Archiv für Bild.de

Stell Dir vor, es ist Krieg und keiner kriegt’s mit

Am späten Sonntagnachmittag erschien auf Bild.de diese Meldung:

Sind sie Opfer des Bürgerkriegs? Massengrab mit 167 Toten in Mexiko entdeckt

Gefunden wurden diese Toten im Süden Mexikos, der starke Verwesungszustand “deute darauf hin, dass die Leichname bereits vor über 50 Jahren dort abgeladen worden seien”, schreibt Bild.de unter Berufung auf einen Vertreter der örtlichen Staatsanwaltschaft.

Und weiter:

Wer die Toten sind – und wie sie starben, ist bisher unklar. Die Leichname würden derzeit noch untersucht. Anzeichen von Gewalt seien zunächst nicht zu erkennen gewesen.

Sind es möglicherweise Opfer des letzten Bürgerkrieges, der 36 Jahre lang in dem Land tobte und rund 250 000 Todesopfer forderte? Danach blieben rund 45 000 Menschen vermisst.

Nun würden Laien vielleicht annehmen, dass fehlende Anzeichen von Gewalt vielleicht nicht das beste Indiz für ein Massengrab von Kriegsopfern sei. Experten würden an dieser Stelle eher fragen: “Welcher Bürgerkrieg?”

Zwar gab es in Mexiko in den späten 1960er Jahren Unruhen, aber einen 36-jährigen Bürgerkrieg hat das Land in den letzten 50 (oder auch 100) Jahren nicht gesehen.

Der Text bei Bild.de basiert im Wesentlichen auf einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters.

Die hatte allerdings geschrieben:

Das Grab befindet sich in einer Höhle auf dem Gelände einer abgelegenen Farm unweit der Grenze zu Guatemala. Die Gegend wird häufig von Migranten aus Mittelamerika durchquert, die sich auf dem Weg in die USA befinden.

In Guatemala endete 1996 nach 36 Jahren ein Bürgerkrieg, bei dem schätzungsweise 250.000 Menschen starben. 45.000 Menschen blieben vermisst. Aktivisten vermuten, dass die meisten davon von Soldaten getötet und an geheimen Orten vergraben wurden.

In den vergangenen Jahren haben Drogenhändler-Banden die Leichen von Hunderten ihrer Opfer in Massengräbern abgeladen.

Dass das Massengrab “in einer Höhle auf dem Gelände einer abgelegenen Farm unweit der Grenze zu Guatemala” liegt und die Gegend “häufig von Migranten aus Mittelamerika durchquert” werde, hat auch Bild.de weiterverarbeitet. Nur ergibt diese Information im Zusammenhang mit dem angeblichen mexikanischen Bürgerkrieg natürlich nicht sonderlich viel Sinn.

Schon Sonntagabend konnten die Agenturen dann übrigens vermelden, worum es sich bei dem Massengrab wirklich handelt. Und so stand es dann am Montag auch ganz klein in “Bild”:

1300 Jahre altes Massengrab in Mexiko entdeckt

Ein Maya-Friedhof.

Mit Dank an Lisa.

Franz Josef Wagners physische Probleme

Vom Fußballspieler Thomas Häßler ist der Ausspruch überliefert, er sei “körperlich und physisch topfit”.

Anscheinend arbeitet Thomas Häßler heute als Ghostwriter für Franz Josef Wagner:

Lieber Weltfrauentag, ich habe nie eine Frau sein wollen, weder körperlich noch physisch.

In einigen Printausgaben steht “weder körperlich noch psychisch”, aber da war der Text natürlich schon bei Bild.de ins Internet gedruckt.

Mit Dank an Tom T.

Nachtrag, 8. März: Jetzt steht auch bei Bild.de “psychisch”.

Kann man mal verwechseln

US-Schauspielerin Martha Stewart stirbt mit 89 Jahren. Martha Stewart im Dezember 2011

Wenn Sie finden, dass die 89-jährige Martha Stewart vor drei Monaten noch verdammt jung für ihr Alter aussah, dann haben Sie recht — auf ‘ne Art.

Das Foto bei Bild.de zeigt nämlich nicht die jetzt verstorbene Schauspielerin Martha Stewart, sondern die TV-Köchin, Wohnungseinrichterin und Multi-Millionärin Martha Stewart. Die ist erst 70 Jahre alt, auch wenn sie nicht wirklich danach aussieht.

* * *

Eine andere Verwechslung haben sie bei Bild.de im Laufe der Nacht noch bemerkt: Um den “Hooligan-Überfall auf der Autobahn” bebildern zu können, hatte die Redaktion mal wieder auf die Künste der “‘Bild’-Zeichnerin” Nora Nowatzyk zurückgegriffen, die offenbar im Eifer des Gefechts auf einen Bus von gewalttätigen “Fans” des 1. FC Köln das Logo des 1. FC Kaiserslautern montiert hatte:

Inzwischen ist die Grafik auf Bild.de mit dem Köln-Logo zu sehen, die Redaktion schreibt dazu:

Anmerkung der Redaktion: Durch einen technischen Fehler ist über Nacht irrtümlich eine falsche Grafik mit dem Wappen des 1. FC Kaiserslautern angezeigt worden. Wir bitten unsere User und den 1. FC Kaiserslautern um Entschuldigung.

Mit Dank an N.F. und Tobias R., sowie an Till S., DerPhi, Oliver W. und swg.

Nachtrag, 22.20 Uhr: Bild.de zeigt jetzt die richtige Martha Stewart — und weist sogar auf die vorherige Verwechslung hin:

Anm. der Red.: Leider hatten wir die Meldung in einer ersten Version falsch bebildert. Wir haben den Fehler behoben und bitten um Ihr Verständnis.

Selbsterkenntnis wäre der erste Schritt …

Bei einem sogenannten Spiegeltest wird überprüft, ob ein Lebewesen sich in seinem Spiegelbild selbst erkennt. Damit soll die Existenz eines Selbstbewusstseins nachgewiesen werden. Menschenaffen und Delfine bestehen diesen Test beispielsweise, Menschenkinder erkennen sich üblicherweise im zweiten Lebensjahr.

Es ist mindestens zweifelhaft, dass alle Mitarbeiter von “Bild” oder Bild.de den Spiegeltest bestehen würden. Nur so kann man anprangern, dass “Google Street View” wildfremde Menschen für jeden erkennbar im Internet zeigt, indem man diese wildfremden Menschen für jeden erkennbar im Internet zeigt. Nur so kann man seiner Empörung darüber, dass Menschen im Fernsehen gedemütigt werden, Ausdruck verleihen, indem man Videos davon zeigt.

In der heutigen “Bild am Sonntag” und auf Bild.de gibt es das Foto einer “dramatischen Rettungsaktion in der chinesischen Stadt Changsha”. Es zeigt eine Frau, die “aus dem 33. Stock eines Wohnblocks springen will”, und sechs Chinesen, die “sofort zur Stelle” sind, “um die lebensmüde Dame zu retten”.

Mit Ziffern auf dem Foto erklärt “Bild am Sonntag”, wer darauf genau zu sehen ist, und welche Funktion diese Menschen ausüben.

Und so geht unsere letzte Geschichte heute gut aus: Die Frau wird gerettet.

Natürlich hat ein Roman auch immer einen Bösewicht: Diese Rolle übernimmt ein Zuschauer (5), der nicht hilft, sondern die Szene lediglich mit dem Handy fotografiert.

Welche Rolle oder Bezeichnung die Person verdient hat, die die Situation von einer anderen Position aus fotografiert und die Bilder an Nachrichtenagenturen (und letztlich auch an “Bild am Sonntag”) verkauft hat, schreibt die Zeitung leider nicht. Häufig nennt sie Leute, die ähnliches machen, aber schlicht “Leser-Reporter”.

Mit Dank an Robert W., Andreas H., Vuffi R. und Heinz B.

Wer schützt uns vor der Selbstjustiz?

Am Montag hatte sich “Bild” darüber empört, dass ein Mann, der gestanden hat, seine zwei Monate alte Tochter “totgeprügelt” zu haben, “trotzdem” nicht in Untersuchungshaft genommen wurde (BILDblog berichtete).

Am Dienstag legte die Zeitung nach und forderte:

Sperrt den Baby-Totschläger ein!

“Bild”-Kommentatorin Stephanie Jungholt (Fachgebiete: fassungslos sein, “unsere Justiz” nicht verstehen, harte Strafen fordern) fragte entsetzt:

Wer schützt uns vor solchen Richtern?

Dabei blieb sie ihrer Linie treu:

Wieder hat ein deutsches Gericht eine Entscheidung getroffen, die uns fassungslos macht:

Sie versuchte es mit der ihr eigenen Form von Einfühlungsvermögen:

Was geht in einem Richter vor, der so einen Beschluss fasst? Oder ihn vielleicht fassen muss, weil unsere Gesetze dies so vorsehen?

Ja, unsere Gesetze sehen vor, dass niemand ohne Verurteilung in einem Gerichtsprozess weggesperrt werden darf — außer, es sprechen gute Gründe wie Flucht- oder Wiederholungsgefahr dafür. Unvorstellbar für eine Law-and-Order-Aktivistin wie Stephanie Jungholt:

Egal, ob Fluchtgefahr besteht oder nicht, egal, ob einer eine schwere Kindheit hatte – es muss endlich Schluss sein mit dieser unerträglichen Kuschel-Justiz!

Wer einen Menschen grausam tötet, gehört weggesperrt! Punkt, aus.

Nur dann können wir Vertrauen in unsere Justiz haben.

Schon Dienstag Mittag konnten sie bei Bild.de dann das vermelden, was sie offensichtlich für einen Erfolg ihrerseits hielten:

Nach BILD-Bericht: Jetzt kommt der Baby-Totprügler hinter Gitter

Und die gedruckte “Bild” feierte geistern:

Nach BILD-Bericht: Baby-Totschläger endlich im Knast!

Die Zeitung schrieb:

Im Polizeiverhör gestand er die Tat, trotzdem schickte der Haftrichter ihn in die Freiheit. Begründung: Es bestehe keine Fluchtgefahr. Diese Entscheidung sorgte deutschlandweit für Entsetzen. BILD forderte: Sperrt ihn wieder ein!

Für juristisch unkundige Leser musste das klingen, als hätte die Sache für den Mann mit seiner Freilassung ausgestanden sein können. In Wahrheit erwarten ihn in einem Gerichtsprozess wegen Körperverletzung mit Todesfolge mindestens drei Jahre Haft.

Die Pressestelle des zuständigen Amtsgerichts Magdeburg erklärt uns die Entscheidung, den Mann jetzt doch in Untersuchungshaft zu nehmen, auf Anfrage so:

Im vorliegenden Fall hatte auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ein anderer Richter über die Frage der Außervollzugsetzung des Haftbefehls zu entscheiden. Dieser hat wiederum in richterlicher Unabhängigkeit eine Prognoseentscheidung über die Frage der Fluchtgefahr des Beschuldigten getroffen und den Sachverhalt anders bewertet.

Für beide Einschätzungen sprachen gute Argumente. Die Möglichkeit divergierender Entscheidungen macht gerade die Unabhängigkeit der Richter bei der Beurteilung von Lebenssachverhalten deutlich.

Unsere Frage, ob die Berichterstattung bzw. die “bundesweite Empörung” bei der neuerlichen Entscheidung eine Rolle gespielt hätten, wie “Bild” suggeriert, beantwortet das Gericht so:

Ich hoffe, dass Ihre Frage, ob die gerichtliche Entscheidung etwas mit der Berichterstattung der Medien oder gar der Bild Zeitung oder der Empörung der Öffentlichkeit zu tun hat, nicht wirklich ernst gemeint ist.

Richter entscheiden in Deutschland unter dem Schutz der Verfassung unabhängig und sind nur dem Gesetz unterworfen. Die Unabhängigkeit der Gerichte ist die Grundlage unseres Rechtsstaates.

Aus diesem Grunde kann es immer Gerichtsentscheidungen geben, die in der Öffentlichkeit unpopulär sein mögen und es kann auch immer divergierende Entscheidungen geben.

Mit Dank auch an die vielen Hinweisgeber!

Rücksicht – keiner hat das Wort gekannt

Mit “Stylebook” (“Powered by Bild.de”) versucht die Axel Springer AG, am Erfolg von Fashionblogs und Modewebsites teilzuhaben. Die Verlinkungen auf der Startseite von Bild.de dürften ordentlich Klicks bringen, zum Beispiel bei dieser Geschichte:

Iris, die elfjährige Tochter von Schauspieler Jude Law (39) und Sadie Frost (46), sorgte jetzt auf der Londoner Fashion Week für Entsetzen. Grund: Zu einer Show trug sie ein Kleid mit makaberen Sprüchen: “fall tot um”, “trink Gift”, “iss Schei***”. Mama Frost will von nichts gewusst haben, obwohl sie daneben saß.

Den Eltern des Kindes war das offenbar sehr unangenehm:

Iris’ Mutter, Schauspielerin Sadie Frost, schien nicht bemerkt zu haben, was für ein Kleid ihre Tochter anhatte. Sie twitterte:

“Ich scheine Leute aufgeregt zu haben. Ich bin selbst schockiert über das Kleid, das Iris trug. Es war ein Geschenk.”

Und:

Auch Iris’ Vater, Schauspieler Jude Law (39), reagierte. Laut “Daily Mail” soll er die Zeitung gebeten haben, in ihrer Berichterstattung Rücksicht zu nehmen. Er soll gebeten haben, Iris’ Gesicht auf den Fotos, auf denen sie das entsprechende Kleid trägt, zu pixeln. Die Zeitung kam der Aufforderung nach.

Tatsächlich hat die “Daily Mail” ihrer Berichterstattung folgenden Hinweis vorausgestellt:

HINWEIS: Es ist nicht die übliche Verfahrensweise von MailOnline, die Gesichter von Prominentenkindern zu anonymisieren, wenn diese in Begleitung ihrer Eltern öffentliche Veranstaltungen besuchen, wo sie erwarten müssen, fotografiert zu werden, wie etwa in der ersten Reihe bei einer Modenschau.

Trotzdem haben wir uns entschieden, Iris Laws Gesicht zu verpixeln, angesichts der für ein junges Mädchen peinlichen Art des Vorfalls, wir folgen damit einer höflichen Anfrage ihres Vaters, Jude Law.

(Übersetzung von uns.)

Aber das ist die “Daily Mail” in England.

Bei Axel Springer hingegen:

Keine Verpixelungen.

(Überschriftenerklärung.)

Mit Dank an Simon, Daniel, Anticlimbpaint und Leo.

Nachtrag, 18.45 Uhr: “Stylebook” hat die Fotos verpixelt und folgenden Hinweis in den Artikel eingefügt:

(Nachtrag der Redaktion, 16.30 Uhr: Sorry, lieber Jude Law, das ist uns zunächst durch die Lappen gegangen. Deiner Bitte kommen wir natürlich auch nach.)

“Bild” will keine Toten in anderen Medien sehen

Bild.de scheint ehrlich fassunglos:

Das Geschäft mit der toten Whitney Houston († 48) kennt keine Skrupel! Das US-Magazin “National Enquirer” hat jetzt ein Foto der Sängerin im offenen Sarg veröffentlicht.

In Frieden ruhen… Das kann Whitney Houston wohl vorerst nicht!

Bild.de zitiert eine Twitter-Userin, die den Verkäufer des Fotos als “niederträchtigen, verdorbenen, skrupellosen Untermensch” bezeichnet, und den Promi-Blogger Perez Hilton, der die Veröffentlichung “geschmacklos, unsensibel und morbide” nennt.

Bild.de ist der Online-Ableger des Blattes, das am 27. Juni 2009 auf der Titelseite mit einem riesigen Foto aufgemacht hatte, auf dem Michael Jackson auf einer Trage liegend und an Beatmungsgeräte angeschlossen zu sehen war. Die Schlagzeile lautete: “Hier verliert er den Kampf um sein Leben”.

Bild.de selbst brachte wenig später ein computergeneriertes Bild eines entstellten Michael Jackson ohne Haare, unter dem stand: “so in etwa könnte Jackson bei der Obduktion ausgesehen haben”. Beide Veröffentlichungen wurden als “unangemessen sensationell” vom Presserat gerügt.

Im Vergleich dazu ist das Foto von Whitney Houston im offenen Sarg harmlos — schon weil sie natürlich eigens dafür hergerichtet worden war, angesehen zu werden (wenn auch mutmaßlich nicht von der Weltöffentlichkeit). Wie Bild.de selbst schreibt, zeigt das Foto die Sängerin “mit sorgfältigem Make-up, hochgesteckten Haaren, in einem violetten Kleid und goldenen Schuhen”.

Skrupellos das Sterben eines Prominenten ausschlachten. Und anderen vorwerfen, skrupellos den Tod eines Prominenten auszuschlachten. Das ist die ganz spezielle doppelte Skrupellosigkeit von “Bild”.

Mit Dank an Simon.

Flugzeuge im Bauch

Womöglich ist wieder mal Christian Wulff schuld. Sein Rücktritt hat alle Kräfte bei Bild.de gebunden, deswegen werden die Überschriften jetzt von der Redaktionskatze …

Ach, Moment, wir sprechen hier von Bild.de, wo die Überschriften sowieso nur in Ausnahmefällen in einem engeren Zusammenhang mit den unter ihnen liegenden Meldungen stehen.

Dann passt das ja:

Kampfjets fangen Drogenflieger ab. München – Mit zwei Kilogramm Kokain im Magen ist ein Drogenschmuggler bei einer Kontrolle am Münchner Flughafen aufgeflogen. Der 45-Jährige, der auf der Durchreise von Brasilien nach Madrid war, fiel den Behörden zunächst wegen eines gefälschten Reisepasses auf, wie der Zoll mitteilte. Bei einer Röntgenuntersuchung kamen dann insgesamt 68 separate Behältnisse mit Kokain im Bauch zum Vorschein. Die als "liquid kokain" bekannte Substanz ist wegen ihrer flüssigen Form nur schwer auf Röntgenbildern zu erkennen. Der Mann sitzt nun in Untersuchungshaft.

Die Originalüberschrift der dpa-Meldung lautet übrigens “Fluggast mit zwei Kilo Kokain im Magen geschnappt”.

Mit Dank an Sebastian.

“Das hatte etwas von Hetzjagd”

Kurz vor dem Europa-League-Spiel gegen Viktoria Pilsen (ab 19:00 Uhr, bei Kabel1 und im BILD.de-Liveticker) tritt Schalke-Rüpel Jermaine Jones (30) noch mal gegen seinen alten Trainer nach.

Der amerikanische Nationalspieler in einem Interview mit der “Der Westen”: “Magath ist die Gesundheit der Spieler egal!”

Rumms!

Was sich liest wie ein Comic, ist der Versuch von Bild.de, ein Interview zusammenzufassen. Oder genauer: Einen kleinen Teil eines längeren Interviews hervorzuheben.

Laut Jones nimmt Magath keine Rücksicht auf die Gesundheit seiner Spieler, nimmt dadurch längere Ausfälle in Kauf: “Wenn ich auf mein Gefühl gehört hätte, wäre ich nur drei Monate ausgefallen – so aber wurde es ein Jahr. Irgendwann machte es keinen Sinn mehr, mit ihm zusammenzuarbeiten, weil ihm meine Gesundheit oder die anderer Spieler egal war. Wenn du da bist, bist du da. Wenn nicht, wirst du ausgetauscht.”

Bild.de kann das nicht unkommentiert stehen lassen — und kommentiert deshalb:

Ausgerechnet Jones, der für seinen fiesen Pokal-Tritt gegen Gladbach-Star Marco Reus (22) wegen “krass sportwidrigen Verhaltens” für acht Wochen gesperrt wurde, macht sich Sorgen um das Wohlbefinden anderer Spieler. Hoffentlich erinnert sich der Schalker mit dem “Bad-Boy-Image” an seine eigenen Worte, bevor er sich das nächste Mal zu einer Unsportlichkeit hinreißen lässt.

Leider unerwähnt lässt Bild.de hingegen, dass sich Jones in dem Interview auch recht ausführlich zu seinem Tritt geäußert hat:

[Marco Reus] hat mich gefragt, ob ich so was nötig habe, und ich habe ihm gesagt: “Ich weiß, das war doof von mir.” Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich auf dem Platz hart spiele – aber normalerweise auch fair. Ich wusste sofort, dass ich eine Strafe kriege – und auch eine verdient habe. (…)

Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich es ungeschehen machen. Und ich muss auch sagen: Wenn mir das mit 20 passiert wäre – okay, Jugendsünde. Aber ich bin jetzt 30, da darf das nicht sein.

Und dann ereignete sich dort auch noch dieser Dialog:

Es gehört dazu, dass man nach so einem Foul öffentlich und auch hart kritisiert wird.

Jones: Klar, gar keine Frage. Aber es kann nicht sein, dass sich eine große Boulevard-Zeitung hinstellt und sagt: “Wir fordern die Höchststrafe”. Das hatte etwas von Hetzjagd. Meine Kinder gehen in die Schule und werden dort gefragt: “Warum ist dein Vater ein Bad Boy?”

Sie ahnen nie, welche große Boulevard-Zeitung … Ach, na gut:

Wut auf Schalke-Profi Jones nach dem hinterhältigsten Foul des Jahres. Jetzt ermittelt der DFB. BILD fordert die Höchststrafe!
Mit Dank an Schalke04-Fan.

Einar Koch will Claudia Roth an die Wäsche

Bei manchen Artikeln ist man sich ziemlich sicher, herauslesen zu können, wie sie entstanden sind.

AirBerlin-Flug 6187 von Tegel nach München: Im gelben Mantel rauschte die Ober-Grüne dieser Tage an der Warteschlange beim Security-Check vorbei – ohne Handgepäckkontrolle und Abtasten. Ein Passagier empörte sich: “Hat die hier etwa Sonderrechte? Die hat ja nicht einmal Franz Beckenbauer!”

Gut denkbar, dass Einar Koch ebenfalls in der Warteschlange stand. Nicht auszuschließen, dass er auch “ein Passagier” war, der sich über Claudia Roth empörte.

In jedem Fall hat er die Anekdote genutzt, um investigative Recherchen zu betreiben. So hat Koch herausgefunden, dass “einem geheimen Erlass” zufolge (“Anlage M zum Nationalen Luftsicherheitsplan”) “Persönlichkeiten des politischen Lebens der Bundesrepublik Deutschland” von Luftsicherheitskontrollen befreit seien.

Und weiter:

Nach Informationen von BILD.de fallen unter diese Sonderregelung nicht nur der Bundespräsident, die Kanzlerin und Bundesminister. Auch die Parteivorsitzenden und Fraktionschefs der im Bundestag vertretenen Parteien haben VIP-Status bei der Sicherheit. Ebenso der Bundestagspräsident und seine Stellvertreter sowie der Präsident des Bundesverfassungsgerichts und die Ministerpräsidenten.

Die Regelung gilt also für eine ganze Reihe von Spitzenpolitikern. Der kleine Mann von der Straße in der Warteschlange mag das empörenswert finden oder nicht, interessant und berichtenswert ist die Regelung allemal.

Kommt halt nur ein bisschen drauf an, wie man sie verpackt:

Flugkontrollen: Grünen-Chefin lässt  sich nicht abtasten! Beim Einchecken am Flughafen sind alle gleich – manche gleicher! Zum Beispiel die schrille Grünen-Chefin Claudia Roth (56). mehr...

Kleiner Trost für Frau Roth: Sie ist nicht die einzige “Bild”-Intimfeindin, die in diesem Artikel vorkommt.

Als Oskar Lafontaine noch Linke-Fraktionschef war und am Frankfurter Flughafen kontrolliert werden sollte, hatte der sich einmal sogar schriftlich beschwert.

Mit Dank auch an Robert W. und Andreas M.

Nachtrag, 16. Februar: Und so sieht das heute in der gedruckten “Bild” aus:

Warum dürfen Politiker ohne Kontrolle ins Flugzeug

Blättern:  1 ... 127 128 129 ... 174