerechnet jetzt mit einer solchen Geschichte anzukommen:
Im Zweifelsfall war es einfach mal eine schöne Möglichkeit, ein beeindruckendes Video (ein “Fundstück”) zu zeigen, in dem ein Auto wie eine Ziehharmonika zusammengefaltet wird:
Auf dem Video ist zu sehen, wie ein Holden Commodore der ersten Generation von 1978 zu Testzwecken gegen die Wand fährt.
Der schlimmste Crashtest aller Zeiten! […]
Der Hammer: Beim Aufprall mit rund 60 km/h auf das feststehende Hindernis bricht die gesamte Konstruktion komplett zusammen.
Sucht man bei YouTube nach “worst car crash ever”, findet man unter den ersten Treffern ein Video, in dem ein Holden Commodore gegen eine Wand fährt. Also genauer: Das gleiche Video, das auch Bild.de zeigt, nur mit anderem Ton, ohne Off-Sprecher und natürlich ohne Bild.de-Logo oben rechts in der Ecke, hochgeladen am 11. Oktober 2008. (Wir kennen das ja: Das Internet ist ein rechtsfreier Raum.)
Bild.de scheint sich nur das Video bei YouTube besorgt zu haben, ignorierte aber die Fakten, die daneben stehen:
Der Test wurde 1992 durchgeführt und war Teil einer Serie von Tests um unsere Crashtest-Anlage in Betrieb zu nehmen. Es war ein Test des Fahrsystems, nicht des Autos.
Das Auto war ein Standard-Gebrauchtwagen, außer dass die Antriebswelle entfernt worden war, 300 kg Sandballast wurden im Fußraum und im Kofferraum platziert und ein Ballast-Dummy (75 kg) saß auf dem Rücksitz.
(Übersetzung von uns.)
Die Angaben erscheinen zumindest insofern vertrauenswürdig, als im Video kurz das Datum 09/06/92 auf der Testanlage zu sehen ist.
Dass es sich also um einen Test der Crashtest-Anlage mit einem älteren Gebrauchtwagen gehandelt hat, wäre ja vielleicht nicht ganz uninteressant zur Einschätzung der Bilder.
Noch interessanter wäre es natürlich, wenn die Leser von Bild.de wüssten, was noch bei YouTube steht:
Die Testgeschwindigkeit betrug 100 km/h in einen massiven Betonblock.
(Übersetzung von uns.)
Ganz “rund 60 km/h” also.
Mit Dank an Ingo H.
Nachtrag, 16:30 Uhr: Dank weiterer Leserhinweise hätten wir jetzt zwei Theorien.
Die eine betrifft die Frage, warum Bild.de das Video ausgerechnet jetzt online stellt: Das macht nämlich seit einigen Tagen die Runde durch diverseAutoblogs.
Die andere erklärt, wie Bild.de auf “rund 60 km/h” kommt: In einem amerikanischen Blog hatte man die 100 km/h in Meilen pro Stunde (mph) umgerechent:
The Commodore was reportedly crashed at 62 mph back in 1992 to to test the vehicle’s drive system, and not the car itself.
Und wenn man da nicht genau auf die Einheit achtet, hat man schnell einen Wert von “rund 60”. Nur halt nicht km/h.
Nachtrag, 10. Juli: Im Fließtext bei Bild.de ist jetzt von “rund 60 Meilen” die Rede (wobei Physiker sicherlich anmerken würden, dass das eine Strecke und keine Geschwindigkeit sei), im Video immer noch von “60 km/h”.
Unglaublich, dieser Michael Jackson. Gerade mal tot — und schon wieder als Geist unterwegs. In “Neverland” so berichtet Bild.de, habe man etwas gesehen, was nach Meinung von Johannes von Buttlar (laut Bild.de ein “Mysterien-Experte”) zum einen der Geist von Jackson sein könne und zum anderen leicht erklärbar sei: Das Phänomen kenne man, Jackson habe sich vermutlich noch von “Neverland” verabschieden wollen. Oder so.
