Archiv für 6 vor 9

Lead-Award, Facebook-Party, Promi-Lynchen

6 vor 9

Um 6 Minuten vor 9 Uhr erscheinen hier montags bis freitags handverlesene Links zu lesenswerten Geschichten aus alten und neuen Medien. Tipps gerne bis 8 Uhr an [email protected].

1. Hauptsache, die Verpackung stimmt
(taz.de, René Martens)
René Martens kritisiert, dass die Artdirectorin der “Bild” zu den Preisträgern des Lead-Awards gehört: “Angesichts der aktuellen Entwicklung an der Journalistenpreisfront klingt die Vorstellung, dass Kai Diekmann in absehbarer Zeit für sein Lebenswerk ausgezeichnet wird, leider nicht mehr völlig abwegig.”

2. Thessa – viele Medien, viel Scheinheiligkeit
(ndr.de/zapp, Boris Rosenkranz)
Die Facebook-Einladung, die aus dem Ruder läuft, ist eine beliebte Mediengeschichte. ZAPP zeigt, wie die Medien mit scheinheiliger Empörung intensiv für die Party einer 16jährigen werben, obwohl diese längst abgesagt war. “Die Journalisten befeuern vielleicht nicht, aber sie heizen die Stimmung zusätzlich an. Kameras überall. Statt sich zurückzuhalten, halten sie drauf.”

3. Google will den Autoren eine wichtigere Rolle geben
(frei.djv-online.de, Michael Hirschler)
Google will künftig auch die Autoren von Texten systematisch erfassen. Das Freien-Blog des DJV zeigt, wie Journalisten die Technik zur Selbstvermarktung nutzen können.

4. Der Reporter im Visier des Staates
(faz.net, Jochen Buchsteiner)
“Shahzad war am 29. Mai in einem Fernsehstudio in Islamabad erwartet worden und nicht aufgetaucht. Am nächsten Morgen meldeten ihn Angehörige als vermisst. Zwei Tage später wurde seine Leiche in einem Kanal im Distrikt Mandi Bahuddin gefunden. Der Körper wies Folterspuren auf.” Jochen Buchsteiner berichtet über die Ermordung des pakistanischen Journalisten Saleem Shahzad und die Verbindungen zum Nachrichtendienst ISI.

5. Meine Playstation gehört mir
(freitag.de, Frank Rosengart)
“Geht es nach dem Willen der Elek­tronik-Industrie drohen kritischen Kunden nämlich sonst schnell eine Hausdurchsuchung und ein teures Gerichtsverfahren.” Rosengart erinnert daran, mit welchen Maßnahmen zum Beispiel Apple seine Umsatzbeteiligung gegenüber Verlagen durchsetzt. Das Unternehmen lockert unterdessen die Bedingungen ein wenig.

6. Lachen und Lynchen
(sueddeutsche.de, Marc Felix Serrao)
“Nichts finden die Leute so anziehend, wie einen Prominenten, der öffentlich weint.” Marc Felix Serrao zeigt am Beispiel des US-Abgeordneten Anthony Weiner wie die Empörungsmaschinerie in den US-Medien funktioniert. “Auch in Deutschland gab es schon erste Versuche, mit der amerikanischen Abart des People-Journalismus Geld zu verdienen. Der Münchner Verleger Hubert Burda, der privat sehr auf Familiensinn achten soll, brachte 2010 das Online-Portal Vipdip (“lassen keine Dreckpfütze aus”) und das Klatschheft Chatter (“Angelina Jolie lebt eine einzige Lüge”) auf den Markt. Beide Produkte fielen durch eine quasi recherchefreie, im Ton dafür umso rabiatere Machart auf.”

