Archiv für 6 vor 9

Aus für Blendle, Netflix und der KI-Experte, Kommentarkapitulation

1. Du wolltest schon immer Zeitungsartikel einzeln kaufen? Mit Blendle stirbt diese Möglichkeit gerade.
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Der Online-Kiosk Blendle, über den Nutzerinnen und Nutzer einzelne Zeitungs- und Zeitschriftenartikel ohne Abonnement kaufen konnten, wird in Deutschland nach fast acht Jahren geschlossen. Mehrere Verlage hatten bereits ihre Inhalte von der Plattform genommen; der Einzelverkauf von Artikeln passte nicht mehr zum Geschäftsmodell der meisten Verlagshäuser, die sich auf den Verkauf von Abonnements konzentrieren. Stefan Niggemeier fasst die Entwicklung Blendles zusammen, das anfangs als innovativer und hoffnungsvoller Weg zur Finanzierung von Journalismus gefeiert wurde.

2. Warum wir die Kommentarfunktion abschaffen
(queer.de, Micha Schulze)
Bei queer.de meldet sich Micha Schulze in eigener Sache mit einer Art Kapitulationserklärung zu Wort. Nach langen Diskussionen habe man sich zähneknirschend dazu entschlossen, die Kommentarfunktion auf der Seite abzuschalten: “Nicht nur auf queer.de besteht heute ein Großteil der Kommentare aus einem sich wiederholenden Zank zwischen wenigen Personen, der oft kaum etwas mit dem eigentlichen Artikelthema zu tun hat. Neue Argumente oder einen Erkenntnisgewinn gibt es selten. In unserem kleinen Team bindet das Freischalten der Beiträge enorme Ressourcen, wobei uns gleichzeitig von der einen Seite Zensur und von der anderen ein Dulden von Hass vorgeworfen wird.” In seinem Text führt Schulze die Gründe näher aus und spricht Probleme an, die vermutlich auch andernorts bestehen.

3. Das langsame Sterben der alten Medien
(blog-cj.de, Christian Jakubetz)
Christian Jakubetz nimmt die aktuellen Entwicklungen in der Medienbranche zum Anlass, um über das schwindende Interesse an traditionellen Medien wie Printpublikationen und dem linearen Fernsehen nachzudenken. Viele dieser Medienangebote würden mittlerweile als veraltet und für jüngere Generationen nicht mehr relevant angesehen, was sich in sinkenden Auflagen und Zuschauerzahlen widerspiegele. Jakubetz argumentiert, dass Medienunternehmen sich spezialisieren, ihre Angebote personalisieren und auf die Bedürfnisse ihrer Zielgruppen eingehen müssten, um in der heutigen digitalen Medienlandschaft erfolgreich sein zu können.

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4. Abschied von gedruckten Ausgaben
(verdi.de, Gerd Hautsch)
Wer sich für die wirtschaftliche Entwicklung in der Medienbranche interessiert und nach ausführlichen Informationen dazu sucht, wird auf den Seiten der Gewerkschaft Verdi fündig. Dort hat Gerd Hautsch das zwei Quartal 2023 unter die Lupe genommen. Sein Bericht gliedert sich in drei Teile: Im ersten Teil findet sich ein umfassender Branchenüberblick (PDF), im zweiten geht es um die Entwicklung der großen Medienkonzerne (PDF) und im dritten um Übernahmen, Beteiligungen und Joint Ventures (PDF).

5. KIM-Studie: Wie Kinder 2022 Medien nutzten
(de.ejo-online.eu, Pauline Wörsdörfer)
Pauline Wörsdörfer wirft einen Blick auf die Ergebnisse der aktuellen KIM-Studie, die sich mit der Mediennutzung von 6- bis 13-Jährigen in Deutschland beschäftigt. Die Ergebnisse würden zeigen, dass digitale Medien fest im Alltag der Kinder verankert seien, wobei insbesondere Streamingdienste im Vergleich zu 2020 an Beliebtheit gewonnen hätten. Während Kinder digitale Medien immer selbstbestimmter nutzen würden, kämen nur selten technische Hilfsmittel zum Einsatz, mit denen Eltern ihre Kinder vor ungeeigneten Inhalten schützen können. Eine frühzeitige Förderung eines kompetenten Umgangs mit diesen Medien und die Unterstützung der Eltern seien daher von größerer Bedeutung.

6. Netflix bietet KI-Experten 900.000 Dollar – streikende Schauspieler empört
(spiegel.de, Patrick Beuth)
In Hollywood streiken seit einiger Zeit Drehbuchautorinnen und -autoren sowie Schauspielerinnen und Schauspieler, unter anderem aus Angst, ihre Jobs könnten künftig von Künstlicher Intelligenz erledigt werden. Eine (inzwischen geänderte) Stellenanzeige von Netflix scheint ihre Befürchtungen zu bestätigen. Darin suchte der Streaminganbieter eine Person mit Kenntnissen im Bereich des maschinellen Lernens, um “großartigen Content zu kreieren”, und bot für den Posten ein Jahresgehalt von 300.000 bis 900.000 US-Dollar.

TV-Umbau, Micropayment am Ende, Burdas dubioses Rentenschreiben

1. Erst Werbung weg, dann Jobs weg
(taz.de, Wilfried Urbe)
Wilfried Urbe ordnet in der “taz” die Umstrukturierungen beim Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 ein, die mit dem Abbau von 400 Stellen einhergehen. Die Probleme des Medienkonzerns seien symptomatisch für die gesamte private TV-Branche in Deutschland: “Die Werbeeinnahmen im linearen Angebot gehen zurück, mit den Streamingangeboten wird aber noch lange nicht genügend Geld verdient, um das aus­zu­gleichen.”

2. Zusatzrente zu gewinnen? – Diese Masche steckt dahinter
(swr.de)
Laut SWR verspricht ein Werbeschreiben von Burda Direct, ein Tochterunternehmen des Medienriesen Hubert Burda Media, den möglichen Gewinn einer Zusatzrente durch das Freirubbeln eines Codes. Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz warne, dass es bei solchen Gewinnspielen hauptsächlich um das Sammeln persönlicher Daten gehe, die dann für weitere Werbezwecke genutzt würden. Das Schreiben sei besonders irreführend gestaltet, da es stark an einen Rentenbescheid erinnere und somit den Eindruck erwecken könnte, von einer staatlichen Institution zu stammen.

3. Blendle stoppt Micropayment-Dienst für Journalismus in Deutschland
(heise.de, Nico Ernst)
Wenn es um Bezahlmöglichkeiten für Medieninhalte im Internet geht, lehnen viele Menschen herkömmliche Abomodelle ab und wünschen sich einen Abruf von einzelnen kostenpflichtigen Artikeln: “Ich möchte nur diesen einen Artikel kaufen, und das wäre mir XY Cent/Euro wert”. Mit Blendle gab es einen entsprechenden Dienst, der aber offenbar nur wenig genutzt wurde und mangels Interesse nun wieder eingestellt wird. Bei “Heise” erklärt Nico Ernst unter anderem, was mit eventuell noch vorhandenen Blendle-Guthaben passiert.

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4. Die große Wahl-Überraschung
(deutschlandfunk.de, Anh Tran)
Bei der jüngsten Parlamentswahl in Spanien gab es eine Überraschung: Obwohl viele Meinungsforscher und Medien einen Sieg des rechtskonservativen Lagers vorhergesagt hatten, schnitt vor allem die rechtspopulistische Partei Vox schlechter ab als erwartet. Kritiker bemängeln die Ungenauigkeit der Prognosen und die Berichterstattung, die sich zu sehr auf diese Umfragen stützte (siehe dazu auch den vor zwei Tagen in den “6 vor 9” empfohlenen Beitrag von Stefan Niggemeier). Im Deutschlandfunk erklärt Spanien-Korrespondent Marc Hoffmann, warum so viele Meinungsforscher vor der Wahl danebenlagen.

5. Ein Jahr Stories-Leiste auf SPIEGEL.de: Wo wir stehen und wie wir weitermachen
(devspiegel.medium.com)
Vor einem Jahr hat der “Spiegel” auf seiner Website eine Leiste mit “Stories” im Hochformat eingeführt. Im hauseigenen Entwicklerblog kann man nachlesen, ob sich das Angebot bewährt hat, wie die Zugriffszahlen sind, wie sich die Leiste auf den Abschluss neuer Abonnements ausgewirkt hat und wie es mit der ganzen Sache weitergehen soll.

6. “Der Vogel erinnert uns an eine großartige Version des Internets”
(zeit.de, Jonas Schulze Pals & Jonas Wagner)
Wie vorgestern in den “6 vor 9” zu lesen war, hat Elon Musk Twitter in X umbenannt, was nicht wenige als weiteren Schritt zur Zerstörung der Plattform sehen. Im Interview mit “Zeit Online” erzählt der Designer Martin Grasser, wie er vor elf Jahren das Twitter-Logo entwarf, wie er von der Änderung erfuhr und was er tun würde, wenn er das alte Logo zurückbekommen könnte.

Parteisender gesetzeswidrig?, Causa Lindemann, Mastodon preiswürdig?

1. Parteisender gesetzeswidrig
(djv.de, Hendrik Zörner)
Ein Kreisverband der AfD werde auf dem am Freitag stattfindenden Bundesparteitag womöglich den “Aufbau eines AfD-freundlichen TV-Senders” beantragen. Vorsorglich weist der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) schon einmal darauf hin, dass ein solcher Fernsehsender nach dem geltenden Medienstaatsvertrag gesetzeswidrig wäre: “Dafür ist eine Rundfunklizenz erforderlich, die bei den Medienanstalten beantragt werden muss”, so der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. Dass die AfD eine derartige Lizenz bekommt, sei unwahrscheinlich.

2. Lin­de­mann erfolg­reich gegen YouTu­berin Kayla Shyx
(lto.de, Felix W. Zimmermann)
Rammstein-Sänger Till Lindemann ist vor dem Landgericht Hamburg erfolgreich gegen die Youtuberin Kayla Shyx vorgegangen, die schwere Vorwürfe gegen ihn erhoben hatte. Das Gericht untersagte Shyx mehrere Passagen aus einem Video, in denen sie unter anderem sagte, Frauen seien auf Rammstein-Partys mit K.-o.-Tropfen betäubt worden. Parallel dazu kam es zu einer öffentlichen Auseinandersetzung zwischen Lindemanns Anwälten und dem “Spiegel” um die Berichterstattung zu den Vorwürfen gegen Lindemann. Felix W. Zimmermann ordnet den Fall juristisch ein, der in Österreich eine Fortsetzung finden könnte.

3. Hätte Mastodon einen Grimme Online Award bekommen sollen?
(laeuft-programmschau.podigee.io, Alexander Matzkeit, Audio: 26:31 Minuten)
Bei den Grimme Online Awards im Juni wurde ein Projekt nicht ausgezeichnet, das sich einige Jurymitglieder dringend als Preisträger gewünscht hätten: der nichtkommerzielle Mikroblogging-Dienst Mastodon. Alexander Matzkeit spricht mit dem Jury-Vorsitzenden Stephan Anpalagan über die Gründe der Entscheidung und die Rolle von Mastodon im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Zu Wort kommt auch der Journalist Christian Bartels, der die Bedeutung von Mastodon hervorhebt.

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4. Jan Stremmel – Galileo Reporter, SZ Journalist, “Y-Kollektiv” Filmemacher
(podcasters.spotify.com, Lisabell Shewafera, Audio: 37:21 Minuten)
Im Podcast “Inside Medien” begrüßt Gastgeberin Lisabell Shewafera den weitgereisten Journalisten Jan Stremmel, der als “Galileo”-Reporter bereits in mehr als 45 Ländern unterwegs war. Stremmel ist aber auch als Journalist für das Gesellschaftsressort der “Süddeutschen Zeitung”, als Filmemacher für das “Y-Kollektiv” und als Buchautor tätig.

5. Westfalen-Blatt schließt Druckzentrum
(verdi.de, Nicole Tomasek)
Wie die Gewerkschaft Verdi berichtet, soll das Druckzentrum des “Westfalen-Blatts” in Bielefeld zum 31. Juli schließen, wobei die Geschäftsleitung diese Entscheidung der Belegschaft erst am 4. Juli mitgeteilt habe. Die Schließung sei mit gescheiterten Verhandlungen über einen neuen Druckauftrag und mangelnder Auslastung des Druckzentrums begründet worden und betreffe 54 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

6. Mehr als Spielergebnisse
(taz.de, Sebastian Moll)
Sebastian Moll, USA-Korrespondent der “taz”, berichtet über eine überraschende Entscheidung der “New York Times”(“NYT”), die nach über 100 Jahren ihre Sportredaktion auflöst. Statt einer eigenen Sportberichterstattung setze die “NYT” künftig auf das Sportportal “The Athletic”, das sie zuvor für 550 Millionen US-Dollar erworben hatte. Dieser Schritt zeige einen Trend zum Outsourcing klassischer Zeitungsressorts und könne darauf hindeuten, “dass sich das Geschäftsmodell der Marke immer weiter vom klassischen journalistischen Angebot entfernt.”

BJV geht gegen Abhöraktion vor, Quellenschutz, Verstümmelte Barbie

1. Pressefreiheit verletzt: BJV geht gegen unzulässige Abhöraktion vor
(bjv.de)
Der Bayerische Journalisten-Verband (BJV) geht gegen das Abhören eines Pressetelefons der “Letzten Generation” vor. Zwei BJV-Mitglieder hätten beim Amtsgericht München eine Überprüfung der Abhörmaßnahme beantragt. Der BJV-Vorsitzende Harald Stocker kritisiert die Abhöraktion als rechtswidrigen Eingriff in die Pressefreiheit: “Die Abhörung eines Telefons, auf dem vor allem Journalistinnen und Journalisten anrufen, hätte nie genehmigt, geschweige denn verlängert werden dürfen.”
Zusätzlicher Gucktipp: Auf Youtube ordnet Rechtsanwalt Chan-jo Jun, der die zwei BJV-Mitglieder vor Gericht vertritt, den Fall juristisch ein: Justiz belauscht Presse. Skandal oder Routine? (youtube.com, Video: 9:00 Minuten)

2. Der sicher geglaubte Rechtsruck
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Im Vorfeld der Parlamentswahlen in Spanien wurde in vielen deutschen Medien über einen bevorstehenden Rechtsruck berichtet – basierend auf Umfragen, die die Konservativen und die rechtspopulistische bis rechtsextreme Partei Vox schon in einer Regierungskoalition sahen. Die Realität hielt sich da jedoch nicht dran. Medienkritiker Stefan Niggemeier kommentiert: “Die Geschichte vom ‘drohenden Rechtsruck’ war nicht falsch, aber sie war ein so dominantes Narrativ, dass sie viele andere ebenfalls nicht falsche Erzählungen über die Politik in Spanien überschattete. Spätestens wenn aus dem möglichen Rechtsruck ein bevorstehender Rechtsruck wird, und sei es nur ein gefühlter, wäre es gut, sich daran zu erinnern, dass Wahlen von den Wählern entschieden werden.”

3. Corona-Verordnungen: Gesundheitsministerium hat Auskunft zu Unrecht verweigert
(profil.at)
Der Journalist Maximilian Werner wollte Ende 2021 vom Gesundheitsministerium Österreichs die fachlichen Begründungen für die Corona-Verordnungen des Landes erfahren. Das Ministerium verweigerte die Auskunft und argumentierte, dass diese Begründungen nur als interne Dokumente existieren und keinen Mehrwert für die Öffentlichkeit hätten. Das österreichische Bundesverwaltungsgericht entschied jedoch zugunsten Werners. Nun werde das Gesundheitsministerium die angefragten Dokumente in Kürze übermitteln.

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4. Wie investigative Journalisten arbeiten und ihre Quellen schützen
(sueddeutsche.de, Lena Kampf & Daniel Drepper)
“Investigativer Journalismus funktioniert nur, weil uns Menschen Geheimnisse anvertrauen. Die größte Herausforderung in unserer Arbeit ist deshalb, dieses Vertrauen zu Menschen aufzubauen und nicht zu enttäuschen. Der Schutz unserer Quellen ist die wichtigste Währung im Journalismus.” Auf Süddeutsche.de schreiben Lena Kampf, stellvertretende Ressortleiterin Investigative Recherche der “SZ”, und Daniel Drepper, Leiter des Rechercheverbunds von NDR, WDR und “Süddeutscher Zeitung”, über die Grundlagen ihrer Arbeit und erklären dabei, wie sie ihre Quellen schützen.

5. TikTok als Radikalisierungsmotor
(belltower.news, Denis Groß)
Eine Studie der NGO Media Matters hat den TikTok-Algorithmus und dessen mitunter gefährliche Auswirkungen untersucht: Polarisierende, teils radikale Inhalte würden belohnt, problematische Inhalte und Filterblaseneffekte gefördert. Bei “Belltower News” warnt Dennis Groß vor möglichen Folgen: “Die Gefahr in ein sogenanntes ‘rabbit hole’ (dt. ‘Kaninchenbau’) zu geraten, also nur noch Inhalt aus gewissen Themenbereichen angezeigt zu bekommen, ist dabei extrem hoch. So kann ein toxischer Kreislauf entstehen: skandalösere Videos rufen Reaktionen bei den Nutzer*innen hervor und werden dadurch wiederum vermehrt vom Algorithmus ausgespielt.”

6. Twitter macht die Augen zu
(taz.de, Carolina Schwarz)
Elon Musk hat Twitter in X umbenannt, was nicht wenige als weiteren Schritt zur Zerstörung der Plattform sehen, so auch Carolina Schwarz, die sich an den Umgang mit einem überdrüssig gewordenen Spielzeug erinnert fühlt: “Wenn wir früher neue Barbies geschenkt bekommen haben, verloren wir auch schnell das Interesse an ihnen. Zuerst schnitten wir ihnen die Haare ab. Das sah meist schräg aus. Da halfen nur noch exzentrische Klamotten oder das Anmalen der Haare. Es entstand ein Desaster und endete meist mit einer Puppe, die ohne Arme und Beine in einem Karton verrottete.”

“Nur für den Dienst­ge­brauch”, Fabian Wolff, Musk hat keinen Vogel

1. “Nur für den Dienst­ge­brauch” gehört abge­schafft
(lto.de, Vivian Kube & Hannah Vos & Arne Semsrott)
Bei “Legal Tribune Online” kritisieren Vivian Kube, Hannah Vos und Arne Semsrott die Praxis des Staates, Dokumente als “Verschlusssache” einzustufen, insbesondere wenn Bürgerinnen und Bürger Auskunftsersuchen stellen oder Klagen einreichen. Diese Praxis diene häufig dazu, unliebsame Informationen zu verbergen und Transparenz und demokratische Kontrolle zu untergraben: “Man braucht nur einen VS-NfD-Stempel, um Unterlagen wie in vordemokratischen Zeiten der Öffentlichkeit vorzuenthalten.”

2. Worum geht es in der Debatte über den »Kostümjuden«?
(spiegel.de)
Der Journalist Fabian Wolff hat in einem Artikel mit dem Titel “Mein Leben als Sohn” bekannt gegeben, dass er, obwohl er sich selbst als “Jude in Deutschland” bezeichnet, in Wirklichkeit kein Jude sei. Dieses Gerücht habe bereits in der Medienszene kursiert, sei aber erst durch Wolffs Artikel öffentlich geworden. Die Enthüllung löste eine breite Debatte aus, in der die einen Wolffs Darstellung in Frage stellten und die anderen über die Gründe und Implikationen einer falschen jüdischen Identität diskutierten.
Weiterer Lesetipp: Der Kommentar von Philipp Peyman Engel in der “Jüdischen Allgemeinen”, für die Wolff auch geschrieben hat: “Selbst in einem Text, der eigentlich maximale Transparenz und Ehrlichkeit bieten sollte, verheddert Wolff sich weiter in Lügen.”

3. Studie: Wie beeinflusst die Parteineigung die Nutzung und Wahrnehmung von Medien?
(de.ejo-online.de, Johanna Mack)
Das Institut für Journalistik an der Technischen Universität Dortmund hat in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa mehr als 1.000 Personen zu deren Mediennutzung befragt, zum Vertrauen in Medien je nach politischer Neigung, zur vermuteten politischen Neigung der jeweiligen Medien und zum Zusammenhang dieser drei Faktoren. Johanna Mack fast die Ergebnisse der Befragung zusammen.

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4. Campus-Feeling in Unterföhring: Neustart in harten Zeiten
(dwdl.de, Alexander Krei)
Vor Kurzem hat die Sendergruppe ProSiebenSat.1 angekündigt, mehrere hundert Stellen abbauen zu wollen. Das steht im Kontrast zu den ehrgeizigen Neubauplänen des Senders, die allerdings schon vor Jahren angestoßen wurden. Alexander Krei schreibt bei “DWDL” dazu: “Vielleicht kann der Neubau ja dabei helfen, das Wir-Gefühl wieder zu stärken. Nach den jüngst angekündigten Sparmaßnahmen und der damit verbundenen Unsicherheit innerhalb der Belegschaft ist das vermutlich dringend nötig.”

5. Zwischen Dudelfunk und Popmüll
(deutschlandfunk.de, Anh Tran, Audio: 42:36)
Der Deutschlandfunk stellt sich regelmäßig der Kritik seiner Hörer und Hörerinnen und hat dafür sogar ein eigenes Sendeformat geschaffen: “Nach Redaktionsschluss”. In der aktuellen Folge kritisiert eine Hörerin die Musik des Deutschlandfunks und bezeichnet diese als “zu experimentell”. Wie es anders gehen könnte, diskutieren Musikabteilungsleiter Holger Hettinger, die freie Journalistin Melanie Gollin, der freie Journalist Jan Kedves und Moderatorin Anh Tran.

6. Elon Musk will berühmtes Vogel-Logo aufgeben
(zeit.de)
Twitter-Eigentümer Elon Musk plant anscheinend, das bekannte blaue Vogellogo der Plattform durch ein X-Logo zu ersetzen. Seit der Übernahme von Twitter durch Musk gab es bereits viele kontroverse Veränderungen; die Ankündigung des neuen Logos stieß bei vielen Nutzerinnen und Nutzern auf Kritik. Trotz der Bedeutung des aktuellen Logos für den Wiedererkennungswert von Twitter habe sich das Unternehmen noch nicht offiziell zu Musks Vorschlag geäußert.

KW 29/23: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Wochenendausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Haben die Medien die AfD groß gemacht?
(br.de, Jonathan Schulenburg, Audio: 27:07 Minuten)
Die AfD erfreut sich hoher Umfragewerte und Medienpräsenz, trotz deutlicher Einschätzungen durch den Verfassungsschutz. Jonathan Schulenburg hat sich mit dem Journalisten Johannes Reichart und dem Soziologen Wilhelm Heitmeyer über den Einfluss von Medien auf den Aufstieg der Partei und die Herausforderungen der Berichterstattung unterhalten. Heitmeyer kritisiert insbesondere das Alice-Weidel-Interview und -Cover des “Stern”. Außerdem beleuchtet der Politikberater Martin Fuchs den Erfolg der AfD in den Sozialen Medien.

2. Endlich “professionell”? Frauen im Fußball und die Medien
(deutschlandfunk.de, Mirjam Kid & Maximilian Rieger, Audio: 5:48 Minuten)
Seit dieser Woche läuft die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen in Australien und Neuseeland, am Montag steht das erste Spiel des deutschen Teams an. Anlässlich des Turnierstarts wirft Maximilian Rieger im Gespräch mit Mirjam Kid einen Blick auf die mediale Berichterstattung über den Fußball der Frauen: Wie und wie ausführlich wird heutzutage berichtet? Und wie hörte sich das früher an?

3. Wo bleibt der positive Journalismus? Wie berichten die Medien über die Klimaproteste?
(youtube.com, Universität Göttingen, Vladimir Balzer, Video: 1:15:12 Stunden)
Im “Forum Wissen” der Universität Göttingen fand kürzlich eine von Klimaaktivistinnen und -aktivisten kuratierte Sonderausstellung zur Klimakrise statt, die vor Ort auf große Resonanz gestoßen sei, in Medien aber nur wenig Beachtung gefunden habe. Dies ist der Anlass für eine Podiumsdiskussion: “Wo bleibt der positive Journalismus? Welche Nachrichten bekommen die meiste Aufmerksamkeit? Welche Konsequenzen hat das für Protestbewegungen? Und: Wie ist die Rolle der Medien? Können sie beim Thema Klimakrise überhaupt neutral bleiben?”

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4. Polarisiert und parteiisch? Spanische Medien vor der Wahl
(sr.de, Florian Mayer & Michael Meyer, Audio: 15:48 Minuten)
Bei “Medien Cross und Quer” des Saarländischen Rundfunks unterhalten sich Florian Mayer und Michael Meyer mit Karin Janker, Madrid-Korrespondentin der “Süddeutschen Zeitung”. Anlass sind die bevorstehenden Wahlen in Spanien und der Umgang der spanischen Medien damit: Wie groß ist ihr Einfluss? Wie sehr unterstützen sie die rechte Opposition?

5. Was Content-Moderatoren ertragen müssen und Streiks in Hollywood
(wdr.de, Anja Backhaus, Audio: 43:14 Minuten)
Im WDR5-Medienmagazin “Töne, Texte, Bilder” geht es um das, was Content-Moderatoren und -Moderatorinnen aushalten müssen, den Streik der Drehbuchautorinnen und -autoren, die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf die Medienbranche, den Streit zwischen Ex-“Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt und dem Herausgeber der “Berliner Zeitung” Holger Friedrich, die Diskussion um den Informantenschutz sowie die Hitze als willkommenes Thema zum Füllen des Sommerlochs.

6. Folgen des Streiks der Schauspielenden
(deutschlandfunknova.de, Tom Westerholt & Anna Wollner, Audio: 35:37 Minuten)
In Hollywood streiken derzeit die Drehbuchautorinnen und -autoren und die Schauspielerinnen und Schauspieler gleichzeitig – das hat es seit 63 Jahren nicht mehr gegeben. Bei dem Arbeitskampf geht es um Themen wie inflationsbedingte Lohnanpassungen, bessere Arbeitsbedingungen, Entschädigungen für Wiederholungen von Filmen und Serien auf Streamingportalen und den Schutz digitaler Persönlichkeitsrechte im Kontext der Künstlichen Intelligenz. Die Folgen des Streiks sind ausfallende Dreharbeiten, verschobene Filmstarts, abgesagte Interviewtermine und leere rote Teppiche bei Filmfestivals. Auch bei “Eine Stunde Film” treten Gastgeber und Gastgeberin gewissermaßen in den Streik: “Anstatt neue Kino- und Streamingportal-Tipps zu besprechen, stellen wir Filme und Serien aus den Mediatheken vor.”

Mitleser Facebook, Rechter Verschwörungssender, Einheitsbrei

1. Facebook soll aufhören mitzulesen
(netzpolitik.org, Tomas Rudl)
Wie netzpolitik.org berichtet, hat die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) Klage gegen Facebook-Mutterkonzern Meta eingereicht. Der Grund: Facebook scanne die unverschlüsselten Messenger-Nachrichten seiner Nutzerinnen und Nutzer, um mögliche Missbrauchsinhalte zu identifizieren. Die GFF, die gemeinsam mit einem betroffenen Nutzer vor dem Amtsgericht Passau klagt, wolle gerichtlich feststellen lassen, dass das automatisierte Scannen von Nachrichten gegen die Datenschutzgrundverordnung und das Grundrecht auf Datenschutz verstößt.

2. Rechter TV-Verschwörungssender: “Der Kampf beginnt”
(taz.de, Andreas Speit)
Der österreichische Internetsender AUF1, der besonders in den Kreisen der Coronaleugner und sogenannten “Querdenker” bekannt ist, will laut “taz” demnächst im gesamten deutschsprachigen Raum auf Sendung gehen. Experten würden vor dem Potenzial des Senders warnen, Verschwörungsnarrative zu verbreiten und antidemokratische Weltbilder in Deutschland zu verfestigen.

3. “Da hatte ich meine ersten Fremdschäm-Momente im Aufsichtsrat”
(journalist.de, Jan Freitag)
Im Interview mit dem “journalist” spricht Julia Becker, Aufsichtsratsvorsitzende der Funke Mediengruppe, über ihre Erfahrungen als Medienmanagerin und ihre Bemühungen um Qualitätsjournalismus. Gut, dass Interviewer Jan Freitag sie in diesem Zusammenhang auf Clickbaiting-Portale im eigenen Haus und das von einer Künstlichen Intelligenz erstellte, vermeintliche Interview mit Michael Schumacher im Regenbogenblatt “Die Aktuelle” anspricht.

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4. Das ist nicht sozialverträglich
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisiert den Vorstand der privaten Sendergruppe ProSiebenSat.1 für dessen Pläne, Stellen zu streichen, obwohl man zuvor sozialverträgliche Lösungen angekündigt habe. Entgegen früheren Aussagen sollen der Informationsbereich und Redaktionen wie die des Promi-Magazins “red” sowie das Format “Akte” betroffen sein. Der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall bezeichnet das Vorgehen als “nicht sozialverträglich” und kritisiert den Rasenmäher-Ansatz bei den Kürzungen.

5. Französische Medien: Zu viel Raum für Rechts?
(sueddeutsche.de, Nils Minkmar, Audio: 24:54 Minuten)
Die gewalttätigen Ausschreitungen in Frankreich nach der Tötung des Jugendlichen Nahel M. durch einen Polizisten sind zwar abgeflaut, doch die Debatte über die Rolle der Medien bei der Eskalation geht weiter. In der aktuellen Folge des Podcasts “quoted” diskutiert Frankreich-Experte Nils Minkmar mit Frankreich-Experte Léonardo Kahn, warum rechte Meinungsführer in einigen französischen Medien ständig präsent sind, während differenzierte Stimmen kaum Gehör finden.

6. Schluss mit dem Einheitsbrei! Wie zwei Musiknerds für mutigeres Popradio kämpfen
(rnd.de Imre Grimm)
Melanie Gollin und Martin Hommel haben das Projekt “Wo ist hier der Krach?” ins Leben gerufen, um gegen die musikalische Eintönigkeit im Mainstream-Radio zu protestieren. Sie kritisieren, dass viele Radiosender, vor allem die öffentlich-rechtlichen, eine zu gleichförmige Musikauswahl anbieten, und fordern mehr Vielfalt und Mut. Trotz der Kritik an der mangelnden musikalischen Vielfalt betonen Gollin und Hommel ihre Leidenschaft für das Radio und bezeichnen es als “knattergeiles Medium”.

Unsichtbarer Protest, Kein Geld für HateAid, Millionen für Medien

1. Stell Dir vor, es ist Protest und keiner kriegt’s mit
(uebermedien.de, Anne Haeming)
Beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) protestieren 359 der 1.500 freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter dem Motto “Wir sind nicht da” mit einer einwöchigen Arbeitsniederlegung. Die Aktion ist eine Reaktion auf die laufenden Tarifverhandlungen und die Forderungen nach besseren Honoraren, langfristigen Arbeitsverträgen und einer gerechteren Honorarverteilung. Trotz der Bedeutung des Protests für den Sender werde er in den offiziellen Kanälen des RBB nicht erwähnt, was Anne Haeming wie folgt kommentiert: “Indem das Unternehmen den Protest ignoriert, ist es, als existierten die Sorgen der Freien für das Haus nicht. Und die stellen immerhin über 40 Prozent des Teams. Bemerkenswert unsozial für eine öffentlich-rechtliche Anstalt mit gesamtgesellschaftlichem Auftrag.”

2. Grundprinzip verdrehte Fakten
(taz.de, Malene Gürgen)
Malene Gürgen kritisiert das von einem Milliardär finanzierte Medienportal “Nius” dafür, rechtspopulistische Inhalte zu fördern und Fakten zu verdrehen. Die Plattform, bei der auch der geschasste “Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt aktiv ist, wähle Themen mit hohem empfundenen Empörungspotenzial aus, hetze gegen Minderheiten und versuche, die Klimakrise herunterzuspielen. Dabei werde “überspitzt, verkürzt, aus dem Zusammenhang gerissen und manchmal auch schlicht gelogen”.

3. Bundesjustizministerium streicht Förderung für Beratung bei Online-Hass
(hateaid.org)
Die Organisation HateAid unterstützt Betroffene von digitaler Gewalt durch Beratung und Prozesskostenfinanzierung und wurde für diese Arbeit bisher vom Bundesjustizministerium mit 600.000 Euro gefördert. Diese Förderung soll nun den Kürzungsplänen der Bundesregierung zum Opfer fallen, was massive Einschränkungen für die Beratungsarbeit von HateAid bedeute: “Die Sparmaßnahmen treffen das Herzstück unserer Arbeit: die Betroffenenberatung. Das ist angesichts stetig steigender Fallzahlen ein katastrophales Zeichen. Und es spielt denjenigen in die Hände, die digitale Gewalt gezielt einsetzen, um die Polarisierung der Gesellschaft voranzutreiben”, so Josephine Ballon, Leiterin der Rechtsabteilung bei HateAid.

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4. So viel öffentliches Geld bekamen Medien 2022
(kobuk.at, Yilmaz Gülüm)
Yilmaz Gülüm wollte wissen, welches Medium in Österreich wie viel öffentliches Geld erhält, doch diese Frage sei nicht so einfach zu beantworten. Die Medienförderung in Österreich sei vielschichtig und umfasse verschiedene Bereiche wie die Förderung des digitalen Wandels, den Privatrundfunkfonds und die Presseförderung für Printmedien. Insgesamt habe die öffentliche Hand im vergangenen Jahr mehr als 200 Millionen Euro ausgegeben. Gülüm hat die stattlichen Fördersummen genauer unter die Lupe genommen, und die Ergebnisse sind ziemlich erschütternd.

5. Verbot von SWR-App Newszone aufgehoben
(verdi.de)
Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart erlaubt dem öffentlich-rechtlichen SWR, seine Nachrichten-App “Newszone” wieder anzubieten, nachdem das Landgericht Stuttgart sie erst verboten hatte. 16 Zeitungsverlage hatten der App eine zu große Presseähnlichkeit vorgeworfen. Das OLG betonte, dass vor der Anrufung staatlicher Gerichte ein Einigungsverfahren hätte stattfinden müssen.

6. Hauptberuf Literaturwissenschaftler, Nebenberuf Kulturjournalist
(fachjournalist.de, Ulrike Bremm)
Im Gespräch mit dem “Fachjournalist” schildert der Literaturwissenschaftler und Kulturjournalist Johannes Franzen seinen Weg aus der Wissenschaft in den Journalismus. Er weist auf die finanziellen Herausforderungen im Kulturjournalismus hin, da die Werbeeinnahmen zurückgehen und Hochschulangehörige oft für geringe Honorare oder gar umsonst schreiben. Franzen glaubt, dass der Kulturjournalismus trotz der Digitalisierung und der Präsenz von Künstlicher Intelligenz einen einzigartigen Stil und Sound behält, der von maschinellen Systemen nicht reproduziert werden kann.

Springers Digitalerlöse, Nein zu Nullrunden, Reichelts Rechtsstreit

1. Springer: Digitalerlöse kompensieren Print-Rückgänge
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Wie Timo Niemeier bei “DWDL” berichtet, ist der Axel-Springer-Konzern im ersten Halbjahr 2023 gewachsen, was angesichts des schwierigen Werbemarktes “eine ziemlich beachtenswerte Leistung” sei. Niemeier fasst zusammen, woher das Wachstum kommt, und wirft auch einen Blick auf “Welt” und “Bild”. Beide hatten zuletzt massiv Stellen abgebaut und würden zukünftig verstärkt auf Künstliche Intelligenz setzen.

2. Rechtsstreit zwischen Reichelt und Friedrich geht in weitere Runde
(tagesspiegel.de)
Der geschasste “Bild”-Chefredakteur Julian Reichelt hat Berufung gegen die Entscheidung des Berliner Landgerichts im Rechtsstreit mit dem Herausgeber der “Berliner Zeitung”, Holger Friedrich, eingelegt. Das Gericht hatte in der Weitergabe von Informationen Reichelts durch Friedrich an den Medienkonzern Axel Springer keine Verletzung des Quellenschutzes gesehen und eine Unterlassungsklage Reichelts abgewiesen. Der Deutsche Journalisten-Verband hatte diese Entscheidung scharf kritisiert, da es mit einem wirksamen und praktikablen Informantenschutz nicht vereinbar sei.

3. RBB: Nein zu zwei Jahren Nullrunde
(verdi.de)
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die sie vertretenden Gewerkschaften des öffentlich-rechtlichen RBB hätten schockiert auf das Scheitern der Tarifverhandlungen reagiert, bei denen Intendantin Katrin Vernau ihnen vorgeschlagen habe, von 2024 bis 2026 auf Tarif- und Honorarerhöhungen zu verzichten. Als Reaktion darauf wollen rund 350 der 1.500 freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter dem Motto “Wir sind nicht da” spontan Urlaub nehmen. Die Gewerkschaft Verdi kritisiert Vernau scharf: Sie beschädige ihre persönliche Glaubwürdigkeit und die des gesamten RBB, zerstöre die Vertrauensbasis und hinterlasse ihrer Nachfolgerin Ulrike Demmer ein Trümmerfeld.

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4. Schauspiel-Streik: Drama in Hollywood
(out-takes.de, Peter Hartig)
In Hollywood streiken Schauspielerinnen und Schauspieler sowie Drehbuchautorinnen und Drehbuchautoren – ein Doppelstreik, wie es ihn seit 63 Jahren nicht mehr gegeben habe. Peter Hartig hat sich die deutsche und die US-amerikanische Berichterstattung dazu angesehen und berichtet über den Stand der Verhandlungen sowie die vielfältigen Auswirkungen auf die Filmindustrie.

5. Facebook-AGB beschränken
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband fordert den europäischen Gesetzgeber auf, die Sperrung oder Einschränkung von Accounts von Medienschaffenden nicht den Allgemeinen Geschäftsbedingungen internationaler IT-Plattformen zu überlassen. Dies müsse im geplanten EU-Medienfreiheitsgesetz berücksichtigt werden, da sonst große IT-Plattformen die Macht hätten, journalistische Vielfalt einzuschränken und die demokratische Meinungsbildung zu manipulieren.

6. Threads kämpft mit Spammern und sinkendem Interesse
(spiegel.de)
Threads, der neue Twitter-Konkurrent aus dem Hause Meta, kämpft offenbar mit Spam-Problemen und sinkendem Interesse der Nutzerinnen und Nutzer. Nach einem anfänglichen Boom mit über 150 Millionen erstellten Accounts sei die Nutzung laut Webanalyse-Daten deutlich zurückgegangen. Dazu gebe es zunehmend Beschwerden über Spam von Bot-Accounts. Voreilige Schlüsse sollte man daraus nach Ansicht des “6-vor-9”-Kurators jedoch nicht ziehen – das Projekt ist gerade erst gestartet und noch nicht großflächig beworben worden.

Niederlage für “Spiegel”, Erfundene Debatte, “Politico Deutschland”

1. Berichterstattung über Till Lindemann: Niederlage für den “Spiegel”
(dwdl.de, Timo Niemeier)
Wie bei “DWDL” zu lesen ist, hat der “Spiegel” eine empfindliche juristische Niederlage erlitten, was die Berichterstattung über den Rammstein-Sänger Till Lindemann anbelangt. Das Landgericht Hamburg habe dem “Spiegel” untersagt, “den Verdacht zu erwecken, Till Lindemann habe Frauen bei Konzerten der Gruppe ‘Rammstein’ mithilfe von K.O.-Tropfen/Drogen/Alkohol betäubt oder betäuben lassen, um ihm zu ermöglichen, sexuelle Handlungen an den Frauen vornehmen zu können”, heißt es in einer Pressemitteilung der Lindemann vertretenden Kanzlei.

2. Die erfundene Debatte, ob Frauen in der Öffentlichkeit Eis essen dürfen
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Stefan Niggemeier befasst sich bei “Übermedien” mit den Reaktionen auf eine Kolumne (nur mit Abo lesbar) eines Journalisten aus Syrien in der “Süddeutschen Zeitung”, der als Flüchtling nach Deutschland gekommen ist und der seine Anpassung an deutsche Normen und Gewohnheiten beschreibt. Niggemeier kritisiert, dass rechte und rechtsextreme Akteure die Kolumne missinterpretieren und als Argument gegen die Aufnahme von Geflüchteten verwenden. Sein Fazit: “Schlimm ist, dass wir es hinnehmen, dass ein Kolumnist, der vor Jahren aus Syrien nach Deutschland geflohen ist und eine sehr ehrlich wirkende Kolumne über seine Integration schreibt und darüber, von welchen früheren Überzeugungen und Gewohnheiten er sich verabschiedet hat, nun dargestellt wird wie das Paradebeispiel für einen der vielen bösen Ausländer, die angeblich unser Land kaputt machen mit ihrer Taliban-Kultur.”

3. “Politico Deutschland”: Springer kündigt baldigen Start an
(tagesspiegel.de, Kurt Sagatz)
Wie Kurt Sagatz im “Tagesspiegel” berichtet, will Springers Politik-Informationsdienst “Politico” noch in diesem Jahr in Deutschland starten. Die Redaktion werde mit Gabor Steingarts Medienmarke “Media Pioneer”, an der Springer beteiligt ist, zusammenarbeiten und neben Politik auch die Bereiche Energie und Technologie abdecken. Springer-Chef Mathias Döpfner hoffe, dass “Politico” zur “Vielfalt, Unberechenbarkeit und Qualität des politischen Journalismus in Deutschland” beitrage.

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4. Freie machen Urlaub
(taz.de, Erica Zingher)
Erica Zingher berichtet in der “taz” über die gescheiterten Tarifgespräche der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des RBB. Rund 350 der 1.500 Freien des Senders hätten sich für einen Spontanurlaub abgemeldet. Die Aktion unter dem Titel “Wir sind nicht da” könne in den nächsten Tagen zu Lücken und nötigen Wiederholungen im Programm führen, da weniger Reporter und Reporterinnen unterwegs seien.

5. Klimajournalistin: Medien müssen Wetter und Klimakrise zusammen denken
(deutschlandfunk.de, Brigitte Baetz, Audio: 23:13 Minuten)
Leonie Sontheimer, Mitbegründerin des “Netzwerks Klimajournalismus”, fordert im Deutschlandfunk eine klarere mediale Darstellung des Zusammenhangs zwischen Extremwetter und Klimakrise. Sie kritisiert eine oft irreführende Bebilderung von Hitzemeldungen und plädiert für eine optische Umsetzung, die die Auswirkungen der Hitze realistisch zeigen soll. Darüber hinaus sieht Sontheimer das Klima als eine Dimension, die in der Berichterstattung immer berücksichtigt werden müsse, ähnlich wie Menschenrechte oder Demokratie.

6. Innenministerium prüft Bußgeldverfahren gegen Telegram
(spiegel.de, Max Hoppenstedt & Marcel Rosenbach)
Wie der “Spiegel” berichtet, prüft das Bundesinnenministerium ein Bußgeldverfahren gegen den Messengerdienst Telegram, weil dieser sich weigere, Bestandsdaten verdächtiger Nutzer und Nutzerinnen an deutsche Sicherheitsbehörden herauszugeben. Die Bundesregierung plane nun, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene gegen Telegram vorzugehen. Der Streit zwischen Bundesregierung und Messengerdienst dauere seit Beginn der Ampelregierung an. Trotz anfänglicher Anzeichen der Zusammenarbeit habe Telegram laut der Analyseorganisation Cemas die Bemühungen, extremistische Kanäle zu löschen, deutlich reduziert.

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