Prominente machen das ohnehin gerne mal, dieses Rumgeistern, weiß Bild.de weiter. Elvis beispielsweise. Der wird ja alle Naslang irgendwo gesehen. Als Kronzeugen dafür nennt “Bild.de” die Seite “ghost-pictures.org”. Und in der Tat, die Seite nimmt ihren Auftrag (nämlich ganz offensichtlich den der Satire) sehr ernst und enthüllt sagenhafte neue Dinge.
Beispielsweise, wie das wirklich war, als die ersten Menschen den Mond betraten:
What the astronauts failed to see was that the ghost of Elvis was there to greet them and indeed to serenade them with a medley of his best loved songs.
Natürlich belegt “ghost-pictures.org” auch mit exklusivem Fotomaterial, wie Elvis die Astronauten mit einem kleinen “Medley seiner beliebtesten Lieder” auf dem Mond begrüßte — und vermutlich ist es auch nur noch eine Frage der Zeit, wann Jackson dort auftaucht, als Erfinder des Moonwalk ist er dafür geradezu prädestiniert.
Wenn’s soweit ist — Bild.de wird uns sicher auf dem Laufenden halten.
Mit Dank an Markus F.
Nachtrag, 14.7.: Unser Leser Klaus M. hat den Freunden von “ghost-pictures.org” eine nette Mail geschickt und sie darauf hingewiesen, dass auf ihrer Seite stehe, “Elvis was there to great them”. Inzwischen haben es die Geisterbildersammler in ein korrektes “to greet them” umgewandelt, weswegen jetzt auch bei uns die korrekte Version zu finden ist.
Dass Michael Jackson am gestrigen Donnerstag im Alter von 50 Jahren verstorben ist, dürfte inzwischen jeder mitbekommen haben, der sich heute nur in der Nähe eines Computers, Radios oder eines anderen Menschen aufgehalten hat.
In der Nacht war die Nachrichtenlage noch deutlich unübersichtlicher: Der Onlinedienst TMZ.com war sich ganz sicher (wie der diensthabende Redakteur der “LA Times” erzählte), als er um 23:44 Uhr deutscher Zeit verkündete, Jackson sei tot. Aber war der Nachricht auch zu trauen?
Was folgte, ist ein Lehrbuch-Beispiel dafür, wie Journalismus im Jahr 2009 funktioniert — immer getrieben von den teils unvereinbaren Wünschen, möglichst der Erste zu sein und möglichst nichts falsches zu berichten:
Bild.de um 23:59 Uhr:*
Bild.de um 00:01 Uhr:
Bild.de um 00:14 Uhr:
Bild.de um 00:30 Uhr:
Bild.de um 00:50 Uhr:
Bild.de um 01:09 Uhr:
Aber auch bei anderen Medien gab es ein gewisses Chaos, bis schließlich Gewissheit herrschte. So konnte man um 00:34 Uhr bei “RP Online” diese Überschrift lesen:
Unter dem Artikel aber stand ein Kommentar von 00:01 Uhr, der nahelegt, dass Überschrift und Aussage des Artikels zu diesem Zeitpunkt etwas anders ausgesehen hatten:
Um 00:44 Uhr stand dann auch für “RP Online” fest:
Zum gleichen Zeitpunkt gab sich die britische “Sun” noch außergewöhnlich distanziert:
Doch nicht alle Online-Redaktionen konnten zu dieser Nachtschlafenden Zeit schnell reagieren. Um 00:56 Uhr lauteten die Top-Stories bei stern.de und sueddeutsche.de noch
beziehungsweise
Um etwa 01:20 Uhr wäre man dann aber auch bei diesen beiden Seiten zumindest grob informiert gewesen.