Fußball, Drogenkrieg, Sommerpause

6 vor 9

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1. “Bild”-Zeitung, Nationalelf und viele Abhängigkeiten
(zeit.de, Roger Repplinger)
In dem Buch “Die Nationalmannschaft: Auf der Spur zum Erfolg” schildert der Autor unter anderem das Verhältnis zwischen “Bild” und der Fußball-Nationalmannschaft: “Es geht bei diesen Kampagnen, die zu Kampagnen werden, weil die seriösen Blätter, das Fernsehen, Magazine und Illustrierte, einsteigen, nie darum, die beste Lösung für den deutschen Fußball zu finden, sondern um die Interessen des Verlags.”

2. “Kino.to ist noch nicht zu Ende.”
(netzfeuilleton.de, Pëll)
Am Donnerstag wurde von der Polizei das bekannte Streaming-Portal kino.to lahmgelegt. In diesem Interview spricht ein anonymer Insider über Arbeitsweise, Werbeeinnahmen und Unrechtsbewusstsein.

3. Journalismus zwischen Leichenbergen
(sueddeutsche.de, Camilo Jiménez und Inga Rahmsdorf)
Interview mit der Polizeireporterin Lucy Sosa, die täglich über die Toten des Drogenkriegs in Mexiko berichtet. “Viele der kriminellen Banden hinterlassen Botschaften bei den Leichen. Sie setzen darauf, dass die Medien diese Botschaften verbreiten. Wir müssen also sehr aufpassen, dass wir nicht benutzt werden. Wir können aber eben auch nicht zulassen, dass die Regierung nur ihre Version verbreitet.”

4. Carta macht Pause
(carta.info Robin Meyer-Lucht)
Herausgeber Robin Meyer-Lucht verabschiedet das Blog-Projekt in eine Sommerpause von unbestimmter Dauer. “Carta ist in seiner derzeitigen Form aber leider kein Projekt, das ‚mal eben nebenbei‘ weiterführt. Ein Gruppenblog braucht einen gewissen Veröffentlichungsdurchsatz, eine gewisse Grundpflege, um zu gedeihen. Carta hat aber als Konzept Problemzonen bei der Skalierbarkeit und Refinanzierung gezeigt – auch deshalb, weil es nie groß genug war, um sich selbst zu vermarkten.”

5. Wohin mit den Edelfedern?
taz.de, Steffen Grimberg
Bei der Zusammenlegung von “Frankfurter Rundschau” und “Berliner Zeitung” gibt es Schwierigkeiten. “Derzeit wird in Berlin wie Frankfurt allerdings weniger die Frage, ob eine FR von der Spree funktioniert, als vielmehr über das Wie diskutiert wird: Zwei in Sachen Format und Konzept ganz unterschiedliche Blätter aus einer Redaktion, die mit ein paar FR-Gewächsen garniert wird, bedeuten zumindest für die Berliner deutlich mehr Arbeit.”

6. Diese eine Liebe wird nie zuende geh’n
(horizont.net, Ingo Rentz)
Nachdem ein Protestbrief gegen einen wenig schmeichelhaften Artikel erfolglos blieb, besinnt sich die Tourismusdirektion Helgolands auf ihre Stärken und schaltet eine Image-Anzeige in der “taz”.

Rivva, Sportschau, Brot

6 vor 9

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1. Rivva ist zurück
(blog.rivva.de, Frank Westphal)
Nachdem rivva.de im Februar aus finanziellen Gründen hatte schließen müssen, ist die Übersichtsseite über die im deutschsprachigen Social Web meistverlinkten Artikel zurück. Diese Nachricht wurde überwiegend enthusiastisch aufgenommen.

2. Russland schaut in den Pressespiegel
(nzz.ch, Ann-Dorit Boy)
Zwei Internet-Seiten übersetzen für russische Leser ausländische Artikel. Meist reagieren die Leser empfindlich auf Kritik an ihrem Heimatland, mitunter kann die Berichterstattung für Betroffene gar gefährlich werden. Doch manchmal stimmen die Kommentatoren den Reportern auch zu.

3. SWR-Tamtam: “Wie Ärzte Patienten reihenweise beim Suizid helfen”
(faz-community.faz.net/blogs/biopolitik, Oliver Tolmein)
“Report Mainz” (Beitrag hier in der Mediathek) berichtet, dass Ärzte “reihenweise” Patienten beim Suizid geholfen hätten, kann diese Behauptung aber nicht wirklich untermauern.

4. Freier Fußball für freie Menschen
(taz.de, Andreas Rüttenauer)
Die Deutsche Fußball Liga (DFL) erwägt, die frei empfangbaren Zusammenfassungen von Bundesligaspielen (bisher samstags um 18.30 Uhr in der “Sportschau” im Ersten) ins Internet zu verlagern. Andreas Rüttenauer schreibt über ein Beinahe-Grundrecht, Volksparteien und die Wirtschaft (dazu auch ein Kommentar von Roland Peters auf n-tv.de).

5. How Celebrities Are Ruining Our Lives
(blogs.forbes.com/meghancasserly, Meghan Casserly, Englisch)
Lisa Bloom, Rechtsexpertin beim amerikanischen Fernsehsender CBS, hat ein Buch geschrieben, mit dem sie Frauen zum eigenständigen Denken animieren will. Sie glaubt, dass Frauen von Medienmachern falsch eingeschätzt werden: “Producers say that the only programs that women are going to watch are Lindsay Lohan or Kim Kardashian or plastic surgery stories. And I just don’t believe that’s true.”

6. Ehemaliger Ki.Ka-Mitarbeiter veruntreute Geld, um Armverlängerung zu finanzieren
(der-postillon.com, ucn)
“Selten ließ sich ein Brot derart schmieren: Gleich am ersten Verhandlungstag gestand der angeklagte Ki.Ka-Mitarbeiter B. das Brot Bestechung und Untreue in Millionenhöhe, gab aber seinem beruflichen Umfeld eine Mitschuld.”

Panik, Kritikkritik, Kika

6 vor 9

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1. Franz Josef und das Panikorchester
(blog-cj.de, Christian Jakubetz)
Christian Jakubetz analysiert noch einmal die bisherige Medienhysterie um EHEC: “Natürlich hat die “Bild” mal wieder besonders übertrieben, aber es wäre zu einfach, wenn jetzt alle wieder mit den Finger nur auf sie zeigen würden. Tatsächlich gab es in den Redaktionen in den letzten Wochen kaum jemanden, der einfach mal zur Besonnenheit riet.”

2. Zu wenig Geld für eine Nachricht
(journalist.de)
“10 Euro für eine Meldung sind genug. Das findet zumindest der Chefredakteur von pcwelt.de, wenn es um die Bezahlung seiner freien Autoren geht.”

3. Konzertkritiker
(nullsummenspiel.tumblr.com)
Auch Konzertkritiker müssen sich hin und wieder Kritik gefallen lassen, Konzertkritikerkritik quasi: “Blöd nur, wenn man als Kritiker zu einem Konzert gerufen wird, von dem weiß, dass es irgendwie wichtig ist, man vom eigentlichen Gegenstand der Berichterstattung – der Musik – nicht so ganz in Kenntnis gesetzt ist.”

4. Wenn Zeitungen dumm machen
(print-wuergt.de, Michalis Pantelouris)
Michalis Pantelouris zeigt auf, dass die hysterische Berichterstattung vieler deutscher Medien über die Griechenlandkrise einen direkten Einfluss auf die Lage Griechenlands und Europas hat.

5. Von Selbstbeweihräucherung und Nestbeschmutzung
(blog.tagesschau.de, Kai Gniffke)
“Tagesschau”-Chefredakteur Kai Gniffke sinniert angesichts des KiKa-Skandals darüber, wie es ist und wie es seiner Meinung nach sein sollte, wenn man über Fehler im eigenen Haus berichtet.

6. Konstantin verrät erste Details zu KNDM.de
(meedia.de, Alexander Becker)
“kritisch – nachhaltig – direkt – meinungsbildend”

Sprachnörgler, Strippenzieher, Spring Break

6 vor 9

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1. Die unverbesserliche Seichtigkeit der Sprachnörgler
(wissenslogs.de/sprachlog, Anatol Stefanowitsch)
Im dritten Teil seiner Serie (Teil 1, Teil 2) beschäftigt sich Anatol Stefanowitsch weiter mit den laut Bild.de “10 am häufigsten falsch verwendeten Wörtern”, die er sich für seinen Gastbeitrag bei uns angesehen hatte.

2. Maxim – YouTubes Wurmfortsatz
(kioskforscher.posterous.com, Markus Böhm)
Markus Böhm hat sich durch die komplette März/April-Ausgabe des Herrenmagazins “Maxim” gequält. Sein Fazit: “Das Intelligenteste an diesem Magazin ist Daniela Katzenberger.”

3. Unter kakanischen Strippenziehern
(faz.net, Michael Hanfeld)
RTL-Vorstandschef Gerhard Zeiler hat seine Bewerbung als Direktor beim Österreichischen Rundfunk (ORF) abgesagt. “Gegen die staatliche Einflussnahme auf den öffentlich-rechtlichen Sender ORF erscheinen sogar die hiesigen Verhältnisse als harmlos (was sie nicht sind).”

4. (Nicht) ganz ohne Nebenwirkungen: Zwei BILD-Reporter im Sonderzug Richtung Koma
(mediensalat.info, Ralf Marder)
Während “Bild” gerne vor “Komasaufen” bei Jugendlichen warnt, berichten ein “Bild”-Reporter und eine “Bams”-Reporterin auffallend unkritisch von “18- bis 30-Jährigen”, die “vier Tage Suff, Sex und Sonne an der Küste Istriens” suchen — beim “Spring Break Europe” in Kroatien.

5. Five Lessons In Breaking News Reporting Learned From The Joplin Tornadoes
(mediabistro.com/10000words, Lauren Rabaino, Englisch)
Brian Stelter, sonst Medienjournalist bei der “New York Times”, fand sich unvermittelt in Joplin, Missouri, wieder, wo ein Tornado weite Teile der Stadt zerstört hatte. Er erklärt, welche fünf Lektionen er dort für seine Arbeit gelernt hat, und warum Papier und Stift immer noch das verlässlichste Werkzeug für Reporter sind.

6. Pluralis Journalistis
(wirres.net, Felix Schwenzel)
Felix Schwenzel über Journalisten, die sich scheuen, “ich” zu schreiben, und ein Extrembeispiel im Berliner “Tagesspiegel”. Wir wünschen uns, dass der Satz “Wir haben es mit unserer Partnerin ausprobiert” zum geflügelten Wort wird.

Diamanten, Desinformationen, Homöopathie

6 vor 9

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1. “Diamonds are Gala’s best friends”
(klatschkritik.blog.de, Antje Tiefenthal)
Die Zeitschrift “Gala” setzt ihren Werbekunden und Veranstaltungspartner Tiffany & Co. auch im redaktionellen Teil groß in Szene: “Auf der sieben Seiten langen Strecke trägt das Model neben Kleidung von verschiedenen Herstellern auch Schmuck — und der stammt ausschließlich von Tiffany & Co. Die gezeigten Klunker haben insgesamt einen Wert von über einer Million Euro.”

2. “Kachelmann und die Desinformations-Industrie”
(nzz.de, Rainer Stadler)
“Was bleibt nach dem Gerichtsfall um Jörg Kachelmann? Nichts.”

3. “Stuss und Fehlurteil”
(berlinonline.de, Ulrike Simon)
Kachelmann-Anwalt Johann Schwenn behauptet im ZDF über den Burda-Verlag: “Der Verlagsvorstand Philipp Welte hat jeden deutschen Chefredakteur von Bedeutung angerufen und versucht, ihn für eine negative Berichterstattung gegen Kachelmann zu gewinnen.”

4. “‘Nie wieder Malaria’ – Tagesschau.de über Homöopathen in Afrika”
(beim-wort-genommen.de, Jonas Schaible)
Jonas Schaible vermisst in einem Artikel über “Homöopathen ohne Grenzen” jede kritische Einordnung und findet stattdessen PR-Formulierungen und eine Verklärung der “Wunderheilerinnen”.

5. “Quo vadis, Gurke?”
(juliane-wiedemeier.de, Juliane Wiedemeier)
Der Fluch der täglichen Katastrophenbebilderung: Wie die Hintergrundgrafikengestalter der “Tagesthemen” die Suche nach dem Ehec-Erreger in Szene setzen.

6. “Ich kann mir die nicht alle vorstellen, es sind einfach zu viele”
(zeit.de, Harald Martenstein)
Harald Martenstein schafft es nicht mehr, sich all die als glückliche Menschen vorzustellen, von denen die Medien ihm sagen, er müsse sie sich als glückliche Menschen vorstellen.

Kachelmann, Objektivität, Prinz Philip

6 vor 9

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1. “Bild gewinnt. Gegen den Journalismus”
(print-wuergt.de, Michalis Pantelouris)
Michalis Pantelouris kommentiert die Verleihung eines mit 10.000 Euro dotierten Medienpreises an die “Bild”-Mitarbeiter Nikolaus Blome und Paul Ronzheimer: “Für mich bedeutet die Auszeichnung der Werke dieser beiden auch eine weitere und vielleicht entscheidende Niederlage des Journalismus, wie ich ihn verstehe.” Siehe dazu auch unseren Artikel “Pleite-Journalisten”.

2. “Vorgerichterstattung und Nachverurteilung: Das Kachelmann-Urteil im Fernsehen”
(faz-community.faz.net, Stefan Niggemeier)
Kachelmann I: Stefan Niggemeier schaut sich die TV-Berichterstattung rund um die Urteilsverkündung an. Mit dabei: n-tv, N24, RTL, Jo Groebel.

3. “Im Zweifel für den Angeklagten: Freispruch nach einer spektakulären Medienschlacht”
(swr.de, Audio, 15:11 Minuten)
Kachelmann II: Die Lager der Medien hätten sich geteilt in Burda und “Bild” auf der einen, “Zeit” und “Spiegel” auf der anderen Seite. Hans Mathias Kepplinger: “Die Staatsanwaltschaft, nicht nur in diesem Fall, spielt zunehmend eine aktive Rolle, wenn es um die Kontakte zu den Medien geht. Im Grunde greifen die Staatsanwälte zunehmend Verfahren der Verteidigung auf. Die Verteidiger gehen schon seit seit langem aktiv an die Medien, um das Meinungsklima im Interesse ihres Mandanten zu beeinflussen. Und die Staatsanwälte verfahren auch so. Das ist beides eine problematische Entwicklung.”

4. “Und das wollen Journalisten sein?”
(faz.net, Michael Hanfeld)
Kachelmann III: Michael Hanfeld kritisiert eine einseitige und parteiische Berichterstattung der Konkurrenz. “Wer sich in den vergangenen Monaten über diesen Prozess allein aus ‘Spiegel’, ‘Zeit’, ‘Bild’ oder ‘Bunte’ informierte, war ziemlich schief gewickelt. Keine Rede mehr von der gebotenen journalistischen Distanz.”

5. “Die Mär vom unvoreingenommenen Journalismus”
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Und auch Thomas Knüwer widmet sich dem Thema Objektivität: “Journalisten balancierten schon immer auf diesem Drahtseil. Einerseits sollten sie unvoreingenommen sein, andererseits Menschen mitnehmen, ja, mitreißen – und die Klientel eines Mediums bedienen. Der Sturm des Medienwandel pustet sie nun gleich reihenweise vom Seil.”

6. “Ninety gaffes in ninety years”
(independent.co.uk, Hannah Ewan, englisch)
Der Ehemann der britischen Königin, Prinz Philip, wird 90. Der “Independent” zitiert dazu 90 Sätze aus seinem langen Leben.

Marcell D’Avis, Stefan Aust, Egon Erwin Kisch

6 vor 9

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1. “Kachelmann war ein exzellentes Objekt”
(heute.de, Panja Schollbach)
Michael Haller beobachtet einen “starken Trend zur Selbstkommerzialisierung” im Journalismus: “Im Mittelpunkt der Berichte steht nicht mehr das Aufklärungsinteresse, sondern der Verkauf. Das Bedenkliche ist, dass der Journalismus – vom ‘Spiegel’ über die People-Magazine bis hin zur ‘Bild’-Zeitung und anderen Boulevardmedien – vor allem an vermeintlichen Intimgeschichten, also am Voyeurismus interessiert war.”

2. “Schwarze Socken und rote Rübenschweine”
(berlinonline.de, Stefan Aust)
Stefan Aust blickt zurück auf seine Tätigkeit beim ARD-Magazin “Panorama”: “Irgendwie war ja damals alles politisch. Und Qualität war bei uns schon, wenn ein Beitrag möglichst kontrovers war. Interviewpartner wurden so ausgewählt, dass sie die Meinung des Autors wiedergaben. Im Zweifel ist ja für jede Position ein eloquenter Kronzeuge aufzutreiben.”

3. “Über Kisch und Kitsch”
(journalist.de, Ralf Geißler und Matthias Daniel)
Claudius Seidl (“Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung”) und Stefan Willeke (“Die Zeit”) sprechen über die Verleihung des Henri-Nannen-Preises. Und über Egon Erwin Kisch: “Kisch war ein sozialistischer Märchenonkel, mit Verlaub. Ein Mann mit einem durch und durch ideologischen Weltbild. Der wusste schon, was er von den Leuten zu halten hat, lange bevor er mit ihnen gesprochen hatte.”

4. “Maischbergers Grafiken”
(fernsehkritik.tv, Video)
Fernsehkritik.tv analysiert eine in der ARD-Talkshow “Menschen bei Maischberger” präsentierte Grafik, die “uns zeigt, dass besonders Rentner unter der Inflation leiden”. “Diese Grafik ist im Grunde nur dazu geeignet, Rentnern Angst zu machen, dass sie bald kein oder immer weniger Geld mehr bekommen vom Staat.”

5. “Die Standard-Antwort-E-Mail für unbeantwortete E-Mails”
(137b.org, zeitweise)

6. “Das real existierende 1&1-Aushängeschild”
(ftd.de, Georg Dahm und Thomas Wendel)
Ein Besuch bei Marcell D’Avis, “Leiter Kundenzufriedenheit” des Internetdienstleisters 1&1, in Montabaur.

Theater, Panorama, Überwachung

6 vor 9

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1. “Mediale Vorverurteilung”
(dradio.de, Brigitte Baetz)
Vor der erstinstanzlichen Urteilsverkündung im Prozess gegen Jörg Kachelmann stellt Brigitte Baetz fest: “Die Medien übernehmen immer mehr die Rolle eines modernen Prangers. Der Grundsatz, dass jeder zunächst als unschuldig zu gelten hat, scheint in der Berichterstattung immer öfter in den Hintergrund zu rücken.” Berichte in der NZZ und der FAZ stellen Vergleiche zum Theater an.

2. “Ex-‘Handelsblatt Online’-Chefredakteur räumt Plagiate ein”
(sueddeutsche.de, Marc Felix Serrao)
Sven Scheffler, bisheriger Chefredakteur von handelsblatt.de, hat “mitunter ganze Absätze kopiert”. “Warum er abgeschrieben habe, wisse er beim besten Willen nicht mehr: ‘Das war ein Riesenfehler. Ich habe keine Ahnung, wie das passieren konnte.’ Er wisse nur, dass er an dem Tag unter enormem Zeitdruck gestanden habe.”

3. “Mal ehrlich, ‘Frankfurter Allgemeine Zeitung’!”
(titanic-magazin.de)
Die Titanic entdeckt eine Bildbeschriftung auf faz.net, die so auch in der Wikipedia zu finden ist. “Die Texte zum zweiten, dritten und vierten Foto der Klickstrecke stehen ja – genau so bei Wikipedia! Bis auf einige kosmetische Änderungen sogar wortwörtlich!”

4. “Tabloid complains about ‘perving’ over Pippa”
(tabloid-watch.blogspot.com, MacGuffin, englisch)
Die Zeile “Sick Germans target royal sister” auf der Titelseite von “Daily Star Sunday” – und was “Bild” damit zu tun hat.

5. 50 Jahre Panorama
(daserste.ndr.de/panorama)
Die ARD-Sendung “Panorama” macht zum 50. Geburtstag Sendungen im Archiv zugänglich. Zu sehen sind nun Berichte wie “Klauen, lügen, schikanieren – Boulevardreporter auf Bilderjagd” (1997), “Piep, peep und Provokation – Wie Kultstars gemacht werden” (1998) oder “Blablabla vom Boulevard – Bild-Kampagne diffamiert Politiker und Parlamente” (2003).

6. “Die Anti-Terror-Lüge”
(gutjahr.biz, Richard Gutjahr)
Richard Gutjahr prüft die Anlässe für Telekommunikationsüberwachung 2009.

Killerkeime, Handschellen, Franz Josef Wagner

6 vor 9

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1. “Alarm im Darm des Journalismus”
(taz.de, Michael Ringel)
“Ganz Deutschland” fürchtet sich vor EHEC? Michael Ringel zweifelt daran. Und erinnert sich an den Norovirus. “Noro klang wie Dr. No und war der Darmschrecken, bevor Ehec auftauchte. Noro kostete bislang weitaus mehr Menschen das Leben als Ehec, aber in unseren aufgeregten Zeiten braucht es eben immer neue Säue, die das Mediendorf in Atem halten.”

2. “Angriff der Killerkeime”
(fagri.de)
Ein Tod durch EHEC ist im Vergleich zu anderen Todesarten eher unwahrscheinlich. Trotzdem fürchten sich die Menschen. “Ein Grund dafür ist, dass der Mensch nicht die Größe der Gefahr selbst wertet, sondern wie andere darauf reagieren. Wenn nun aber die Medien durch die Bank auf ihren Titelseiten suggerieren: ‘Wir haben ein Problem!’ wird dies zum allgemeinen Konsens.”

3. “Facie prima”
(ad-sinistram.blogspot.com, Roberto J. De Lapuente )
Viele Medien zeigen Dominique Strauss-Kahn in Handschellen. Roberto J. De Lapuente fragt, was dagegen spricht, ein neutrales Foto zu verwenden: “Solche Fotos sind ein Affront gegen die Unschuldsvermutung und untergraben den fairen Verlauf des Rechtsstaates. Selbst wenn eine mögliche Unschuld am Ende herauskäme, die Bilder brennen sich ein.”

4. “Der rasende Regierungssprecher”
(zeit.de, Steffen Seibert)
@RegSprecher Steffen Seibert schreibt seine Erfahrungen mit Twitter und Twitter-Nutzern auf: “Der dogmatische Teil der Twittergemeinde, und der meldet sich gerne bei mir, erregt sich ebenso lustvoll über abweichendes Verhalten wie manch Schrebergärtner über Wildwuchs in der Parzelle nebenan.”

5. “Blogs als Quelle für traditionelle Medien: Keine Lust mehr, euer Fußvolk zu sein”
(basicthinking.de, Jürgen Vielmeier)
Jürgen Vielmeier stellt fest, dass viele traditionelle Medien Blogger nicht richtig zitieren.

6. “BILD-Kolumnist Franz Josef Wagner und seine Mutter”
(mediensalat.info, Ralf Marder)

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