Während MTV in den USA sein Programm umstellte und Michael-Jackson-Videos zeigte, liefen bei den deutschen Musiksendern in der Nacht noch die vorbereiteten Clips. Die Startseite von mtv.de aber sieht seit seit mindestens ein Uhr schlicht und ergreifend so aus:
Sämtliche Die meisten gedruckten Zeitungen von heute waren damit natürlich vergleichsweise uninteressant …
Mit Dank auch an Jochen K.
*) Diesen Screenshot haben wir um 16:15 Uhr nachgetragen. Wir verdanken ihn unserem Leser Thorsten K.
Verehrter Ex-Tennisstar Michael Stich, mit Verlaub… — Sie sind ein Macho! Da beginnt das wichtigste Tennisturnier der ganzen Hemisphäre und Sie, Stich, Sie mosern rum, dass es zumindest im Damenwettbewerb doch wieder nur um das Eine (nein, nicht um Sport) gehe.
Wundern Sie sich da noch, dass die Sport-Gleichstellungsbeauftragten von Bild.de daraus sogleich eine dicke Schlagzeile machen?
Und wer könnte Stich berechtigter zum “Macho” erklären als das Tennis-Fachorgan “Bild”, das den Stich-Artikel online mit zwei Fotogalerien (“Sexy Fotos: So schön ist Ana Ivanovic” und “Sexy Kalenderfotos: Maria Scharapowa in Bademode”) illustriert und die Dinge im Damen-Tennis ohnehin erst kürzlich auf den Punkt brachte?
… um sich anschließend in kreativer Namensgebung für Sportlerinnen (Sportart + Vorname + Körbchengröße) zu betätigen:
Ach ja: Nach Bild.de hat sich dann übrigens auch die gedruckte “Bild” Stichs “Macho-Attacke” angenommen — neben den Brüsten von Simona Halep (“Lässt tief blicken”) und unter dem Titel:
Was nun insofern in die Irre führt, als Stich in der Geschichte ebenfalls zu Wort kommt. Allerdings wie folgt:
Michael Stich zu BILD: “Die Zitate sind aus dem Zusammenhang gerissen. (…)” Das mit dem Sex-Appeal habe er so nie gesagt, es sei doch allen klar, dass die Tennisspielerinnen Wert auf ihr Äußeres legen.
Der Partei geht es vor allem um digitale Themen. Sie steht für Freiheit im Internet, wendet sich gegen die Internet-Sperre, tritt für ein faires Urheberrecht ein und verlangt einen Hacker-Paragraphen. (Fettung von uns.)
Letzteres, liebe Bild.de-Redaktion, wäre aber eine mehr als seltsame Forderung der Piraten — nicht zuletzt, weil es doch in Deutschland bereits einen sog. “Hacker–Paragraphen” gibt.
Mit Dank an die Hinweisgeber.
Nachtrag, 23.6.2009:Bild.de hat das mit dem “Hacker-Paragraphen” ersatzlos gestrichen.
2. Nachtrag: Der stellvertretende Vorsitzende der Piratenpartei, Jens Seipenbusch, antwortet uns auf die Frage, ob seine Partei (wie von Bild.de behauptet) einen Hacker-Paragraphen verlange:
Der tatsächliche Hacker-Paragraph 202c ist abzulehnen, da er juristisch schlecht und unpräzise ist und die Werkzeuge verbietet, anstatt sich auf die mit ihnen begangenen Taten zu beschränken. Da sind wir eins mit dem CCC, kann ich wohl sagen. (CCC-Link von uns.)
“Sicher werde ich für einige immer
der Kinderporno-Politiker bleiben.” (Jörg Tauss im “BILD-Verhör” vom 30.3.2009)
Und siehe da: Als sich die Bild.de-Redaktion heute entschied, abermals (siehe BILDblog von vorgestern) über den SPD-Abgeordneten Jörg Tauss zu berichten, tat sie das zunächst unter der Dachzeile:
Dass das bei Tauss vielleicht irgendwie herabwürdigendvorverurteilend nicht ganz okay ist, hat man offenbar auch bei Bild.de erkannt* und die Dachzeile nachträglich lieber wie folgt geändert: